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Nummer 2K0
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Altensteig, Mittwoch» den 7. November 1934
I_7 Jahr,.»,
Ser deutsche Botschafter bet Laval
Paris» 6. November. Harms meldet: Der französische Außenminister Laval hat Dienstagnachmittag den deutschen Botschafter Roland Köster empfangen, mit dem er sich ausführlich über die verschiedenen Probleme unterhalten hat, die beide Länder interessieren, insbesondere über gewisse Fragen der Volksabstimmung im Saargebiet. Im Verlauf dieser sehr höflichen Unterhaltung hat der französische Außenminister festgestellt, daß Frankreich auf keine der Pflichten, die ihm in Ausführung seiner internationalen Verpflichtungen dem Völkerbund gegenüber obliegen, verzichten wolle, noch könne. Außenminister Laval legte andererseits Wert darauf, die Mitteilungen der ausländischen Presse über angebliche militärische Maßnahmen und insbesondere über Truppenverschiebungen zu demen- > tieren, um damit jedem Mißverständnis die Spitze abzubrechen. Der Botschafter hat, indem er der Auffassung der Reichsregierung gegenüber Ausdruck verlieh, bestätigt, daß Deutschland in keiner Weise die durch den Friedensvertrag festgesetzten Bedingung n zur Gewährleistung der Abstimmungsfreiheit der Saarländer verkennen wolle. Der französische Außenminister nahm mit Genugtuung diese Erklärung zur Kenntnis, um seinerseits daran zu erinnern, daß die Absichten der französischen Regierung hinsichtlich der völligen Achtung der Abstimmungsfreiheit stets immer so klar gewesen seien.
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Bürckel bei Baron Aloisi
» Rom» 6. November. Am Dienstag wurde der Saar- i bevollmächtigte des Reichskanzlers, Bürckel, in Begleitung des Vortragenden Legationsrates Dr. Voigt vom Auswärtigen Amt und des Botschafters von Hassell im Palazzo Chigi vom Präsidenten des Dreierausschusses, Baron Aloisi, zu einer Unterredung empfangen.
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Dreier-AuSschuß für die Saar- abstimmung zusamimiMtreten
Nom, 6. Nov. Am Dienstag fand im Palazzo Chigi eine Zu- ^ sammenkunft des Dreier-Ausschusses für die Saarabstimmung, bestehend aus dem Vorsitzenden Baron Aloisi, dem Argentinier Lantilo und dem Spanier Olivan. statt. Der Völkerbundsrat hatte in seiner Sitzung vom 8. September den Auftrag des Dreier-Ausschusses ausgedehnt, indem er ihn ermächtigte, an Las Studium verschiedener technischer Fragen, die mit der Saarabstimmung Zusammenhängen, zu gehen unter Hinzuziehung Sachverständiger, wenn er es für gut erachte. Der Zweck der Sitzung in Rom ist der, die Ergebnisse der bisherigen Schritte Md Studien zu überprüfen und Vorschläge zu machen, die dem Mkerbundsrat in seiner nächsten Sitzung unterbreitet werden sollen.
Nenesch Wer die internalioiale Lage
Prag, 6 Nov. In seinem am Dienstag vor beiden Kammern erstatteten Bericht über die auswärtige Lage erklärte der Minister des Aeußeren, Venesch, u. a., die diesjährige Völkerbundsversammlung bedeute bis zu einem gewissen Grade dir Überwindung der Krise des Völkerbundes. Den Eintritt Sow- ietrutzlands in den Völkerbund bezeichnete Benesch als großes Ereignis, das eine Aenderung in der europäischen Gruppierung bedeute. Ein die Unabhängigkeit Oesterreichs sicherndes Abkommen sei nicht zustande gekommen, da mit Jta- üen über einige Grundsätze des Abkommens völliges Einvernehmen noch nicht erzielt worden sei. Das Saarproblem beschneie der Minister als eine „delikate Angelegenheit", die in näherer Zeit ernst« Verwicklungen herbeiführen könnte. Es liege nuch im Interesse der Tschechoslowakei, daß die Saarfrage nach der Januar-Volksabstimmung so gelöst werde, daß sie eine spähte französisch-deutsche Verständigung — die tatsächlich« Vorbedingung des europäischen Friedens — ermögliche. Der Minister stellte weiterhin fest, daß das Verhältnis zu Deutschland gut sei und durch jede Annäherung Deutschlands an die Freunde der Tschechoslowakei nur gebessert werden könne. Im Verhältnis zwischen Polen und der Tschechoslowakei bestehe gegenseitige Zurückhaltung. Die gegenwärtige internationale Lage bezeichnete der Minister als Zustand des Seg e n s e i t i ge n Abwartens und der Bildung neuer Kräfte und Fronten. „Das Endziel unserer Politik ist das Ein- "ernehnien und die Zusammenarbeit mit allen Staaten, vor nllem auch mit Deutschland."
Siimiergm vor dem Sturz
Rücktritt -er radikalsozialen Minister? — Sie Verbände rüsten
Paris, L. November. Die französische Krise dürfte fürs erste ihre Lösung gefunden haben: Doumergue wird aller Wahrscheinlichkeit nach ins Privatleben nach Tourne- feuille zurückkehren.
