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Rationales Nachrichten- und Anzeigenblatt für die Oberamtsbezirke Nagold, Calw, Freudenstadt und Neuenbürg

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Nummer 218

Altenfteig, Mittwoch, den 18. September 1934

> 5 7. Jahr«»»,

Rußlands Ausnahme iu deu Mkeebim»

IS Deleslerle stimmten mit 3a, Z mit Nein, bei 7 Stimmenthaltungen Ein ständiger NatSjitz

Ausseheneregende Enthüllungen über marMllche AuWnbsvlüne ln Spanien

Madrid, 19. September.- lieber den vor kurzem aufge­deckten Waffenschmuggel der spanischen Marxisten und ihre Amsturzpläne brachte die Madrider ZeitungJnformacio- nes" am Montag aufsehenerregende Nachrichten, die von anderen Rechtsblättern der Hauptstadt im Laufe des Diens­tag aufgegriffen wurden.

DenJnforniaciones" zufolge hatten die Marxisten einen völlig durchgearbeiteten Plan» wonach die Revolution am Tage der Uebexführung der beiden z.Zt. der Monarchie tm Jahre 193V erschossenen revolutionären Offiziere Galan und Hernandez nach Madrid ausbrechen sollte. Der Haupt­schlag war festgesetzt für den Augenblick der öffentlichen Trauerfeier, an der der Staatspräsident und sämtliche Kabinettsmitglieder teilnehmen sollten. Angesichts einer erhofften Teilnehmerzahl von 3VV4VV VVV Arbeitern, die zum größten Teil bewaffnet sein sollten, sollten der Staats­präsident und die gesamte Regierung ermordet werden. Dies wäre das Zeichen gewesen für die offene Erhebung der anwesenden Arbeitermassen, die den Leiter derAllgemei­nen Arbeiterunion", den ehemaligen sozialdemokratischen Minister Largo Cabalero auch derspanische Lenin" ge­nannt, zu ihrem Führer ausgerufen hätten.

Dieser war beauftragt, dann die Errichtung der Dikta- rnr des Proletariats in ganz Spanien zu erklären.

Das genannte Blatt schreibt, diese Pläne seien der Re­gierung bekannt gewesen, weshalb sie die Ueberführung der sterblichen Ueberreste der beidenMärthyrer der Revo­lution" nach Madrid und ihre feierliche öffentliche Bei­setzung in der Hauptstadt zunächst verschoben und dann end­gültig verboten habe.

Im Zusammenhang mit der gerichtlichen Untersuchung des Waffenschmuggels wurde die Verhaftung von zwei por­tugiesischen Staatsangehörigen bekannt gegeben. Einer der beiden Verhafteten ist ein ehemaliger portugiesischer Mini­ster, der dem heutigen Regime in Portugal feindlich gsgen- übersteht und angeblich umstürzlerische Absichten hegt. Auch die in Verbindung mit diesen Verhaftungen aufgetauchten Pressevermutungen, wonach spanische Politiker der Linken die portugiesischen Revolutionspläne gefördert und Lurch Waffenlieferungen unterstützt hätten, sind ohne Dementi geblieben.

Die Regierung hat eine strenge Ueberwachung der Küste angeordnet und zwei Torpedobootszerstörer an dis Küste von Asturien beordert. Diese Kriegsschiffe haben den Auftrag, den an dem aufgedeckten Waffenschmuggel betei­ligten DampferTurguesa" aufzubringen, der sich angeb­lich in den nördlichen Gewässern aufhalten soll.

Die Schuld an einem künftigen Krieg

Snowde« über die Lage Europas London, 18. Sept. Lord Snowden beschäftigt sich w einem Aufsatz in derDaily Mail" mit der Zukunft Europas. Er sagt u. a.: Es wird keine Anstrengung gemacht, die Be­schwerden gewisser Länder zu berücksichtigen, die, solange ihnen nicht abgeholfen ist, den Frieden Europas gefährden. Anstatt zu verslu^n, diese Ungerechtigkeiten wieder gutzumachen, beschäs­tigen sich die Mächte, die die Urheber dieser Ungerechtigkeiten sind, damit, Bündnisse zu schließen, um die Ungerechtigkeiten auf­recht zu erhalten. Dieser Weg führt unmittelbar zn einem neuen Krieg Die Hauptursache der europäischen Unruhe und der sieberhasten Bemühungen um Vermehrung der Rüstun­gen und um Abschluß von Berteidiguugsbiindnisse» ist iu dem Versailler Vertrag und in den Verträge» zu suchen, die zur Zer­stückelung Oesterreich-Ungarns führten. Bevor diese Verträge nicht revidiert sind, wird es i« Europa keine» Frieden geben. Der Krieg wird nur solange aufgeschoben werde«, bis die ge­kränkten Nationen sich stark genug zu dem Versuch fühlen, die Gerechtigkeit, die ihue» von den andere» Mächten verweigert wird, gewaltsam zu erlangen. Dies ist die europäische Lage.

