Cambon stänkert in Rom.

Berlin, 7. Ott. DerDeutschen Tageszeitung" wird aus Rom gemeldet: Der frühere französische Botschafter in Berlin, Cambon, ist hier eingetrof­fen und hatte gestern eine einstündige Unterredung mit dem Minister des Aeutzeren, San Eiuliano.

Hinausgeschmiffen.

Berlin. Nach den jetzt vorliegenden Pariser Meldungen hat der General Gallieni sämtliche Führer des sozialistischen Arbeitersyndikats, darunter mehrere Deputierte, wegen regierungsfeindlicher Agitation unter der Bevölkerung aus Paris aus­gewiesen.

Die Engländerspüren" den Krieg.

Berlin, 7. Okt. Aus Rom meldet dasBerliner Tageblatt": Ein Londoner Brief derGazetta del Popolo" berichtet, das; die Engländer angesichts der riesigen E e l d op f e r, die der Krieg verlange, stutzig zu werden anfangen. Zu den kolossalen Aufwendun­gen für die im Felde stehenden Armeen komme die Löhnung für die neu ««geworbenen Rekruten, so­dann die Pension für die Soldatenfamilien, endlich noch die Ausgaben für die Marine, die jene des Heeres noch übersteigen.

In London wirds duster.

Berlin. DerBerliner Lokalanzeiger" meldet aus Rotterdam: Der englische Staatssekretär des In­nern erlieg eine Verordnung, der zufolge in den Straßen der Stadt London die Beleuchtung erheblich eingeschränkt, sowie ununterbrochene Lichterreihen teilweise gelöscht werden müssen. Nach derTi­mes" sind seit Beginn des Krieges 600 000 englische Soldaten eingestellt worden, davon allein 86 000 in London.

John Bull für sich.

Kopenhagen, 7. Oft. (Nicht amtl.)Berlinske Tidende" meldet aus London: Unter dem Schlag- wortEngland für die Engländer" entstand in der letzten Zeit eine Bewegung, alle ausländischen Waren fernzuhallen. Nun bildete sich eine Gesellschaft von angesehenen Vertretern des Adels und des Handels- standes mit der Aufgabe, die Engländer vor einer allzugroh enEngherzigkeit zu warnen. Es wurde da­bei hervorgehoben, man müsse die größtmöglichste Rücksicht auf die Industrie de rverbündeten Staaten und der neutralen Staaten nehmen, die in freund­schaftlichem Verhältnis zu England stehen.

Ein harmloser Gelehrter.

Berlin. DasBerliner Tageblatt" schreibt: lieber das Schicksal des bekannten Sprachforschers Prof. Westermann vom Orientalischen Seminar der hiesigen Universität wird berichtet: Prof. Wester­mann hatte vor Kriegsausbruch eine Forschungsreise nach Westafrika angetreten, um im Hinterlande von Liberia Sprachstudien zu betreiben. Am Tage des Kriegsausbruches wurde er in Las Palmas, wo er sich gerade aufhielt, von den Engländern kriegsge­fangen genommen und nach London gebracht, dort aber auf Fürsprache einflußreicher Kreise wieder frei gelassen und nach Liberia zurückgebracht.

Englische Minen in der Nordsee.

Berlin, 5. Okt. Anläßlich des Untergangs des Dampfers Runa durch eine Mine an der englischen Küste läßt die britische Admiralität erklären, daß ihre Weisungen über den Weg, den das Schiff be­nutzen sollte, nicht befolgt worden seien. Daraus habe sich ergeben, daß eine andernfalls sichere Reise mit dem Verlust des Schiffes und mehreren Men­schenleben geendet habe. Diese Darlegung der briti­schen Admiralität beweist, daß sie über die örtliche Lage der Minen genau unbelichtet ist und daß die bri­tischen Behauptungen über das Vorhandensein deut­scher Minen in den Fahrstraßen für Handelsschiffe eitel Gewäsch sind.

Unbeachtet Englands Beispiel.

