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Nummer 17K

Altensteig. Mittwoch, den 1. August 1934

57. Jahr,«»,

Ernste Erkrankung -es Reichspräsidenten

Neudeck. 31. Juli. (9.V5 Uhr vormittag.) Der Herr Reichspräsident, der seit einigen Monaten an einer Bla. senerkrantung leidet, hatte in Neudeck wesentliche Erholung gefunden. In völliger geistiger Frische und erfreu­licher körperlicher Verfassung erledigte er seine Dienstoblie­genheiten und war noch am Montag in der Lage, Vorträge entgegenzunehmen. Eine leichte körperliche Schwä­che, die seit einigen Tagen sich bemerkbar machte, hat je­doch in dieser Nacht zugenommen. Bei dem hohen Alter des Herr« Eeneralfeldmarschalls ist daher ernste Sorge begründet. Die behandelnden Aerzte sind m Neudeck anwesend; fortlaufende Berichterstattung wird folgen.

Eia ärztlicher Bericht vom Dieustagmitlag

Reudeck, 31. Juli. Der Herr Reichspräsident nahm am Dienstagvormittag einen Morgenimbiß außerhalb des Bet­tes zu sich. Hierbei war er voller Teilnahme für seine Um­gebung. Nach Rückkehr in das Bett trat ein ruhiger Schlaf ein. Fieber ist nicht vorhanden. Puls kräftig, zahlenmäßig erhöht.

(gez.) Prof. Sauerbruch mit Dr. Krauß, Dr. Adam, Prof. Kauffmann.

Das Befinden des Reichspräsidenten unverändert Neudeck. 31. Juli. Im Zustand des Herrn Reichspräsiden­ten ist keine Verschlechterung eingetreten. Zu Mittag er­folgte eine geringe Nahrungsaufnahme. Kein Fieber. Puls zufriedenstellend. Für die behandelnden Aerzte gez. Dr. Sauerbruch.

Die englische Oeffentlichkeit bedauert die Erkrankung des Reichspräsidenten

London, 31. Juli. Die Nachricht von dem ernsten Be­finden des Reichspräsidenten Hindenburg erregt in der ge­samten Oeffentlichkeit die größte Teilnahme. Alle Blätter veröffentlichen auf der vordersten Seite Bilder des in Eng­land hochgeachteten und verehrten Marschalls und drücken angesichts des hohen Alters des Reichspräsidenten Besorg­nis aus.

*

Die obige Meldung von der Erkrankung des greisen Reichspräsidenten löst im deutschen Volk ernste Besorgnis uud herzlichste Anteilnahme aus. In dem hohen Alter der Reichspräsident wird im Oktober 87 Jahre alt ist, was auch aus der Heranziehung bedeutender Aerzte ersicht­lich wird, der Krankheitszuftand äußerst ernst. Das deutsche Volk blickt auf Schloß Neudeck, wo Hindenburg seit Mona­ten weilt, und bangt in schwerer Sorge um das Leben des hochverehrten und vielgeliebten Eeneralfeldmarschalls und Reichspräsidenten. Just in diesen Tagen, da der Kriegsbe­ginn sich zum 20. Mal fährt, ist die deutsche Heldengestalt unseres Hindenburg besonders volkstümlich. Begann doch in jenen Augusttagen, als der Kaiser den General aus »ei­nem Ruhesitz in Hannover nach Ostpreußen entsandte, der meteorenhafte Aufstieg einer Lebensbahn von weltge­schichtlich einzig dastehender Größe. Gebe Gott, daß Hinden­burg unserem deutschen Volk alsVater des Vaterlandes" erhalten bleibt!

