Nationales Nachrirlt.m- und Anzeigenblatt für die Oberamtsbezirke Nagold. Calw» FreudenstadL und Neuenbürg
Gegründet 1877
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Nummer 37
Altensteig, Mittwoch, den 13. Februar 1935
58. Iahrganch
Zir NUzlkdemiia des Eiariandrs
Eine Mahnung des Leiters der Reichswirtfchaftskammer an die gewerbliche Wirtschaft
Berlin» 12. Febr. Der Leiter der Reichswirtschaftskammer, Regierungsrat a. D. Ewald Hecker, wendet sich an die gesamte gewerbliche Wirtschaft mit der Aufforderung, insbesondere durch Achtung der nachstehenden Gesichtspunkte dazu mit- zuhelsen, dag Uebergangsschwierigkeiten bei der Rückgliederung des Saarlandes vermieden werden:
1. Die saarländische Industrie verliert durch di« Beilegung der Zollgrenze einen großen Teil ihres bisherigen Absatzgebietes. Hierfür muß auf dem innerdeutfchen Markt Erfaß geschaffen werden, damit die arbeitenden Volksgenossen nicht beschäftigungslos werden. Bei der Größe des deutschen Marktes bleibt für den Absatz der saarländischen Erzeugung Raum, ohne daß hierdurch irgend jemand in dem übrigen Deutschland aus seinem Absatzgebiet oerdrängt zu werden braucht. Die Saarindustnc kann vielerlei liefern. Ich bitte daher gerade den Einzelhandel, Aufträge aus saarländische Fertigerzeugnisse bereits jetzt zu vergeben und späterhin ihren Absatz durch erhöhte Werbung zu fördern. Ich bitte aber auch die Industrie und den Großhandel, aus jeden Fall Aufträge in das Saarland zu legen. Jede Bestellung hilft mit, die lleber- gangszeir zu erleichtern. Die Handelskammer Saarbrücken ist gern bereit, nähere Auskünfte über Bezugsquellen im Saarge- Liet zu geben.
2. Andererseits muß dringend davor gewarnt werden, eine Fülle von Angeboten in das Saargebiet zu legen, insbesondere, soweit hier Waren zu Preisen angeboren werden, die unter den entsprechenden Preisen im sonstigen Deutschland liegen.
Die Erfahrung der letzten Zeit hat gezeigt, daß in deutschen Wirtschaftskreisen die Aufnahmefähigkeit des saarländischen Marktes ganz außerordentlich überschätzt wird. Demgegenüber ist festzustellen, daß er zunächst schonungsbedürftig ist und die dorr lagernden Vorräte und Erzeugniste der Saarindustrie selbst ausnehmen muß. Diese würde aber zum Erlregen kommen müssen, wenn sie einen hemmungslosen Wettbewerb derjenigen Industrien aus den übrigen Teilen des Reiches ausgesetzt würde, welche sich bereits sert zwei Jahren der Vorteile erfreuen, die ihnen die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik geschaffen hat. Zurückhaltung bei Angeboten nach dem Saargebiet lst daher geboten. Erscheinungen, wie sie bereits in einer übertriebenen und den Verhältnissen des Saarmarktes völlig unangemessenen Werbung zu beobachten find, müssen wieder verschwinden.
Die Rückkehr der Saar wird für die deutsche Wirtschaft große Vorteile mit sich bringen, aber sie darf nicht zu einem undisziplinierten Wettrennen der Geschäftemacherei von einzelnen führen. Auch hier muß der einzelne sich des Vorranges bewußt sein, den der Gemeinnutz der Deutschen und damit auch der Saarwirtschaft vor dem Eigennutz des einzelnen hat.
