Rationales Nachrichten- und Anzeigenblatt für die OberamtsbezirLe Nagold, Calw, Freudenstadt und Neuenbürg

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Nummer 217 ^ Altensteig, Dienstag, den 18. September 1934 ^ 8 7. Iahrg«»>

Schweres Unwetter über dem Erzgebirge

Dresden, 17. September. Zm östlichen Erzgebirge ging am Montagnachmittag ein Wolkenbruch mit Hagelschlag nieder. Am schwersten wurden die Orte Niederfrauendorf, Reinhardtsgrimma sowie die Gegend von Glashütte betroffen. Von Dresden ist die Technische Nothilfe, von Dippoldiswalde die Feuerwehr und SA. zur Hilfeleistung ausgerückt.

In der Glashütter Gegend stiegen die Wasser des Prieß- nitzbaches innerhalb von 10 Minuten um drei Meter. Auch alle übrigen Gebirgsbäche führten gewaltige Wassermassen zu Tal, Geröll, Baumstämme und Zäune mit sich reißend. Miesen und Felder, Keller und Grundstücke sind über­schwemmt. Außerordentlich schwer ist auch die Gegend von Luchau betroffen worden.

Noch fünf Stunden nach dem Unwetter im östlichen Erz­gebirge lag der Hagel Hoch aufgeschichtet auf den Feldern. Besonders stark wütete das Hochwasser im Tal des Ober­srauendorfer Wassers und des Lungwitzbaches. Zn Ober­und Niederfrauendorf und Reinhardtsgrimma konnten sich viele Bewohner nur mit Mühe retten. Viel Vieh ist er­trunken. Die Straße, die durch diese Orte talwärts führt, 'ist an verschiedenen Stellen weggerissen, an einer Stelle nahezu völlig zerstört. Da in Niederfrauendorf auch die Brücke der Bezirksstraße Dippoldiswalde-Glashütte weg­gespült wurde, ist die direkte Verbindung zwischen diesen beiden Orten unterbrochen. Sofort nach Bekanntwerden des Unglücks eilten die Feuerwehren der Umgebung herbei, bargen, soweit möglich, das Vieh, räumten die Wohnräume aus und pumpten die Keller leer. Auch die SA. wurde alarmiert und half tatkräftig mit, wie überhaupt die Hilfs­bereitschaft außerordentlich groß war. Bis in die Nacht hinein wurde emsig gearbeitet. Besonders schwer heimge­jucht wurde auch das Waldkaffee in Niederfrauendorf mir der danebenstehenden Schmiede. Hier haben die aus drei Tälern zusammenströmenden Wassermengen alles, was nicht niet- und nagelfest war, mit fortgerissen. Zwei Schuppen wurden zerstört und ein Schuppen mit einem darin stehen­den Kraftwagen etwa 50 Meter weit fortgerissen.

«ommuMijche Znstbungsarbeit in der sAtvedWen Wehrmacht

Aufsehenerregende Erklärungen des Eeneralftabchefs Nygren

Stockholm, 17. September. Das Stockholmer Abend­blattNya Dagligt Ällehanda" bringt in größter Auf­machung eine Erklärung des schwedischen Eeneralstabschefs über die kommunistische Wühl- und Zersetzungsarbeit in der schwedischen Wehrmacht. Zn der Erklärung des Gene­rals Heißt es wörtlich, daßdie staatsfeindliche Agitation einen solchen Umfang und derartige Formen angenommen hat, daß eine ernste Gefahr für den Zusammenhalt der Armee besteht.

Auf Grund der Gerichte, Heißt es in der Erklärung wei­ter, die er als Eeneralstabschef in der Armee erhalte, mache sich die kommunistische Propaganda bei sämtlichen Truppen­teilen geltend; es sei selbstverständlich, daß die einzelnen Truppenkommandos alles täten, um diese Zersetzungsarbeit zu unterdrücken. Es Müsse aber betont werden, daß die gegenwärtigen Verhältnisse alles andere als zufriedenstel­lend seien. Von der Armee sei der Versuch gemacht wor­den, wirksamere gesetzgeberische Maßnahmen zu erreichen. Die Beratungen der Regierung seien jedoch noch nicht ab­geschlossen.