Das ist zwar keine offizielle Entscheidung irgend einer amtlichen Stelle, auch nicht etwa des Ministerrates, der heute morgen stattfand, und erst recht nicht der Eröffnungssitzung der Kammer, sondern das ist lediglich ein Parteibeschluß, der vollauf für eine solche schwerwiegende Entscheidung genügt.
Die radikalsozialen Minister haben nämlich, wie verlautet und wie die Abendzeitungen schon mit großen Schlagzeilen berichten, den Beschluß gefaßt» ihre Demission zu geben. Der Präsident der Republik hat sie jedoch gebeten, diese Entscheidung vorerst noch nicht öffentlich bekanntzugeben. Als Grund dazu werden die Trauerkundgebungen für den König Alexander, den Außenminister Barthou und den früheren Präsidenten Poincarv» die heute in der Kammer stattfanden, angegeben.
Die fertiggestellten Demissionsschreiben liegen also vorläufig noch unbenutzt und werden voraussichtlich erst im Ministerrat am nächsten Donnerstag überreicht werden. Diese Verspätung findet aber ihren wahren Grund nicht allein in der Trauerfeier, sondern hauptsächlich in innerpolitischen Schwierigkeiten.
Die Demission der rüdikalsozialen Minister ist lediglich deshalb beschlossen worden, um einem Sturz Doumergues Lurch eine Kammerabstimmung vorzubeugen, da man für diesen Fall mit Gegenkundgebungen der nationalen Verbände vor dem Kammergebäude rechnen mußte. Andererseits soll aber auf diese Weise auch versucht werden, eine Auflösung der Kammer zu umgehen. Der Entschluß der radikalsozialen Fraktion war überaus schwierig. Falls sie sich nämlich für Doumergue erklärt hätte, wären voraussichtlich die gesamten Provinzen den Abgeordneten gegenüber aufständig geworden. Jetzt dagegen steht zu befürchten, daß sich das chauvinistische Paris gegen dieradikalsozialenMinisterundAbgeord- neten wenden wird. Das hoffen aber die Radikalsozialen leichter überwinden zu können als den Widerstand des gesamten Landes.
Die nationalen Verbände haben ebenso wie die Linksorganisationen schon große Aufmärsche angesagt. Es hat also dem Ministerrat von heute früh nichts mehr genützt, daß er der Kammer noch einen Gesetzentwurf zur sofortigen Verabschiedung vorlegte, wonach jegliche Straßenkund- gebung an eine vorherige Regierungsgenehmigung gebunden wird.
Sollte irgend eine verbotene Stratzenkundgebung doch stattfinden, dann sollen die schuldigen Verbände nicht nur
zivilrechtlich verantwortlich gemacht werden, sondern sollen sogar im Falle von Zusammenstößen durch eine einfache Regierungsverordnung aufgelöst werden.
Im letzten Augenblick ist den Radikalsozialen die Angst vor der Straße aber doch derart in die Glieder gefahren, daß sie am späten Abend in einer neuen Fraktionssitzung ihren Beschluß wieder etwas abzuschwächen suchten. Zwar haben sie doch nicht Herr Doumergue nachgegeben, aber sie haben ihm erneut eine goldene Brücke gebaut. Diese Brücke führt aber nun von Doumergue zu den Radikalsozialen und nicht umgekehrt. Denn sie fordern von ihm nicht mehr und nicht weniger als den Verzicht auf die Budget-Zwölftel und den Verzicht auf die Kammerauflösung. Dafür sind sie bereit, der Aufrechterhaltung des Burgfriedens weiter zuzustimmen und den Haushaltvoranschlag für 1935 mit möglichster Beschleunigung zu genehmigen. Auch wollen sie einer Revision der Verfassung zustimmen, jedoch in „geschmeidigerer Form" als es Doumergue gewollt hat und vor allen Dingen ohne Auflösung der Kammer.
Dieser „Versöhnungsbeschluß" ist auf besondere persönliche Bemühungen des Staatsministers Herriot zustande gekommen und nach einigen oppositionellen Roden, namentlich der Jungtürken, einstimmig gegen zwei Stimmen angenommen worden. Ob Doumergue jedoch auf diesen Kompromißvorschlag eingehen wird und kann, erscheint mehr als zweifelhaft. In seiner letzten Rundfunkrede hat er eindeutig erklärt, daß er nicht der Mann des Kompromisses sei, und daß er nicht daran denke, über seine Reformpläne mit sich handeln zu lassen. Gleichwie aber die Krise in diesen Tagen ihre Lösung finden wird, so wird sie doch sofort wieder von neuem be- ginnen. Es ist mit ziemlicher Sicherheit mit einer neuen Regierung ohne Doumergue zu rechnen.
Es wird im weiteren Verlauf mit schweren Partei- kämpfen größten Ausmaßes zu rechnen sein, und man wird vielleicht sogar Straßenschlachten befürchten müssen. Die politischen Leidenschaften im Parlament und in der Oef- fentlichkeit sind dazu genügend aufgeputscht. Die Polizei ist bereits in höchsten Alarmzustand versetzt worden. Gerüchtweise verlautet, daß sogar schon einige Garnisonen auf eine mögliche Alarmerklärung vorbereitet worden seien.