NE"" von 60 Millionen stolzen und vaterlandslieben­den Menschen kann nicht ewig in einer Stellung der Unter­legenheit gehalten werden.

3vvv Moryen Wald in Flammen

Hifhorn (Hannover). 18. Sepr. Ein Waldbrand im Meißen Moor, Ser schon am Montag entdeckt wurde, entwickelte sich zu einem Großseuer. von dem 3088 Morgen Wald. Heide und Moor ergriffen worden find. Leider hatten die Siedler, die im Weihen N E wohnen, zunächst geglaubt, allein des Feuers Herr werden zu können. Erst als sie sahen, daß ihre Siedlungshäuser m un- Mittelbarer Gefahr schwebten, verständigten sie den Freiwilligen Arbeitsdienst, der sofort eingesetzt wurde, um an der Südseite des Brandherdes Dämme aufzuwerden und Gegenfeuer zu enr- tachem um auf diese Weise den Flammen Einhalt zu gebieten. Die Siedlung selbst befand sich am Dienstag mittag bereits auger Gefahr.

Eens, 18. Sepr. Auf dem Platz und auf den Straßen vor dem Bersammlungsgebäude des Völkerbundes hatte sich am Dienstag nachmittag ein etwas zahlreicheres Publikum als sonst eingefun­den. Es handelte sich aber meist um internationale Besucher Genfs und nur rn geringem Maße um Genfer Bürger. Von der Polizei waren ziemlich weitgehende Absverrungsmaßnahmen getroffen. Das Hauptinteresse galt natürlich der Anfahrt der Sowjetdelegation, die ihren Einzug in den Völkerundssaal hielt. Im Berjammlungssaal selbst waren diesmal alle Plätze vergriffen, die dem Publikum zur Verfügung stehen. Als Bun- Lesrat Motta Punkt 6 Uhr vorfuhr, brach das Publikum ganz entgegen dem, was man sonst hier gewohnt ist, in lebhaftes Beifallsklatschen und Hochrufe aus.

D»e Abstimmung über die Aufnahme der Sowjetunion iu den Völkerbund war nach kurzer Debatte Punkt 7 Uhr beendet. Die Sowjetunion erhielt 38 Ja-Stimmen von 49 im Saal anwesen­den Bölkcrbundsmitgliederu. 7 Mitglieder enthielten sich der Stimme und 3 stimmten mit Nein. Einige Völkerbundsstaaten blieben der Abstimmung fern.

Der Präsident erklärte Sowjetrußlaud als in den Völkerbund ausgenommen.

Daraufhin begann die zweite Abstimmung über den ständigen Ratssitz Sowjetrußlands, während die russische Delegation noch außerhalb des Saales blieb.

Bei der zweiten Abstimmung wurden für die Sowjetunion 48 Stimmen bei 5V anwesenden Staaten abgegeben bei Stimm­enthaltungen Nein-Stimmen wurden nicht abgegeben. Der Präsident stellte daraufhin fest, daß die Sowjetunion einen stän­digen Ratssitz erhalten habe.

Kurz darauf, um 7.15 llhr, betrat die Sowjetdelegatio« «uter Führung von Litwinow den Saal »«- »ahm «ater sehr schwa­chem Beifall deu für sie vorgesehene» Platz ei». Einige Dele­gierte, darunter Titulescu» begaben sich zu deu Plätzen der Rus­sen, um sie zu begrüßen und zu beglückwünschen.

Es stellte sich im übrigen heraus, daß di« Russen schon lang« vorher durch einen Nebeneingang in das Gebäude gelangt wa­ren, während eine sich allmählich verstärkende Menge auf der Straße noch ans ihr« Anfahrt wartete.

