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Nummer 142
Altensteig, Freitag, den 22. Zuni 1934
5 7. Jahrgang
Furchtbares Explosiousunglülktn einem Mischen chemischen Werk
78 Tote und Verwundete
Sr. MM kb» sas TraMrproblrm
Tee-Empfang -er Auslan-spreM im Propagan-a-Minifterium
Reval, 21. Zuni. Wie aus Moskau gemeldet wird, hat sich am 1k. Zuni in einer der größten chemischen Fabriken der Sowjetunion, dem chemischen Werk „Frunse", ein furchtbares Explosionsunglück ereignet. Ein vierstöckiger Seitenflügel der riesigen Fabrikanlage wurde vollkommen zerstört. Genaue Zahlen über die Toten und Verwundeten liegen bisher noch nicht vor, jedoch sollen 78 Personen getötet beziehungsweise verwundet worden sein.
Das Unglück, das bisher von den Behörden geheim gehalten worden war, scheint durch einen Sabotageakt verursacht worden zu sein. Die OGPU. hat sofort das ganze Fabrikgelände abgesperrt und eine Untersuchung eingeleitet, an der außer den Vertretern der obersten Staatsanwaltschaft auch noch Vertreter des Kriegskommissariats teilgenommen haben. Nach den bisherigen Meldungen sind bereits mehrere Verhaftungen vorgenommen worden, darunter auch von einigen Direktoren und Ingenieuren, die für das Unglück verantwortlich gemacht werden. Eine amtliche Verlautbarung über die Katastrophe wird im Laufe des Freitag erwartet. — Das chemische Werk „Frunse" stellt hauptsächlich Chemikalien für Industrie und Landwirtschaft her, jedoch sollen in dem Werk auch Kampfmittel für den chemischen Krieg hergestellt werden.
Französischer MMürbesuch in London
Was soll gesichert werden?
London, 21. Juni. Der militärische Mitarbeiter des „Daily Expreß" schreibt: Es kann nicht bezweifelt werden, daß zwischen dem britischen Eeneralstab und General Weygand vertrauliche uns ausführliche Besprechungen stattsinden werden. Während seines Aufenthaltes in England wird der General die Leitung des südenglischen Militärbezirkes besuchen In Tidworth wird er die neuesten britischen leichten Tankbataillone und die neuen motorisierten Jnfanteriebataillone besichtigen. Sein Besuch bei dem Oberbefehlshaber des Londoner Bezirks. General Grant, mag in gewissem Sinne privat sein, dürfte aber vielleicht mit dem Zustand der Londoner Luftverteidigung in Zusammenhang stehen.
Zum Eintreffen des Generalinspekteurs der französischen Armee in London bemerkt Ser politische Korrespondent der „Daily Mail": General Weygand erklärte nachdrücklich, daß sein Besuch rein privaten Charakter habe. Indessen erregte es, so harmlos der Umstand auch sein mag eine gewisse Aufmerksamkeit, daß er von seinem Stabschef und zwei anderen Stabsoffizieren begleitet ist Der General ist Gast des Befehlshabers des Londoner Bezirks. General Grant Im Auswärtigen Amt wurde wiederholt erklärt, daß keine Zusammenkunft zwischen General Weygand und Beamten des Kriegsamtes vereinbart worden fei. Ein Freund beider Generale aber äußerte gestern: Wenn zwei Männer des gleichen Berufes Zusammenkommen, dann ist es unvermeidlich, daß sie „fachsimpeln".
Paris, 21. Juni. In einer Ageniurmeldung aus London wird zu dem Besuch des Generals Weygand erklärt, daß der französische Generalissimus sich mit der englischen Regierung auch über eine Anregung Englands unterhalten werde, wonach sämtliche europäischen Staaten. Deutschland einbegriffen, sich verpflichten sollten, die Neutralität Belgiens und Hollands -u echten. Das War Office teile die Auffassung der militärischen Kreise Frankreichs, daß die Ostbefestigungen eine ausgezeichnete Verbindungslinie darstellten, daß aber der Einfall von Norden her kommen könne. Macdonald persönlich sei der Ansicht, daß Frankreich, wenn die Neutralität Belgiens gesichert sei. eine »usreichenLe Sicherheitsgarantie besitze und England in diesem Kalle keine weiteren zu geben brauche.
