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Altensteig, Donnerstag, den 28. Zuni 1934
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Weibliche Arbeitskräfte in die Hauswirtschaft
Weitere große Maßnahmen, und zwar Dauermaßnahmen, im Kamvf um die Verminderung der Arbeitslosigkeit und damit gleichzeitig im Rahmen der Bevölkerungspolitik sind das Gesetz zur Ueberführung weiblicher Arbeitskräfte in die Hauswirtschaft und das Gesetz zur Förderung der Eheschließungen, beide vom 1- Juni 1933. Es wird eine steuerliche Vergünstigung für Hausgehilfinnen gewährt. Die Folge davon ist, daß sich die Zahl der Hausgehilfinnen inzwischen um 100 000 erhöht hat. Das bedeutet eine dauernde Entlastung des Arbeitsmarktes, und die Ehefrau und Mutter erhält wieder mehr Zeit,, sich der Erziehung ihrer Kinder zu widmen. Die Zahl der Hausgehilfinnen betrug im Jahr 1925 noch rund 1 Million. Mitte 1933 nur noch 599 999. Der Rückgang war auf die Verschlechterung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse zurückzuführen. Es ist sicher, daß sich infolge der steuerlichen Vergünstigung die Zahl der Hausgehilfinnen weiter bedeutend erhöhen wird und auf diese Weise eine weitere Entlastung des Arbeitsmarktes erzielt werden wird. Aus verschiedenen Städten wird bereits gemeldet, daß die Nachfrage nach Hausgehilfinnen das Angebot übersteige.
Förderung der Eheschließungen
Dem Gesetz zur Förderung der Eheschließungen gemäß werden seit 1. August 1933 an junge Volksgenossen und Volksgenossinnen, die heiraten wollen, Ehestandsdarlehen gewährt. Die Zahl der Eheschließungen in Deutschland war in den Jahren vor 1933 sehr stark zuruckgegangen. Das war insbesondere darauf zurückzuführen. daß es den jungen Volksgenossen und Volksgenossinnen infolge ihrer schlechten sozialen Verhältnisse an den erforderlichen Mitteln zur Einrichtung eines eigenen Heims fehlte. Die Gewährung eines Ehestandsdarlehens ist an die Voraussetzung geknüpft, daß die künftige Ehefrau dem Arbeitnehmerstand angehört und sich verpflichtet, anläßlich ihrer Verheiratung aus dem Arbeitnehmerstand auszuschetden. Die Hingabe des Ehestandsdarlehens ist grundsätzlich an die Voraussetzung geknüpft, daß sich die Zahl der weiblichen Arbeitnehmer um eine Kraft vermindert, und daß auf diese Weise eine Entlastung um eine weitere Arbeitskraft eintritt. Die Mittel zur Gewährung der Ehestands- htlse bringen wir dadurch auf, daß wir von allen unverheirateten Männern und Frauen ein» Ehestandshilfe erheben. Di« Bestimmungen über die Ehestandshilfe sind gegenwärtig im Gesetz zur Förderung der Eheschließungen enthalten. Diese Bestimmungen werüen mit Inkrafttreten des neuen Einkommensteuergesetzes abgelöst werden durch einen Zuschlag zur Einkommensteuer der Ledigen.
Die Nachfrage nach Ehestandsdarlehen übertrifft alle Erwartung. Infolgedessen hat der Durchschnittsbetrag für das einzelne Ehestandsdarlehen bis auf weiteres wesentlich herabgesetzt werden müssen Wir haben von Anfang August bis heute rund 309 999 Ehestandsdarlehen gewährt. Das bedeutet, wenn wir annehwen, daß vielleicht 100 999 Paare auch ohne Ehestandsdarlehen geheiratet haben würden, e'ne Entlastung des Arbeitsmarkles um rund 299 999. Es sind rund 209 090 weibliche Arbeitskräfte aus dem Arbeitnehmerstand mehr ausgeschieden, teil
weise aus Stellungen, die sie bekleideten, teilweise aus dem Heer der weiblichen Arbeitslosen. Dahinzu kommt die Erhöhung des Beschäftigungsgrades und der Beschäftigungsziffer in oer Möbelindustrie, Hausgerätemdustrie, Bauwirtschast usw., die für die Zeit von August bis heute mit mindestens 209 000 wird angenommen werden können. Aus die Bauwirtschast wirkt das Gesetz zur Förderung der Eheschließungen insofern belebend, als mehr Kleinwohnungen gebraucht werden. Der Mehrbedarf an Kleinwohnungen wird ab 1934 mit rund 299 099 jährlich angenommen werden können. Wir haben also in Auswirkung unseres Gesetzes zur Förderung der Eheschließungen bis heute eine Entlastung des Arbeitsmarktes um rund 499 009 erzielt.