Ist Mm Warmmgm im Wnum

Genf, 18. September. Gleich zu Beginn der Völkerbunds- Versammlung erteilte der Präsident dem Vorsitzenden des 6. (poli­tischen) Ausschußes, dem Spanier Madariaga das Wort mr Berichterstattung über die gestrigen Beschlüsse. Madariaga ver­las die Entschließung, in der die Versammlung aufgefordert wird, die Sowjetunion in den Bund aufzunehmen. Er fügte den Wunsch hinzu, daß auch die Bereinigten Staaten von Amerika bald den Weg nach Eens finden möchten.

Dann wurde die Aussprache über den Beschluß des 6. Aus­schusses eröffnet. Unter großer Spannung gab Bundesrat Motta die kurze Erklärung ab, daß er bereits gestern alles Grundsätzliche vorgebracht habe, was fein Land zu sagen habe. Die Sowjetunion erfülle als Großmacht zweifellos die Bedin­gungen für einen ständigen Ratssitz. Trotzdem habe er hier zu erklären, daß die Schweiz sich aus grundsätzlichen Erwägungen heraus der Stimme enthalten werde.

Hierauf hielt der irische Delegierte de Valera eine viel beachtete Rede, in der er zunächst foststellte, daß Motta gestern im Namen der gesamten Christenheit gesprochen habe, die über die Entwicklung in Sowjetrußlaud schwer beunruhigt sei. Barthous gestrige Erklärung, daß es sich bei Rußlands Auf­nahme nur um eine politische Frage handle, sei durchaus nicht überzeugend. Wenn die Christen der Welt ihr Vertrauen in den Völkerbund als Werkzeug der Friedensstcherung verlöre», dann könne der Völkerbund auch seine Aufgaben nicht erfüllen. Die Sowjetunion habe erklärt, daß es sich den Frieden als Ziel sei­ner Politik setze. Er bitte deshalb die Sowjetregierung, daß sie die Garantien, die sie amerikanischen Bürgern vor einiger Zeit hinsichtlich ihrer Freiheit nnd der Sicherung ihrer persönlichen und menschlichen Rechte gewährt habe, auch auf die Bürger aller anderen Staaten und auf das russische Volk selbst ausdehnen. De Valera fand großen Beifall.

Nach ihm sprachen noch ganz kurz der Vertreter Persiens, der Rußlands Eintritt begrüßte, und die Vertreter Argen­tiniens, Hollands und Portugals, daran schloß sich dann die Abstimmung, über die bereits berichtet wurde.

MMenl Sandler begrüßt -je Sowjet Selegatlon

Genf, 18. September. Nachdem die Sowjetdelegation nach der Abstimmung die ihr zugewiesenen Plätze eingenommen hatte, wurde sie von PräsidentSandler mit einer kurzen Rede begrüßt. Er bat sie. ihre Plätze in der Versammlung einzuneh­men, was aber, wie mit einiger Heiterkeit bemerkt wurde, die

Rußen inzwischen schon selbst getan halten. Sandler betonte, daß die Sowjetunion nunmehr alle Rechte nnd Pflichten eines Vülkerbundsmitgliedes erworben habe. Er begrüße die Rußen aufrichtig und herzlich. Der Völkerbund habe sich Lurch Sow­jetrußlands Eintritt sehr wesentlich vergrößert. Der heutige Tag bedeute eine entscheidende Wendung in der Geschichte des Völkerbundes; er eröffne neue Möglichkeiten und sei eine Be­stätigung dafür, daß der Völkerbund der Vervollständigung zu­strebe, die stets ein wichtiges Ziel bleiben müße. Er bitte die Russen, am Friedenswerk des Völkerbundes mitzuarbeiten.

Daraufhin bestieg der erste russische Delegierte, Volks­kommissar Litwinow, die Rednertribüne. Er wurde mit mäßigem Beifall begrüßt. Die Jupiterlampen wurden für di« Photographen eingeschaltet und Litwinow stand, als er seine

Rede begann, im größten Lichtkegel.

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Rebe Wwinvws vor dm Völkerbund

Gens, 18. September. Litwinow sprach wie immer schnell und überstürzt, in vielfach unverständlichem Englisch. Schon deshalb konnten seine Worte keine rechte rednerische Wirkung haben. Litwinow dankte zunächst den Mächten, die sich um die Zulassung der Sowjetunion bemüht hatten, vor allem Frank­reich, England und Italien.

