Der Hafen von Smyrna gesperrt.
Der Frankfurter Zeitung wird aus Konstantinopel gemeldet: Eine Note der Pforte an die fremden Vertreter besagt, daß der Eintritt von Kriegsschiffen in den Golf von Smyrna von jetzt ab verboten ist. Die Vosstsche Zeitung bemerkt: Sicher ist dieses Verbot gegen die englischfranzösische Flotte im östlichen Mittelmeer gerichtet.
Der Protest der chinesischen Regierung.
Wie schön unsere Vettern überm Kanal sich über die von ihnen hinausposaunten Rechte der Völker Hinwegfetzen, ergibt sich aus der Erwiderung der Engländer auf den chinesischen Protest:
(WT..V.) London, 19. Okt; Aus New-Pork wird dem Reuterschen Bureau vom 15. ds. Mts. gemeldet: Nach einem Telegramm aus Peking erwiderte Großbritannien auf den Protest gegen die japanische Inbesitznahme der Schantungbahn, es sei nicht imstande, den Verbündeten zu hindern. Japan habe keine Wahl gehabt, da die Eisenbahn -den Deutschen gehörte, die sie für militärische Zwecke benutzt hätten.
(Dabei sind die Deutschen doch durch die beiden Freunde, den Engländern und den Japanern, eingeschlossen, können also die Bahn nicht benutzen. D. R.)
Deutsches Reich.
Das Befinden des Prinzen Oskar.
Homburg o. d. H, 20. Okt. Die Genesung des Prinzen Oskar von der in den Gefechten bei Verdun zugezogenen Hermuskelaffektion schreitet nicht so schnell vorwärts, als es ursprünglich den Anschein hatte. Eine Röntgenuntersuchung durch Professor Dr. Grödel in Frankfurt a M. ergab, daß die Muskelkraft des Herzens nicht so sicher funktioniert, daß der Prinz die anstrengenden dienstlichen Obliegenheiten ohne Nachteil versehen kann. Somit wird der Prinz, trotz allgemeinen Wohlbefindens, sich noch einige Zeit der ärztlichen Behandlung unterziehen müssen.
Exemplarische Strafe.
W.T.B. Straßburg. 19. Okt. Als Warnung für Kriegsschwätzer kann die exemplarische Strafe dienen, die der Händler Eugen Birgentzle von hier von dem außerordentlichen Kriegsgericht erhielt. In einer hiesigen Wirtschaft hatte er nach der „Straßburger Post" behauptet, bei Reims seien 80 000 Deutsche kriegsgefangen worden, Deutschland habe fast keine Soldaten mehr, während die Verbündeten geringe Verluste erlitten hätten. Die neutralen Mächte Italien, Schweden und Amerika hielten zu Frankreich und Deutschland müsse an Belgien 25 Milliarden Kriegsentschädigung zahlen. Vor dem Kriegsgericht bestritt Birgentzle, die Aeußerungen getan zu haben. Seine Ausflüchte hatten jedoch keinen Erfolg. Unter Berücksichtigung der zur Schau getragenen Böswilligkeit des Angeklagten verurteilte ihn das Kriegsgericht zu einem Monat Gefängnis.
Schiffbruch.
Seitdem wir die Küsten von Dover und Calais aus dem Gesichte verloren und abwechselnde, aber meist stürmische Winde uns elf Tage lang in der Nordsee umhergeworfen hatten, während welcher wir weder Jütland, noch Norwegen oder sonst ein Land erblickten, wagten wir es dennoch im guten Glauben an unsere geführte Schiffsrechnung und einige angestellte astronomische Beobachtungen, uns, mit dem Senkblei in der Hand, um die gefährliche Spitze vom Skagerak ins Kattegat hinein zu tasten. Es glückte, aber gerade hier überfiel uns nunmehr auch ein schrecklicher Sturm aus Norden, der so hart in unser dicht eingerefftes Fock- und Vormarssegel blies, daß bald die Fetzen davon in den Lüften umherflogen.