Die Belebung in der Möbelindustrie. Hausgeräteindustrie, Bauwirtschaft usw. wird von Dauer sein, Senn wir werden Ehestandsdarlehen nicht nur heule und morgen, sondern immer gewähren, solange, wielange es heiratsreife Volksgenossinnen im Arbeitnehmerstand geben wird. Die Zahl der weiblichen Arbeitnehmer in Deutschland beträgt heute noch immer rund 6 Millionen.
Außerdem ist zu bedenken, daß die Folge der fortgesetzten Vergrößerung der Zahl der Hausstände eine fortgesetzte Steigerung des Ersatzbeüarfs an Möbeln und Haushaltungsgegen- ständen sein wird. Auch der Bedarf an Spielwaren, Kinder- wäsche, Kinderkleidung usw, wird bedeutend steigen: denn es ist anzunehmen, daß in Auswirkung des Gesetzes zur Förderung der Eheschließungen jährlich rund 209 900 Kinder mehr geboren werden. Dieser Mehrbedarf stellt sich bereits jetzt ein; denn Ehestandsdarlehen werden seit August 1933 gewährt. Der Mehrbedarf wird mit jedem Monat größer werden. Um Anschaffungen für die neugeborenen Kinder zu erleichtern, werden den jungen Eltern nach der Geburt eines jeden Kindes 25 v. H. des Ehestandsdarlehens erlassen, und es wird ihnen außerdem erlaubt, die Tilgungszahlungen auf die Dauer eines Jahres auszusetzen.
Wir werden in jedem Jahr rund 259 VVV Ehestandsdarlehen gewähren. Nehmen wir an, daß davon 59 909 Paare auch ohne Ehestandsdarlehen heiraten würden, so werden in Auswirkung unseres Gesetzes zur Förderung der Eheschließungen 299 099 Ehen im Jahr mehr.geschloffen. Das bedeutet eine Entlastung des Arbeitsmarktes um laufend 200 999 jährlich Diese Entlastung ist nicht eine künstliche, nicht eine nur vorübergeheitde, sondern eine dauernde. Das gleiche gilt von den Entlastungen, die wir durch Ueberführung weiblicher Arbeitskräfte als Hausgehilfinnen m die Hauswirtschaft erzielen. Es handelt sich in dem Gesetz zur Förderung der Eheschließungen und in dem Gesetz zur Ueberführung weiblicher Arbeitskräfte in die Hauswirtschaft um eine dauernde arbeitsmarktpolitische und bevölkerungspolitische Umschichtung unserer deutschen Frauen. Allein in Auswirkung dieser beiden Maßnahmen wird es uns gelingen, die Arbeitslosigkeit auf die Dauer weitgehend zu vermindern. Im ersten Jahr haben wir in Auswirkung allein dieser Maßnahmen eine Entlastung des Arbeitsmarktes um rund 500 999 erfahren:
199 099 weibliche Arbeitskräfte als Hausgehilfinnen in die Hauswirtschaft.
290 999 weibliche Arbeitskräfte aus dem Arbeitnehmerstand in die Ehe,
299 090 Mehrbeschäftigte in der Möbel-, Hausgeräte- und dergl. Industrie.
Das wird, insbesondere soweit es sich um die Ueberführung weiblicher Arbeitskräfte aus dem Arbeitnehmerstand in die Ehe handelt, unentwegt so weitergehen. Das bedeutet eine organische and dauernde Verminderung der Arbeitslosigkeit.
Die Gesetze zur Ueberführung weiblicher Arbeitskräfte in die Hauswirtschaft und zur Förderung der Eheschließungen führen zwangsläufig auch zu einer dauernden Verminderung des Fi- nanzbedarfs der Arbeitslosenhilfe und infolge der erhöhten Umsätze, der erhöhten Einkommen und des erhöhten Verbrauchs zu einer dauernden Verbesserung der Einnahmen an Steuern, Abgaben und Sozialversicherungsbeiträgen, also zu einer dauernden Verbesserung der sozialen, wirtschaftlichen und finanziellen Dinge unseres Volkes
Erhöhung der Kinderermäßigung in der neuen Einkommensteuer
Für jedes zum Haushalt des Steuerpflichtigen zählende minderjährige Kind dursten bei den veranlagten Einkommensteuerpflichtigen bisher je 8 v. H. des über 729 RM. hinausgehenden Einkommens vom Einkommen abgezogen werden, jedoch höchstens 690 RM. für jedes minderjährige Kind, insgesamt nicht mehr als 8909 NM. Bei Lohnsteuervflichtlgen wurden für jedes Kind 10 v. H. Abzug gewährt, jedoch höchstens 899 RM. für jedes Kind.
