drücke während seines Aufenthalts in Brüssel und der Reise durch Belgien. Darin heißt es unter an­derem: Mein erster Eindruck bei meinem Eintreffen in Brüssel am 20. September war ein Erstaunen, denn alles sieht so friedlich aus, daß man denken könnte, die deutschen Soldaten seien hier zu Besuch geladen. Es sind alles anständige, ruhige Leute, die überall bar bezahlen. Man kann fragen, wen man will, niemanden hat ein deutscher Soldat Böses getan. Der Ordnungsdienst in der Stadt wird von belgischen Polizisten aufrecht erhalten. Das Nacht­leben steht dem in normalen Zeiten wenig nach. Die Kaffeehäuser sind voll, elegante Häuser und die Bou­levards bunt belebt. Als ich dem deutschen Kom­mandanten von dem zerstörten Termonde sprach, er­widerte dieser: Wir sind leider in die Notwendigkeit versetzt worden, solche Mittel zu ergreifen. Aus je­dem Haus hat man auf uns geschossen. Es waren Soldaten, die, als die deutschen Truppen kamen, die Röcke wegwarfen und behaupteten, daß sie keine Soldaten seien. Sie haben doch gesehen, daß man überall, wo eine weiße Fahne heraushängt, die Häu­ser verschonte. Zum Thema der belgischen Neutrali­tät meinte der Kommandant: Wir haben jetzt den Beweis, daß Belgien schon lange vorher bereit war, die englischen Truppen durchkommen zu lassen. Der Kommandant wies mir ein Aktenbündel vor mit dem Titel: Projet d'un debarquement des troupes anglaises en Velgique". Darin waren als Orte für die Landung englischer Truppen Dünkirchen, Vou- logne und Calais angegeben, sowie die Eisenbahn­strecken, die die Truppen nach Brügge, Gent und Brüssel benutzen sollten. Ferner war darin die Ver­sorgung der englischen Truppen mit Munition und Proviant behandelt. Das Aktenstück enthält ferner Abbildungen der englischen Truppen, um sie erken­nen zu können, Stoffmuster und Zeichnungen. Ein Rundgang durch die Stadt bestätigte den ersten gün­stigen Eindruck von der milden Herrschaft der Er­oberer und der strammen Ordnung. Mit der größ­ten Höflichkeit steht jeder Soldat Rede und Ant­wort und alle gehen ohne Waffen, um sich die Se­henswürdigkeiten der Stadt anzusehen und sich An­denken zu kaufen.

Feierlicher Protest.

Berlin, 3. Okt. (Nicht amtlich.) Eine große An­zahl hervorragender Vertreter von Kunst und Wis­senschaft erläßt einen Aufruf an die Kulturwelt, der folgendermaßen beginnt: Wir als Vertreter deut­scher Wissenschaft und Kunst erheben vor der gesam­ten Kulturwelt Protest gegen die Lügen und Ver­leumdungen, mit denen unsere Feinde Deutschlands reine Sache in dem ihm aufgezwungenen schweren Daseinskampf zu beschmutzen trachten. Der eherne Mund der Ereignisse hat die Ausstreuungen deut­scher Niederlagen widerlegt. Um so eifriger arbeitet man jetzt mit Entstellungen und Verdächtigungen. Gegen sie erheben wir laut unsere Stimme. Sie soll die Verkünderin der Wahrheit sein. Mit schlagen­der Begründung werden dann folgende Sätze aufge­zählt: Es ist nicht wahr, daß Deutschland diesen Krieg verschuldet hat; weder das Volk hat ihn gewollt, noch die Regierung, noch der Kaiser. Es ist nicht wahr, daß wir freventlich die Neutralität Belgiens verletzt haben. Es ist nicht wahr, daß eines einzigen belgischen Bürgers Leben und Eigentum von unseren Soldaten angetastet worden ist, ohne daß die bitterste Notwehr es gebot. Es ist nicht wahr, daß unsere Truppen brutal gegen Löwen gewütet Haben. Es ist nicht wahr, daß unsere Kriegführung die Gesetze des Völkerrechts mißachtet. Es ist nicht wahr, daß der Kampf gegen unseren sogenannten Militaris­mus kein Kampf gegen unsere Kultur ist, wie un­sere Feinde heuchlerisch vorgeben. Ohne den deut­schen Militarismus wäre die deutsche Kultur längst vom Erdboden getilgt. Der Aufruf schließt: Wir können die vergifteten Waffen der Lüge unseren Feinden nicht entwinden, wir können aber in alle Welt Hinausrufen, daß sie falsches Zeugnis oblegen wider uns. Euch, die Ihr uns kennt, die Ihr bisher gemeinsam mit uns den höchsten Besitz der Mensch­heit geschützt habt, Euch rufen wir zu: Glaubt nicht! Glaubt, daß wir diesen Kampf zu Ende kämpfen werden als ein Kulturvolk, dem das Vermächtnis eines Goethe, eines Beethoven, eines Kant ebenso heilig ist wie sein Herd und seine Scholle. Dafür stehen wir Euch ein mit unseren Namen und mit unserer Ehre!