Litwinow machte den Versuch, der kritischen Stimmung der Verhandlung durch eine Darstellung der Lage in Sowjetrußland entgegenzutreten, die aber zweifellos scharfem Widerspruch be­gegnen wird. So behauptete er. daß sich die Rassen und Völker in der Räteunion frei entwickeln und ihrer Natur gemäß leben könnten. Es gebe in der Sowjetunion kein Vorurteil gegen Rassen oder Nationen und es gebe auch keine Mehrheit und keine Minderheit, da Gleichberechtigung herrsche. Die Sow­jetunion habe sogar Nationen, die im Verschwinden waren, wie­der zum Leben erweckt. Ein Zeichen für die russische Toleranz und für die Vielseitigkeit des russischen Völkerlebens sei die Tatsache, daß die russische Presse in fünfzig Sprachen erscheine.

Der russische Autzenkoinmissar betonte, daß die Voraussetzun­gen für Rußlands Mitarbeit nnd Zusammenarbeit mit den an­deren Staaten in Genf der Grundsatz der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten eines Staates sein müssen. Jeder Staat müße das Recht haben, sich nach seinen Bedürfnissen zu entwickeln. Rußland sei hier der Vertreter eines neuen Systems, vor allem auf dem Gebiet der Wirtschaft. Sowjetrußlaud werde übrigens in Zukunft auf keine seiner Besonderheiten verzichten.

Litwinow suchte dann der Versammlung klar zu machen, daß Rußland schon seit Jahren mitten in der internationalen Zusam­menarbeit stehe und in Genf keineswegs ein Neuling sei. Er erinnerte vor allem an Rußlands Beteiligung bei den verschie­denen internationalen Konferenzen, die zum Teil vom Völker­bund selbst organisiert worden waren und vor allem an seine Tätigkeit in der Abrüstungskonferenz. Rußland habe sich be­kanntlich mit jeder brauchbaren Abrüstungsmatznahme einver­standen erklärt. Durch die Definition des Angreifers habe es wesentlich an der Klärung der Abrüstungs- und Sicherheitsfrage mitgearbeitet.

Auch im weiteren Verlauf seiner Rede sprach Litwinow von Rußlands Arbeit für den Frieden und den Möglichkeiten, die die Mitwirkung der Sowjetunion im Völkerbund seiner Mei­nung nach eröffneten. Dann siel das Wort Krieg. Bor fünf­zehn Jahren, als der Völkerbund gegründet wurde, führte Lit- winow aus, habe man sich die gegenwärtige Lage noch nicht vor­stellen können. Jetzt aber fei der Krieg die Gefahr von heute. Der Völkerbund müsse sich der Organisation des Krieges enn gegenftellen. Jeder Staat müsse wißen, daß ein Krieg nicht mehr örtlich begrenzt werden könne und daß auch die neutralen Staa­ten schwer unter ihm leiden würden. Noch immer seien die furchtbaren Wirkungen des Weltkrieges nicht überwunden. Des­halb müßten verstärkte Sichvrheitsgarantien verlangt werden. Freilich kenne niemand so gut wie er die Grenzen, die der Fr<e- densstcherung des Völkerbundes gesteckt seien. Aber bei gutem Willen lasse sich unter Mitwirkung der Sowjetunion zweifellos auch hier ein Erfolg erreichen.

Als Litwinow sein« Rede geendet Hane, war der Luiall etwas stärker als am Anfang. Aber immer noch erheblich unter dem Durchschnitt. Obgleich die meisten Delegationen und die Tribünenbesucher zweifellos nur zum geringen Teil die Rede verstanden halten, verließ doch alles den Saal, als die Ueber- fetzung der Rede begann. Nur ganz wenige Delegationen hiel­ten bis zum Schluß auf ihren Plätzen aus, so daß die russische Delegation schließlich fast allein zwischen leeren Bänken saß. Sobald die Uebersetznng beendet war. schloß der Präsident die Sitzung. Die russische Delegation fuhr diesmal im Auto auf dem normalen Wege ab, wobei einige Anhänger des Sowjetsystems, meist junge Burschen, klatschten. Auch einige Gegenrufe waren zu hören Die Ordnung wurde aber nicht gestört.