I« Lhef des Stabes, Satze an dle M

Berlin, 31. Juli. Der Chef des Stabes hat folgenden T a- Sesbesht an die SA. erlassen:

Am 1. August ist der SA. -Urlaub zu Ende. M»t diesem Tage jetzt der volle Dienstbetrieb wieder ein; gleichzeitig entfallen alle mit dem Urlaub zusammenhängenden Einschränkungen, z. B. bezüglich per Arbeit in Städten, des Tragens des D>enstan,zuges Am. Damit tritt Sie SA. in unserem Volk wieder voll in Er­scheinung, um sich ihrer Ausgabe mit Entschlossenheit in vorderster Front hinzugebeu. Allerdings in einem anderen Sinne, als das u» den Urlaubsverfiignuge» der nunmehr beseitigte« Verrät« Mm Ausdruck kam. D»e SA. will nnd mutz zurück z« de« alten Kurs, der sie groß uud stark werden ließ, »nd von de« ii« kürzlich gegen ihren Willen abgelenkt worden ist. Schlichtheit, vorbildliche Haltung in nnd anher Dienst, Verbundenheit mit Voll und Bewegung find die Grundsätze der SA., in denen sie sich *nt dem Führer verbunden weih und die sie zum kraftvollen, unzerbrechlichen Instrument in seiner Hand machen.

Es lebe der Führer, es lebe Deutschland!

Der Ches des Stabes: Lutz«.

Zwei TMsurtklle

Planetta und Sol

Die beiden Hanptangeklagten im Prozeß wegen der Ermordung des Bundeskanzlers Dr. Dollfuß, Otto Planetta und Franz Holzweder, wurden vom Standgericht zum Tode ver­urteilt. Die Aburteilung der übrigen Teilnehmer des Aus- ftandes erfolgt erst ,n der nächsten Zeit. Das Urteil des Stand­gerichts iteht zunächst in keinem Zusammenhang mit der Er­klärung der Ursprünge und Zusammenhänge des Ausstandes. Es handelte sich um die ausschließliche Aburteilung der beiden Per- onen, die als die unmittelbaren Attentäter auf den Bundes- 'anzler Dollfuß vom Gericht erklärt worden sind.

Am Dienstag wurden die militärischen Sachverständigen ver­nommen. Generalmajor Pummerer sagte aus daß insgesamt 89 Stück S Millimeter Steyr-Selbstladepistolen Typ 12, ein ge­wöhnlicher Trommelrevolver und 4666 Schuß 9 Millimeter-Muni­tion im Bundeskanzleramt aufgefunden worden seien, jedoch könnten nur zwei Waffen mit Sicherheit als abgeschossen be­trachtet werden, darunter die Waffe des Planetta. Von einein anderen Sachverständigen wurde sodann die Todesursache des Bundeskanzlers mitgeteilt.

Aus die Frage des Vorsitzenden, ob der Bundeskanzler bei entsprechend rascher Pflege hätte gerettet werden können, erklärre der Sachverständige, daß der Bundeskanzler zwar langsam verbluter und durch dre hierdurch hervorgerufene Schwäche verschieden sei. daß jedoch auch bei sofortiger Pflege nur das Le­ben verlängert, nicht jedoch hätte gerettet werden können. Mit der Verletzung war die Lähmung der Arme, Beine und vss Rückens verbunden, über die sich der sterbende Bundeskanzler beklagte.

