hauptet wurde, dreimalhunderttausend, sondern, mit Einschluß aller exotischen Streitkräfte, nicht einmal zweimalhunderttausend Soldaten nach dem Fest­lande entsandt hat. Die Unzufriedenheit im Volke ist so groß, datz sich die Regierung gezwungen sieht, mit größter Bestimmtheitbevorstehende Siege" an­zukündigen und dieVertreibung der Deutschen aus Frankreich auf spätestens anfangs März (!) festzu­setzen." Sollten bis dahin die Verbündeten keine nennenswerten Erfolge errungen haben, so ist, die­ser Meldung zufolge, mit dem Ausbruche von Un­ruhen in Paris zu rechnen.

Dieverbündeten" Sozialisten.

(W.T.B.) Lyon, 17. Jan. DerRepublicain" meldet aus Paris: Die sozialistische Gruppe trat am am 15. Januar in der Kammer zu einer Beratung zu­sammen, der die Minister Sembat und Guesde, so­wie der belgische Minister Vandervelde beiwohnten. Dieser unterbreitete den Vorschlag der englischen und belgischen Sozialisten bezüglich einer eventuellen Zusammenkunft der Sozialisten der verbündeten Staaten, um die Bedingungen, unter denen der Krieg fortgeführt werden solle, zu prüfen, und ihre Gesichts­punkte über den Krieg darzulegen. Die Gruppe ist dem Vorschlag im allgemeinen günstig gestimmt, sie ist jedoch für eine Weiterführung des Krieges bis zum vollständigen Siege der Verbündeten. Ein end­gültiger Beschluß wurde nicht gefaßt.

Die Stimmuvg in Rußland.

Sofia, 17. Jan. Hier sind, wie dieVoss. Zei­tung" zu melden weiß, Berichte aus Petersburg ein- geläufen, denen zufolge sich der Konflikt zwischen dem Zaren und dem Generalissimus Nikolai Nikolaje- witsch in der letzten Zeit derartig verschärft habe, daß die Absetzung des Generalissimus bereits erwo­gen werde. Die russische Friedenspartei gewinne täglich an Einfluß, zumal nach der allgemeinen Ueberzeugung Nutzland den Krieg wirtschaftlich höch­stens noch drei Monate fortfiihren könne. Für den baldigen Ausbruch innerer Unruhen seien zwar keine Anzeichen vorhanden, dagegen liegen sichere Merk­male für die Unabwendbarkeit der späteren Revo­lution vor. Diese werde diesmal nicht von den Ar­beitern, sondern von weiten Schichten der Bauern­bevölkerung ausgehen, und somit einen ungeheuren Umfang annehmen. Eingeweihte Kreise bringen mit diesen von sehr ernster Seite stammenden In­formationen auch die neuesten fieberhaften Bemüh­ungen der Russen und Engländer in Verbindung, alle neutralen Staaten zum Anschluß an den Drei­verband zu bewegen. Besonders lügen die Eng­länder fast täglich vor, daß bald Rumänien, ball» Italien oder gar Bulgarien in den Krieg eingreifen würden, und machen die lächerlichsten Versprechungen, um auch die übrigen Staaten zum Anschlüsse zu bewegen.

Arbeiterunruhe» in Petersburg u. Moskau.

Sofia, 18. Jan. DerDwjennik" meldet, laut Deutscher Tageszeitung", aus Petersburg, datz dort und in Moskau der Arbeiterousstand immer größeren Umfang annehme. Drei Viertel der Fa­briken sind zu völligem Stillstände genötigt und auch die übrigen können nur einen eingeschränkten Betrieb aufrechterhalten. Zwischen den Ausständigen und der Polizei ist es zu blutigen Zusammenstötzen gekommen, weil man versuchte, die Arbeiter mit Gewalt in die Werkstätten zurückzubringen. Als besonders mitzlick empfindet es die Regierung, datz der Betrieb der Putilow-Werke, der seit Kriegsaus­bruch ohnehin schon öfters gestört worden war, nun­mehr gänzlich eingestellt werden mutzte.