Das Blatt fügt hinzu, daß die kommunistische Agitation auch innerhalb der Marine ihr Unwesen treibe und beson­ders in den Monaten Zuli und August eine Verstärkung erfahren habe. Die bestehenden Gesetze 'seien, so unter­streicht das Blatt mit Nachdruck, zur wirksamen Bekämpfung der roten Propaganda völlig ungeeignet. Zum Beweis für die unzureichende Gesetzgebung bringt das Blatt eine Mel­dung aus Solleftea, nach der ein Soldat wegen Verbreitung von antimilitaristischen, kommunistischen Propagandaschrif­ten nur zu einem Monat Gefängnis verurteilt wurde. Da­bei Habe der Verurteilte zugegeben, der kommunistischen Partei anzugehören und aus politischen Motiven gehandelt zu haben. Üeberdies habe die Untersuchung ergeben, daß kommunistische Parteifunktionäre dem Soldaten bei seiner Zersetzungstätigkeit Hilfe geleistet haben.

Die sieben Toten vom Schüssellar geborgen Partenkirchen, 17. Sept. Die sieben Todesopfer des Schuss el- kars sind nach aufopfernder Arbeit, die unter der umsichtigen Leitung des Bergwachtführers Berger stand, geborgen und zu­nächst nach Partenkirchen gebracht worden. Die Angehörigen der Verunglückten waren zum letzten Abschied nach Partenkirchen ge­kommen.

Am Rußlands Aufnahme

Ae Beratungen - polWchen Ausschusses über den Eintritt Rußlands in den Völkerbund

Eens, 17. Sept. Nur selten hat man in Eens eine Spannung erlebt wie am Montag, als die Sitzung des Politischen Aus­schusses durch den Präsidenten Madariage eröffnet wurde. Auf der Tagesordnung des Ausschußes steht bekanntlich die Prüfung des Eintritts der Sowjetunion in den Völkerbund. Der An­drang aus allen Kreisen der in Genf zur Völkerbundstagung versammelten internationalen Welt war ungeheuer. Die Trep­pen und die Gänge des großen Sitzungssaales waren voller Menschen.

Als erster Redner sprach der portugiesische Außenminister La Mata. Er begründete mit deutlichen, aber vorsichtigen Worten die ablehnende Haltung seines Landes. La Mata erklärte, daß der Eintritt Sowjetrußlands im Gegensatz zu den Ideen der zivilisierten Welt und im Gegensatz zur Idee des Völkerbundes stehen würde Er sei überzeugt, daß die Sowjetunion nach ihrem Eintritt jene Propaganda noch wirksamer gestalten könne, deren Ziel es sei, die Grundlagen der Staaten zu zerstören. La Mata wies ferner darauf hin, Laß Sowjetrußland von einer Reihe von Staaten heute noch nicht anerkannt worden sei.