Berlin. In einer Zuschrift an denBerliner Lokalanzeiger" spricht sich der Generaldirektor der Königlichen Museen in Berlin, Exzellenz Bode, dafür aus, daß allen Kulturländern ihr Kunstbe­sitz gewahrt werde. Deutschland werde das Bei­spiel Englands bei der Entführung der Parthenon- Kulturen aus Frankreich unter Napoleon l. nicht nachahmen.

Desto besser.

DasBerliner Tageblatt" meldet aus Königs­berg: Entgegen anderslautenden Meldungen ist das dem Herrn von Fahrenheyd gehörige in Ost­preußen gelegene Schloß Beynuhnen in der Nähe von Darlehnen von den Russen nicht zerstört worden. Das Schloß enthielt viele wertvolle Kunstschätze.

Das Geschäft verschleiert die Spionage.

Krakau, 7. Okt. (Nicht amtlich). Hiesige Blätter berichten, im Frühjahr habe ein französisches Kon­sortium sich gebildet, an dessen Spitze Graf Monjeau stand, um ein an der gattzisch-ungarischen Grenze gelegenes Naphthaterrain anzukaufen, dessen Preis mit 20 Millionen festgesetzt wurde. 2 Millionen wurden als Anzahlung erlegt. 1 Million wurde für Provision und Spesen verausgabt. Der Rest der Kaufsumme sollte im Juli bezahlt werden. Französische Ingenieure nahmen das gesamte Gebiet kartographisch auf. Nunmehr hat sich herausge- stellt, daß es sich bei dem Unternehmen nur um Spionage handelte, welche den Russen den jüngsten Einbruch in die Karpathen ermöglichte.

Orthodoxer Depotismus.

Wien, 7. Okt. (Nicht amtlich.) Die ukrainische parlamentarische Vertretung Galiziens veröffentlicht eine vom Präsidium des parlamentarischen Ukrainer- Klubs Unterzeichnete Protestschrift gegen die Ver­gewaltigungen der Glaubensfreiheit in Galizien durch Rußland, in der es heißt: Diese unerhörte, ge­gen das größte Heiligtum des Volkes, seinen Glau­ben, gerichtete Gewalttat Rußlands entspreche voll­kommen seinem traditionellen Standpunkt gegenüber der uniierten griechisch-katholischen Kirche, dem im­mer die Tendenz der vollkommenen Ausrottung kies griechisch-katholischen Glaubensbekenntnisses unter Anwendung rohester Gewalt zu Grunde lag. Die Ausrottungspolitik Rußlands gegenüber der nahezu 300 Jahre bestehenden Nationalreligion der galizi- schen Ukrainer, und zwar unter Anwendung von Ge­waltakten, müsse in der ganzen Kulturmelt eine ein­mütige Empörung und Verdammung Hervorrufen. Die Ukrainer parlamentarische Vertretung Galiziens erhebe namens des Ukrainer Volkes, Galiziens, ge­gen dieses infame, den primitivsten Grundsätzen der Ethik und der Zivilisation ins Gesicht schlagenden, sowie die Grundsätze des Völkerrechts im höchsten Grad verletzenden Gewaltakte Rußlands feierlich Protest vor der ganzen zivilisierten Welt. Die par­lamentarische Vertretung der Bukowina fühlt sich, obwohl ein großer Teil dieses Volkes sich zur ortho­doxen Kirche bekennt, veranlaßt, dem Proteste der Vertretung Galiziens sich vollinhaltlich anzuschlie­ßen. Die orthodoxe Kirche der Bukowina unterschei­det sich vom griechisch-katholischen Glauben nur rein dogmatisch, hat aber mit dem russischen Orthodox­ismus. der dem Zaren -als Oberhaupt unterworfen ist, und als solcher die Hauptstütze des russischen Des­potismus bildet, nichts gemein.

Das sterbende Opfer der ruffischen Politik.