Belgien im Kriege.

Brüssel, 17. Januar. Zur Einschränkung des Wohllebens und zur vermehrten Erhaltung der Landesvorräte für die Brotbereitung hat der Eeneral- gouverneur angeordnet, datz die Herstellung feiner Backwaren aller Art in den Bäckereien, Konditoreien und Ea^häusern nur am Mittwoch und am Samstag jeder Woche stattfinden darf.

Basel» 17. Jan. Den Baseler Nachrichten zu­folge find nach den Feststellungen des aus Holland zurllckgekehrten Ministers Helleputie im Ganzen 900000 Belgier nach Holland geflüchtet. Inzwischen ist die Zahl auf 200000 zurückgegangen. Etwa 5VV0VV find nach Belgien zurückgekehrt.

Das englische Geschäft.

London. 17. Jan. Gestern wurden die als Prisen erklären deutschen Segler Fritz, Orlanda, Orlona und Helgoland versteigert. Die Preise schwankten zwischen 1670 und 1800 Pfund Sterling.

Die Neutralen und der Krieg.

Eine allgemeine Schweizer Kriegsstener.

Bern, 14. Jan. Heute kam es zu einer Konfe­renz der kantonalen Finanzdirektoren zur Begut­achtung des Entwurfs einer allgemeinen Kriegs­steuer. Sie sprach sich grundsätzlich mit 22 gegen zwei Stimmen für die Kriegssteuer unter Beteiligung der Kantone mit einem Fünftel des Bruttoertrages aus. Die Steuerzusätze sollen progressiv für Vermögen ein bis fiinfzehn pro Tausend und für Erwerb einhalb bis acht Prozent betragen. Steuerfrei sind Vermö­gen bis 10000 und Erwerb bis 2500 Franken. Die Besteuerung der Aktien- und Kommanditgesellschaf­ten soll soviel mal ein Prozent des einbezahlten Ak­tienkapitals, des Reservefonds und anderer Rück­stellungen betragen, als die Gesellschaft in den letzten Jahren im Durchschnitt Prozente des Aktienkapitals als Dividende ausbezahlt hat. mindestens aber zwei pro Tausend, auch wenn keine Dividende ausbezahlt wurde und höchstens zehn pro Tausend, für Genossen­schaften und Vereine zehn Prozent des Reinertrags.

Englische Willkür gegenüber den Neutralen.

Kristiania, 13. Januar. Das Fachorgan der orewegischen Schiffsreeder:Norges Handels og Sjofärtstidende" schreibt:Der norwegische Dampfer nRonisdat" wurde von den Engländern gezwungen, eine Partie galvanisierter Eisenplatten sowie Stang- eisen und Aluminium auszuladen. Galvanisierte Eisenplatten stehen auf keiner Kontrebandelisie. Dentschland ist ein großer Lieferant dieser Artikel und die Beschlagnahme solcher Platten in England muß also zu der Konsequenz führen, daß wir diese Sachen künftig von Deutschland beziehen. Die Deutschen haben also Grund, mit dieser Beschlag­nahme zufrieden zu sein. Stangeisen ist auch nicht Kontrebande. Aluminium steht zwar auf der Liste, doch besteht für diese Ware in Norwegen ein Aus­fuhrverbot. Die Ausladungsorder für diese Waren ist also ganz willkürlich." Das Blatt drückt zu­letzt die Hoffnung aus, die Waren müßten wieder freigegeben werden und die Reeder eine paffende Entichädigung bekommen. Nicht aus Liebenswürdig­keit, sondern weil sie es gerichtlich fordern könnten.

Portugal.

Lissabon, 17. Januar. (Agence Havas.) Die Kammer sprach letzten Montag dem Kabinett ein Vertrauensvotum aus. Dagegen sprach der Senat mit 27 gegen 26 Stimmen dem Kabinett fein Miß­trauen ausgesprochen.

