Nr. 11.

Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw. 90. Jahrgang.

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Freitag, den 15. Januar 1915.

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Bedeutende Erfolge bei Solssous.Schwere Verluste unserer Rinde uu der Westsrout. Ile Türken iu Persien erfolgreich. Jas schwere ErddedeuuugM in Italien.

England.

Wenn der heutige Krieg uns nicht tausendfach die Beweise geliefert hätte, daß den Engländern die Heuchelei und die Scheinheiligkeit zur zweiten Na­tur geworden ist, so müßten wir uns eigentlich über die reichlich naive Frage englischer Zeitungen, wa­rum unser Haß sich am meisten gegen England kehre, verwundern.

Es war seit alten Zeiten in Deutschland Brauch gewesen, daß man mit besonderem Interesse an der Kultur des Vetters über dem Kanal teilgenommen hatte, man hatte sehr viel von ihm gelernt, was er gegenüber der kontinentalen Kultur an Vorsprung gewonnen hatte, infolge der glücklichen Ruhe seiner insularen Lage, und so gingen sogar weite Kreise in ihrem Enthusiasmus für englische Einrichtungen und englisches Leben soweit, England als das Land wah­ren Menschentums überhaupt zu . preisen. Verein­zelte Unkenrufe, die besonders aus volkswirtschaft­lichen Kreisen kamen, verhallten ungehört dieser Stimmung gegenüber bis in die letzten Jahre hinein. Selbst in Rogierungskreisen scheint man sich über Englands Charakter nicht so recht klar gewesen zu sein, denn die Versuche der deutschen Regierung noch in der letzten Zeit, mit England sich bezüglich kolo­nialer Fragen in Afrika und Vorderasien zu ver­ständigen, die Entsendung unserer besten Diploma­ten nach London, die stillen Konzessionen an Eng­land in Bezug auf den Ausbau unserer Flotte, das alles wies darauf hin, daß man in Deutschlnd bis an die Grenze des Entgegenkommens zu gehen ge­willt war, um Auseinandersetzungen mit dem eng­lischen Vetter zu vermeiden.

Und England? England ist seinen Traditionen treu geblieben, seinen nächsten Konkurrenten zu ver­nichten, der es wagen könnte, den englischen Welt­handel zu schmälern, oder gar Englands Herrschaft über die Meere zu gefährden, die es seit beinahe 800 Jahren durch rücksichtsloseste Bekämpfung seiner Nebenbuhler und skrupellose Verhetzung der Konti­nentalstaaten gegeneinander mit naiver Selbstver­ständlichkeit ausübt. Die Geschichte hätte uns warnen und die speziellen Vorbereitungen unseres perfiden Vetters uns stutzig machen sollen. Andererseits kön­nen wir uns aber trösten: Wir waren zu ehrlich und zu aufrichtig, um den gemeinen Schlichen und Schach- zügen der hinterlistigsten und verschlagensten Diplo­maten- u. Krämerclique der Welt gewachsen zu sein. Während man jahrelang systematisch durch den gewal­tigsten Apparat, der je zu künstlicher Stimmungs­mache aufgeboten worden ist, das englische Volk und vor allem die fremden Völker gegen Deutschland mit den niederträchtigsten Mitteln aufhetzte, wäh­rend man gegen das deutsche Reich gerichtete Bünd­nisverträge abschlcß, sogar hinter dem Rücken des eigenen Parlaments, gab man sich dem deutschen Volke gegenüber den Anschein, als wenn man in England um jeden Preis eine Annäherung an Deutschland anstrebe.

Wir wollen nicht übersehen, daß gerade die in­tellektuellen Kreise und wohl auch die große Masse des arbeitenden Volkes wahrscheinlich in ehrlicher Weise eine solche Annäherung erstrebt haben, aber in England hat bisher immer noch der Krämergeist die Oberhand behalten, mit seinem rücksichtslosen Egoismus, der keine andere Macht neben dem eng­lischen Imperium duldet. So wars auch diesmal.

Mit immer steigendem Unbehagen sah man den Han­del, die Schiffahrt und die durch diesen weltwirtschaft­liche Entwicklung notwendig gewordene Kriegsflotte des jungen und kräftig emporstrebenden deutschen Reiches heranwachsen, und von dem Augenblick an, da man gewahr wurde, daß Deutschland den Wett­bewerb in der Weltwirtschaft mit dem englischen Vetter wenn auch-in durchaus friedlicher Weise aufzunehmen sich anschickte, da gab es für England nur noch einen Fenid und das war Deutschland.

Sogleich setzte in England die schärfste Hetze ge­gen uns ein, englische Fachzeitschriften, die in der ganzen Welt verbreitet wurden, konnten sich nicht genug tun in der Herabsetzung deutscher Produkte, politische Zeitungsunternehmungen wurden unter offiziöser Protektion gegründet, die den Deutschen ehrgeizige Eroberungspläne unterschoben und da­mit auch ihr volkswirtschaftliches Ansehen unter­graben wollten. Vor mir- liegt die Kopie einer eng­lischen Ansichtspostkarte, die im Jahre 1905 (!) vom Elberfelder Generalanzeiger" wiedergegeben wurde und die zeigt, in welch gemeingefährlicher Weise schon damals gegen Deutschland gehetzt wurde. Die Karte trägt den TitelDeutschland im Jahre 1950"; sie demonstriert auf der europäischen Landkarte die angeblichen Pläne Deutschlands, die bis zu diesem Jahre erreicht sein sollen. Wer es noch nicht weiß, dem sei hiemit gesagt, daß das deutsche Reich im Jahre 1950 250 Millionen Einwohner besitzt, da es sich inzwischen Oesterreich-Ungarn, einen Teil Ruß­lands und Frankreichs, Holland, Belgien. Dänemark und die Staaten der Balkanhalbinsel wird einver­leibt haben.