Der Entwurf des neuen Einkommensteuergesetzes sieht eine Ermäßigung des Einkommens vor um:
15 vom Hundert des Einkommens für ein Kind,
35 vom Hundert des Einkommens für zwei Kinder,
60 vom Hundert des Einkommens für drei Kinder,
99 vom Hundert des Einkommens für vier Kinder,
109 vom Hundert des Einkommens für fünf Kinder.
An Stelle der Höchstgrenze von bisher 699 RM. für jedes Kind treten im Entwurf des neuen Einkommensteuergesetzes die folgenden Höchstgrenzen:
1200 RM. für ein Kind, 2899 RM. für zwei Kinder, 4890 RM. drei Kinder, 7200 RM. für vier Kinder, 10 009 RM. für fünf Kinder. Erhöhung um weitere je 3999 RM. für jedes folgende Kind.
Auch die Mindestsätze der Kinderermäßigung sind erhöht worden. Im Entwurf des neuen Einkommensteuergesetzes sind dt« folgenden Mindestsätze vorgesehen:
249 RM für ein Kind, 540 RM. für zwei Kinder, 969 RM. sür drei Kinder, 1440 RM für vier Kinder, das voll« Einkommen für fünf Kinder, wenn das volle Einkommen 10 999 Reichsmark nicht übersteigt.
Die Kinderermäßigung wird im Gegensatz zum bisherigen Einkommensteuergesetz dem Entwurf des neuen Einkommensteuergesetzes gemäß auch für volljährige Kinder gewährt, solange sie zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehören, auf Kosten des Steuerpflichtigen für einen Berus ausgebildet werden und das fünfundzwanzigste Lebensjahr nicht vollendet haben.
In die neue Einkommensteuer sind auch die Bürgersteuer, die Krisensteuer der Veranlagten und der Einkommensteuerzuschlag der Empfänger von mehr als 8990 RM. Jahreseinkommen hin» eingearbeiter.
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Copyright: Prisma-Korrespondenz, Berlin-Schöneberg.
,30. Fortsetzung. (Nachdruck verboten)
Und so legte sie wieder los, und Brösicke mußte wieder die ganze Geschichte ihrer Vorfahren, der diversen Kreuz-, Ordens- und anderen Ritter über sich ergehen lassen, bis es ihm brühwarm wurde.
Und zum Schluß kam sie auf ein Thema zurück, das ihr besonders ans Herz gewachsen war. Das betraf den ominösen Namen „Brösicke".
' „Augustus, wie oft habe ich Sie gebeten, Ihren Namen „Brösicke", sie krümmte sich förmlich, „Ihren Namen abzulegen. Er klingt geradezu entsetzlich."
> Die drei Schwestern echoten in allen Tonarten.
Grete hatte bisher belustigt zugehört; sie konnte nur ein über das andere Mal den Kopf schütteln.
Aber hierin war Brösicke unerbittlich.
Sobald dieser Gesprächsstoff zur Debatte kam, blieb er hartnäckig. Und so auch heute.
„Wieso denn?" gab er fast energisch zur Antwort. „Da kann ich mir jarnischt bei denken. Unter diesem Namen habe ich ein ganzes Leben lang jeschuftet, habe unter diesem Namen ein Vermögen erworben. Brösicke klingt doch janz scheen!"
„Scheußlich... fürchterlich... gräßlich!" entsetzten sich die drei Töchter. _
„Dieser Name ist eine Beleidigung für unsere Familie," ereiferte sich die alte Dame und betupfte ihr seidenes Spitzentuch mit Eau de Cologne.
Brösicke hatte einen Blick Gretes aufgefangen, der ihn in seiner Abwehrstellung gegen seine Schwiegermutter noch mehr bestärkte.
„Warum denn?" antwortete er gelassen. „Wenn wir bei Ministers einjeladen sind, und ich komme mit meine imposante Figur und mein nobles Wesen und denn meine jesamte Familie... denn sind sie alle baff... Da fragt denn so mancher Würdenträger, mancher diplomatische Vertreter: Wer
ist denn diese interessante Familie? Und denn stelle ich mir vor..."
