Nr. 14

Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.90. Jahrgang.

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Dienstag, den 19. Januar 1815.

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EiuzelkSWse au der Westfront. Russische Vorstöße iu Rordpoleu adWieseu.

Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.

Die deutsche amtliche Meldung.

(W.T.B.) Grobes Hauptquartier, 18. Jan. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz. In der Ge­gend von Nieuport nur Artilleriekämpfe. Feindliche Angriffsbewegungen sind in den letzten Tagen nicht wahrgenommen worden. An der Küste wurden an mehreren Stellen englische Minen angeschwemmt. Bei La Voiselle nordöstlich Albert warfen unsere Truppen im Bajonettangriff die Franzosen, die sich im Kirchhof und im Gehöft, südwestlich davon festge­setzt hatten, hinaus und machten 3 Offiziere und IVO Mann zu Gefangenen. Im Argonnenwald wurden mehrere französische Gräben erobert, die französische Besatzung fast aufgerieben. Ein Angriff der Fran­zosen auf unsere Stellungen nordwestlich Pont L Mousson führte auf einer Höhe 2 Kilometer südlich Vilcey bis in unsere Stellungen. Der Kampf dauert noch an. Zn den Vogesen und im Oberelsatz herrschte starkes Schneetreiben und Nebel, die die Gefechts- tätigkeit behinderten.

Oestlicher Kriegsschauplatz. In Ostpreuhen ist die Lage unverändert. Im nördlichen Polen versuch­ten die Russen über den Wkraabschnitt bei Rad- zanow vorzustoßen, wurden aber zurückgewiesen. In Polen westlich der Weichsel hat sich nichts wesent­liches ereignet.

Oberste Heeresleitung.

Der österreichisch-ungarische Tagesbericht.

(W.T.B.) Wien, 18. Jan. Amtliche Mittei­lung vom 18. Jan. mittags: Nördlich der Weichsel keine wesentlichen Ereignisse. Auf den Höhen östlich Zakliczyn zwang unsere Artillerie durch konzentri­sches Feuer die Russen zum Verlassen einiger vorder­ster Schützenlinien. Die rückgängige Bewegung über­trug sich beim Feinde auch auf andere Teile der Front, so dah fchliehlich in einer Ausdehnung von 6 Kilometer der Gegner seine vorderste Stellung räumte und in unserem wirkungsvollsten Artillerie- und Maschinengewehrfeuer in Unordnung auf die nächsten Höhenlinien zurückging, hierbei zahlreiche Gewehre und viel Munition in der früheren Stel­lung zurücklassend. An der übrigen Front in West­galizien nur Geschützkampf. Zn den Karpathen nur unbedeutende Patrouillengefechte.

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Der Rückz'tg der Russen.

Paris, 18. Jan. Peinliches Aussehen erregt hier eine Meldung desNew Pork Herold" aus Peters­burg, die in verdeckten Worten, wie wir derDeut­schen Tageszeitung" entnehmen, einen Rückzug der Russen auf der ganzen Front ankündigt. Das Tele­gramm erklärt, das schlechte Wetter habe die Russen an einem weiteren (!) Vorwärtsdringen verhindert. Einige unbedeutende Scharmützel hätten zwischen Pinazow und Gorlice stattgefunden. Eine leichte Rückzugsbewegung stehe in Aussicht, falls es nicht gelingen sollte, in den nächsten Tagen Przemysl zu Falle zu bringen. In den Karpathen sei die Bewe­gung bereits eingetreten, und die Russen hätten sich nach festeren Stellungen zurückgezogen. Der unauf­hörliche Regen habe die Wirksamkeit des russischen Artilleriefeuers aufgehoben, und der Eeneralstab habe es für vorteilhaft gehalten, seine Truppen in geschützte Stellungen zu bringen, wo sie eine abwar­tende Haltung einnehmen könnten. Das obere Du- najec-Tal sei, wie bekannt, von den Russen bereits

I geräumt worden, doch sahen sie sich auch zur Aufgabe ! der Uszog-Höhenzüge, sowie aller der Punkte ge­zwungen, die sie bisher im Distrikte Ung besessen i hatten. Die Stellungen, die die Russen jetzt einneh­men, trotzten jedem feindlichen Angriffe, Die Los­lösung vom Gegner sei ohne besondere Schwierigkei­ten erfolgt, da der Zustand der Landstraßen eine Of­fensivbewegung der Oesterreicher unmöglich mache. Die neue Stellung der Russen sei durchaus nicht un­günstig, da die Armee sich ihrem Verpflegungszent­rum genähert habe.

Die Beschießung von Soissons.

(W.T.B.) Lyon, 18 .Jan. DerProgres" mel­det aus Paris: Mit den Abendzügen ist am 15. ds. Mts. eine große Zahl Einwohner von Soissons in Paris eingetroffen. Sie hatten 15 Kilometer Weges zu Fuß zurückzulegen, bevor sie die Eisenbahnzüge besteigen konnten. Sie erklärten, daß der Kampf heftig fortdauere. Es fänden besonders Attillerie- kämpfe statt, Soissons wird heftig beschossen. Brand­granaten fielen auf alle Stadtviertel nieder. Der Bischof, der Erzpriester, der Unterpräfekt und der Friedensrichter hätten die Stadt verlassen, in der nur der Platzkomamndant und die Mitglieder der Munizipaliät und 50 Notabeln zurückgeblieben seien. Durch die Brandbomben, die die Deutschen in die Stadt geschleudert hätten, seien viele Häuser in Brand geraten. Große Verstärkungen seien in Sois­sons eingetroffen, um die ermüdeten Truppen ab­zulösen.

Die Schlacht von Tanga.

