Amtlich* Set«iri<tii«»chr,i,tz»n.

Kaiserliche Verordnung, betreffend anderweite Regelung der Patzpflicht vom 1v. Dezember 1V14.

Auf Grund des Gesetzes über das Paßwesen vom 12. Oktober 1867 (Bundes-Gesetzbl. S. 33) wird im Namen des Reichs für das Reichsgebiet, mit Ausnahme Elsaß-Loth- ringens, verordnet was folgt:

8 1 .

Bis auf weiteres ist jeder, der das Reichsgebiet ver­läßt oder der aus dem Ausland in das Reichsgebiet ein- tritt, verpflichtet, sich durch einen Paß über feine Person aus­zuweisen.

Den Militärbefehlshabern bleibt Vorbehalten, nach Be­nehmen mit den zuständigen Landesbehörden für einzelne Erenzbezirke und bestimmte Zeiträume den Uebertritt ge­wisser Arten von Personen über die Reichsgrenze auch mit anderen Ausweisen als Pässen zuzulassen.

8 2 .

Zeder Ausländer, der sich im Reichsgebiet aufhält, ist verpflichtet, sich durch einen Paß über seine Person auszu­weisen.

Die Militärbesehlshaber können für Fälle, in denen die Beschaffung eines Passes nicht möglich ist, nach Beneh­men mit den zuständigen Landesbehörden die Anerkennung anderer amtlicher Papiere als genügenden Ausweis zu­lasten.

8 3.

Die nach 8 1 Abs. 1 und tz 2 Abs. 1 erforderlichen Pässe müssen mit einer Personalbeschreibung und mit einer ^ Photographie des Paßinhabers aus neuester Zeit mit dessen! eigenhändiger Unterschrift unter der Photographie sowie mit einer amtlichen Bescheinigung darüber versehen sein, daß der Paßinhaber tatsächlich die durch die Photographie dar­gestellte Person ist und die Unterschrift eigenhändig voll­zogen hat. Die Photographie ist auf dem Paß aufzukleben und amtlich derart abzustempeln, daß der Stempel etwa zur Hälfte auf der Photographie, zur anderen Hälfte auf dem Papier des Passes angebracht ist.

Die im Abs. 1 vorgesehene amtliche Bescheinigung muß von der zuständigen Polizeibehörde oder von dem Gesandten oder Berufskonsul des Landes, dem der Paßinhaber ange­hört, ausgestellt sein,' im Ausland genügt auch eine gericht­liche oder notarielle Bescheinigung.

Ausländische Pässe, die zum Eintritt in das Reichs­gebiet verwendet werden sollen, bedürfen außerdem des Visa einer deutschen diplomatischen oder konsularischen Vertre­tung. Die Visierung ist zu verweigern, wenn Bedenken

gegen die Person des Paßinhabers bestehen oder wenn den Vorschriften des Abs. 1 nicht genügt ist.

Die Militärbefehlshaber können nach Benehmen mit den zuständigen Landesbehörden für einzelne Erenzbezirke und bestimmte Zeiträume gewisse Arten von Personen von der im Abs. 3 vorgesehenen Visapflicht befreien.

8 4 .

Wehrpflichtigen Deutschen im Inland dürfen Pässe nur mit Zustimmung des Bezirkskommandos ausgestellt werden, in dessen Kontrolle sie stehen; soweit für Wehrpflich­tige eine solche Kontrolle nicht besteht, ist die Zustimmung desjenigen Bezirkskommandos erforderlich, in dessen Bezirke die Wehrpflichtigen ihren Wohnsitz oder dauernden Aufent­halt haben.

8 5 .

Diese Verordnung tritt mit dem 1. Januar 1918 in Kraft. Mit dem gleichen Zeitpunkt treten die Verordnung, betreffend die vorübergehende Einführung der Paßpflicht, vom 31. Juli 1914 (Reichs-Eesetzbl. S. 264) sowie alle seit diesem Tage zur Regelung des Grenzverkehrs erlassenen Be­stimmungen, soweit sie die Paßplicht betreffen, außer Kraft.

