Nr. 8.
Amts- und AnzeigebLatt für den Oberamtsbezirk Calw. 90. Jahrgang.
ä»rlid««n«ng»w«ise: «mal wöchentlich, «nzelgenprel«.- Im Oberamts. ß«,tek »-Iw für di« einspaltige Borgt«,eile 10 Pfg.. außerhalb desselben IS Psg., NeN-men W Psg. Schluß für Jnseratannahme 10 Uhr vormittag». Teleson S.
Dienstag, den 12. Januar 1815.
Bezugspreis: In der Stadt mit Trägerlohn Mk. 1.25 vierteljährlich. Post- bezugSpreiS für den OrtS- und NachdarortLv-srkebr Mk. 1.20. im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg.. in Bayern und Reich 42 Pfg.
Mauernde EiuzelköWse au der Weslsraut. — Neue srauzWe SWHuusen.
England«, Autlvort aus die meMauW Pmesluote.
Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.
Die deutsche amtliche Meldung.
(W.T.B.) Großes Hauptquartier, 11. Zan. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Zn der Gegend Nieuport-Ppern fanden nur Artilleriekämpfe statt. Ein französischer Angriff bei La Boiselle, nördlich Albert, scheiterte gänzlich. Nördlich Perthes griffen die Franzosen, die sich in einem kleinen Stücks unserer vordersten Schützengräben festgesetzt hatten, erneut an. Sie erzielten bisher keinen Erfolg. Die Kämpfe dauern noch an. Zn der Nähe von Soupir fanden in den letzten Tagen keine Kämpfe statt. Oestlich Perthes nahmen unsere Truppen das ihnen entrissene Grabenstück zurück. Der Feind hatte schwere Verluste. Zn den Argonnen schritten unsere Angriffe weiter fort. Zm Oberelsatz herrschte im allgemeinen Ruhe.
Oeftlicher Kriegsschauplatz. Die Lage in Ostpreußen und Nordpolen ist unverändert. Bei der ungünstigen Witterung kommen auch unsere Angriffe in Polen westlich der Weichsel nur langsam vorwärts.
Oberste Heeresleitung.
Die österreichisch-ungarische Tagesbericht.
(W.T.B.) Wien. 11. Jan. Amtlich wird am 11. Jan. verlautbart: Die Situation ist unverändert.
Zn Russisch-Polen an der unteren Nida gestern hartnäckige Kämpfe. Hier gingen die Russen zum Angriff über und versuchten an mehreren Stellen, mit bedeutenderen Kräften die Flutzniederung zu passieren. Sie wurden jedoch unter starken Verlusten überall abgewiesen. Während dieser Znfanterie- angriffe in den Nachbargebieten heftige Geschützkämpfe. die mehrere Stunden anhielten.
An den übrigen Fronten hat sich nichts Wesentliches ereignet. Einer unserer täglichen Aufklärungspatrouillen gelang es gestern nacht, die feindliche Stellung zu durchbrechen, in den dahinter gelegenen Ort einzudringen und bis zur Wohnung des feindlichen Regimentskommandeurs vorzustoben. Von dieser kühnen Unternehmung kehrte die Patrouille mit einem Offizier und 6 Mann Gefangenen zurück.
Da neuerdings festgestellt wurde, dag sich Angehörige der russischen Armee österreichisch-ungarischer Uniformen bedienen, um Patrouillen und kleinere Abteilungen zu überfallen, wird nochmals betont, daß Offiziere und Mannschaften des Feindes, welche dieser Art die Gesetze und Gebräuche im Landkrieg verletzen, nicht als Kriegführende behandelt werden.
Die französischen Mißerfolge im Oberelfaß
Berlin. 11. Jan. Aus Genf erfährt der „Verl. Lokalanzeiger": Den Rückzug der Franzosen von Oberburnhaupt deckte General Putz. Alle Laufgräben der Umgebung wurden von den deutschen Truppen besetzt. Nordöstlich Flirey geriet eine französische Abteilung in einen Hinterhalt, wobei sie durch deutsche Minenwerfer vollständig vernichtet wurde.