„Mich... mich!" verbesserte Lydia.
„Natürlich... Ihnen ooch... aber zuerst mir."
„Mich... es heißt nicht mir," versuchte sie ihn wiederum zu belehren.
Ungläubig sah Brösicke sie an, mitleidsvoll schüttelte er den Kopf.
„Nee... nee," meinte er dann überlegen, „daß weeß ich nu janz jenau. Rechtsanwalt Lindenberg sagte noch jestern zu mir: Lieber Herr Brösicke, ich stelle mir vor... mir..., daß Sie sehr viel Zeit übrig haben. Also ich sage denn: Exzellenz, oder was der Mann nu jrade is... dafür hat man ja 'n jewissen Blick, wir sind Brösickes... Brösickes... die Millionen-Brösickcs. Zawoll... das macht ooch Effekt."
Grete wollte sich vor Lachen schütteln.
Ein verweisender Blick der alten Dame traf die unvorsichtige Grete.
Dann maß Lydia mit erhobenem Lorgnon den Sprecher von oben bis unten und sagte mit spitzer Stimme:
„Sie werden mit jedem Tage alberner, gerade wie Ihr Sprößling... da drüben."
Das war zuviel für Brösickes Gutmütigkeit. Das ging entschieden zu weit, so konnte er sich vor seiner Tochter nicht blamieren lassen.
Ganz dicht trat der kleine Mann an seine imposante Schwiegermutter heran.
„Donnerwetter, nu wird's mir aber zu bunt," legte er energisch los. „Sie waren als Baronin froh, daß Ihre Tochter mir kriegte, weil Sie alle zuhause die Pellkartoffeln mit Heringstunke nicht länger vertragen konnten."
Ein vierfacher Schrei erklang von den Lippen der beleidigten Verwandtschaft.
Lydia starrte den aufgeregten Mann sprachlos an.
Was erlaubte sich dieser ungehobelte Mensch?
Sollte Ihre Autorität plötzlich untergraben sein?
In höchster Wut knirschte sie durch die Zähne:
„Sie... Sie... Ihr Betragen wird mich noch unter die Erde bringen."
Empört rauschte sie davon, gefolgt von dem A, B, C.
Brösicke atmete erleichtert auf.
„Ist sie wirklich weg?" fragte er ungläubig.
„Ja, Papa!" antwortete Grete. „Am Ende verlassen sie
das Haus!"
Traurig schüttelte Brösicke den Kopf und seufzte, wieder tief. ^
„Ach nee, Grete, die sind ans jute Essen jewöhnt. Zum Mittagbrot sind sie pünktlich wieder da. Aber een Jlück war es, daß sie jejangen is. Ich war jrade in der richtigen Stimmung."
Leider dauert deine Kurage nie lange, Papa! Eine Viertelstunde später bist du wieder wie Wachs in ihren Händen."
Brösicke nickte kleinlaut.
„Da haste nicht so unrecht, Grete. Aber jejen diese Frau kann man ja nicht auf die Dauer ankommen. Die erdrückt einen doch direkt mit ihrer Redeflut. Und denn mußte ooch bedenken, ich muß doch Rücksicht nehmen auf meine Frau. Es ist doch nu mal ihre Mutter."
*
Lotte erschien in der Tür.
„Herr von Feldern..."
Erregt sprang Brösicke ihr entgegen.
„Ist er da?"
„Nein, aber er hat diesen Brief geschickt."
Sie verschwand wieder, nachdem sie einen bedauernden Blick auf Grete geworfen hatte.
Brösicke erbrach das Schreiben und las.
Feldern hielt um Gretes Hand an.
Grete, nun ist es so weit. Zn einer Stunde will er sich die Antwort holen... Nu mach dir recht schön. Was janz apartes ziehste an, janz was Nobles. Ich stürze mir ooch in den Jesellschaftsschniepel, der mir allerdings schon een bißken eng jeworden ist."
Damit entfernte er sich, Grete in Gedanken zurücklassend.
Sie ging in ihr Zimmer und sah gedankenvoll über den Garten nach der Lehmannschen Fabrik.
Sie lächelte wehmütig.
Jetzt, wo der entscheidende Schritt getan werden sollte, wo sie sich frei ihren Gedanken überlassen konnte, mußte sie an den jungen Erben da drüben denken.
Ob sie ihn liebte? Sie war sich nicht klar darüber, ob eS Liebe war, was sie für den netten Menschen empfand. Aber oaö Herz wurde ihr plötzlich schwer.
Fortsetzung folgt!