Vorstehende Verordnung wird zur Nachachtung bekannt gegeben.

Calw, den 2. Januar 1915.

K. Oberamt: Binder.

Aenderung der Höchstpreisbestimmungen für Getreide und Kleie.

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 19. Dezember v. I. die Höchstpreiseverordnungen für Getreide und Hafer in einigen Punkten geändert. Der Höchstpreis richtet sich nach dem Ort, wo die Ware abzunehmen ist und bis wo­hin der Verkäufer die Kosten der Beförderung trägt. Für Landwirte ist dies allgemein die Verladestation. Beim Um­satz des Getreides durch den Handel dürfen dem Höchstpreis Beträge zugeschlagen werden, die insgesamt 4 .tt für die Tonne nicht übersteigen dürfen. Dieser Zuschlag umfaßt ins­besondere Kommissions-, Vermittlungs- und ähnliche Ge­bühren, sowie alle Arten von Aufwendungen: er umfaßt die Auslagen für Säcke und für die Fracht von dem Abnahme­ort nicht.

Für die Frachtberechnung dürfen auf jeden Fall nur die wirklichen Kosten der Verfrachtung berechnet werden. An Sackleihgebühr darf für die Tonne 1 Mark berechnet werden. Beim Verkauf der Säcke ist der Preis für kleinere Säcke auf 80 Pf., für größere Säcke, die 75 Kilo oder mehr halten, auf 1,20 festgesetzt. Die Preiszuschläge für höheres Naturalgewicht bei Roggen und für Weizen fallen weg. Ebenso fällt die K8-Kilogrenze bei Gerste weg. Für Saatgetreide ist eine besondere Ausnahmebestim­

mung von dem Höchstpreis vorgesehen; ebenso fallen «erste- und Haserverkäuse an Kleinhändler und Verbraucher nicht unter die Höchstpreise, wenn sie drei Tonnen nicht über­steigen. Die sogenannten Reports werden bei Weizen und Roggen aufrechterhalten, bei Hafer werden sie gestrichen, da­für indessen die Haferpreise mit dem 24. Dezember 1S14 um 2 für die Tonne erhöht. Für Kleie ist neben dem Mühlen­preis von 13 -tt noch ein Großhandelspreis von 15 und endlich ein Kleinhandelspreis (für Verkäufe von 10 D.-Ztr. und weniger) von 15,50 festgesetzt worden. Futtermehls Vollmehle, Erieskleie und ähnliche Hintermehle gehören zur Kleie. Endlich ist ein Verbot erlassen, Kleie, die mit an­deren Gegenständen vermischt ist, in den Verkehr zu bringen TicStrafbestimmungen für Verstöße und Umgehungen der Hochstprersverordnung sind wesentlich verschärft worden Näheres im Retchs-Gesetz-Vl. von 1914 Nr. 116 Calw, den 2. Zanuar 1915.

K. Oberamt: Binder.

K. Oberamt Calw.

Auf die imStaarsanzeiger" 309 von 1914 erschienene Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 24. Dezember 1914 betreffend das Verbot der Ausfuhr und Durch« fuhr von Verband« und Arzneimitteln, sowie von ärztlichen Instrumenten und Geräten, werden die Interessenten htemtt hingewiesen

DerStaatsanzeiger" kann bei den Herren Ortsvor- stehern eingesehen werden.

Regierungsrat: Binder.

K. Oberamt Calw.

Die Gemeindebehörde» werden auf die imStaats- arze!g-r" Nr. 309 von 1914 erschienene Bekanntmachung des Kriegsministertums vom 25. November 1914, betreffend Finder» und Bergelohu, zur Nachachtung und geeigneten weiteren Bekanntgabe hie» mit hingewiesen.

Den 4. Januar 1915.

Regierungsrat: Binder.

K. Oberamt Calw.

Auf die im Reichs-Ges .Blott von 1914 Nr. 119 er­schienene Bekanntmachuuq des Reichskanzlers v. 22. Dez. 1914. betreffend das Verbot der Verwendung von Kar­toffelmehl zur Herstellung von Seife, werden die Interessenten hiemit hingewiesen.