Von Soissons aus wurden neuerlich die deutschen Stellungen in der Umgebung des Dorfes Soupir beschossen.' Darauf wurden die französischen Batterien zum Schweigen gebracht.
Berlin, 11. Jan. Der Kriegsberichterstatter der „Tägl. Rundschau", Pietsch, meldet aus Mülhausen
unterm 10. Jan.: Die in der Linie Uffholt—Senn- Heim—Oberburnhaupt—Altkirch aus dem Tur- und Sulzbachtal herab in den Tagen vom 7. bis 9. Jan. erfolgten tatkräftigen Angriffe französischer Truppenabteilungen sind sämtlich an dem zähen Widerstand der dortigen Truppen gescheitert. Der Brennpunkt der dortigen hartnäckigen Kämpfe war die Höhe 425 südwestlich Steinbach und das Gelände westlich und südwestlich Oberburnhaupt. An beiden Stellen wurden die französischen Truppen mit großen Verlusten zurllckgeschlagen und einige hundert Gefangene gemacht. Die Absicht unserer Gegner, sich der in Frage stehenden Orte zu bemächtigen, ist vollkommen gescheitert. Die feindlichen Verluste sind nach Aussagen Gefangener sehr groß, unsere gering. Die feindlichen Artillerieangriffe wenig südlich von Altkirch am 9. Januar waren unbedeutend.
Ei» deutsches Flugzeuggeschwader an der Themsemündung.
Kopenhagen, 11. Jan. Wie der „Lokalanzeiger" von hier erfährt, erschien gestern ein großes deutsches Flugzeuggeschwader von mindestens 16 Flugzeugen in der Nähe der Themsemündung, wahrscheinlich in der Absicht, einen Angriff auf London zu unternehmen. Das Wetter war aber ungünstig, da Nebel auftrat. Das Geschwader flog an der Südküste entlang bis Dover, wo einige Bomben abgeworfen wurden. Alsdann flog es in der Richtung auf Dünkirchen weiter. Zehn dieser Flugzeuge erschienen über dieser Stadt und eröffnoten ein heftiges Bombardement auf die von den Engländern besetzten Teile der Stadt. Schließlich langte das Geschwader über Ostende an. Im ganzen wurden 40 bis 50 Bomben geworfen, die erheblichen Schaden anrichteten. Eine Anzahl von Personen wurde getötet und verwundet. Die deutschen Flieger blieben von englischen Flugzeugen unbehelligt. Nachdem sie eine halbe Stunde lang die Stadt umkreist hatten, kehrten sämtliche Flugzeuge an ihren Aufstiegort zurück.
Langsam vorwärts vor Warschau.
(W.T.B.) Budapest. 11. Jan. „Az Cst" veröffentlicht eine Mitteilung aus dem deutschen Hauptquartier in Polen, die er von seinem dortigen Vertreter erhalten hat. Diese lautet: Die Russen erholen täglich neue Verstärkungen, aber seit einiger Zeit sind sie doch genötigt, ihren Rückzug fortzusetzen. Im Verlaufe des Rückzugs nehmen sie die schon früher vorbereiteten Stellungen ein, was die Verfolgung ziemlich schwierig gestaltet. Obwohl die Russen zahlenmäßig die Stärkeren sind, haben die deutschen Truppen doch die Oberhand. Nur geht das Vordringen gegen Warschau jetzt ein wenig langsam. Der politische Erfolg, den die Einnahme von Warschau bedeuten würde, würde nicht ganz im Verhältnis zu den großen Opfern stehen, die ein Gewaltsturm gegen Warschau erfordern würde Die Kämpfe schreiten daher in langsamem Tempo fort.
Wird Warschau geräumt?
