Rationales Nachrichten- und Anzeigenblatt für die Oberamtsbezirke Nagold, Calw, Freudenstadt und Neuenbürg

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Nummer 173

Altensteig, Samstag, den 28. Juli 1934

S7.

Jahrgan,

AucheaMe Ettliim»! tes SUmdle» Sk. WM

Au den Ereignissen in Sesierreich

RSSW. und Geiekgebtmg

München, 27. Zuli. Die Reichspressestelle der NS­DAP. gibt bekannt: Der Führer hat in seiner Eigenschaft als Reichskanzler zur weiteren Vereinheitlichung von Par­tei und Staat angeordnet, daß die Partei mehr noch als bis­her dadurch zur gesetzgeberischen Arbeit herangezogen wird, dah der Stellvertreter des Führers, Reichsminister Rudolf Hetz, oder von ihm bestellte Referenten das Recht erhalten, an der Bearbeitung von Gesetzentwürfen sämtlicher Reichs­ressorts teilzunehmen.

Schweizerisches Verkehrsflugzeug abgesliirzt

Tuttlingen. 27. Juli. Das schweizerische Verkehrsflugzeug Luititz Condor" ist am Freitag gegen 10 Uhr in der Nähe der Eemarkungsgrenze Wurmlingen-Weilheim im Oberamt Tutt­lingen aus bisher noch nicht geklärten Gründen abgestürzt. Beim Aufschlagen auf den Boden geriet die Maschine in Braus. Näheres konnte noch nicht ermittelt werden. An Bord befanden sich acht Fluggäste und die dreiköpfige Besatzung.

Zu dem Absturz wird ergänzend milgeleilt: Am Freitag früb kurz vor 10 Uhr flog das fahrplanmäßige Verkehrsflugzeug ZürichStuttgart der schweizerischen Luftverkehrsgesellschaft über Tuttlingen Aus bisher nicht geklärten Ursachen stürzte das Flugzeug aus einer etwa 1900 Meter hohen Wolkendecke :n «inen Wald ab und wurde vollständig zertrümmert. Der Motor wurde etwa I Kilometer von. der Unsallstelle entfernt aufgefun- r>en und in weitem Umkreise lagen Flügel- und Metallteile. Von den Insassen konnten bisher vier als Leichen geborgen werden. Das Meldebuch des Flugzeugführers verzeichnet« als letzten Eintrag:Zürich 9.25 Uhr. 1500 Meter Höhe, Wetter klar, wolkenlos."

Beilei- des Reichsluftfahrtmmisters zum Flugzeugunglück bei Tuttlingen

Berlin, 27. Juli. Der Reichsminister der Luftfahrt, Göring. hat dem eidgenössischen Luftamt in Bern und der Direktion der schweizerischen Luftverkehrsgesellschaft anläßlich des Flugzeug­unglücks bei Tuttlingen im Namen der deutschen Luftfahrt auf­richtige Anteilnahme ausgesprochen.

Stuttgart, 27. Juli. Reichsstatthalter Murr hat sich sofort nach Bekanntwerden des tragischen Unfalls, dem das schweizerische VerkehrsflugzeugCurtitz Condor" zum Opfer gefallen ist. au «ie Unglücksstätte begeben. Desgleichen traf auch der schweize­rische Konsul in Stuttgart dort ein.

Die Opfer des Augzeugunfalls von Tuttlingen

Tuttlingen, 27. Juli. Bei dem Absturz des schweizerischen VerkehrsflugzeugesCondor" sind insgesamt zwölf Personen was Leben gekommen, nämlich neun Fluggäste, ei» Pilot, ein Funker und eine Stewardeß. Unter de« Fluggäste» befanden sich «ine Frau und ein etwa 3 Jahre alles Kind. Sechs Flug­gäste sind Deutsche. Die Ungliicksstelle »ft jetzt in weitem Umkreise von SA., Fliegerstürmen des DLB. und der Feuerwehr abgesperrt.

