Amtliche französische Verleumdungen.
(W.T.B.) Berlin, 12. Jan. (Nicht amtlich.) Nach einem Pariser Telegramm hat der Ministerpräsident Biviani am 9. Jan-uar im Ministerrat den Bericht einer Untersuchungskommission über Verletzungen der Menschenrechte durch die Deutschen angekündigt, der in etwa 100 OM Exemplaren gedruckt, übersetzt und den Neutralen zur Verfügung gestellt werden würde. Dieser Bericht bildet, soweit bis jetzt bekannt, eine einzige Kette niedrigster, haltloser Verleumdungen, durch die offensichtlich nur der Eindruck erweckt werden soll, als ob die Deutschen planmäßig Kri^sgreuel zu verüben pflegten. In den genauer angeführten Fällen ist selbstverständlich von der deutschen Regierung sofort eine eingehende strenge Untersuchung veranlaßt worden, deren Ergebnis mit Ruhe entgegengesehen werden kann. Ein Fall kann aber schon jetzt widerlegt werden, nämlich Äe Behauptung, daß die Deutschen in Lüneville ohne Veranlassung 70 Gebäude eingeäschert hätten. Die französische Regierung hätte ebenso gut wie wir feststellen können, daß es sich hier um eine Strafexekution handelt, da sich die einheimische Bevölkerung nach der Besetzung der Stadt am 25. August v. I. nicht gescheut hat, das Militärhospital 1^ Stunden lang unter Feuer zu nehmen. Ebenso wurden am folgenden Tage bayerische Truppen in gleicher Weise aus den Häusern von Zivilpersonen beschossen. Gegenüber den uns gemachen Vorwürfen sei aber der französischen Regierung vorgehalten, wie sich französische Truppen im eigenen Lande benommen haben, die. wie glaubhaft bekundet wird, Schlösser und Häuser in zahlreichen Orten ausgeplündert und zerstört haben. Demgegenüber haben in zahlreichen Fällen einwandfreie französische Zeugen das Wohlverhalten. die Sittsamkeit und die strenge Manneszucht der deutschen Truppen gerühmt. Auch der den deutschen Truppen grundlos entgegengeschleuderte Vorwurf des Mordes fällt auf den Verleumder mit erdrückendem Gewicht zurück. Es sind unzählige Schandtaten französischer Soldaten, begangen an hilflosen deutschen Verwundeten, nachgewiesen worden. Es soll nicht vergessen werden, zu betonen, daß alle Fälle durch eidliches Zeugnis einwandfrei fest- gestellt worden sind. Auch manches andere kann der französischen Regierung nachgewiesen werden, wie die Ermordung deutscher Kriegsgefangener im Gefängnis von Montbeliard im August v. I.. die entwürdigende und erniedrigende Behandlung deutscher Kriegsgefangener, sowie ferner die Verwendung der gefährlichsten und schlimmsten Dumdumgeschosse. Der französischen Regierung fehlt jede Berechtigung zu allgemeinen Beschuldigungen und Verdächtigungen der deutschen Kriegführung.
Die deutschen „Barbaren"
(W.T.B.) Basel. 12. Jan. Oberst Müller, der vor kurzem Gelegenheit hatte, mehrere von den Deutschen besetzte französische Dörfer zu besichtigen, gibt von dem Verhältnis zwischen der einheimischen Bevölkerung und den Deutschen folgende Darstellung: Ueberall hätten die Leute auf seine Frage, wie sie
mit den Deutschen auskämen, versichert, diese seien sehr höflich und der Verkehr mit ihnen gestalte sich sehr angenehm. In einem Haus, in dem 20 Deutsche einquartiert waren, habe er eine junge Frau nach j dem Benehmen der deutschen Soldaten gefragt. Diese habe lebhaft und nicht ohne Wärme geantwortet, sie seien sehr liebenswürdig und sehr anständig. Sie habe gesagt, wie groß früher die Not des Dorfes gewesen sei. Jetzt jedoch sei die Versorgung der Bewohner mit Lebensmitteln, wie überall, wo deutsche Truppen französisches Gebiet besetzt haben, geordnet. Naturalien würden durch die Heeresverwaltung herbeigeschafft und an die Bevölkerung abgegeben. Die deutschen Soldaten teilten selbst ihr Brot mit der Bevölkerung. Auf eine Bemerkung, die Deutschen seien anscheinend also keine Barbaren, habe sie mit Leidenschaft geantwortet: Sicherlich nicht, aber der Krieg reibt die Leute so auf, daß sie sich gegenseitig verleumden und übel von einander reden.