Auf diese und ähnliche Weise ist die Stimmungs­mache gegen uns in der ganzen Welt betrieben wor­den. Dazwischen hat man drüben auch hier und da einmal die Maske fallen lassen, und so möge auch folgendes Produkt derSaturday Revue", einer bedeutenden aristokratischen Zeitschrift hier angeführt sein, das ebenfalls schon vor Jahren erschienen ist und das die englischen Pläne offen enthüllt: Der Ar­tikel lautet:England und Deutschland wetteifern auf der ganzen Erde miteinander. Ueberall, wo der englische Handelsreisende erscheint, stellt sich auch der deutsche ein, und nimmt den Kampf mit ihm auf. Ob es gilt, eine Eisenbahn zu bauen, ein Berg­werk auszubeuten, Eingeborenen statt der Brotfrucht Fleischkonserven anzubieten, immer suchen die bei­den einander zuvorzukommen. Eine Million von Nörgeleien. Sie schaffen den größten Kriegsfall, den die Welt gesehen hat. Wenn Deutschland mor­gen aus der Welt vertilgt würde, so gäbe es über­morgen keinen Engländer, der nicht entsprechend reicher wäre. Um eine Stadt oder um einen Erb­anspruch haben Völker jahrelang gekämpft, sollten sie nicht auch um den jährl. Handel von 15 Milliarden Marl Krieg führen? Eine große Flotte würde den Schlag nur schwerer machen. Die deutschen Schiffe würden auf dem Grund des Meeres liegen, oder als Prise in englische Häfen gebracht werden. Ham­burg und Bremen, der Kieler Kanal und die Ostsee­häfen würden unter den Kanonen von England liegen, und warten müssen, bis die Entscheidung festgesetzt wäre. Wenn wir dann fertig wären, könn­ten wir zu Frankreich und Rußland sagen, sucht euch Kompensationen aus, nehmt von Deutschland, was ihr wollt, ihr könnt es haben. Deutschland ist ver­nichtet."

So sieht das wahre Gesicht Englands aus. Es geht heute um Deutschlands Welthandel .Um den ihm unbequemen Handel vernichten zu können, hat sich England stets bei den Verhandlungen über das internationale Seekriegsrecht dagegen gesträubt, das Privateigentum auch im Seekriege zu schonen, wie es im Landkriege als unverletzlich gilt. Aber Eng­lands Pläne gehen noch weiter. Ist Deutschland vernichtet, sein Handel zerstört, dann kann es seine kolonialen Eroberungen in Afrika, Vorder- und Mit­telasien fortsetzen, immer durch Benützung der Zwi­stigkeiten anderer, (das nächste Mal wohl zwischen Japan, Amerika und Rußland), und die englische Herrschaft über die Welt steht glänzender als je­mals da.

Das ist der Preis, um den England in den Krieg eingegriffen hat, um den es die Verantwortung von Millionen Menschenopfern, Millionen verlorener Kulturwerte auf ftch genommen hat, um den es ein Volk wie das deutsche kalten Blutes vernichten will. Und da wundert man sich in England drüben, daß wir Deutsche, die den Haß bisher nur dem Namen nach kannten, dieses Gefühl nun zum ersten Mal in uns brennen spüren!

Wenn die auswärtige Politik der Staaten nach nach den Gesetzen der Vernunft und der historischen Ueberlegung geführt würde, so müßten im jetzigen Augenblick alle neutralen Staaten ausnahmslos sich zusammenschließen gegen den wahren Störer des Völkerfriedens England, das zusammen mit sei­nen jetzigen Verbündeten, darauf ausgeht, sich die ganze Welt untertänig zu machen, und das sich auch nicht scheut, seine Macht auch den Neutralen gegen­über, in der rücksichtslosesten Weise zur Geltung zu bringen.

Doch wir wollen nicht wie unsere Feinde um fremde Hilfe betteln, der bisherige Verlauf des Krieges hat gezeigt, daß das deutsche Volk zusammen mit seinen Verbündeten die Kraft besitzt, sich selbst sein Recht zu schaffen und wir fühlen in uns die Ge­wißheit, daß wir den uns aufgedrungenen Kamps unter allen Umständen zu einem siegreichen Ende führen werden.

Wenn die Welt dauernden Frieden erhalten soll, dann müssen Englands Ansprüche auf die Welt­herrschaft gebührend in die Schranken gewiesen wer­den. Und dieses letzte verdienstliche Werk zu gutem Ende zu führen, dazu helfe uns unser heiliger Haß, der uns nicht verlassen möge, bis das perfide Albion die Demütigung erfahren hat, die es uns in seinem grenzenlosen Neid und seiner unersättlichen Hab­gier zugedacht hatte. Otto Leltmsnn.

Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.

Die deutsche amtliche Meldung.

(W.T.B.) Großes Hauptquartier, 14. Jan. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz. In den Dü­nen bei Nieuport und östlich Ppern Artilleriekämpfe. Besonders starkes Feuer richtete der Feind aus West­ende Bad, das er bald gänzlich zerstört haben wird. Feindliche Torpedoboote verschwanden, sobald sie Feuer erhielten.

In Fortsetzung des Angriffs vom 12. Januar nordöstlich Saigons griffen unsere Truppen erneut auf den Höhen von Vregny an und säuberten auch