Halber Fahrvreis für hilfsbedürftige Mütter
Berlin, 12. Febr. Hilfsbedürftigen Müttern, die im Rahmen des Hilfswerkes „Mutter und Kind" verschickt werden, gewährt, wie das NdZ. meldet, die Reichsbahnverwaltung eine öOprozen- tige Fahrpreisermäßigung. Die Ermäßigungsscheine dürfen nur vom Hauptamt für Volkswohljahrt ausgestellt werden. Deshalb müssen alle Behörden und Verbände, die im Rahmen des Hilfswerkes hilfsbedürftige Mütter verschicken wollen, vorher eine namentliche Anmeldung an das Amt für Volkswohlfahrt ein- reichen.
Eröffnung der Amormsslellung im Rundfunk
Berlin, 12. Febr. Die Eröffnung der internationalen Automobil- und Motorrad-Ausstellung 1935 in den Ausstellungshallen am Kaiserdamm wird Donnerstag in der Zeit von 11 dis gegen 12 llhr von allen deutschen Sendern übertragen.
DeulM-ivanffSes Lufiabkommeu gebilligt
Madrid, 12. Febr. Der spanische Ministerrat hat das deutschspanische Lustabkommen angenommen. Dieses beruht auf Gegenseitigkeit. Es berechtigt deutsche Luftschiffe zum Ueberfliegen spanischen Gebietes. Deutschland räumt dafür Spanien das gleiche Recht ein.
Die LelliM-sranzöMlden Mrifmafisver-andiungev
Paris. 12 Febr Die deutsch-französischen Wirtschaftsverhand- lungen. die bisher in Berlin geführt worden sind, werden in Paris fortgesetzt. Die deutsche Abordnung ist unter Führung des Ministerialdirektors Dr. Ritter am Sonntag abend in Paris cingetrofscn, und am Montag hat im französischen Handelsministerium die erste Sitzung stattgefunden. Da der saarländisch- sranzösische Grenzverkehr ebenso wie die Kontingente durch den Notenaustausch der Abordnungsführei in Berlin vorläufig geregelt sind, nimmt man an. daß es sich jetzt in der Hauptfach« um Fragen des Verrechnungsverkehrs handelt
AblsWin MM WidMmid bkttit
Miitnische Forderung auf EnWäblaung und eventuelle Srenzzlehlmg abgelehnt
Der abessinische Geschäftsträger in Rom glaubt nicht au einen Krieg
London, 13. Februar. Der Reutervertreter in Rom hatte -sine Unterredung mit dem abejsinischen Geschäftsträger Afrvork, tu der dieser erklärte, er persönlich glaube nicht, daß es zu einem italienisch-abessinischen Krieg kommen werde. Nach seiner Ansicht sollte es möglich sein, die Angelegenheit aus friedlichem Wege zu regeln. Der Geschäftsträger gab jedoch zu verstehen, daß seine Regierung alle „unvernünftigen" Forderungen nach wie vor entschlossen ablehnen werde. Die Lage ist so» sagte Afroork nach der Reuterdarstellung weiter, daß in dem Falle» daß die Italiener auf einer Entschädigung für den Zwischenfall von llalual, bei dem Abessinier infolge eines nicht herausgeforderten Angriffes getötet wurden, bestehen sollten, und daß die italienische Regierung an dem Standpunkt sesthielte, das Gebiet bis llalual gehöre ihr, eine Regelung aus einer solchen Grundlage zwischen Abessinien und Italien unmöglich wäre und wir an den Völkerbund appellieren wüsten.
Weiter soll der Geschäftsträger erklärt haben, wenn Italien wirklich die Absicht habe, Krieg gegen Abessinien zu führen, so stehe es fest, daß die Abessinier ihrLandbis aufs äußerste verteidigen und Italien zwingen würden, seine Grenzen zu achten. Der Geschäftsträger hob hervor, daß Abessinien 8VVVÜV Mann unter Waffen stehen habe und diese auf eine Million erhöhen könne. Außerdem habe es moderne Waffen in Europa gekauft, besitze allerdings keine Tanks und Flugzeuge.
Wie United Preß aus AddisAbeba berichtet, dementiert das abessinische Außenministerium aus das entschiedenste, daß abessinische Regierungstruppen längs der Grenze von Somaliland zusammengezogen worden seien und stellt fest, daß aggresstoeMaßnahmen überhaupt nicht in Erwägung gezogen würden.
