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Elr LM-Rvß in Berlin
Au den neuen deutsch-englischen Wirtschaftsverhandlungen i
In Berlin ist unter der Führung des wirtschaftlichen Be- raters der britischen Regierung, Sir Frederick Leith-Rotz, ; eine Delegation aus London eingetroffen, die die Aufgabe ^ hat, mit der deutschen Regierung über die künftige Gestal- ! tung der deutsch-englischen Handelsbeziehungen zu verhandeln. Es ist für den Wirrwarr, der in ! den wirtschaftlichen Beziehungen der Welt Platz gegriffen > hat. kennzeichnend, dag, auch zwischen Staaten, oie zur Re- ! gelung ihres gegenseitigen Handelsverkehrs Handelsver- > träge abgeschlossen haben, immer wieder Zweifelsfragen j auftauchen, die neue Vereinbarungen als notwendig erschei- i «en lassen. Früher pflegte ein Handelsvertrag auf Jahre und nicht selten auf Jahrzehnte hinaus die unerschütterliche Grundlage des gegenseitigen Warenaustausches zu bilden. Heute schließt man Handelsabkommen in der Regel überhaupt nur noch für kurzbefristete Zeit ab, und auch dann ergeben sich häufig genug unvorhergesehene neue Situationen, die neue Abmachungen notwendig machen.
Zwischen dem Deutschen Reich und England besteht ein Handelsvertrag, der auf der Grundlage der gegenseitigen Meistbegünstigung abgeschlossen wurde. Eigentlich wurde er innerlich und in seiner praktischen Bedeutung für den Handelsverkehr in dem Augenblick ausgehöhlt, in dem England zur bewußten Entwertung seiner Währung schritt. Von deutscher Seite sind gegen diesen die englische Wettbewerbsfähigkeit auf dem deutschen Markte und im Verhältnis zu nderen Staaten stark beeinflussenden Schritt keinerlei Gegenmaßnahmen ergriffen worden. Wohl aber zwang dre allgemeine Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse für den internationalen Zahlungsverkehr, also nicht nur England gegenüber, zu Sonderregelungen der Transferfrage, die ja hinreichend bekannt sind. Auch dafür aber ist dann auf englische Anregung hin mit Großbritannien am 20 August dieses Jahres ein Sonderabkommen geschlossen worden, das gerade die Interessen der englischen Exportindustrie im Rahmen des Möglichen berücksichtigte. Sein Kernpunkt liegt in der Vereinbarung der Errichtung eines Sonderkontos der Bank von England bei der Deutschen Reichsbank, auf die von den deutschen Importeuren Einzahlungen bis zu einer gewissen Höhe geleistet werden können. Die Vorschrift einer gewissen Höchstgrenze war notwendig, weil andernfalls aus dem deutschen Export nach England, der jetzt bis zu einem gewissen Grade aus diesem Sonderkonto bezahlt werden soll, überhaupt keine Devisen angefallen wären. Daß das geschieht, ist aber, von anderem abgesehen, schon deshalb notwendig, weil die deutsche Handelsbilanz mit dem britischen Gesamtimperium bekanntlich passiv ist.
Nun sind unter dem Zwang der harten Notwendigkeit kürzlich eine Reihe neuer Verordnungen erlassen worden, die die deutsche Außenwirtschaft, soweit die Einfuhr in Betracht kommt, restlos einer staatlichen Ueberwachung unterstellen. Der Grund für die damit getroffene Regelung rst wieder in der Lage der deutschen Devisenwirt- ichaft zu luchen Die Aufgabe, den vorhandenen knappen Devisenanfall auf die eintretenden Zahlungsverbindlichkeiten kontingentmäßig zu verteilen, ist die alte geblieben. Da bei dem bisherigen Verfahren aber, wie z. B. der Fall der Schulden deutscher Importeure an englische Baumwollspinner, für die Devisen in ausreichendem Umfange nicht zur Verfügung gestellt werden konnten, zeigt, Unzuträglichket- ten eingetreten sind, hat man sich entschließen müssen, das frühere System der nachträglichen Devisenrepartierung durch ein solches der vorherigen Devisenzuteilung zu ersetzen. Das heißt, die Importeure werden in Zukunft, ehe sie eine Bestellung im Auslande aufgeben, genau wissen, ob sie auf Devisenzuteilung rechnen können oder nicht. Beschwerden des Auslandes, wie sie jetzt gerade wieder von England erhoben worden sind, wird dadurch vorgebeugt werden.