In Serbien darf die Reue schon offen zum Wort kommen. In dem in Nisch erscheinenden BlattTro- govinski Glasnik" schreibt der Belgr. Universitäts- Professor Andrejenic:Wohin steuern wir?" Die nationalen Barrikaden, die unser Land beschützen, sind niedergerissen und zertrümmert. Die schuldigen Staatsmänner unseres Landes fliehen in Angst und Schrecken vor dem Urteilsspruch und Strafgericht des serbischen Volkes. Die Dämmerung beginnt die Stunde der Ernüchterung naht. Die russische Politik, welche Serbien in diese verzweifelte Lage gehetzt und durch ihre Zweideutigkeit uns in unseren unsin­nigen Ansprüchen gegen die österreichisch-ungarische Nachbarmonarchie bestärkte, ist heute gänzlich ban­kerott geworden. Diese Politik ist für uns zum Ver­hängnis geworden. Hand aufs Herz. Kann es je­manden in unserem Lande geben, der wirklich daran glaubt, daß Rußland uns die Freiheit bringen will, wenn im russischen Reiche selbst die Völker unter der Knute zusammenbrechen und viele Tausende in Si­birien schuldlos verelenden? Wer vermag ernstlich zu glauben, daß die Russen in unser Land Kultur tragen werden, solange bei ihnen zuhause der fin­sterste Absolutismus herrscht? Heute sieht es wohl jeder Serbe ein, daß wir eine Wahnsinnstat began­gen haben, als wir uns dem alles unterjochenden Zarismus in die Arme geworfen. Viele Schicksals­schläge haben die serbische Nation im Laufe der Zei­ten getroffen, wir konnten uns erholen, aber wird es auch aus der furchtbaren Lage, in die wir gegen­wärtig geraten sind, noch eine Rettung geben? In der Seele des serbischen Volkes ist jede Hoffnung ge­storben."

Meuterei im serbischen Heere.

Sofia, 7. Okt. Die ZeitungUtro" meldet: Unter der Mannschaft des 17. serbischen Infanterie­regiments ist es zu einer Meuterei gekommen. Die Soldaten erschossen den Brigadekomnxan- dantenBudenowicz, der sich gerade bei ihfbpr Regiment befand. Auch der Oberst des Regid m e n t s, M a l e v i o s, und zahlreicheandere Offiziere sind erschossen worden. Die gegen das meuternde Regiment entsandten Mannschaften konnten nichts ausrichten.

Aus Stadt und Land.

Calw, 9. den Oktober 1914.

Vom Rathaus.

Oeffentliche Sitzung des Gemeinderats am 8.

Oktober, nachmittags 4^ Uhr. Anwesend sind 9 Mitglieder. Der Vorsitzende, G.-R. Dreiß, über­mittelt Grüße von Stadtschultheiß Conz und teilt, ein Schreiben desselben mit, aus welchem hervorgeht daß unser Stadtvorstand auch mitten im Krieg sich um die Interessen der Stadt kümmert und seine Mei­nung über verschiedene Veratungsgegenstände kund­gibt. Er nimmt Stellung zu der Anlage des Sol­datenfriedhofs, zu der Förderung des Neubaus des Realprogymnasiums, zur Fortsetzung der Panorama­straße, zur FamilienunterstUtzung, zu der außeror­dentlichen Quartierlast und bedauert besonders, daß er den Familien gefallener Soldaten nicht persön­lich seine herzliche Teilnahme ausdrücken könne. Da er heute mit einer Truppe von Ulm aus in Feindes­land abgehe, so nehme er nochmals Abschied von den Kollegien und der Stadt, indem er jedem Mitglied im Geiste die Hand zum Abschied drücke mit dem Wunsche, daß es der Stadt gut gehen und sie auch die Kriegszeit glücklich überstehen möge; er werde täg­lich an seine ihm liebgewordene Stadt denken. Gott nröge sie schützen und segnen und ihm, dem Scheiden­den, ein frohes Wiedersehen ermöglichen. An die an­geregten Punkte schloß sich eine Erörterung an, die sich besonders um die Fortführung der Panorama- straße als Arbeitsgelegenheit für den Winter, um die Behandlung der Gesuche um Reichsunterstützung und um die außerordentliche Quartierlast drehte. Bin­dende Beschlüsse wurden vorerst nicht gefaßt, sondern weitere Erhebungen angestellt. Bei den Gesuchen um Unterstützungen wurde der Erlaß des Ministeriums und des Oberamts verlesen und im Einklang mit den beiden Veröffentlichungen festgestellt, daß man hier die Gesuche wohlwollend behandelt habe und daß nur unberechtigte Ansprüche zurückgewiesen worden seien. Allgemeine Normen lassen sich nicht aufstellen, es müsse nur von Fall zu Fall entschieden werden. Bei dieser Gelegenheit machte der Vorsitzende die Mitteilung, daß die Sammlung für das Rote Kreuz bisher in der Stadt 7000 ^tt, für die Familienunter- stiitzungen 5000 ergeben habe.