Die Antwort Englands auf die amerikanische Note.
(W.T.B.) Washington, 11. Jan. (Reuter.) Der Text der Antwort der englischen Regierung auf die Note der Vereinigten Staaten ist gestern veröffentlicht worden. Er versichert im allgemeinen, daß alle in der Note berührten Punkte sorgfältig und in demselben Geiste der Freundschaft mid Offenheit erwogen worden seien, der die Note kennzeichne. Darauf wird die Ansicht entwickelt, daß über den Umfang der Erschwerung des amerikanischen Handels durch England ein großes Mißverständnis bestehe. Die englische Note führt zum Beweise die Ziffern der Ausfuhr von Newyork nach Scandinavien, Italien und Holland für November 1913, verglichen mit denen für November 1914, an. Alle diese Ziffern, ausgenommen die nur wenig veränderten für den Handel mit Holland, erwiesen eine enorme Vermehrung der Ausfuhr. Die Ausfuhr nach Dänemark habe im November 1913 558 OM Dollars, im November 1914 aber 7 101 MO Dollars betragen. Die englische Note weist darauf hin, daß der ungünstige Einfluß, den der Krieg auf einige Hauptindustrien, z. B. die Baumwollindustrie gehabt habe, vermutlich auf die verminderte Kaufkraft Frankreichs, Englands und Deutschlands zuriickzufllhren sei. Sodann werden die Ziffern der amerikanischen Kupferausfuhr nach neutralen Ländern erörtert, die sämtlich eine große Vermehrung aufweisen, woraus zu schließen sei, daß der größte Teil des Kupfers nicht für die betreffenden Neutralen, sondern für eine krieg- führende Macht bestimmt gewesen sei, die nicht direkt habe importieren können. Die englische Note sagt weiter über die Beschlagnahme von Lebensmittel, England sei bereit, zuzugestehen, daß Lebensmittel nicht beschlagnahmt werden sollten, wenn sie nicht für den Feind bestimmt wären, könne aber in dieser Hinsicht kein definitives Versprechen geben. Die englische Regierung weist auf die steigende Gefahr hin, daß neutrale, an Feindesland grenzende Länder zu Stapelplätzen großen Maßstabes für den Feind würden. England suche daher im Interesse seiner eigenen nationalen Sicherheit alle für den Feind be
stimmten Güter anzuhalten, ohne die Zufuhr von wirklich für die Neutralen selbst bestimmten Gütern erschweren zu wollen.
Die Antwortnote weist auf die kleine Zahl von Schiffen hin, die vor ein Prisengericht gestellt worden seien, dessen Entscheidungen nicht ungünstig für die Neutralen seien. Vom 4. August bis 3. Januar seien von den Vereinigten Staaten 773 Schiffe nach Scandinavien, Holland und Italien gefahren, aber nur 45 davon vor ein Prisengericht gekommen. Die Antwort betont die Unmöglichkeit, verdächtige Schiffe auf hoher See zu untersuchen. Die Ladung könne nur im Hasen gründlich untersucht werden. Die Note weist darauf hin, daß Baumwolle nicht auf der Konterbandeliste stehe, aber England sei besonders gewarnt worden, daß Kupfer unter Baumwolle verborgen werde, so daß die Ballen hätten ausgeladen und gewogen werden müssen. Es sei schwer für England, Kautschuk aus seinen Kolonien nach den Vereinigten Staaten ausführen zu lasten, da es von den Kriegführenden nötig gebraucht werde und der Verdacht bestehe, daß seit Beginn des Krieges große Mengen von Kautschuk aus Amerika aus- geführt worden seien. Die von Grey gezeichnete Note schlicht, die englische Regierung wünsche, daß der Ausfuhr und dem Konsum amerikanischer Güter durch Neutrale kein Hindernis bereitet werde.
Unsere Feinde und der Krieg.
Russische Kriegsvorberettrmgen im Mürz 1914.