Die letzten Worte der Angeklagten im Wiener Militärgerichtsprozeß

Wien, 31. Juli. Im Prozeß wegen der Ermordung von Doll­fuß ergriff nach der Anklagerede des Staatsanwalts die beiden Verteidiger das Wort. Besonders bemerkenswert find die Aus­führungen des Verteidigers von Holzweber, Rechtsanwalt Dr. Erich Führer; er sagte u. a., es gibt zwei Ideologien ru Oesterreich, die eine tritt für die Unabhängigkeit Oesterreichs ein, die andere will einen engeren Zusammenhang mit dem deutschen Volk und dem deutschen Reich. Diejenigen, die für den Anschluß eintreten. lieben ihr Vaterland nicht minder, nicht weniger leidenschaftlich als die Vertreter der Unabhängigkeit (hier erteilt der Vorsitzende dem Rechtsanwalt eine Rüge). Die beiden Angeklagten sind mit Leo Schlageter zu vergleichen, der für das deutsche Volk gestorben ist (hier wird dem Verteidiger wieder eine Rüge erteilt). Der Gerichtshof, der unter dem Vor­sitz eines Offiziers zusammengetreten ist, ist an das Solda­tenehrenwort, das dem Anführer gegeben wurde, gebun­den. Es steht einwandfrei fest, daß den Angeklagten freies Ge­leite zugesichert wurde und diese Zusicherung gegeben wurde, als der Tod des Kanzlers bereits bekannt war. Aber noch ein anderes Wort an den Gerichtshof. Der Wunsch des verstorbenen Kanzlers besagte, es solle kein Blutvergießen mehr sein, Dr. Rintelen solle Frieden machen.

Hierauf sprachen die beiden Angeklagten einige Schlußworte. Planetta sagte: Ich bin kein Mörder, ich wollte Dr. Dollfuß nicht tüten, ich bitte Frau Dollfuß um Verzeihung. H-wlz° weber sagte: Ich bin an dem Morde unschuldig. Uns war der ausdrückliche Auftrag gegeben worden, es solle kein Blut flie­ßen. Wir glaubten, daß Dr. Rintelen sich im Bundeskanzleramt befinden werde, als wir eindrangen; so wenigstens war uns am Tage vorher gesagt worden. Ich kann nur «och eines jagen, ich habe aus glühender Vaterlandsliebe gehandelt.

Stk Vrgrlmdlins des MM

Wien, 31. Juli. In der Begründung des Urteil gegen Planetta und Holzweber heißt es u. a.:

Der den beiden Angeklagten zur Last gelegte Tatbestan­des Verbrechens des Hochverrats sei einwandfrei erwiesen. Die Angeklagten seien Mitglieder der nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei, sie seien geständig, auch an der Aktion auf das Bundeskanzleramt teilgenommen zu haben. Es sei ihnen bekannt gewesen, daß die Regierung gefangen gesetzt werden sollte. Es seien insgesamt 150 Personen in das Gebäude eingedrungen, womit bereits das Tat­bestandsmerkmal der Empörung gegeben sei. Die beiden Angeklagten hätten als Rädelsführer mitgewirkt. Was das dem Planetta zur Last gelegte Verbrechen des Mordes an­langt, so sei er selbst geständig, ans den Bundeskanzler ge­schossen zu haben. Für die Tötungsabsicht spreche insbeson­dere der Vorgang selbst: Die Verwendung einer absolut tödlichen Waffe aus ganz kurzer Entfernung. Der Gerichts­hof habe daher die Tötungsabficht als erwiesen angesehen. Bei Planetta sei erschwerend die Konkurrenz von 2 Ver­brechen, der Umstand der Abgabe von 2 Schüssen, sowie die Wichtigkeit der Persönlichkeit des Bundeskanzlers für das

im SMWOwreß

Wer hillgerichtet

ganze Vaterland angesehen worden. Als mildernd Hab« seine Unbescholtenheit gelten können. Bei Holzweber seien erschwerende Umstände nicht zu verzeichnen. Als mildernd können das Geständnis und die Unbescholtenheit angesehen werden. Die Verhandlung wurde um 13.35 Uhr geschlossen. Die Verteidigung will ein Gnadengesuch einbringen.

Planetta und Holzweder hingerWei

Wien, 31. Juli. Die Hinrichtung am Planetta »nch Holzweber ist am Dienstag nachmittag im Hof des Land» gerichts durch den Strang vollzogen worden. Das an de» Bundespräsidenten gerichtete Gnadengesuch der Verteidi­gung war abgelehnt worden.