Amerikas Rüstung.

(W.T.B.) Washington, 15. Jan. Der Senat hat eine von Senator Lodge eingebvachte Resolution an­genommen, in der der Kriegssekretär ersucht wird, die vom Generalstab vor Ausbruch des europäischen Krieges ausgearbeiteten Voranschläge, in denen eine mobile Armee von nahezu 460 000 Mann und die von ihr benötigte Munition vorgesehen wird, dem Senat zu unterbreiten, sowie gleichzeitig die Menge der am 1. Januar ds. Js. verfügbar gewesenen Mu­nition anzugeben.

(W.T.B.) Washington, 15. Jan. (Reuter.) Die Marinekommission des Repräsentantenhauses hat sich auf ein Vauprogramm von jährlich 2 Kreuzern, 6 Zerstörern und 17 Unterseebooten geeinigt. Das Bauprogramm wird dem Kostenvoranschlag für die Marine angefügt werden und dem Haus unverzüg­lich vorgelegt werden.

Washington, 16. Jan. (Reuter.) Im Senat befürwortete Lodge die Einsetzung einer Kommission zur Untersuchung der Frage des Mangels an Vor­bereitungen der Vereinigten Staaten für den Fall eines Krieges.

Die Vereinigten Staaten und Mexiko.

Washington, 16. Jan. (Reuter.) Der britische Botschafter hat mit Staatssekretär Bryan über die Lage in Tamico beraten. Er hat danach an Car- ranza telegraphiert und die nachteiligen Folgen, die sich aus einer Störung der Oellieferung aus diesem Bezirke ergeben würden, betont. Staats­sekretär Bryan teilte später mit, datz die Vereinigten Staaten Carranza gewarnt haben, es würden ernste Folgen aus der von ihm angedrohten Konfiskation der fremden Oelquellen bei Tampico entstehen.

Der Kampf gegen England.

(W.T.B.) Köln. 15. Jan. DerKöln. Zeitung" gehen von geschätzter Seite Ausführungen zu, die empfehlen, aus Englands Kriegsmethode uns aus- zuhuugern, die unerbittlichen Folgerungen zu ziehen. Danach mutz auch von uns das ganze englische Volk als Feind angesehen und England, wo und wie wir es treffen können, als kriegführend betrachtet wer­den. Wenn die deutsche Zufuhr um jeden Preis ver­

nichtet werden soll, so ist es für uns nicht nur Kriegs­recht, sondern Pflicht, mit allen uns zu Gebote steh­enden Mitteln die englische Zufuhr zu schädige«, kurz, der von Großadmiral von Tirpitz als möglich hinge­stellte Kampf der Unterseeboote gegen die englische Handelsflotte mutz rücksichtslos eingeleitet und durch­geführt werden, und auch unsere Luftflotte sollte sich die Störung des englischen Handels nach Kräften angelegen sein lassen. Wenn die englische Handels­flotte überall, wo sie in den Bereich unserer Unter­seeboote gerät, vom Untergang bedroh ist. Erden auch jenseits des Kanals die Neutralen mehr Rück­sicht begegnen. Heute sieht man drüben noch nicht ein, was man diesen eigentlich zumutet, nämlich nicht weniger, als die Aufgabe ihrer Neutralität. England will jetzt Mittel anwenden, um den Krieg abzukürzen. Wie viel Menschenleben im Falle des Gelingens der Aushungerung Deutschlands zu Grunde gehen, ist ihm also gleichgültig. Demgegen­über haben wir ein noch größeres Interesse daran, den Krieg abzukürzen. Ob wir wollen oder nicht, wir müssen den Lebensnerv Englands, nämlich seine Handelsflotte, zu treffen suchen. Im übrigen hat sich die Kriegführung zur See aber dadurch geändert, datz Unterseeboote und Luftschiffe hinzugekommen sind. Auch bei der Minensperre kann man auf Ret- tungsmaßnahmen keine Rücksicht nehmen. Es ge­nügt hier, datz die Tatsache den Beteiligten mitge­teilt wird. Die Folgen davon haben dann die Schif­fer selbst zu tragen, wenn sie die Fahrt durch das Minengebiet wagen. Sinngemäß würde und müßte auch die Ankündigung genügen, daß Unterseeboote die englische Küste blockierten. Ist es außerdem richtig, daß englische Kriegsschiffe den offenen Hase« von Daressalam aufs neue bombardiert und darin befindliche Handelsschiffe vernichtet haben, so ist und muß das für uns ein Beweis dafür sein, wie Eng­land sich im Grunde seiner Seele unser Vorgehen gegen seine Handelsflotte denkt und für seekriegs­üblich hält. Daß wir auch bei schärfster Ausnützung der Unterseeboote gegen die englische Handelsflotte alle vermeidbaren Menschenopfer im Sinne der Hu- mnität vermieden sehen möchten, ist für uns dabei selbstverständlich. Aber es gilt, den Krieg abzu- kürzen.