Es ginge schon aber es geht nicht.

DasBerliner Tageblatt" meldet aus Rom: Nach Londoner Meldungen stößt die Organisation eines neuen Heeres auf ungeheuere Schwierigkeiten. Es fehlt vor allen Dingen an artilleristischen Waf­fen, sowie an Ausrüstungs gegenständen. Die an- geworbenen Truppen lagern vorläufig in Parks unter Zelten. _

Die polnischen Legionen.

Wien, 2. Okt. DiePolitische Korrespondenz" schreibt: Die österreichische Regierung ließ den neu­tralen Staaten eine Verbalnote betreffend die pol­nischen Legionen zukommen, in der es gegenüber einer Erklärung des russischen Oberkommandieren­den in polnischen Blättern heißt: Die Legionen sind auf solche Art gebildet, daß sie nicht nur allen Be­dingungen entsprechen, die im ersten Artikel des Reg­lements betreffend Gesetze und Gebräuche des Land­krieges vorgeschrieben sind, sondern sie bilden auch einen Teil der österreichischen Armee. Ihre Mit­glieder leisteten den Fahneneid. Ihre Unterabtei­lungen werden von österreichischen Offizieren kom­mandiert und haben an ihrer Spitze einen österreich­ischen General, der selbst unter dem Befehl eines Armeekommandos steht. Weder die Legionen, noch ein anderer Teil der österreichischen Armee verwen­den Explosivgeschosse mit abgeschnittener Spitze. Eine Nichtanerkennung der polnischen Legionen als Krieg- führende würde eine flagrante Verletzung der Haager Bestimmungen bilden, wogegen Oesterreich entschie­den protestiert.

Vom serbischen Kriegsschauplatz.

Wien, 2. Okt. (Nicht amtlich.) Amtlich wird bekannt gegeben: Unsere in Serbien befindlichen Truppen stehen seit zwei Tagen im Angriffskampf. Bisher schreitet die eigene Offensive gegen den über­all in stark verschanzten, mit Drahthindernissen ge­schützten Stellungen postierten Feind zwar langsam aber günstig fort. Mit der Säuberung der von ser­bischen und montenegrinischen Truppen und Irregu­lären beunruhigten Gegend Bosniens wurde ener­gisch begonnen. Hierbei wurde gestern ein komplettes serbisches Bataillon umzingelt und entwaffnet und als kriegsgefangen abtransportiert. Die von den Serben verbreitete Behauptung über die Vernich­tung der 40. Honveddivision ist ein neuerlicher Be­weis für die lebhafte serbische Phantasie. Diese Di­vision befindet sich, wie die Serben sich zu über­zeugen in den letzten Tagen wiederholt Gelegenheit hatten, in bester Verfassung in der Eefechtsfront und hat ebenso wie bei Visegrad auch an den Kämpfen der letzten Woche rühmlichen Anteil genommen. Potiorek, Feldzeugmeister.

Sofia, 3. Sept. (Nicht amtlich.) Unter Hin­weis auf die Haager Konvention und die strenge Neutralität Bulgariens hat die bulgarische Re­gierung ein Ersuchen Rußlands abgelehnt, die Zu­fuhr von Kriegsmaterial aus Rußland nach Serbien zu gestalten.