In England befürchtet man von dem System der Einfuhrüberwachung unter Umständen nachteilige Wirkungen auf den englischen Handel nach Deutschland. Man steht in ihm Möglichkeiten, die im Ausland aufzugebenden Vestellungen der deutschen Wirtschaft von oben zu dirigieren, und dre unter der Führung von Sir Frederick Leith-Roß stehende Delegation hat in erster Linie die Aufgabe erhalten, eine etwaige Betrachten ^ng Englands im Verhandlungswege zu verhindern Außerdem scheint man sich über die Tragweite des Abkommens über den Zahlungsverkehr vom 20. August gegenüber der Neuregelung der deutschen Außenwirtschaft im Unklaren zu sein, weil damals die Einfuhr- Überwachung nur für eine begrenzte Anzahl von Rohstoffen verfügt war, während die Liste der kontrollierten Waren heute lückenlos ist.
Den englischen Unterhändlern wird in Berlin sicherlich die Lage, die zum Erlaß der neuen Verfügungen Anlaß gab, in aller Ausführlichkeit und Deutlichkeit klargelegt werden, und es darf von der wrrtschcntlrchen Einsicht der Engländer erwartet werden, daß sie siä den gegebenen Notwendigkeiten nicht verschließen werden. Hoffentlich gelingt es bei dieser Gelegenheit auch, die Frage der B a u m w o lisch u l d e n . deren Regelung auch zum Mandat der englischen Delegation gehören soll, zu regeln. Es war bereits in den direkten Verhandlungen mit den Vertretern der Spinner von Lancashire und Porkshire deutscherseits-ein Vorschlag für die allmähliche Transferierung dieser Verbindlichkeiten gemacht worden, der von einem Teil der Beteiligten auch als durchaus annehmbar sympathisch begrüßt wurde. Leider hat eine Versammlung der Spinner diese Vorschläge dann doch abgelehnt, svdaß die ganze Frage im Augenblick noch in der Schwebe ist. Da die Svinner daraus die Konsequenz gezogen haben, ihre Lieferungen nach Deutschland bis auf weiteres einzustellen, wird der englischen Wirtschaft Lurch >en derzeitigen Zustand zweifellos ein größerer Nachteil zugefügt als der deutschen. Daß nun eine solch prominente Persönlichkeit wie Sir Frederick Leith-Roß mit den Verhandlungen über eine Regelung all der schwebenden Kragen betraut worden ist, darf man wohl als ein Anzeichen dafür werten, daß die englische Regierung den Stimmen im Lande, die mit dem Eintreten für ein einseitig zu verfügendes Clearing-Abkommen eine Gewaltlösung befürworten, nicht zu folgen gesonnen ist, sondern den Weg vsr- «Suftjger Verständigung gehe« will.
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Rr. 218
Sie kirchliche Lage in Württemberg
Eine Smllellmm der kemmWrWe« «irchenlellmii
Stuttgart, 18. Sept. Zur Lage in der Evangelischen Landeskirche Württembergs wird kirchenamtlich u. a. mitgeteilt:
Wir sind es der Oeffentlichkeit schuldig, über die kirchenpolitischen Vorgänge der letz.—n Monate, die in ihrer Endentwicklung zu den Ereignissen der letzten zehn Tage in der Württ. Landeskirche geführt haben, noch einige kurze Erklärungen zu geben. Es ist eine irrige Auffassung, wenn mun in Württemberg meint, daß der Eingriff der Reichskirche in die Würrl. Landeskirche unrechtmäßig vorbereitet und unrechtmäßig durchgefiihrt worden sei. Seit Monaten machte sie Neichskirche jeden erdenklichen Versuch, mit dem Herrn Landesbischof und der württ. Landeskirchenregierung in Verhandlungen über die Eingliederung der Württ. Landeskirche in die Reichskirche einzurreten. Leider immer vergeblich: wohl wurden von Württemberg aus der Kirchenregierung in Berlin angebliche Eingliederungsvorschläge überreicht, die aber in ihrer Durchführung das kirchliche Einigungswerk in Deutschland sehr in Frage gestellt hätten. Der württ. Landesbischof wurde Ende Juni und Anfang Juli eingeladen, an den Sitzungen des Ver- mssungsausschusses der Deutsche Evangelischen Kirche in Erfurt teilzunehmen. Zwei Mitglieder der Deutschen Evangelischen Kirchenkanzlei in Berlin kamen persönlich nach Stuttgart, mit der Bitte, der Herr Landesbischof möchte doch alle Bedenken zu- rückstellen und in Erfurt den Versuch einer brüderlichen Mitarbeit ausnehmen. Alles umsonst. Obwohl oie gesamte Reichskirchenregierung