Bewerbungen um Lehrgeldbeiträge aus der Dör- tenbach'schen und Schauber'schen Stiftung, die zum 1. Oktober einzureichen waren, sind sehr viele einge­gangen. Es wurden Beiträge im Rahmen von 10 bis 30 Ui bewilligt und zwar aus der ersten Stiftung 434 »ll, aus der zweiten 90

Die Ansätze für laufende Wasserzinse und für Bauwasserzinse wurden nach den Anträgen der Kom­mission genehmigt.

Die Versteigerung der Marktstände, die sonst auf 3 Jahre stattgefunden hat, soll beim nächsten Markt aus besonderen Gründen unterbleiben; es soll zu­nächst für den einzelnen Markt von den Verkäufern ein kleines Standgeld erhoben werden.

Wegen des Kriegs und namentlich wegen des unregelmäßigen Verkehrs der Eisenbahnzüge im Koh­lengebiet hat das Gaswerk die vertraglich abgeschlos­sene Kohlenlieferung von der Bergwerksdirektion nicht erhalten können. Um nun einen guten und aus­reichenden Stand von Kohlen zu erhalten, hat die Gaswerksverwaltung einen Vertrag mit der Thys- sen'schen Handelsgesellschaft Hamborn-Bruckhausen auf Lieferung von 10 Wagen Kohlen abgeschlossen; der Vertrag wird genehmigt.

Bei dem letzten Hochwasser ist der Teuchelweg durch Rutschungen von Erdmassen beschädigt worden; zur Verhütung derartiger Vorgänge soll bergseitig am Schafweg ein Graben angelegt und das sich an­sammelnde Wasser einer Dohle im Teuchelweg zu­geführt werden. Unter Untersuchung einer weiteren Möglichkeit wird dem Antrag zugestimmt.

Der Gehweg in der Badgasse von Bäckermeister Schaible bis zum Rebstock hat eine Verbesserung nö­tig; der Aufwand beläuft sich auf 405 ^t, die Arbeit wird dem Maurermeister Schulz übertragen. In Aussicht genommen ist ferner in der Badgasse die ^ Ausbesserung des Pflasters. j

Beim Stadtschultheitzenamt ist die Stelle des ^ Gehilfen erledigt; sie wird dem Verwaltungskandi- - daten Moros mit einem Monatsgehalt von 120 -K übertragen.

Bei einer Anzahl von Gesuchen um Reichsunter­stützung wird die Bedürfnisfrage bejaht.

Der Vorsitzende macht Mitteilung von einer An­regung des Oberamts über die Einrichtung einer Jugendwehr in der Stadt. Die Anregung findet Anklang und wird vom Kollegium in jeder Weise gefördert werden.

Bei dieser Gelegenheit regt E.-R. Stauden- m eyer an, ob nicht die Turnhalle wenigstens teil­weise dem Turnverein und den Schülern wieder zur Verfügung gestellt werden könne. Der Vorsitzende wird^die Sache weiter verfolgen. Für die Gewerbe­schule wird ein Beitrag des Staates von 2292 -K angewiesen.