Noch stärkere Beachtung als die Erklärung des portugiesischen Delegierten fand die anschließende große und mutige Rede des schweizerischen ersten Delegierten, Vundesrat Motta. Die Schweiz, so führte Motta aus, sei in einer besonderen Lage. Sie habe den Eintritt in den Völkerbund erst nach einer hart umstrittenen Volksbefragung vollzogen. Die Gründer des Völkerbundes hät­ten der Schweiz dann ihr Vertrauen bezeugt, indem sie Genf zum Sitz des Völkerbundes bestimmten. Die Schweiz sei stets eine grundsätzliche Anhängerin der Universalität des Völker­bundes gewesen. Schon im Jahre 1920 habe er persönlich dem Wunsche Ausdruck verliehen, daß Rußland einmal geheilt von seiner Besessenheit und befreit von seinem Unheil mit dem Völkerbund Zusammenarbeiten werde. Die Schweiz habe bei aller Freundschaft zum russischen Volk aber niemals das gegen­wärtige Regiment anerkennen wollen. Sie sei entschlossen, auf dieser Haltung der Ablehnung und des Abwartens zu beharren. Die Schweiz habe sich schon deshalb entschließen müssen, den Ein­tritt Rußlands ihrerseits abzulehnen, als seine Ja-Stimme gleichbedeutend mit der Wiederaufnahme der diplomatischen Be­ziehungen sein müßte. Motta stellte dann die Frage, ob eine Regierung, deren Wesen der expansive und kämpferische Kom­munismus sei, die notwendigen Bedingungen erfülle, um >n den Kreis der Völkerbundsmächte ausgenommen zu werden. Man müsse hierbei schon von dem eigentlichen Zweck des Völker­bundspaktes und den ihm zugrundeliegenden Ideen ausgehen. Der russische Kommunismus, so stellte Motta fest, bedeute - auf dem Gebiete der Religion, der Moral, der Gesellschaft, der Politik und der Wirtschaft die gründlichste Verneinung aller Ideen, auf denen unser Wesen uüd unser Leben beruht. Die meisten Staaten verbieten ja vorweg die kommunistische Pro­paganda. Alle betrachten sie als Staatsverbrechen, sobald sie ihre Theorie m die Tat umzusetzen versuche. Motta entwarf dann ein Bild von der Religionsfeindschaft des Sowjetregimes. Der Sowjet-Kommunismus bekänkpse die Religionsidee und die Geistigkeit in allen ihren Formen. Die christlichen Kirchen der ganzen Welt seien aufs tiefste erschüttert von dem Jammer ihrer Glaubensgenossen in Rußland. Der Kommunismus löse aber die Familienbande auf, erdrücke das Privateigentum und organisiere die Arbeit in Formen, die kaum von Zwangsarbeit zu unterscheiden sei. Rußland sei von der schweren Lage einer Hungersnot heimgesucht, die ihre Ursachen wahrscheinlich in einem völlig verfehlten wirtschaftliche» und sozialen System habe.

Der wichtigste Gesichtspunkt für die Schweiz sei aber Ruß­lands Anspruch auf Durchsetzung seiner Ziele in der ganzen Welt. Es versuche, die Weltrevolution zu organisieren. Gewiß, sagte Bundesrar Motta weiter, kann man einwenden, die Kom­munistische Partei kann nicht mit dem bolschewistischen Staat verwechselt werden. Aber dieser Einwand hat keine Kraft. Kom­munistische Partei und Dritte Internationale sind eine mora­lisch Einheit.

Der Einwand, daß die Sowjetunion mit seinen 160 Millionen wicht einfach beiseite gelassen werden könne, klinge zwar ein­leuchtend. Die Regierungen Frankreichs, Großbritanniens und Italiens hätten in Bern diesen Standpunkt vertraten, ohne aber irgend einen Druck auf die Schweiz auszuübeki. Die Schweiz aber könne nun einmal an die Evolution des bolschewistischen Regiments, so sehr sie sie wünsche, nicht glauben. Vertrauen könne die Schweiz der Sowjetunion nicht und sie könne sich auch nicht an einem Akt beteiligen, der Sowjetrußland ein bisher nie besessenes Ansehen verschaffen werde. Wir haben di« Rolle eines Wächters und Warners vorgezogen, hoffen aber, daß die Zukunft unser Mißtrauen für übertrieben erweisen wird. Wir zählen darauf, daß alle anderen Staaten uns helfen werden, zu verhindern, daß Genf ein Herd zersetzender Propaganda wird. Wir werden wachsam sein.

Zum Schluß erinnerte der Vertreter der Schweiz daran, daß auch nach Aufnahme der Sowjetunion Rat und Versammlung vor mehreren offengebliebenen Fragen stehen werden. Er wies aus dje, Entschließungen der Versammlung hin, die sich auf die

unavaangigteil Georgiens oezieyen. Lr erinnerte davei an Armenien, die Ukraine und andere Länder. Diese Probleme seien noch nicht aus der Welt geschasst. Er hoffe besonders, daß gerade, wenn die Sowjetdelegierten hier weilen werden, in Genf Stimmen ertönen, die im Namen des menschlichen Ge­wissens Aufklärung von der russischen Regierung verlangen.

Die Rede Mottos wurde von einem großen Teil der Dele­gierten und der Tribüne mit starkem demonstrativem Beifall ausgenommen.