Wie Holzweder und Planetta starben

Wien, 31. Juli. Amtlich wird mitgeteilt: Holzweder und Planetta wurden nacheinander hingerichtet, zuerst Holz­weber, der nach der Verkündung der Abweisung des Ena- denantrages rief:Ich sterbe für Deutschland! Heil Hitler!" Auch Planetta rief vor der Hinrichtung:Heil Hitler!" Dazu wird noch bekannt, daß beide «Angeklagte eine außer­ordentlich ruhige Haltung einnahwen. Sie baten um geist­lichen Beistand und bald erschienen ein katholischer und ein protestantischer Geistlicher im Gefängnis, mit denen beide zum Tode Verurteilten lange sprachen. Personen, die bei der Hinrichtung anwesend waren, erzählen, daß beide wie wahre Männer gestorben sind. Holzweber wiederholte, schon den Strick um den Hals, immer wieder den Ruf:Heil Hitler?" Er sagte es so lange, bis ihm sterbend der Ausruf in der Kehle erstickt wurde.

Amtsenthebung Mitelens

Die Maßnahmen gegen die Minderbeteiligten am österreichischen Aufstand

Wien, 31. Juli. Das Bundesverfassungsgesetz, wonach MinÄerbeteiligte an dem Aufstand der letzten Tage unbe­schadet einer gerichtlichen Strafe in ein Konzentrations­lager zu schwerer Zwangsarbeit übergeführt werden kön­nen, ist Dienstag erschienen. Danach kann gegen alle Per­sonen, gegen^die im Zusammenhang mit den Ereignissen vom 20./27. Juli eine gerichtliche Untersuchung eingeleitet ist, auf Vermögensbeschlagnahme erkannt werden. Im Falle eines Freispruches wird das Vermögen wieder zurück- gegeben. Wie weiter mitgeteilt wird, wurde der Gesandte Dr. Rintelen, ferner der Hofrat der Polizei Otto Steinhäusl sowie Polizeikommissar Leo Gotzmann unter vorläufiger Kürzung ihrer Bezüge auch ihres Dienstes enthoben. Der Landesschulrat von Kärnten hat für die Schulen St. Veit an der Glan, Wolfskirch und Feldkirchen die Einstellung aller Gehaltsauszahlungen verfügt. Gegen all» Lehrer die­ser Bezirke wird eine Untersuchung eingeleitet, ob und wie weit sie an dem Aufstandsversuch vom 25./27. Juli betei­ligt waren.

Was waren Dollfutz' letzte Worte?

W»en. 31. Juli Nach dem Prozeßbericht der amtlichen Nach­richtenstelle har Minister Fey in der Militärgerichtsverhand» iung gegen die Dollfuß-Mörder die letzten Worte Dr. Dollfuß' folgendermaßen wiedergegeben:Es soll Frieden und kein Blut­vergießen mehr sein." Ohrenzeugen in dem Prozeß erzählen aber nunmehr übereinstimmend, daß Fey gesagt habe. Dr. Dollfuß' letzte Worte seien gewesen:Dr. Rintelen soll Frieden mache» und es soll kein Blutvergießen mehr sein."

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rroeuere Grenzuverirtne österreichischer AufstSadifcher nach Södslawien

Wien, 31. Juli. Nach Meldungen aus Kärnten ist dd rt -er Widerstand der Aufständischen so gut wie gebrochen. Der Führer der 36» Ausstiiädischen. der Förster Wölz. der den Rabenstein an der südslawischen Grenze drei Tage hindurch gegen Regierungs- truppen verteidigte,-ist am Montag abend mit seinen Leute« auf südslawisches Gebiet »bergerreren. Die Aufgabe des Widerstandes war durch die von der südslawischen Regierung angeordnele strenge Grenzkontrolle norwend.g ge- worden, durch die die Lebensmittelzufuhr an die Aufständische» vom südslawischen Gebiet her unterbunden worden war. I« ganzen sind nach den bisher vorliegenden Meldungen 2666 Flücht­linge über die südslawische Grenze gegangen. Sie wurden »ach llesküd r« Innern Serbiens m ein Internierungslager gebrach».