Nach diesem Verluste wollte sich unser Schiff nicht mehr vor dem Winde steuern lasten, sondern ward unter den Wind gedreht. Es sollte eine andere neue Focke untergeschlagen werden, allein das Schiff arbeitete und schlenkerte in der brausenden, kochenden See voll blinder Klippen so gewaltig, und der Sturm hielt mit so viel Ungestüm an, daß wir alle kaum die Augen auf- schlagen konnten. Das neue Focksegel ward zwar aus der Segelkammer hervorgezogen und an die Rahe geschlagen, allein so wie diese in die Höhe ging, peitschte auch jenes mit seinen Zipfeln dergestalt um sich, daß es in den nächsten Augenblicken ebenfalls in Lappen davon geführt wurde. Ich schrie, ich bat, ich fluchte meinem Volke entgegen, das oben auf den Masten saß, die Fäuste wie brave Kerle zu rühren und das Segel unter die Rahe zu bringen. Endlich stieg ich selbst in die Höhe und überzeugte mich, daß es schlechterdings unmöglich sei, diese Absicht zu erreichen.
In diesem Augenblick ward geschrieen: „Brandung leewärts!" (d. i. unterm Winde). Das war die Minute der Entscheidung! Denn da das Schiff dem Ruder nicht mehr folgen mochte, so ward hier alle Kunst des Stevens zu Schanden! Wir wurden mit sichtlichen Augen
Manga Bel hingerichtet.
Das Berliner Tageblatt meldet aus Berlin: Nach einer Meldung der Kolonialen Korrespondenz ist Manga Bel durch den Strang hingerichtet worden, weil er sich als Verräter an Kaiser und Reich erwiesen hat. Die Tatsache ist in einer Sonderausgabe des Amtsblatts für das Schutzgebiet Kamerun vom 13. August der Bevölkerung von Duala bekannt gegeben worden. Manga Bel hatte, wie weiter gemeldet wird, versucht, unter den Häuptlingen einen Aufstand zu verursachen.
Aus Stadt und Land.
Calw, 21. den Oktober 1914.
Verluste des Oberamtsbezirks Calw.
(Aus der preußischen Verlustliste Nr. 52.)
Snfanter-e-Regiment 112, Mülhausen i. E.
Musk. Georg Schaible, Neubulach, leichtv.
Infanterie-Regiment 142, Mülhausen i. E.
Musk. Otto Walter, Dachtel, verm.
Infanterie-Regiment 170, Offenburg.
Musk. Karl Seiz, Möttlingen, verm.
Versicherungsanstalt Württemberg und die Arbeitslosigkeit.
Die Versicherungsanstalt Württemberg sucht die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und ihrer Folgen in Württemberg während des Krieges dadurch zu fördern, daß sie zur Belebung der Bautätigkeit und Ermöglichung von Notstandsarbeiten Kapitalien zur Verfügung stellt. Den Gemeinden und Amtskörperschaften zu den von ihnen ausgeführten Not- standsarbeiten einen Beitrag gibt, der sich nach den auf die Notstandsarbeit aufgewendeten Arbeitslöhnen bemißt und den Gemeinden, die eine allgemeine Arbeitslosenfürsorge einrichten, einen nach dem Maßstab ihrer eigenen Aufwendung bemessenen Beitrag gewährt.
Handrverkerspende für die Ost- und Westmark.
Für die durch die Kriegsgreuel schwer geschädigten Handwerkmeister Ostpreußens hat die Handwerkskammer Reutlingen eine Eabensammlung in den gewerblichen Vereinigungen des Kammerbezirks mit schönem Erfolge veranstaltet. Obwohl noch eine Reihe von Eewerbevereinen nnd Innungen mit Gaben ausstehen, so beträgt das bisherige Ergebnis doch schon ca. 5000 Mark. Nachdem aber auch viele Handwerksmeister von Elsaß-Lothringen in derselben Weise durch den Einbruch des Feindes um Hab und Gut gekommen sind und gerade das Handwerk dort stets zu Kaiser und Reich stand, wird auch diesen Unglücklichen ein den Verhältnissen entsprechender Teil der Gaben (Ostpreußen ^/s und Elsaß-Lothringen '/») zugeführt werden.