Aufstand in Neuserbien.

Konstantinopel, 2. Okt. (Nicht amtlich.) Der Osmanische Lloyd" veröffentlicht Mitteilungen eines in Dedoagatsch eingetroffenen muselmanischen Notabeln, nach denen die Muselmanen in Dschka- koda, Jpek, Prizrend, Uesküb und Katschanik die Waffen gegen die Serben erhoben und 3 Divisionen gebildet hätten. Die Serben hätten den etwa 90 000 Mann starken Albanesen 3 Bataillone entgegenge­sandt. Diese feien von den Albanesen umzingelt und 2 Bataillone aufgerieben worden. Ein Albanesen­führer sei gegen Uesküb gezogen und habe die Stadt zur Uebergabe aufgefordert. Die Albanesen in Mo­rr astir hätten sich mit den Bulgaren von Monastir und Rezna, die von dem Vandenchef Petkow geführt würden, verbündet. Die bulgarischen Banden hätten den Belgischtapaß besetzt, um den Durchmarsch der Epiroten nach Mazedonien zu verhindern. Gelegent­lich einer serbenfeindlichen Versammlung in Mona­stir sei es zu einem Zusammenstoß gekommen, bei dem 12 serbische Gendarmen getötet worden seien.

Italien friedensbedürftig.

Basel, 4. Okt. Der von einer Reise nach Rom zurückgekehrte italienische Konsul gibt seine Ein­drücke dahin wieder, daß an eine allgemeine Mobil« machung in Italien nicht zu denken sei. Auch die Volksstimmung sei absolut nicht kriegerisch. Ueberall seien Friedensarbeiten im Gange, um die zahllosen Eingewanderten zu beschäftigen. Die Ernte sei vortrefflich ausgefallen.

Rumäniens Kronprinz.

Berlin, 3. Okt. Nach einer Meldung desBer­liner Lokalanz." aus Bukarest hat der Kronprinz von Rumänien die russenfreundlichen Elemente, die darauf ausgingen, König Earol zur Abdankung zu treiben und mit Hilfe des Thronerben von Rumä­nien auf die Seite des Dreiverbandes zu bringen, in unzweideutigster Weise abgeschüttelt. Er erklärte ihnen, er werde niemals den rumänischen Thron be­steigen, wenn die Treibereien der Russophilen den König zum Rücktritt veranlaßten. Damit werde das von russischen Agenten verbreitete Märchen hin­fällig, daß der Thronerbe sich mit seinen politischen Anschauungen bezüglich der wahren Interessen Ru­mäniens im Gegensatz zu König Earol befinde und

die Russophilen irgend welche begründeten Hoffnun­gen auf ihn setzen dürften.

In Aegypten spuckts.

Berlin, 4. Okt. DerTäglichen Rundschau" wird aus Wien gemeldet, der bulgarische Gesandte habe der serbischen Regierung eine Note überreicht mit der Forderung, den Zuständen in Mazedonien schleunigst ein Ende zu machen, widrigenfalls die bulgarische Regierung sich genötigt sehe, eigene Maßnahmen zu treffen. Dem gleichen Blatte wird von der WienerReichspost" gemeldet, daß Aegypten unmittelbar vor einer Krisis stehe. Das Ministerium weigere sich, die Maßnahmen des eng­lischen Kommandanten anzuerkennen und zu ver­öffentlichen. Der englische Kommandant ließ alle öffentlichen Gebäude militärisch besetzen.

Konstantinopel» 2. Okt. (Nicht amtlich.)Jk- dam" schreibt, England trete durch die Absetzung der ägyptischen Regierung Verträge mit Füßen und be­gehe einen Akt der Willkür, da Aegypten nicht eng­lischer Besitz sei.Tanin" veröffentlicht ein Ge­spräch eines ägyptischen Studenten in Lyon, aus dem hervorgeht, daß die Franzosen bei den Alge­riern die Nachricht verbreiten, der Kalif habe den Krieg gegen Deutschland anbefohlen, um auf diese Weise die Algerier von ihrer Pflicht, gegen die Deut­schen zu marschieren, zu überzeugen.