wiederholt die feierlichsten Erklärungen abgab, daß Bekenntnis und Kult der einzelnen Landeskirchen in der Deutschen Evangelischen Neichskirche nicht angetastet werden sollten, obwohl das Bekenntnis durch die Reichskirchenverfas- sung einwandfrei gesichert ist. glaubte der württ. Landesbischof in seinem Mißtrauen gegen die Reichskirchenregierung verharren zu müssen und blieb sowohl den Tagungen in Erfurt, als auch der Tagung der Nationalsynode am 9. August 1934 in Berlin fern. Die Gesetze, die in der Nationalfynode am 9 August 1934 verabschiedet wurden, waren in brüderlicher Aussprache auf den Erfurter Tagungen vorbereitet worden: diese Vorarbeiten ermöglichten es. die Aussprache auf der Nationaliynode aut die unbedingt notwendigen Referate über die Geietzesvorlagen zu beschränken und die Gesetzesvorlagen in sachlicher Abstimmung z« erledigen. Die Einsprache der Führer der Opposition, daß die Nationalsynode jede brüderliche Aussprache vermissen ließ, ist unbegründet Hätte die Ovposition von den Möglichkeiten Gebrauch gemacht, an den vorhergehenden Tagungen teilznnebmen. so hätten sie sich gewiß diesen Vorwurf erspart.
Das wichtigste Gesetz, das am 9. August 1934 von der Nativnnl- synode verabschiedet wurde, war das Gesetz Uber die Eingliederung der deutschen Landeskirchen in die Reichskirche. Die Nationalsynode bestätigte durch dieses Gesetz die Eingliederungen aller Landeskirchen mit Ausnahme von Bayern und Württemberg tn die Deutsche Reichskirche als rechtlich und legte gleichzeitig die Eingliederung der noch außenstehenden Landeskirchen in das Verfügungsrecht des Rechtswalters. Ls war nicht verwunderlich, daß sich die Kirchenregierungen von Württemberg und Bayern sofort an die Reichskanzlei wandten, um Einspruch gegen die kommenden Eingliederungen der würt- tembergischen und bayerischen Landeskirche in die Reichskirch« einzulegen Beide Bischöfe, sowohl der bayerische als auch der mürttemberglsche. haben damit die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des seitherigen kirchlichen Einigungswerks in die Hand des Führers gelegt. Der Führer aber hat unzweideutig entschieden. Aus der Präsidialkanzlei ist durch Erlaß vom 11 Sev- lember 1934 den Landesbischöfen in Württemberg und Bayern mitgeteilt, daß der Führer und Reichskanzler die an ihn gerichtete Eingabe vom 14. August d. I. einer eingehenden Brüning unterzogen habe. Diese Prüfung habe — wie ihnen im Aufträge des Führers und Reichskanzlers mitgeteilt wurde — ergeben, daß die Behauptung, die von der Reichskirchenregierung zur Eingliederung der Landeskirchen getroffenen Maßnahmen würden gegen Verfassung und Gesetz verstoßen, nicht begründet >el. Außerdem wurde festgestellt, daß die über den Umfang der disziplinarischen Maßregelung von Pfarrern gemachten Angaben den Tatsachen nicht entsprechen.
Damit ist der Wille des Führers klar Umrissen. Das Einigungswerk ist in seinem Sinne begonnen und hat in seinem Sinne-seine Erledigung gefunden.
Es ist merkwürdig, daß immer wieder der Versuch gemacht wird, die Frage der äußeren Ordnung der Kirche mit den tiefsten Fragen christlichen Glaubens und Lebens zu vermengen: selbstredend finden Berührungen und Bindungen zwischen beiden statt: aber es ist doch falsch, von Einflüssen widerchristlicher und unevangelischer Art zu sprechen, die das evangelische Leben der Kirche bedrohen sollten. Der Führer hat
schon in früheren Kampfjahren klar und deutlich ausgesprochen, daß seine Bewegung grundsätzlich auf dem Boden eine positiven Christentums stehe. Was damit gemeint ist. hat er ebenso deutlich ausgesprochen- Der Führer wünscht, daß die großen sittlichen, geistigen und seelischen Werte, die das Christentum unserem deutschen Volke gebracht hat, dem Volke erhalten bleiben. Zn 'einer großen Rede in Koblenz am 27. August 1934 hat er die Haltung seiner Bewegung christlichem Glauben und Denken gegenüber mit folgenden Worten gekennzeichnet:
Der Nationalsozialismus ist weder antikirchlich noch antireligiös. sondern tin Gegenteil, er steht auf dem Boden eines wirklichen Christentums.