An alle Nichtorganisierten Handwerker geht deshalb die Bitte ebenfalls Gaben an uns einzusenden. (Postscheckkonto Stuttgart Nr. 847.)
! in unfern Untergang Hineingetrieben, und standen nach > wenig Augenblicken auf einem Steinfelsen fest. Sogleich auch stürzte die stürmende See in furchtbaren Wogen über unser Schiff hinweg, daß der Schaum bis hoch an die Mastkörbe emporspritzte, indes jenes durch die gewaltigen Stöße am Boden durchlöchert wurde und voll Wasser lief. So war denn an ein Wiederabkommen von dieser Klippe und an Rettung des Schiffes gar nicht mehr zu denken.
Dies Unglück traf uns am 11. Mai, abends um neun Uhr. Auf dem Verdeck konnten wir uns, der überflutenden Brandung wegen, nicht mehr erhalten, sondern waren alsogleich sämtlich auf die Masten geflüchtet. Ich selbst und sechs Mann hingen oben am Besanmast, während die übrigen acht Mann den großen Mast erklettert hatten. Ein Wunder wäre es wohl nicht gewesen, wenn wir alle die Besinnung verloren gehabt; indes blieb mir doch so viel Gegenwart des Geistes, daß ich unsre Lage richtig ins Auge fassen und den einzig möglichen Ausweg zu unserer Erretung gewahr werden konnte. Ich stellte demnach meinen bei mir habenden Unglücksgefährten vor, wie das Heil unser aller darauf beruhe, daß wir unsre Schaluppe in unsere Gewalt bekämen. Einige von ihnen, die die Rüstigsten wären, sollten sich ein Herz fassen, herniederzusteigen und die Taue, woran dieselbe auf dem Verdeck festgebunden stehe, zu zerhauen, nachdem sie ein oder mehrere längere Taue dran festgeknüpft haben würden, deren Enden wir übrigen oben am Maste sicher zu halten gedächten. Bräche dann gleich das Schiff und die Schaluppe würde über Bord gespült, so könnte sie uns dennoch von den Wellen nicht entführt werden. Oder möchte sie sich auch voll Wasser gefüllt, oder gar das Unterste nach oben gekehrt haben, so würden wir sie gleichwohl nahe zu uns heranziehen,' ausschöpfen und zu unserer möglichen Bergung instand setzen könneen.
Durch diese Vorstellungen gewonnen, kletterten auch sofort drei wackre Kerle hinab; lösten die Schaluppe vom Verdecke ab, und jeder von ihnen versah sie hinwieder-
Amtlkch« vek«i,iitrriach«iig.
Bekanntmachung.
Nachdem der Kaminfegermeister Eisenhardt vom württ. Sanitätskorps einberufen worden ist, ist als dessen Stellvertreter Kaminfegermeister Eberhardt hier aufgestellt worden.
Calw, den 20. Oktober 1914.
K. Oberamt: Amtmann Ri pp mann.
(S.C.B.) (Das Nahbeben am 1. Oktober.) Bekanntlich wurden am 1. Oktober von der Erdbebenwarte in Hohenheim drei Nahbeben in einer Entfernung von IM Kilometer ausgezeichnet. Das Beben war in der östlichen Hälfte des Landes wahrnehmbar. Mitteilungen liegen vor von Cannstatt, Degerloch, Uhlbach, Ulm, von den Oberämtern Aalen und Crailsheim; besonders die dritte Erderschütterung war sehr stark. Auf Grund der Nachforschungen hat das Beben seinen Herd in dem DreiÄ Eichftätt- Weißenburg-Dietfurt (nördlich von Ingolstadt), wo die sehr merklichen Erschütterungen von einem unterirdischen Rollen begleitet waren.