Die richtige Antwort.

Christania, 2. Sept. (Nicht amtlich). Norges Handels og Sjoefarts Tidende nimmt heute Stellung gegen die imGlobe" und imTemps" gegen Nor­wegen gerichteten Angriffe. Das Blatt gibt seiner Verwunderung darüber Ausdruck, daß Blätter dieser Größe Berichterstatter nach Christania senden, die nichts von den Verhältnissen verstünden. Die Behauptung, Skandinavien liefere Deutschland Ge­wehre und Pulver, sei eine Erfindung. Was die Frage von Frankreich geliehener Gelder angehe, so habe Skandinavien seine Verpflichtungen bis zum letzten Oer erfüllt, was nicht von allen Eeldkunden Frankreichs gesagt werden könne. Somit sei das Verhältnis in Ordnung. Wenn Frankreich damit eine Art erwiesener Barmherzigkeit sehe, so be- daure Skandinavien, nicht früher darauf aufmerk­sam gemacht worden zu sein. Skandinavien wolle gerne Geschäfte mit Frankreich, gleichgültig ob in Geld oder Waren, doch Almosen nehme Skandina­vien nicht an.

Der deutsche Hecht im englischen Karpfenteich. ,

London, 1. Okt. ImDaily Telegraph" schreibt Archibald Hurd über den KreuzerEmden": Das Schiff fand ein ideales Feld für seine Operationen, weil dort eine große Anzahl von Schiffen passiert und weil dieEmden" viele Buchten benutzen und sich vor britischen Kreuzern verbergen kann. Außer­dem hat dieEmden" den Vorteil der Schnelligkeit und kann stets, wenn sie in Gefahr ist, flüchten. Ihre Leistungen erfüllen uns mit Bewunderung Wir dür­fen den Kapitän von Müller zu seinem Unterneh­mungsgeist beglückwünschen, weil er nicht nur mit Menschlichkeit, sondern auch mit Rücksicht gegen die britischen Mannschaften verfährt. Dieser Seeoffizier muß als Dewet des Meeres bezeichnet werden. Seine Politik ist ganz eigenartig. In keinem Seekrieg der alten und der neuen Zeit verfolgte ein feindliches Schiff die Taktik des berühmten Guerillaführers zu Lande, nämlich von der Beute zu leben und Gefan­gene freizulassen. Gerade die Erfolge derEmden" machen es schwer, sie zur Strecke zu bringen. In die­sem Fall wird es nichts nützen, verdächtige Kohlen­schiffe zu verfolgen. DieEmden" kann die Kohlen umsonst bekommen. Sie nimmt, so viel sie führen kann. Wir beherrschen das Meer, aber nicht jede Quadratmeile des Meeres. Wir benutzen die Herr­schaft zur See, um die Zufuhr an Lebensmitteln und Rohstoffen zu sichern, sowie zur fortschreitenden mili­tärischen Mobilisierung. Die Taten derEmden" können den Verlauf und den Charakter des Krieges nicht ändern; sie bleiben eine Episode.Manch. Guardian" schätzt den Schaden, den der KreuzerEm­den" der englischen Schiffahrt im Indischen Ozean zufügte, auf 1 Million Pfund Sterling. Der Ton­nengehalt der zerstörten Schiffe betrug 50 000. Das Blatt rühmt den Kapitän derEmden", der die Be­mannung der Kauffahrer schone und bemerkt, die englische Marine habe in den asiatischen Gewässern kaum 6 Kreuzer, die in der Schnelligkeit derEm­den" gleichkommen. _

Berlin» 4. Sept. DerBerliner Lokalanzeiger" meldet aus Rotterdam: Der Berichterstatter der Times" bezeichnet die Stimmung in Paris als düster. Große Stadtteile find nachts ohne Beleuch­tung. Viele Häuser tragen die Rote Kreuzflagge, aber die Bevölkerung trägt dennoch die unausbleib­lichen Folgen des Krieges mit philosophischer Ge­lassenheit.