Das Reichs-Ges.-Blatt kann bei den Herren Ortsvor­stehern elngeseheu werden.

Den 4. Januar 1915.

Regierungsrat: Binder.

Mitteilungen des serbischen Gesandten in Petersburg.

Berlin, 3. 2an. DieRordd. Allg. Zeitung" schreibt unter dem Titel:Mitteilungen des ser­bischen Gesandten in Petersburg": DieNowoje Wremja" vom 10. (23.) Dez veröffentlicht eine Un­terhaltung zwischen ihrem Vertreter und dem ser­bischen Gesandten Spalaikowitsch in Petersburg, dev wir folgendes entnehmen: Der Gesandte er­innerte mich in den 11. (24.) Juli, als es für ihn klar wurde, daß der einzige Ausweg aus der schwe­ren Lage der Krieg sein müsse. Ich halte, so sagte der Gesandte, eine ausführliche Unterhaltung mit de» Minister des Aeutzern, Herrn Sasanow, der große Entschlossenheit an den Tag legte und mir in kategorischer Form erklärte, dass Russland in keinem Fa« aggressive Handlungen Oesterreichs ge­gen Serbien zulassen könne. Der Minister teilte min mit, datz er Gelegenheit genommen habe, aus diesem Anlatz mit voller Offenheit mit dem deutschen Botschafter Grafen PsurtalLs zu sprechen Der Leiter der russischen diplomatischen Refforts erkürte dem Vertreter Deutschlands, datz ein Ueber- faill «ns Serbien die grötzten Lebensinteressen Ruß- lands berühr« und deshalb die kaiserliche Regierung gezwungen sein werde, diejenigen Maßregeln zu ergreifen, die sie im gegebenen Moment für not- wmrdig befinden werde.

Diese Erklärung des Herrn Spalaikowitsch ist höchst interessant. Wie das deutsche Weißbuch (Anlage 4) feststellt, hat Herr Sasanow dem Grafen Pourtäles nur erklärt, Rußland könne unmöglich Massen, daß die serbisch-österreichischen Differenzen zwischen den Beteiligten allein ausgelragen werden. Wir kannten bisher nicht die Form, in der Herr Sasanow den Inhalt dieses Gespräches an den serbischen Gesandten wettergegeben hat. Aus der Veröffentlichung derNowoje Wremja" erfahren wir nun zum erstenmal, daß Herr Sasanow dieses iw einer Weise getan hat. die von den Erklärungen erheblich abweicht, welche er dem deutschen Bot­schafter gegenüber gemacht hatte und und die eine offene Kriegsdrohung Rußlands an Deutschlands und seine Verbündeten für den Fall enthalten, daß Oesterreich-Ungarn es wagen wollte, sich von Serbien ohne die russische Sanktion Genugtuung zu verschaffen. Nachdem der serbischen Regierung durch die Erklärung des Herrn Sasanow der Rücken geftärkt war, ist es allerdings nicht verwunderlich, daß sie im Vertrauen auf die ihr zugeficherte rus­sisch- Waffenhilfe das österreich-ungarische Ulti­matum ablehnte und es auf einen Krieg ankommen

ließ. Damit ist jetzt auch von amtlicher Seite durch einen Anhänger des Dreiverbandes klar gestellt, daß es Rußland von Beginn der Krise an nicht auf eine Beilegung, sondern aus ihre Verschärfung angelom- men ist.

Bor der Entscheidung auf dem Balkan.

Bulgarien uud Serbien.

(W.T.B.) Sofia, 3. Jan. Agence Vulgare mel­det: Die Proklamation des serbischen Thronfolgers, durch die Mazedonien konstitutionelle Freiheiten ge­währt werden, ruft in allen politischen Kreisen, so­wie in der Bevölkerung ohne Unterschied der Partei tiefste Entrüstung hervor. Die öffentliche Meinung deutet diese Maßnahme der serbischen Regierung als Manöver, durch das Serbien die territorialen Kon­zessionen für null und nichtig erklärt, die es Bulga­rien so freigebig versprochen hat. als sich die geschla­gene serbische Armee gegen die bulgarische Grenze zurückzog. Jetzt deckt Serbien seine Karlen auf und verkündet mit lauter Stimme seine Unnachgiebig­keit. Aber diese List wird es nicht retten. Mazedo­nien war allezeit bulgarisch und wird es nach der Proklamation des Prinzen Alexander bleiben, der die Befreiung dieses Landes vom serbischen Joche nur beschleunigen wird. Die meisten Blätter be­stehen auf der Besetzung Mazedoniens durch die bul­garische Armee.