ZilMglM in Mühlhausen — 3 Tore. 3 Schlveroerletzie
Paris. 21. Juni. Auf dem Bahnhof in Mülhausen fuhr am Donnerstag früh ein Eisenbahnzug gegen einen Prellbock. Die ersten vier Personenwagen schoben sich ineinander und wurden zertrümmert. Nach den ersten Feststellungen wurden drei Personen getötet und drei schwer verletzt. Zahlreiche andere Personen erlitten Verletzungen leichterer Natur.
Sin Mord nach 20 Jahren aufgeklärt
Köln, 21. Junn Nach 20 Jahren wurde der Mord an der». Cendarmeriewachtmeister Eerhart in Hilgen aufgeklärt, der bei der Verfolgung einer dreiköpfigen Diebesbande erschossen worden war. Die Ortspolizei von Wermelskirchen hatte mit Unterstützung der Landeskriminalpolizei Köln die Täter ermittelt. Es handelt sich um drei Kölner, die jetzt im Alter von 43, 46 und 49 Jahren stehen. Ihr Strafregister weist bedeutsame Zuchthaus- und Gefängnisstrafen auf. Zwei von ihnen befanden sich seit einiger Zeit in Strafhaft, der dritte wurde jetzt fest- genommen. Alle drei haben ein Geständnis abgelegt
Berlin, 25. Juni. Der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda, Dr. Eöbbels, hatte zu Donnerstagnachmittag die Auslandspresse zu einem Tee-Empfang in die Festsäle des Propagandaministeriums geladen, womit die Reihe dieser Art von Presseempfängen fortgesetzt wurde. Der Einladung waren zahlreiche Vertreter des diplomatischen Corps sowie verschiedene Mitglieder des Reichskabinetts und andere geladene Gäste in großer Zahl gefolgt.
Der Redner auf dem Empfang war Reichsbankpräsident Dr. Schacht, der über die mit dem Transfermoratorium zusammenhängenden Probleme einen mehr als einstllndigen Vortrag hielt. Angesichts der Aktualität dieses Themas, das besonders in der Auslandspresse tagtäglich in eingehender Weise behandelt wird, war der Besuch des Tee- Empfanges der größte von allen bisherigen Veranstaltungen dieser Art.
Nach der Begrüßung der Gäste durch den Hausherrn, Reichsminister Dr. Göbbels, beschäftigte sich Dr. Schacht in seinem Vortrage ausführlich mit den zahlreichen Einwendungen, die gegen die deutsche Devisen- und Schuldentilgungspolitik in der Auslandspresse immer wieder erhoben werden, und wies diese Angriffe mit absolut durchschlagenden Argumenten zurück, wobei er oftmals die ganze Haltlosigkeit und Unrichtigkeit der gegnerischen Betrachtungen in der Auslandspresse mit sarkastischen Bemerkungen kennzeichnet«. Besonders energisch wandte er sich gegen das Gerede von einer deutschen Inflation oder Devalvation der Mark, indem er eingehend begründete, daß solche Maßnahmen für Deutschland überhaupt nicht in Frage kommen könnten. Eine Inflation oder eine Markabwertung würde die Lebenshaltung des deutschen Arbeiters in unerträglicher Weise verteuern und im übrigen den Rohstoffbezug aus dem Auslande, auf den Deutschland angewiesen sei, noch mehr erschweren als bisher, da Deutschland mit einer entwerteten Mark noch viel weniger kaufen könnte.