Nach einer vorläufigen Feststellung sind bei dem Absturz des schweizerischen Flugzeuges folgende Personen ums Leben gekom­men: der Pilot Mühlenmatter, der Funkmaschinist und eine Stewardeß aus Zürich, sowie die Passagier« Rechtsanwalt Aeggli aus Zürich, Frau Dr. Hammer mit Kind aus Dresden, ein Herr Echneidewigg mit Reiseziel Leivzig, ein Fräulein Rechenberg mit Reiseziel Berlin. Dr. Otto aus einem Berliner Geschäfts­haus. ein Herr Krön mit Reiseziel Stuttgart, ein Herr Herich. ebenfalls Reiseziel Stuttgart und ein Ingenieur Kümmel, Reise- pel Halle.

Wch'.edsbMl des Obergruppenführers von 3agow

In einem Abschiedsbefehl des Obergruppenführers von Jagow an die Führer und Männer seines bisherigen Stabes, der Gruppe Südwest und der Gruppe Kurpfalz vor llebernahme der SA.- Eruppe Berlin-Brandenburg heißt es u. a.: Mit Stolz fühle ich mich berechtigt, festzustellen: Nicht ein einziger SA.-Führer oder EA.-Mann im Bereich der Obergruppe 5 war mit den Verrätern »m Komplott. In besonderer Dankbarkeit für diese Tatsache spreche ich den unter mir bisher die beiden Gruppen führeirden Männern meinen Dank und meine Anerkennung aus: Gruppen­führer Ludln und Brigadeführer Wagenbauer. Beide stehen untadelig da, genau so wie die beiden Gruppen selbst. Gruppenführer Ludin führt die Gruppe Südwest weiter Vri- gaüeführer Wagenbauer hat im Zuge der vom Führer befohlenen Vereinfachung die Brigade 55 (Stuttgart) übernommen. Mich ruft der Führer zu schwerster neuer Arbeit. Uns umschlingt wei­ter das feste Band der von ihren Schlacken gereinigten. 2» tust ich Euch zu: In West und Süd. in Nord und Ost soll es geben nur eine SA und die ist treu, treu bis in den Tod Sem Führer und seiner Ehre. Heil Hitler! gez. von Jagow, Ober- grupvenführer.

Berlin, 27. Zuli. Zu den Vorgängen in Wien gibt der nach Deutschland zurückgekehrte bisherige deutsche Gesandte in Wien, Dr. R i e t h, folgende authentische Erklärung ab:

Es sind über meine Intentionen bei den Ereignissen, I die sich im Bundeskanzleramt in Wien abgespielt haben, in i Oesterreich und im übrigen Ausland so verschiedenartige Meldungen, sowie Vermutungen über meine diesbezüglichen Beweggründe geäußert worden, daß ich mich veranlaßt sehe, rein sachlich die Ereignisse darzustellen, wie sie sich tatsäch­lich abgespielt haben.

Wie bekannt, hatte die in das Bundeskanzleramt ein- gedrnngene Truppe, nachdem Herr Dollfuß verwundet wor­den war und drei weitere Mitglieder der Regierung sowie etwa 150 Beamte gefangen gehalten wurden, gedroht, daß diese Gefangenen erschossen würden, wenn die das Gebäude umlagernden Truppen und Schutzkorpsmannschaften das­selbe angreifen sollten.

Nach mehreren Stunden, während derer von Regie­rungsseite mit der eingedrungenen Truppe verhandelt wor­den war, stellte Minister Neustädter-Stürmer, der den Be­fehl außerhalb des Gebäudes führte, ein kurzfristiges Ulti­matum, nach dessen Ablauf der Angriff aus das Bundes­kanzleramt erfolgen würde.

Knapp vor Ablauf dieser Frist wurde ich aus dein Bun­deskanzleramt von dem Befehlshaber der eingedrungenen Truppe, der sich als Hauptmann Friedrich vorstellte, tele­phonisch angerufen. Er teilte mir mit, daß eine Verein­barung mit den Regierungsvertretern abgeschlossen wor­den fei, laut der, um keine Menschenleben mehr zu opfern, die gesamte Truppe, der die österreichische Staatsangehörig­keit bereits aberkannt worden sei, mit zugesichertem freien Geleit unter militärischer Bedeckung aus Oesterreich ab­transportiert und an eine Grenze gebracht werden müsse, für die sie die deutsche gewählt hätte. Friedrich fügte hinzu, daß die Ausführung des Abkommens noch deswegen un­möglich sei, weil seine Leute fürchteten, auf der Fahrt oder vorher niedergemacht zu werden. Infolgedessen bat mich Friedrich, daß ich mir die Zusage des freien Geleits für den Abtransport von dem zuständigen Minister bestätigen ließe.