Am kommenden Sonntag, 11. November, findet die große Waffenstillstandsfeier statt. Bei dieser Gelegenheit wollen die nationalen Verbände dem Ministerpräsidenten Doumergue Kundgebungen veranstalten. Nachdem der Burgfrieden nun aber beinahe ohne jede Ausgleichsmöglichkeit gebrochen ist, rechnet die Polizei mit Zusammenstößen. Es wird zurzeit darüber verhandelt, ob man nicht sämtliche Kundgebungen am Was- fenstillstandstage vorher verbieten folle.
N. Göbbels zur Woche des Buches
Berlin, 6. Nov. Deutschland steht in diesen Tagen im Zeichen oer „Woche des deutschen Buches". Den Höhepunkt der Veranstaltung in Berlin bildete die große Kundgebung im Sportpalast. Als erster Redner jvrach der Präsident der Reichsschrifttumskammer. Dr. Hans Friedrich Blunck. Er sprach von dem geistigen Wettkampf zwischen den Völkern. Darauf führte, stürmisch begrüßt,
Neichsminister Dr. Göbbels
u. a. aus: Das Buch rückt wieder in seine alten Stellungen ein, und man hört überall die Klage: das Volk hat kein Verhältnis mehr zum Buch. Ein ungerechte Klage! Richtiger wäre der Satz umgekehrt, nämlich: Das Buch hat kein Verhältnis mehr zum Volk! Denn solange ein Buch nur für eine dünne Schicht von Intellektuellen geschrieben ist, solange kann es nicht auf Masssn- konsum rechnen. Und dann verliert es seine Lebensfähigkeit. Es gibt keine Zeitfrage, die das Volk nicht verstehen könnte. Es kommt nur immer wieder darauf an, wie man die Zeitfragen dem Volke verständlich zu machen sucht.
Wollen wir dem Buche eine neue Lebenskraft geben, dann müssen wir die zerstörten Bindungen zum Volk wieder Herstellen. Das Buch muß wieder ins Volk hinein und so wird es dann auch das Volk wieder erobern können. Das Buch muß sich der Probleme der Zeit bemächtigen, damit das Volk sein eigenes Sein und Dasein, sein Leben, seine Sorge, seine Not, seine Freude, seine Begeisterung im Buch auch wiederfindet. Denn das ist die wahre Kunst des Dichters: Die Zeit zu gestalten und damit über die Zeit hinauszuragen und sich der Probleme der Zeit zu bemächtigen, um sie am Ende dann zeitlos darzustellen.
Ich rede damit nicht dem Kitsch und dem DilIetantis- mus eines Heeres von Nichtskönnern das Wort, die glauben.
s daß die Konjunktur da sei und daß es nun an der Zeit sei« müsse, mit Parademärschen und wehenden Hakenkreuzfahne« s über die Bühne und über die Filmleinwand zu marschieren. Da» : ist nicht das Ausschlaggebende! Das find nur die äußeren Sym- . bole unseres Aufbruches. Der Geist, der hinter diesen Svm- s bolen steht, der will gestaltet werden, und er braucht seine Stoffe s nicht aus der Gegenwart zu nehmen, er kann sie aus der Vergangenheit emporzaubern, denn das, was wir denken und empfinden, ist nicht neu, sondern es haben zu großen Zeiten große Menschen das Große immer gedacht und empfunden, und die Weltanschauung, die wir dem deutschen Volke zurückgegebe» haben, ist nicht neu erfunden worden, sondern wir taten nicht» anderes als eine aus den Fugen geratene Welt wieder in ihre ! Fugen zurückzustellen.
! Ich weiß sehr wohl, daß man die Dichtung nicht kommandiere« ! kann. Ich weiß sehr wohl, daß wirtschaftliche und politische i Blütezeiten vorausgehen müssen, ehe sie von künstlerischen und ' dichterischen Blütezeiten gefolgt werden. Ich meine, daß nu«
, der geschichtliche Augenblick gekommen sei, daß sie das erste Wag- ! nis unternehmen müßten. Ich meine, es wäre an der Zeit, :» s dieser Buchwoche vom Volke aus einen AufrufandieDich- : ter der Zeit ergehen zu laßen, daß sie sich nun der Zett j bemächtigen sollen. (Lebhafter Beifall.)
! Es kommt nicht darauf an, möglichst viele Bücher abzusetzc«, ' sondern möglichst gute. Man könnte schon sagen: Ich frage dich z was du liest, und ich sage dir. wer du bist! — Dr. Göbbels schloß : mit dem Mahnruf: Haltet fest am deutschen Buch, und ihr be- l wahrt damit den köstlichen Schatz unseres deutschen Geistes!
Mit langanhaltendem Beifall bezeugte die Menge ihren Bei- : fall. Im Anschluß daran las Hanns Johst einige eigene Dich- i tungen vor. Joseph Magnus Wehner las einen Abschnitt aus '! seinem Roman „Sieben vor Verdun".
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