Der Reichsbankpräsident ging ferner näher auf die hier und da im Auslande aufgetauchten Gerüchte ein, durch ein Clearingverfahren für die Gläubiger deutscher' Anleihen die notwendigen Devisen zwangsweise einzubehalten und der deutschen Regierung die Zahlung an die Exporteure zu überweisen. Dr. Schacht wies nach, daß durch diese Methode der Handel mit Deutschland schließlich völlig lahmgelegt
Urlauberdamvstr „Dresden gesunken
Bremen, 21. Juni. Vom Norddeutschen Lloyd wird zum Unfall der „Dresden" mitgeteilt, daß bei dem Schifssunglück zwei Frauen gestorben sind. Sie sind nicht ertrunken, sondern auf dem norwegischen Dampfer, der sich bei den Rettungsarbeiten beteiligte, an Herzschwäche gestorben. Die übrigen Passagiere befinden sich alle in guter Pflege. Die norwegischen Behörde» haben sich mit großer Fürsorge und Tatkraft ihrer angenommen. Vermißt wird keiner der Passagiere und keiner der Schifssangehörigen. Die „Dresden" ist gesunken. 14 Frauen und der Koch befinden sich mit leichteren Verletzungen im Hospital, der Koch hat Rippenbrüche daoongetra- gen, eine Frau Arm- und Beinbrüche.
Kreuzer „Leipzig" an die Unfallstelle entsandt
Kiel, 21. Juni. Zum Zeichen der engen Verbundenheil zwischen der Reichsmarine und den Kameraden der Arbeit aus dem Dampfer „Dresden", der in den norwegischen Schären auf Grund gelaufen ist, hat der Flottenchef, Admiral Foerster, als er von dem Unfall des Schiffes Kenntnis erhielt, losort den Befehl gegeben, dem zur Kieler Woche in Kiel anwesenden Kreuzer „Leipzig" zur Unfallstelle -zu entsenden. Da die Mannschaft des Kreuzers zum Teil auf Landurlaub war, wurde sie durch Streifen beschleunigt an Bord zurückgeholt, sodaß die „Leipzig" um 3 Uhr morgens Kiel verlassen konnte, um sich mit höchster Fahrt zum Dampfer „Dresden" zu begeben.
Ein Unglücksfall bei dem Ausbooten der Passagiere der „Dresden"
Oslo, 21. Juni. Wie das „Norsk-Tekegraphen-Büro" b-richtet, ist es bei dem Ausbooten der Passagiere der „Dresden", die bei Stavanger auf Grund lief, zu einem tief bedauerlichen Un- gliickssall gekommen. Ein Rettungsboot der „Dresden" kenterte, unmittelbar nachdem es auf das Wasser niedergelassen war. Es gelang jedoch, die Insassen zu retten, bis auf zwei Frauen, die verunglückten. Ein Teil der weiteren Passagiere wurde in das Krankenhaus in Stavanger gebracht, wo sie ärztliche Hilfe und Pflege erhielten.
Nach einer Mitteilung des deutschen Konsulats in Stavanger konnte die eine der verunglückten Frauen als Frau^ Emma Erzheimer aus Otterberg in der RheinpfalzZestgestelli wer-
I werden müsse und die Störungen im gesamten Welthandel noch weiter verschärft werden würden. Diese Methode führe auf keinen Fall den beabsichtigten Erfolg herbei. Der- Reichsbankpräsident betonte noch einmal sehr eindringlich die Tatsache, daß von den Schuldenbeträgen, die Deutschland im Auslande ausgenommen habe, nicht weniger als 19,3 Milliarden Mark für Reparationen, also zur Bezahlung politischer Schulden, an ausländische Staaten verwendet worden seien.