Ich habe dies zunächst nicht zugesagt und erklärt, daß ich mit den gesamten Vorfällen nicht das geringste zu tun habe und mich nicht damit befassen könne.

Darauf bestätigte Herr Fey, einer der im Bundeskanz­leramt gefangen gehaltenen Minister, mir telephonisch die getroffene Abmachung und wiederholte seinerseits die be­reits von Friedrich vorgebrachte Bitte, daß ich sofort vor das Bundeskanzleramt komme und mir die von dem dort Befehl führenden Minister Neustädter-Stürmer getroffene Abmachung bestätigen lasse, weil hiervon die Durchführung derselben abhänge.

Da bis zum Ablauf des gestellten Ultimatums nur noch wenige Minuten übrig blieben und nach den mir überein­stimmend abgegebenen Erklärungen eine friedliche Lösung nur möglich sei, wenn ich dem an mich gerichteten Ersuchen stattgebe, habe ich Minister Neustädter-Stllrmer ausgesucht. Zu Beginn dieser Unterredung teilte mir dieser mit, daß Herr Dollfuß tot sei. Sodann bestätigte der Minister mir den Inhalt der getroffenen Vereinbarung und das zuge­sicherte freie Geleit für die gesamte im Gebäude befindliche bewaffnete Truppe. Die gleiche Bestätigung erhielt ich von dem ebenfalls anwesenden Minister Fey.

Ich habe hierzu keinerlei Zustimmung oder sonstige Er­klärung gegeben, jedoch betont, daß, wenn ich diese Mittei­lung aus den erwähnten Gründen entgegennehme, ich dies nur persönlich tue.

Der noch in dem belagerten Gebäude eingeschlossene Staatssekretär Karwinjky ließ mich daraufhin zu einer Unterredung am Fenster dieses Gebäudes bitten. Herr Minister Neustädler-Sturmer, den ich um seine Stellung­nahme hierzu befragte, erwiderte, er wolle dazu nicht Stel­lung nehmen und dies meinem Ermessen überlassen. Darauf habe ich die Unterredung abgelehnt. Als ich im Begriff war, mein Auto zur Wegfahrt zu besteigen, wurde ich von herbeieilenden Polizeioffizieren dringend ersucht, noch zu verweilen, weil Herr Staatssekretär Karwinsky selbst aus dem Gebäude zu mir herauskomme. Dieser schritt eilig auf mich zu und bat mich, mit ihm und dem ebenfalls hinzuge-- kommenen Minister Fey zu einem Tor des Bundeskanzler­amtes zu gehen, uni Hauptmann Friedrich mitzuteilen, daß die Minister mir das Abkommen bestätigt hätten. Zn der Begleitung der beiden Minister begab ich mich dann dorthin und teilte'dieses dem in einem Torspall sichtbar werdenden Haupt,nanu Friedrich mit. worauf ich den Platz verließ.

Ans dieser Schilderung der stattgehabten Vorgänge geht zunächst hervor, daß ich nicht, wie behauptet worden ist, eine Vcrmittlungsaktio» eingclcitet oder mich daran beteiligt

habe, sondern daß ich lediglich die Mitteilung einer bereits stattgehabten Vereinbarung gewissermaßen als Zeuge ent­gegengenommen habe, ohne mich dazu zu äußern. Es erhellt ferner daraus, daß ich auch nicht auf Veranlassung der in das Bundeskanzleramt eingcdrungenen Truppe gehandelt habe, sondern daß ich nur im Einvernehmen mit der mir zum Ausdruck gebrachten Wunsche österreichischer Regie­rungsmitglieder vorgegangen bin.