Berlin, 11. Jan. Die „Nordd. Allg. Zeitung" schreibt: Eine deutsche Firma erhielt am 18. März vorigen Jahres von ihrem Vertreter an einem russischen Hafenplatz einen vom 13. März datierten Brief, in dem es heißt: „Der Eisenbahnwagenmangel ist ein Mißstand, der unseren Leuten hier viel Geld kosten wird. Alle hiesigen Exporteure haben große Posten Waren gekauft, die nun bloß auf dem Papier stehen, denn es ist unmöglich, sie hierher zu bekommen. Anstatt die Waren vor Freiwerden des vereisten Asowschen Meeres absetzen zu können, bleiben unsere Leute nun bis Frühling oder sogar Anfang Sommer mit ihren Verpflichtungen sitzen und können nicht verkaufen. Auf Bitten des Börsenaus- schustes ist gestern der Eeneralinspektor der russischen Eisenbahnen hier eingetroffen. Er versprach in drei Wochen wieder 800 Eisenbahnwagen bereitzustellen, aber unsere Leute fürchten, daß dies nur leere Versprechungen sind. Den augenblicklichen Wagenmangel erklärt man hier mit der Mobilisierung der russischen Armee an der deutschen Grenze."
Dieser Brief gewinnt dadurch an Bedeutung, daß er von einem russischen Staatsangehörigen stammt, dessen Loyalität seinem Vaterlands gegenüber unbezweifelbar ist. Er teilt offenbar unbefangen mit, was man damals in russischen Kaufmannskreisen über die „Mobilisierung an der deutschen Grenze" als etwas vom geschäftlichen Standpunkte aus Bedauerliches sagte, ohne sich politisch viel dabei zu denken. Wir denken uns umso mehr dabei, zunral da der Brief erkennen läßt, daß die russischen Eisenbahnbehörden angewiesen waren, die wirklichen Gründe des Wagenmangels zu verschleiern.
Lin Feldpostbrief zu Weihnachten.
(GKG) Beobachtungsstand Höhe ...
Südlich Ferme M... 16. 12. 11.
Liebe Eltern!
Für den Weihnachtstisch sei dieser Brief bestimmt. Ein Weihnachten bei Euch in altgewohnter Weise, doch ganz im Banne der mit riesigen Schritten fortschreitenden Weltgeschichte. Eure beiden Söhne stehen draußen in Feindesland. Doch Ihr dürft Euch nicht sorgen, denn das liegt nicht in meinem und sicherlich auch nicht in H...'s Sinn. Wir genügen hier draußen freudig der ersten Pflicht eines Deutschen, dem Vaterland in der Stunde der Not sich zur Verfügung zu halten: die Persönlichkeit des Einzelnen geht da ganz auf im Gesamtwohl des Vaterlandes, keine Familienbande sind unlösbar.
Auch wir hier draußen werden Weihnachten feiern. Ein Weihnachten im Felde, ist das nicht etwas ganz Einzigartiges, Eindrucksvolles und Schönes? Auf unserer Ferme wird wohl unser Tannenbaum, den wir aus dem nahen Walde holen, ausslammen. Insbesondere werden an diesem Abend meine Gedanken bei Euch sein, ist es doch das erste Mal, daß ich dieses Fest nicht mit Euch feiern kann. —
Und nun zurück zu meinem rauhen Kriegshandwerk. Erzählen will ich Euch über Land und Leute und von meinen letzten Schießtagcn.
Die Gegend hier entbehrt nicht landschaftlicher Reize: Ein breites, vielfach sumpfiges Haupttal, in ihm liegen kleine Ortschaften. Diese sind sehr schmutzig. Die Felder sind voll Disteln und Steinen. Ueberhaupt der ganz sicherlich fruchtbare Boden ist absolut nicht ausgenützt und zeigt kaum die geringste Pflege. Nirgends sehe ich Obstkulturen. Hingegen sind die Bewohner mit landwirtschaftlichen Maschinen aller Art, die überall auf den Feldern herumstehen, reichlich versehen. Bon den Einwohnern selbst habe ich mit Ausnahme einiger alter Frauen, die sich noch in den Dörfern
aufhalten, nichts gesehen. Alles sonst ist verschwunden. Das Haupttal begleiten beiderseits recht ansehnliche Höhenzüge. Die Höhen westlich sind zumeist mit Buchenwald bestanden, der östliche Höhenzug fällt nach Osten steil ab. In einem j Taleinschnitt dieses Höhenzugs liegt unsere Ferme M..