Da man Deutschland nach dem Kriege seinen gesamten Besitz im Auslande fortgenommen habe, hätten die Forderungen des Auslandes aus derartigen Guthaben nicht mehr beglichen werden können. Deutschland bemühe sich im Gegensatz zu anderen Staaten, seine Schulden ehrlich zu bezahlen. Die Voraussetzung hierfür sei allerdings, daß man zunächst von den für ein jedes Industrieland völlig unerträglich hohen Zinssätzen heruntergehe. Wenn Deutschland wieder Auslandsschulden und Zinsen in Devisen abtragen solle, so müsse man ihm entweder eine neue Rohstoffbasis geben oder für seine Waren einen vermehrten Absatz in der Welt erschließen. Dr. Schacht wies schließlich noch den Vorwurf zurück, daß Deutschland zu viel importiere. Deutschland brauche die Rohstoffe, um das gigantische Arbeitsbeschaffungswerk im Znlande durchzuführen, womit es wiederum in die Lage versetzt werde, zu exportieren und Schuld- und Zinsbeträge an das Ausland zu zahlen. Wie auch immer die Entwicklung weitergehen werde, niemals werde es die nationalsozialistische deutsche Regierung zulassen, daß eine neue Arbeitslosigkeit entstehe, die in erheblichem Umfange auf die deflationistische Methode der früheren Regierungen zuriickzufiihren sei. Die Welt könne Deutschland nicht einfach „abschreiben", weil damit die gesamte Weltwirtschaft in einen Zustand völliger Zerrüttung kommen müßte und die Gefahr des Kommunismus, die die nationalsozialistische Regierung beseitigt habe, für die anderen Kulturstaaten sofort wieder heraufbeschworen werden würde. Man könne dem Auslande und der Auslandspresse gar nicht eindringlich genug vor Augen halten, was Deutschland mit der Beseitigung der kommunistischen Gefahr für die Kulturstaaten der Erde und für die weltwirtschaftlichen Beziehungen der Völker geleistet habe.
Die Ausführungen des Reichsbankpräsidenten wurden mit stärkstem Beifall ausgenommen.
: den. Die andere Verunglückte ist ein junges M a v «Y e n , seifen Name bisher nicht zu ermitteln war. Die Zahl der im j Krankenhaus befindlichen Verletzten der „Dresden" be- k trägt 15. Der Tod der beiden Frauen hat in ganz Deutschland tiestte Anteilnahme erweckt
Sofort nach Vekanntwerden des Unfalles am Mittwoch abend wurde der in Bremerhaven liegende Dampfer „Stuttgart" des Norddeutschen Lloyd beschleunigt ausgerüstet, um die Passagiere und die Velatzung des Dampfers „Dresden" abzuholen. Das Schiff konnte bereits gegen Mitternacht Bremerhaven verlassen und wird Freitag früh in Stavanger eintreffen. Mit der Rückkehr des Dampfers „Stuttgart" nach Bremerhaven ist Samstag mittag zu rechnen Dampfer „Dresden" muß wahrscheinlich als verloren angesehen werden.
Bremen, 21. Juni. Die Verwaltung des Norddeutschen Lloyd < teilt mit: Der Dampfer „Dresden" des Norddeutschen Lloyd, ! der sich auf einer „Kraft durch Freude"-Fahrt nach den norwegi- i scheu Schären befand, ist Mittwoch nachmittag bei schlechtem ! Wetter in der Nähe von Utsire auf einen Felsen gelaufen und ; so schwer beschädigt worden, daß das Kommando im Interesse
- der Sicherheit der Fahrgäste das Verlassen des Schisses anord- . netc. Das Ausbooten der Fahrgäste und die Uebernahme durch s den in der Nähe befindliche und sofort herbeigeeilten norwegi- l scheu Dampfer „König Haakon" ging trotz des starken Seegan- j ges und der großen Zahl der an Bord befindlichen Personen in » voller Ruhe und Ordnung vor sich. Lediglich ein Boot erlitt ei- j neu Unfall, bei dem die Insassen ins Wasser fielen, die bis auf ! zwei Damen sämtlich mit Schwimmwesten versehen waren. Die j beiden nicht mit Schwimmwesten ausgerüsteten Frauen konnten ! jedoch von sofort nachspringenden Stewards ebenfalls gerettet l werden. Von den geretteten Passagieren wurden 800 unverzüg- : ich nach Stavanger gebracht, während die 10« Fahrgäste «nd ' e Besatzung im Laufe des Donnerstag nachmittag nach Sta-
- »anger befördert wurden, wo sie in Kasernen und Hotels vor
? läufig Unterkunft fanden. .
Vorbildliches Verhalten von Fahrgästen und Besatzung der „Dresden"
l Oslo, 21. Juni. So traurig die „Kraft durch Freude"- ; Ferienfahrt mit der „Dresden" in die norwegischen Fjord«