Die italienischen Vorbereitungen
Eine italienische Stellungnahme
Rom. 12. Febr. Die von Italien in ver letzten Woche voc- genommene Mobilisierung von zwei Divisionen umfaßt nach amtlicher Auskunft etwa 25 MO Mann. Wesentlich höher lie- genbe Schätzungen, die von mehr als 30 000 Mann spreche» wollen, müssen als übertrieben betrachtet werden. Auch sind bis jetzt nicht mehr als zwei Divisionen mobilisiert worden. Die Sammlung der zwei Divisionen soll in Florenz und in Messina ersolgen. Es bestätigt sich, daß die Verschiffung dieser Truppen vorerst nicht vorgenommcn wird. Die zuständigen Stellen treffen jedoch alle Vorbereitungen, um cm Falle einer weiteren Häufung der Zwischenfälle und der Verschärfung der Beziehungen diese vollständig ausgerüsteten Truppen sofort in die Grenzgebiete von Ztalienisch-Ostasrika entsenden zu können, wo an den Hauptpunkten bereits seit längerer Zeit Material und Proviant für große Truppenverbände angesammelt worden sind. Die in den letzten Monaten gleichzeitig in die Grenzgebiete entsandten italienischen Freiwilligen belaufen sich auf wenige tausend Mann, di« bei einem weiteren Umsichgreifen der Gärung unter den abessinische» Erenzstämmen nur einen ungenügenden Schutz der seit Jahren von Italien beietzten vorgeschobenen Posten bild«n können.
Von italienischer Seite wird deshalb größter Wert auf die Feststellung gelegt, daß die getroffenen Maßnahmen ausschließlich vorbereitenden und Wwehrcharakter tragen und daß darüber hinaus weder über diplomatische Schritte uoch über eine militärische Aktion etwas Bestimmtes gesagt werden könne.
Was die Möglichkeit eines Ultimatums betrifft, so wird ausdrücklich versichert, daß zur Zeit keine Absicht in dieser Richtung bestehe. Sollten sich aber die Ereignisse weiter zuspitzen, und die Beziehungen sich noch kritischer gestalten, so sei es durchaus nicht ausgeschlossen, daß Italien im weiteren Verlaufe zu diesem Verfahren greifen werde, nachdem die vom Völkerbundsrat vor Monatsfrist anemvfohlenen direkten Verhandlungen zwischen Italien und Abessinien bis heute nicht in Gang gebracht werden konnten,
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England für direkte Bertmndltmgrn
Rom» 12. Febr. lieber die Entwicklung Des abessinisch- > italienischen Konfliktes zeigt man in italienischen politischen Kreisen vorerst größte Zurückhaltung. Mit Nachdruck wird betont, daß Italien gern bereit sei, direkte Verhandlungen mit Addis Abeba zu führen, auch an den guten Willen des Kaisers von Abessinien glaube, aber Zweifel darüber habe, daß er über die nötige Autorität verfüge, um auch für die Erenz'stämme bindende Verpflichtungen einzugehen. Die unmittelbaren Verhandlungen sollen, wie hinzugefügt wird, sowohl die Schaden
erfaß ans prüche Ita liens als die seit Jahrzehnte« ungeregelte Grenzfestsetzung betreffen. In bezug auf den letzteren Punkt erstrebt Italien zunächst die Bildung von n e u t r a l e n Z on e n, um die Möglichkeit weiterer Zusammenstöße auf ein Mindestmaß einzuschränten. Gegenüber Nachrichten aus London wird betont, daß in Rom noch keine direkten Nachrichten aus Addis Abeba über die dortigen Rückwirkungen der italienischen Vorsichtsmaßnahmen vorliegen.
Weiter wird bekannt, daß bei einer Besprechung zwischen Staatssekretär Suvich und dem englischen Botschafter Sir Eric Drumond dieser im Namen seiner Regierung den Wunsch nach der sofortigen Aufnahme unmittelbarer Verhandlungen zwischen Abessinien und Italien zwecks Beilegung der bestehenden Schwierigkeiten ansgesprochen hat.