Außerdem hat der Führer wie bekannt, auf dem Reichsparrei- tag in Nürnberg rolgende Erklärung abgegeben:
Wir haben uns bemüht, die Versöhnung der Konfessionen mit den, neuen Staat herbeizuführen Wir sind entschlossen, ihre rem organisatorische Zersplitterung — soweit es sich um di« evangelische-, Bekenntnisse handelt - in einer großen evangelischen Reichskirche zu beenden, erfüllt von der Ueberzeugung, daß es nicht cingeht. die durch die Not Martin Luther aufgezwungene Rücksichtnahme und Berücksichtigung der Einzelstaaten zu einer Tugend zu machen in einer Zeit, da die Staaten selbst schon nicht mehr existieren.
Wer angesichts solcher Worte noch den guten Willen des Führers anzuzweifeln wagr. begeht ein Unrecht und ist undankbar gegen den Mann, der mit seiner Bewegung der Eottlosen- dewepung Einhalt geboten hat und unser Volk vor dem Bolschewismus bewahrt Hai.
Nach erfolgter Eingliederung stellten sich in der Württ. Landeskirche folgende bedauerliche Vorgänge heraus:
Die Reichskirchenregierung hatte in Erfahrung gebracht, daß Landesbüchoi Wurm und Oberkirchenral Schauffker eine« Betrag von 230 900 RM an außerkirchliche Stellen überwiesen haben und zwar wie ausdrücklich zugegeben wurde, um diese Beträge einem etwaigen kirchlichen Kommissar zu entziehen. Ls Handel! sich bei diesem Betrag in Ser Hauptsache um Mittel aus dem mgenannien kirchlichen Hilfsfonds unter Kap. 14 des Haushaltsplanes, deren Grundstock der Lallüesbischos und Dr. Schauffler nicht hätten ansassen dürfen Da die Rechnung der Prüfung durch den Landeskirchenrag bezw. dessen Ständigen Ausschuß unterliegt, ist es selbstverständlich und entsvrichl der einfachsten Auffassung von Treu und Glauben, daß bei der Verfügung über einen so hohen Betrag der Landesbischof sich der vorherigen Zustimmung dieser Aufsichtsinstanzen vergewissern mußte Der Ständige Ausschuß aber hätte niemals seine Zustimmung zu dieser merkwürdigen Maßregel gegeben. Es mußt« zu alledem noch festgestellt werden. Saß aus den genannten Fonds die Barmittel im Betrage von 230 000 RM. überhaupt nicht genommen werden konnten, da ein Teil des Kapitalbetra- ges als Darlehen an ein hiesiges Institut gegeben war. das oor 1930 nicht flüssig gemacht werden konnte. Landesbischof Wurm und Dr Schauffler haben aus den laufenden Etatsmitteln 100 000 RM. in bar dazu benutzt, um eine außerhalb des kirchlichen Haushaltsplanes geführte Darkehensjorüerung zu beleihen. Ls besteht der dringende Verdacht der Untreue. Der Herr Landesbischof hatte nicht das Recht, ohne Genehmigung des Ständigen Ausschusses bezw des Landeskirchenlages aus kaufenden Mitteln der Kirche eine wiche Transaktion vorzuneh- men. Ferner in zu bemerken, daß der Wortlaut des Ueber- weisungslexies über die 230 000 RM. — fraglos bewußt und absichtlich — w freibleibend gehalten ist. daß die Empfänger, nämlich die Baseler Missionsagenlut mit 200 000 RM. und Sie Evang Bekenntmssynod« in Barmen mir 30 000 RM., die erhaltenen Beträge nach Belleben verwenden konnten Eine Ber- wendungsbeichränkung oder ein sonstiger Emprangsnorbehalt ist nicht gemacht worden. Die ganze Art der Behandlung der Ueber- weisungsaufträge kann nur als grobe Fahrlässigkeit bezeichnet werden. Das ganze Verfahren wird aber noch dadurch erschwert, daß Ser Ueberwenangsauftrag erfolgte, nachdem die Württ. Landeskirche in die Reichskirche eingegliedert war. Es bestand die Absicht .int unrechtmäßige Weise kirchliche Gelder und Hilfsgelder auf die Sette zu schaffen, um die abdisponierten Beträge svr Fnianzieruna oppositioneller Gruppen bereitzuhalten.