Die Bulgaren und mit ihnen auch andere Neu­trale haben jetzt wohl gesehen, wie zuverlässig der Dreiverband wäre, wenn ihm das Krieqsglück hold sein sollte. Im übrigen dürfte die serbische Prokla­mation die Entschlüsse Bulgariens zur Besetzung Mazedoniens nur schneller zur Ausführung gelan­gen lassen.

Athen. 3. Jan. Nach einer Meldung derDeut­schen Tageszeitung" haben die Ententemächte der bulgarischen Regierung eröffnet, daß der Hafen von Dedeagatsch demnächst einer wirksamen Blokade un­terworfen werden solle, da sich in letzter Zeit die für die Türkei bestimmten Transporte dort wesentlich gehäuft haben. Die Erklärung der Ententemächte hat bei der bulgarischen Regierung große Erregung hervorgerufen, und einzelne Blätter fordern den Ab­bruch der Beziehungen.

Der Dreiverband und die Balkanstaaten.

(W.T.B.) Paris. 4. Jan. ImTemps" schreibt ein Petersburger Berichterstatter, die russische Presse

erörtere noch immer die Frage der Haltung der Bal­kanstaaten. Nach den dringenden Aufrufen in Bu­karest und den bittersten Vorwürfen in Sofia könne man schließen, tauben Ohren zu predigen. Bulgarien habe seine Beschützer verärgert. Rumänien sie ent­täuscht. Man höre auf, sich für sie zu interessieren, denn man sehe ein, datz der Sieg nicht von ihrer Hilfe abhänge. Dagegen habe ich festgestellt, datz eine mißtrauische Stimmung sich bemerkbar macht. Bukarest und Sofia sollten erwägen, was sie zu ver­lieren haben (!), wenn sie der neuen Stimmung freies Feld lassen.

Das japanische Rätselspiel.

Die Krifis in Japan.

Kopenhagen, 2. Jan. Einer Petersburger Wremjameldung aus Tokio zufolge wurde in Tokio der Ausnahmezustand erklärt. Der Mikado habe dem Ministerium fein kaiserliches Vertrauen aus­gesprochen, womit das Verbleiben Japans an der Seite d« Drei»»rb«nves während der Kriegsdauer verbürgt werde.

Die Meldung, die gegen Schluß den schlechten Eindruck der Stimmung des japanischen Volks ver­wischen soll, beweist, daß die japanische Regierung es mit starken inneren Gegensätzen zu tun hat. Der Wunsch unserer Feinde, japanische Truppen nach dem europäischen Kriegsschauplatz zu erhalten, dürfte damit wohl für absehbare Zeit nicht ver­wirklicht werden. Die Schrift!.

Die Frage einer japanischen Interventton.

Mailand, 3. Jan. Die Zuschrift eines Japaners an denTemps" begründet die Forderung eines hohen Preises für ein etwaiges japanisches Ein­greifen in Europa mit den schweren Gefahren, die in China und Indien, wo Japan vertraglich zur Inter­vention bei Aufruhr verpflichtet sei, eintreten könn­ten, und mit den unschätzbaren Vorteilen, die eine japanische Hilfe für die Verbündeten bedeuten würde.

Frankreichs Demütigung.

(W.T.B.) Wien. 31. Dez. DasFremdenbl." bespricht das von dem Reuterschen Bureau zugestan­dene Scheitern der französisch-englischen Offensive und den vergeblichen Hilferuf der französischen Staatsmänner in Japan und sagt: Letzteres ist der ärgste Zusammenbruch für Frankreich und ein viel schlimmeres Zeichen für die Zukunft dieses Landes,