(W.T.B.) Berlin. 18. Jan. Ueber die Schlacht von Tanga, die größte bisher auf dem Boden unserer Kolonien erfolgte Waffentat. liegen jetzt amtliche Meldungen des Gouverneurs von Deutsch-Ostafrika vor. Darnach war der Erfolg weit bedeutender, als die englischen Berichte zugegeben haben. Die Kämpfe haben am 3., 4. und 5. November stattgefunden. Am 2. November erschienen die Engländer mit zwei Kriegsschiffen und zwölf Transportschiffen vor Tan­ga und forderten bedingungslose Uebergabe, die aber von dem Gouverneur Dr. Schnee abgelehnt wurde. Darauf dampften die Schiffe ab, erschienen aber am dritten Tage vor Tanga und landeten vor Ras Ka­san e ein europäisches und vier indische Regimenter, darunter auch Kavallerie mit etwa 8 Maschinenge­wehren. Schiffsgeschütze des KreuzersFox" unter­stützten den Angriff des Feindes von der See aus. Das feindliche Landungskorps wurde in erbitterten dreitägigen Kämpfen mit schweren Verlusten auf feindlicher Seite zurückgeschlagen. Am 4. November währte der Kampf ununterbrochen 15^ Stunden. Am Abend fand das entscheidende Gefecht gegen die gesamte feindliche Streitmacht trotz heftiger Beschie­ßung der Stadt durch feindliche Schiffsgeschütze statt. Das Feuer unserer Geschütze setzte einen englischen Transpottdampfer in Brand. Auch der Kreuzer Fox" erhielt schwere Treffer. Am 6. November zogen die englischen Schiffe nach Norden ab. Das Landungskorps hatte eine Stärke von ungefähr 8VVV Mann, während die Unseligen 2000 Mann zählten. Die Verluste der Engländer betrugen über 3000 Mann an Toten. Verwundeten und Gefangenen. Unsere Verluste waren gering. Ziffernmäßige An­gaben stehen noch aus. Erbeutet wurden nach flüch­tiger Zählung 8 Maschinengewehre, 300 000 Patro­nen, 30 Feldtelephonapparate, über tausend wollene Decken und viele Gewehre und Ausrüstungsgegen­

stände und große Mengen Proviant. Die Stimmung unserer Truppen (Schutz- und Polizeitruppen und Kriegsfreiwillige aus dem Schutzgebiete) war aus­gezeichnet. Auch die Askari bewiesen aufopfernde Hingabe und Heldenmut. Die volle Tragweite der englischen Niederlage ist von hier aus noch nicht an­nähernd zu übersehen.

Der Islam und der Krieg.

Die Kümpfe im Kaukasus.

Konstantinopel, 18. Jan. Das Hauptquartier teilt mit: Unsere kaukasischen Truppen verteidigen hartnäckig ihre Stellungen gegen die Russen, die mit überlegenen Kräften angreifen. Ein feindlicher Versuch, einen Flügel unserer Korps zu umfassen, ist gescheitert. Nach einem Gefecht zwischen unserer und der russischen Kavallerie westlich von Hoi floh der Feind unter Zurücklassung von Toten und Ver­wundeten.

Die Engländer in Aegypten.

Berlin, 19. Januar. Aus Mailand wird dem Berliner Lokalanzeiger" gemeldet: Die englischen Behörden in Aegypten lassen sich, wie derCorriere della Sera" berichtet, immer weitere Uebergriffe gegen die Muselmanen zu schulden kommen. So wurde der vom Kalifen als Oberhaupt der reli­giösen Gerichtsbarkeit in Aegypten eingesetzte Eroß- kadi Scheik Bakri abgesetzt. In den Moscheen muß jetzt für den Sieg des neuen Sultans von Aegypten gebetet werden, was unter der Bevölkerung große Mißstimmung hervorruft.

Aus Mazedouien.

Berlin, 19. Jan. DerBerliner Lokalanzeiger" meldet aus Athen: In Serbisch-Mazedonien hat die Gärung in den Bezirken Uesküb und Jstip zu ernsten Unruhen geführt. Da die Muselmanen jetzt zwangs­weise in Las serbische Heer eingereiht weiden sollen, flüchten sie nach Mazedonien, um sich dort mit maze­donischen Komitazzis zu vereinigen.

Die Verbündeten derKulturnationen."

(W.T.B.) Konstantinopel, 18. Jan. Der Kom­mandant der türkischen Armee im Kaukasus teilt amtlich mit, daß die Russen wie die Wilden gegen das Völkerrecht und die Gesetze der Zivilisation han­deln. Während ihres Rückzugs haben sie ihren eige­nen Landsleuten, die mohammedanischen Glaubens sind, die Augen ausgestochen, Greise und schutzlose Kinder gelötet. Als sie gezwungen waren, sich aus dem türkischen Gebiet zurückzuziehen, in das sie bei Beginn der Feindseligkeiten eingefallen waren, ha­ben sie die waffenlose Bevölkerung gefangen genom­men und all ihr Hab und Gut, sowie ihr bares Geld mit Beschlag belegt, ohne den davon Bettoffenen hierüber irgend ein Schriftstück auszustellen. Außer diesen Handlungen der Feigheit tun die Russen et­was, was keine Nation und kein zivilisiertes Heer zu tun wagen würden: sie greifen die Feldhospitäler an, hauen die Verwundeten in Stücke und weigern sich, was ihrer Barbarei die Krone aufsetzt, den Ro­ten Halbmond, der durch die Genfer Konvention als neutral anerkannt ist, anzuerkennen. Die türkische Regierung macht es sich zur Pflicht, diese Hand­lungen der Barbarei der zivilisierten Welt zu unter­breiten.