Damit genug über die bedauerlichen Vorfälle, die zunächst im Ztyammenhang mir dem scharfen und unberechtigten Widerstand gegen Reichskirche und Reichskirchenführung zur Beurlaubung des Landesbischoss Wurm und des Oberkirchenrats Schauffler geführt haben. Die Erfahrungen der nächsten Monate werden unserer evangelischen Bevölkerung und unseren Pfarrern zeigen, daß die Substanz unserer Landeskirche durch die Eingliederung in die Neichskirche nicht berührt wird. Das Evangelium bleibt unangetastet: wir kennen in der Kirche, keinen anderen Herrn als den, der uns durchs Evangelium bezeugt ist. Jesus Christus.
Awmedr der mrderländifchen Königin z
Eröffnung der neuen Sitzungsperiode der niederländischen ;
Eeneralstaaten j
Haag, 18. Sept. In der üblichen feierlichen Weise hat am j Dienstag die Eröffnung der neuen Sitzungsperiode der nieder- j ländischen Generalstaaten stattgefunden. Königin Wilhelmü:« ! begab sich hierzu zusammen mit der Thronfolgerin Prinzessin r Juliana und in Begleitung des Hofstaates von ihrem Palais ! in Noordeinde in der mit acht Pferden bespannten traditio- ? nellen Hofkutsche, der Kavallerieabteilungen voranritten und ! folgten, durch die von Militärabteilungen abgesperrten Straßen- j zuge zum Rittersaal. Die Königin wurde von Vertretern der i beiden Kammern zu dem inmitten des Saales ausgestellten ! Thron geleitet. Nach kurzer Begrüßung der im Rittersaal ver- ! sammelten Mitglieder der Regierung, des diplomatischen Corps ! und des Parlaments schritt die Königin zur Verlesung der s Thronrede, wobei sie zunächst in tiefempfundenen Worten '. dem Dank Ausdruck gab für das ihr aus allen Kreisen der Be- ! völterung anläßlich des Hinscheidens der Königin-Mutter und z des Prinzgemahls zuteil gewordene Mitgefühl. In der Thron- ? rede wird sodann einleitend betont, daß auch Holland die Folgen ! der geistigen und wirtschaftlichen Krise, von der die ganze Welt , ergriffen wurde, stets schwer zu spüren bekomme. Die Entwick- i lung des Wirtschaftslebens in Holland wie in Niederländisch- § Indien gebe zu großen Besorgnissen Anlaß, die um so > schwerer wirken müßten, als im Hinblick auf die Verhältnisse ! m denjenigen Ländern, mit denen Holland wirtschaftlich am I
engne» oervunoeii >ei. noch weitere Schwierigkeiten zu befürchten leien. Werter wird in der Thronrede mit großer Besorgnis fsit- gestellt, daß beinahe überall die Tendenz zur Verstärkung der militärischen Rüstungen wieder aufgelebt sei. Obwohl oie niederländische Regierung ihr möglichstes zur Einschränkung dieser Bestrebungen tue, halte sie sich doch ihrerseits für vervflich- ter, bei ihren auf die Landesverteidigung gerichteten Maßnahmen dieser Tendenz Rechnung zu tragen. Im Innern werde die Regierung ihre volle Aufmerksamkeit der Wahrung der sittlichen Kräfte des Volkes und der Erstarkung der Einheit der Nation, zugleich aber auch der Abwehr von Angriffen gegen die Staatsautoritäten zuwenden.
Als die Königin im Rittersaal die Verlesung ihrer Thronrede beendet hatte, erhob sich einer der ältesten Abgeordneten, um die Monarchin mit dem gebräuchlichen Ruf: „Es lebe die Königin!" zu ehren. Ehe die übrigen Anwesenden in diesen Ruf einstimmen konnten, hatte der aus Niederländisch-Jndien stammende kommunistische Abgeordnete der zweiten Kammer. Rustan Effendi, die Watte: „Weg mit der Königin!" in den Saal geschrien. Aller Anwesenden bemächtigte sich eine große Erregung. Mehrere Kriminalbeamte stürzten sich sofort auf Len Kommunisten und warfen ihn zum Saal hinaus. Auch die beiden anderen kommunistischen Abgeordneten der zweiten Kammer wurden schleunigst aus dem Saal geführt. Die übrigen Anwesenden stimmten begeistert in den Ruf: „Es lebe die Königin!" ein und sangen dann auch die Nationalhymne Aucb auf den Straßen mußte die Polizei an mehreren Stellen die com- munistischeu Ansammlungen zerstreuen.