Es ist schließlich klar dies betone ich besonders daß ich mich zu dem beschriebenen Schritt nur entschlossen habe, um noch in letzter Minute, als der militärische Angriff auf das Gebäude des Bundeskanzleramtes beginnen sollte, dazu beizutragen, das dann unvermeidliche Blutvergießen, nicht zum mindesten unter den zahlreichen im Gebäude ge­fangenen österreichischen Ministern und Beamten, zu ver­hindern.

Alle weiteren Kombinationen politischer Art, die au de« von mir unternommenen Schritt geknüpft worden find» werden auch durch die infolge obiger Darstellung sinnfäl­lig zu Tage tretende Tatsache hinfällig, daß wie ich dies immer wieder betont habe ich nicht als bevollmächtigter Gesandter, sondern nur als Mensch gehandelt habe, der ge­glaubt hat, dazu beitragen zu müssen, vielleicht zahlreiche Menschenleben zu retten, als er darum gebeten wurde, wie nies übrigens auch wie mir erst nachträglich bekannt wurde dem letzten Wunsche entsprach, den Bundeskanzler Dollfuß vor seinem Hinscheiden zum Ausdruck brachte. In­folgedessen trage ich auch allein die Verantwortung für das, was ich getan habe.

Ich stelle auch fest, daß die Erklärungen der drei Regie- rnngsmitglieder über das freie Geleit mir gegenüber abge­geben wurden, nachdem sie mir bereits das Hinscheiden des Bundeskanzlers Dollfuß mitgeteilt hatten, daß also diese Zusage in voller Kenntnis dieses traurigen Ereignisses gegeben worden ist.

Berlin, 27. 7. 1934. gez. Rieth.

Wiener Mluifterrot

Die Verluste der Bundestruppen

Wien, 28. Juli. Am Freitagabend tagte ein Minister­rat, der mit einer Trauerkundgebung für Bundeskanzler Dr. Dollfuß eingetoitet wurde. Anschließend gab Vundes- minister Stockinger die Einzelheiten über das Leichen­begängnis bekannt. Sodann nahm der Ministerrat einen Bericht über die allgemeine Lage entgegen, in dem festge­stellt wurde, daß mit wenig Ausnahmen Ruhe und Ord­nung im ganzen Lande herrsche. Der Eisenbahnverkehr funktioniert normal.

Es wurde sodann ein besonderer Ministerausjchuß ein­gesetzt, der sich mit der Bekämpfung des Terrors zu befas­sen hat und dem Vizekanzler Starhemberg Vorsitzen und Juftizminifter Berger, Staatssekretär Karwinsky, Minister Fey und der Staatssekretär für die Landesverteidigung Zehner angehören werden. Daraus, so wurde in einer Pressekonferenz amtlich mitgeteilt, fei zu ersehen, daß alle Gerüchte, die heute (Freitag) über eine Verhaftung Feys in Umlauf waren, glatte Erfindungen feien.

Die vorläufigen amtlichen Angaben über die Verluste des Bundesheeres lauten:

Bei den Kämpfen in Steiermark sind zwei Offiziere und sieben Mann getötet worden, vier Offiziere und sechs Mann schwer verwundet. Zm ganzen find die Verluste des Vun- desheeres bei den bereits abgeschlossenen und zum Teil noch andauernden Kämpfen bis jetzt auf 25 bis 30 Mann zu schätzen. Die Verluste der anderen Formationen, vor allem des Schutzkorps, sind im Augenblick noch nicht bekannt.

Am Samstag wird zun» Zeichen der Trauer für Bundes­kanzler Dr. Dollfuß der Zugverkehr aus allen österreichischen Bundesbahnen um 14.30 Uhr auf zwei Minuten unterbro­chen. Sämtliche Geschäfte werden nachmittags aus Anlaß der Tranerfeier geschlossen.

Traueranzeige der österreichischen Bimd-sireinernng

Wie», 27 Jul». Die österreichische Bundesregierung tun «ende Troueranzeige veröffentlicht: Die österreichische Buudes- regiernng gibt die tieferschütternd« Nachricht vom Abreden idr»s «vergeßlichen Führers, des Herrn Buudesk.nnlers Tr E n a e I»