Frankreich will zsr MöPrmna ralen
Paris, 12. Febr. Die sranzösischen politischen Kreise verfolge» die Entwicklung der italienisch-abessinischen Spannung mit größter Aufmerksamkeit und unverkennbar auch mit großer Besorgnis. Außenminister Lava! hat bekanntlich vor den Auswärtigen Ausschüssen des Senats und der Kammer zu dem Abschluß der französisch-italienischen Verhandlungen in Rom erklärt. daß die Belange Abessiniens in keiner Weise durch das französisch-italienische Kolonialabkommen beeinträchtigt würden, daß Frankreich zu Abessinien freundliche Beziehnngen unterhalte und Abessinien auf Frankreichs Unterstützung weiterhin rechnen könne. Zweifellos wird auch Frankreich zur Mäßigung raten, schon da man hier «ine kriegerische Auseinandersetzung in Afrika als eine Verzettelung der Kräfte anfieht, die sich kür die Bereinigung der ungeklärten europäischen Lage zusammen- ziehen müßten.
Französische Zustimmung zum italienischen Vorgehen gegen Abessinien
Paris, 12. Febr. Die Pariser Abendpresse glaubt nicht, daß Italien sofort militärische Schritte in Abessinien unternehme« wird, hält es aber nicht für unwahrscheinlich, daß es sich schließlich doch dazu entschließt, falls die abessinische Regierung keine Genugtuung gibt. Bemerkenswert ist die Haltung des Temps, der davon abrät, den Völkerbund mit der Angelegenheit zu betrauen, da er sich dann vor eine sehr heikle Aufgabe gestellt sehen würde. „Journal des Debats" meint: Wenn die abessini- schc Regierung sich unterwerfe und eine Arr italienisches Protektorat anerkenne, so werde Italien wahrscheinlich nicht böse darüber sein, die Kosten für ein militärisches Borgehen zu sparen. vorausgesetzt, daß die italienische Regierung nicht das Bedürfnis verspüre, ihr Ansehen durch einen solchen Feldzug zu erhöhen. Sauerwein stimmt im „Paris Soir" den italienischen Maßnahinen zu. Die französischen und die italienischen Interessen seien in dieser Gegend die gleichen.
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Paris vermutet Aavans Einfluß
Paris, 12. Februar. In französischen Diplomatischen Kreisen ist man Der Meinung, daß Japan Das Rückgrat der abessinischen Haltung gegen Italien ist. Man weist in diesem Zusammenhang Darauf hin, daß Der japanische Botschafter in Rom, Fufimura, Die Mobilisierung Der italienischen Divisionen zum Vorwand genommen hat, um im Außenministerium vorstellig zu werden und Die energische Erklärung abzugeben, Daß Japan sich entschieden jeder Besetzung Abessiniens Durch «ine fremde Macht wider setzen werde.
AbkWieu das Soldlavb SM?
Es sah schon vor einigen Wochen bedrohlich um Abessinien aus, als der Zwischenfall bei Ualual passierte, der einigen hundert Italienern und italienischen Somalileure« das Leben kostete. Es wurde damals von Waffen- und Munitionstransporten Italiens nach der Somaliküste berichtet, und daraus schloß man. daß der Grenzzwijchenfall noch ein weiteres Nachspiel haben würde. Natürlich behauptete jede der beiden Parteien, daß die andere schuldig sei, und die mildeste Version, wie sie beispielsweise in englischen Zeitungen zu lesen war, ging dahin, Laß die noch ungeklärten Grenzverhältnisse rn dem fraglichen Distrikt srn Zusammenstoß verursacht hätten.
Immerhin, in Abessinien nahm man die Sache recht ernst. Man fühlte sich Lurch die Kriegsmaterialtransporte bedroht. und die aanz Mißtrauischen in Addis-Abbeba wollte«