Auch Holland sagt Nein

° Genf, 17. Sept. Die Völkerbundsversammlung hat am Mon­tag nach Entgegennahme eines Berichts des Präsidenten über die Verhandlungen mit Sowjetrußland beschlossen, die Frage der Aufnahme Sowjetrußlands an die politische Kommission in der üblichen Art zu überweisen. Erst dann wird sich entscheiden, ob es Sem Einfluß Ser Großmächte gelungen ist, die Prüfung der russischen Geeignetheit für die Aufnahme in den Völkerbund zu einer reinen Formalität zu machen, oder ob die Opposition gegen den russischen Eintritt sich regt und die Bedenken und Einwänüe offen darlegt. Wie man hört, wird der schweizerisckie Vundesrat Motta auf jeden Fall für die Schweiz spre­chen, Die holländische Abordnung ist von ihrer Re­gierung angewiesen worden, in der Versammlung selbst gegen die Aufnahme Rußlands zu stimmen und sich nicht nur der Stimme zu enthalten. Di« Schweiz wird also bei ihrer Nein­stimme nicht allein bleiben, zumal auch Portugal gegen die Zulassung stimmen wird.

Die Völkerbundsversammlung begann ferner mit den jährlich stattfindenden Ergänzungswahlen zum Völkerbundsrat. Es steht schon so gut wie fest daß an die Stelle von Panama China treten und daß Spanien wiedergewählt wird. Die Ver­sammlung har sich zunächst rn geheimer Wahl darüber besprochen, ob China und Spanien ihrem Antrag entsprechend wieder wähl­bar sind. Die Wiederwählbarkeit Chinas nach ieiner jetzt erfolgenden Wahl wurde abgelehnt, da sich nur 21 von 52 Stimmen dafür aussprachen. Dagegen wurde Spanien mit großer Mehrheit (44 Stimmen) als wiederwählbar erklärt. Damit dürfte seststehen, daß China. Spanien und die Türkei di« drei zur Wahl stehenden Ratssitze erhalten werden.

Die Aufnahme der Sowjetunion auf Dienstagnachmittag festgesetzt

Genf, 17. September. Die Vollversammlung des Völ­kerbundes, in der die Aufnahme Sowjetrußlands vollzogen werden soll und der Einzug der Russen zu erwarten ist, ist auf Dienstagnachmittag 3.30 Uhr festgesetzt worden.

Chile. Svaniev und die Türkei

iu den Bölkerbundsral aewSW

Genf, 17. Sept. Am Montag nachmittag fand die Wahl Chiles, Spaniens und der Türkei in den Bölkerbundsrat durch die Völkerbundsversammlung statt. Von 52 gültigen Stimmen er­hielten Spanien und Chile je 5l, die Türkei 48 Stimmen. Die Wahl der drei Länder wurde mit Beifall begrüßt.

Außerordentliche Ratssitzung zur Saarabttlnnnuag

Paris, 18. September. Der Sonderberichterstatter der Havasagentur in Genf meldet: Nachdem die Frage des Eintritts der Sowjetunion in den Völkerbung praktisch er­ledigt ist, beginnt man sich in hiesigen internationalen Krei­sen von neuem mit der Frage der Saarabstimmung zu be­schäftigen, über die der Dreierausschuß in Kürze zu bera­ten Haben wird. Es ist möglich, daß angesichts der Wich­tigkeit dieser heiklen Frage der Völkerbundsrat in der näch­sten Zeit eine außerordentliche Sitzung abhalten wird.

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Barthou nimmt an den Genfer Verhandlungen über die Saarabstimmung teil

Pa' s, 17. September. Es scheint sich zu bestätigen, daß Außenminister Barthou, der Mitte der Woche in Paris zn- rückerroartet wird, anfangs kommender Woche wieder nach Eens reist, um an den Verhandlungen über die mit der Saarabstimmung zusammenhängenden Fragen tsilzuneh- men. Angeblich wird als eine der ersten Fragen die Rekru­tierung einer internationalen Polizeitruppe erörtert wer­den. Der Dreierausschuß soll, wie die Blätter melden, der Ansicht zuneigen, daß die von der Regierungskommission de» Saargebietes vorzuschlagenden Länder individuell di« Rekrutierung vorzunehmen hätten.