> Hier auf halber Höhe und zu Füßen des Höhenzugs steht eine .ganze Masse Artillerie in stark eingebauten Stellungen,
oben auf dem Kamm sind unregelmäßig verteilt die oer- ! schiedenen Beobachtungsstellen. Etwas vor den Beobach- j tungsstellen liegt die Hauptstellung unserer Infanterie. — j Ihr würdet von der starken militärischen Besetzung dieses ! Höhenzuges, selbst aus der Nähe kaum etwas erkennen, so ^ vorzüglich ist alles der nächsten Umgebung angepaßt. Unsere
> Beobachtung von hier oben ist in südwestlicher Richtung quer i über das Haupttal hinweg auf die vielfach waldbestaydenen
Höhen.
Hier drüben nun sitzt der böse Feind. Da und dort sieht man seine Straßenverhaue und seine Drahtverhaue quer über die Felder. Die Herren fleht man herzlich wenig. Und mit was für Kreaturen haben wir es leider zu tun: Tur- kos, Zuaoen und Senegalesen gibt es hier, wie die Affen sitzen diese oben auf den Bäumen. So manche Bestialitäten wüßte ich von ihnen zu erzählen. — Seit Sonntag haben wir's ziemlich lebhaft — heute ist es allerdings etwas ruhiger, doch sind wir in erhöhter Feuerbereitschaft. — Am Sonntag abend setzten die Franzosen bei Beginn der Dunkelheit mit einer ganz gewaltigen Kanonade ein, die sich in der Hauptsache aus eine benachbarte Höhe richtete, das war ein Dröhnen, ein Blitzen durch die Luft, ein Aufslammen von Feuersäulen. Wie viele Feuerschlünde da spieen, weiß ich Euch nicht zu sagen, auf alle Fälle waren es viele tausend Granaten, die einem in dieser stockdunkeln Nacht dieses schaurig-schöne Schauspiel boten. Ich kam gerade an jenem Abend heraus, um abzulösen. Die ganze Nacht hindurch ging diese Kanonade fort, gegen den frühen Morgen verstummte sie allmählich. Ein kurzer Schlaf war mir hierauf auf einem Strohlager beschicken.
Ein Viertel vor 7 Uhr war's, da wurden wir wach an zwei Schüßen, die direkt über unsern Beobachtungsstand sausten — schwere Kaliber waren es, das sagte uns unser artilleristisches Ohr —, unmittelbar darauf setzte dieselbe Kanonade ein, wie am Abend zuvor, nur mit dem Unter schied, daß diesmal unser Höhenrücken sein Teil bekam. Ueberall wurde abgestreut, doch vollständig wirkungslos, keine Mcnschenverluste, keinen Materialschaden gab's auf dem lang hingezogrnen Rücken. Punkt acht Uhr hörte das Schießen auf, eine beklemmende Stille folgte auf der ganzen Linie. 8.30 kam Brigadebefehl: Ich soll mich bereit halten, aus den Ausgangsweg eines Waldes, welcher von dem Feind vollständig besetzt ist, auf weiteren Befehl das Feuer sofort zu eröffnen. 8.10 kam die Erlösung von der unheimlichen Ruhe, ein ohrenbetäubendes Infanterie- und Maschinengewehrfeuer setzte plötzlich auf der ganzen Linie ein, ein Geknatter, wie ich's noch wenig gehört habe. Einen Ausfall mit überlegenen Kräften versuchten die Franzosen auf der ganzen Nordostfront, die Kanonade vom Morgen und vom Abend zuvor war die Einleitung hiezu. Nach ein bis zwei Minuten griff unsere Artillerie ein, zuerst die Feldartilleric und gleich darauf kam an mich der Befehl, das Feuer zu eröffnen und den Nordrand des Waldes mit Feuer zu belegen. Meine Befehle gingen durch Telefon hinunter und bald wurde die erste Salve abgeschossen: sie lag allerdings kurz, doch schon die zweite lag wunderschön direkt am Waldrand. Das Feuer legte ich weiterhin den ganzen Waldrand entlang. Fortwährend mit Salven schoß ich. Ein wunderschönes Schauspiel war es, wenn die Schrapnells in Höhe der Baumkronen krepierten, um ihren Kugelregen nicdergehen zu lasten. Außer meiner Batterie schossen noch Feldartillerie und andere Batterien ebendorthin. Der Erfolg unseres Schießens war, daß der Feind sich kaum aus dem Wald her- ! auswagte. Nach einer halben Stunde kam Befehl, mein ^ Feuer auf einen stark gefährdeten Punkt einer Waldlichtung, , wo einer unserer wichtigsten Jnsanteriestützpunkte ist, der 'besonders intensiv von den Franzosen angegriffen wurde, zu