(S.C.B.) Pflanzet Obstbäume. Jeder Landwirt, der in diesem Herbst gute Einnahmen erzielt hat, sollte in seinem eigenen Interesse einen Teil davon zu neuen Obstbaumpflanzungen verwenden. Es ist dies die sicherste und gewinnbringendste Kapitalanlage für die Zukunft. Zahlreich sind noch Wiesenflächen vorhanden, die ohne jede Beeinträchtigung des Eraswuchses mit Obstbäumen bepflanzt werden können, deren Erträge alsdann nach einigen Jahren ihren Besitzern eine nicht zu unterschätzende Einnahme bringen werden. Die Leistungsfähigkeit unserer Baumschulen ist bekannt. Große Vorräte an gesunden, kräftigen Kernobst- und Steinobsthochstämmen sind vorhanden. Durch die Kriegslage wird eine beträchtliche Verminderung des Absatzes eintreten, und es wird daher ein großes Vorrat von erstklassigem Pflanzmaterial vorhanden sein. Jeder Landwirt und Gartenbesitzer, der in der Lage ist, in diesem Herbst Obstbäume zu pflanzen, hat daher den großen Vorteil, kräftige, gesunde Obstbäume mit schöner Kronenausbildung zu erhalten. Diesen Vorteil sollten sich auch Gemeindebehörden nicht entgehen lassen, die durch die Beschäftigung von Arbeitslosen so manches Stück Land mit Obstsorten bepflanzen können. Durch Obstbaumpflanzungen werden dauernde Werte geschaffen, die zugleich dazu dienen, den steigenden Bedarf an Obst immer mehr im Jnlande zu decken und Deutschland vom Auslande unabhängig zu machen.
(S.C.B.) Stuttgart. 18. Okt. (Württ. Eisenbahner nach Belgien.) In letzter Zeit sind erneut mehrere Kolonnen württ. Eisenbahner nach Belgien abgegangen. Die beiden Gruppen, jeweils 60 Mann, vom Donnerstag und Freitag der letzten Woche
> um mit seinem dazu mitgenommenen Tau, deren entgegengesetzte Enden sie glücklich wieder zu uns in die Höhe brachten. Nun aber verzog es kaum noch eine Stunde, als eine ungewöhnlich hohe Sturzwelle über das Verdeck hinschlug, das Fahrzeug weit mit sich hinaus über Bord schleuderte, den Boden nach oben umkehrte, aber die Gegenkraft der Angst, womit wir, koste es was es wolle, die Taue festhielten, nicht zu überwältigen vermochte.
Um elf Uhr brach, wie wir längst gefürchtet hatten, unser Schiff in der Mitte auseinander; der Fock- und große Mast stürzten über Bord — letzterer jedoch in einer so glücklichen Richtung, daß er auf das Hinterteil zufiel und dergestalt dicht neben uns hinstreifte, daß die an demselben klebenden acht Menschen zu uns heranklettern konnten. So war denn die volle Mannschaft von vierzehn Köpfen hinten bei mir auf dem Besan- maste beisammen. Durch das Bersten des Schifsrumpfes aber hatte sich das Hinterteil, worauf wir uns befanden, dergestalt gelöst, daß es in eine starke Bewegung geriet, und, mit jeder Sturzwelle, wechselweise, bald sich seitwärts weit aufs Wasser legte, bald wieder in die Höhe hob. Man mag daraus ermessen, wie übel uns dabei oben auf dem schwankenden Maste worden!
In dieser höchsten Not schien dann kein längeres Zaudern ratsam. Wir zogen die Schaluppe an ihren Tauen näher zu uns heran; kehrten sie, nicht ohne große Mühe, wieder um; holten sie mit ihrem Vorderteil so weit in die Höhe, daß ein Teil des Wassers, womit sie erfüllt war, sich daraus verlief; und indem wir, so wie wir der Reihe nach Hineinstiegen, den Rest mit unfern Hüten vollends hinausschöpften, schnitten wir endlich alle Taue, die uns noch am Schiffswrack festhielten, in ' Gottes Namen los, und kamen glücklich aus dem Labyrinth voll brandender Klippen in offenes Wasser zu treiben, indem wir die vier in der Schaluppe festgebundenen Ruder zur Hand genommen und uns dadurch in stand gesetzt hatten, notdürftig vor dem Winde zu steuern.
. (Forts, folgt.)