Russische Judenverfolgung in Polen.

ImIsraelit" veröffentlicht der zur Zeit im Felde stehende Rabbiner Dr. Arthur Levy aus Lodz einen offenen Brief anThe American Hebrew" in Newyork, das eine wohl von Zangwill und Ge­nossen stammende die russischenKulturtaten" in Radom abschwächende Mitteilung gebracht hatte. Er gibt darin eine Zusammenstellung russischer Greuel, aus der wir folgendes entnehmen:Die Russen haben in Radom drei unschuldige Juden ohne Gericht und ohne Urteil aufgehängt. Die Pogrome früherer Zeiten sind ein Nichts gegen die rasende Vernichtung jüdischer Häuser und jüdischen Lebens, die mit dem russischen Heere sich durch ganz Pole« wälzt, mit ihm vorwärts, mit ihm rückwärts geht und es begleitet wie ein drohender Schatten. In mehr als 215 Ortschaften wurde bisher pogromiert, und es ist kein Ende dieses Schreckens abzusehen.

In Stascherr wurden am Jaum Kippur 11 Ju­den in der Synagoge aufgehängt. In Kolodowa wur­den zwei der angesehensten Juden an einem Freitag Abend am Balkon des eigenen Hauses aufgeknüpft, nachdem die Frau des einen selber die Stricke hatte herbeiholen müssen.

In Schidloroice haben sich jüdische Mädchen in den Pilizer Teich geworfen, weil sie geschändet wor­den waren und diese Schmach nicht durchs Leben tra­gen wollten.

Aus Zyrardow, Pruschkow, Bialobrzeg, Jwan- gorod, Erodzisk, Skiernewice und vielen anderen Orten wurden sämtliche Juden sortgejagt.

In Bechawa (Lubliner Eouv.) wurden im Ok­tober 78 Juden an einem Tag wegenSpionage" aufgehängt. In Kromastaw (Lubliner Gouv.) wur­den viele Häuser eingeäschert, die Juden (200 Fami­lien) zum großen Teil mit Frauen und Kinder» ver­nichtet. In Lodz sind 15 000 Kleinhändler ihrer Habe beraubt und zu Bettlern gemacht worden. In Zduns- ka Wola wurden sämtliche Frauen und Mädchen ge­schändet; selbst eine Wöchnerin am dritten Tage ihrer Niederkunft, und Kinder von sechs und fünf Jahren blieben nicht verschont. Eine Frau, deren Mann im Krieg war, starb an den Folgen der Ver­gewaltigung.

Vermischte Nachrichten.

Der Reichskanzler über die Ausfichten des Krieges.

Amsterdam, 17. Jan. Eine Unterredung des deutschen Reichskanzlers mit einem Korrespondenten