Berlin, 11. Januar. Aus Wien läßt sich die ..Deutsche Tageszeitung" drahten: Die polnischen Blätter melden, der Oberbefehlshaber der russischen Armee, Großfürst Nikolai, habe eine lange Besprechung mit dem General Rußki gehabt. Wie man in Warschau erzählt, hätten die russischen
Militärbehörden beschlossen, Warschau zu räume«, sowie die Deutschen die Beschießung der Stadt eröffnen sollen.
Die Russen in der Bukowina.
Aus Dorna Watra wird der „Franks. Zeitung" geschrieben: In der letzten Zeit machen die Russen verzweifelte Anstrengugen, tiefer in die Bukowina einzudringen. Sie verfolgen damit strategische und politische Absichten. In strategischer Hinsicht wollen sie erstens durch einen Einbruch nach Ungarn von der Bukowina, den: östlichen Kampfterritorium aus, die rechte Flanke der in den Karpathen kämpfenden österreichisch-ungarischen Truppen umgehen, zweitens decken sie durch ein tieferes Eindringen in der Bukowina die Flanke ihrer eigenen in den Ezornahova- und andern Waldkarpathenpässen kämpfenden Truppen. In politischer Hinsicht wollen die Russen durch den Vormarsch in den an Rumänien grenzenden Ländern Bukowina und Siebenbürgen dieses noch vorläufig unschlüssige Königreich an der Weftgrenze umfassen, um es so allmählich der Verbindung mit Oesterreich zu berauben und es durch militärische Demonstrationen aus seine Seite zu bringen.
Am 29. November zogen die Russen in Czerno- witz ein. Um der Gefahr der Umzingelung zu entgehen, mußten sich die Oesterreicher rasch ins Innere der Bukowina zurückziehen. Nun rücken die Russen auf drei Linien vor. Die Kräfte der etwa 50 000 Mann setzten sich aus Kaukasustruppen die für dieses Gebiet besonders geeignet sind, Fußsoldaten aus Zentralrußland und Reichswehrleuten zusammen. Als die Russen sahen, daß sie nicht weiter kamen und sich auch bei den russischen Soldaten wegen der Schwierigkeiten des Vormarsches Unzufriedenheit bemerkbar machte, zogen sie neue Verstärkungen — nach Meldungen des Bukarester russenfreundlichen Blattes „Adverul" etwa 90 000 Mann — heran und rückten vor. Die Oesterreicher und Ungarn, die bisher den Russen ziemlich schwere Verluste beigebracht hatten, mußten sich infolge dieser großen Uebermacht tiefer in die Bukowinapässe zurückziehen und räumten freiwillig das Flach- und Hügelland der Bukowina. Es ist ausgeschlossen, daß die Russen die Kar- pathcnpässe überwinden werden, denn die österreichisch-ungarischen Truppen verteidigen sich mit großer Tapferkeit. Dabei muß noch berücksichtigt werden, daß die Russen bei den anderen Karpathenübergän- gen es nur mit einem einzigen Passe zu tun hatten, während sie hier zwei schon von der Natur sehr wild geartete Pässe zu überschreiten haben.
Die Türken in Persien.
Konstantinopel, 11. Jan. Nack) zuverlässigen Nachrichten räumten die russischen Truppen, die schon vor einiger Zeit das Gebiet von Täbris verlassen haben, jetzt auch dessen Umgebung und zogen sich mit ihren Besatzungsabtvilungen nach Dschulfa zurück. Die Russen versammeln dort größere Streitkräste, um den Uebergang über den Araxes zu verteidigen. Die Preisgabe der Jnteressenzone in Nordpersien vollzieht sich für Rußland unter ehernem Zwang, auf der einen Seite rückt die türkische Armee vor. aus der anderen Seite haben sich die Schachsewennen, der mächtigste Kriegsstamm Persiens, jetzt einmütig gegen die russischen Bedrücker erhoben und machen gemeinsame Sache mit den Türken.