Nummer 14V
Altensteig, Mittwoch, den 2V. Juni 1934
»7 Ihr»«»,
Irr deuWro Flotte letzte Heldentat
Zum 15. Jahrestag von Scapa Flow
„Die Kriegsschiffe der deutschen Hochseeflotte, welche die Alliierten und Assoziierten Staaten bezeichnen, werden sofort abgerüstet und alsdann in neutralen Häfen oder in deren Ermangelung in Häfen der Alliierten Mächte interniert. Die Bezeichnung der Alliierten erstreckt sich auf 6 Panzerkreuzer, 10 Linienschiffe, 8 kleine Kreuzer und 50 Zerstörer der neusten Typen (Torpedoboote). Alle zur Internierung bezeichnten Schiffe müssen bereit sein, die deutschen Häfen sieben Tage nach Unterzeichnung des Waffenstillstandsvertrages zu verlassen. Die Reiseroute wird ihnen durch Funkspruch vorgeschrieben."
' Das waren die schicksalsschweren Worte des Artikels 23 des Waffenstillstands-Vertrages. So unannehmbar diese Bedingung ebenso wie alle anderen erschien, war das deutsche Volk, durch die jahrelangen Wühlereien gewissenloser Hetzer zersetzt, nicht mehr imstande, sein Vaterland zu verteidigen. Die schmählichen Waffenstillstandsbedingungen mutzten unterzeichnet werden. Schon wenige Tage darauf, am 15. November 1918 kam der angesagte Funkspruch „Anlaufen des Firth of Forth und Ankern auf Alchenreede zum Nachprllfen der Entwaffnung. Treffpunkt dort am 21. November 8.00 vormittags. Englisches Geschwader wird die deutschen Schiffe am Treffpunkt aufnehmen und nach dem Ankerplatz geleiten."
Am Nachmittag des 19. November 1918 verlief; die unbesiegte deutsche Flotte die Reede von Schilling zu der traurigen Fahrt, die ihre letzte sein sollte. An der Spitze fuhr der stolze Panzerkreuzer „Friedrich der Große" mit Admiral von Reuter, dem die Führung des Geschwaders anvertraut war. Ihm folgten fünf Panzerkreuzer, 10 Linienschiffe, 8 kleine Kreuzer und 50 Torpedoboote. Zum angegebenen Zeitpunkt erschienen die Schiffe vor dem Firth of Forth, wo während des Krieges die englische Flotte vor Anker gelegen hatte, ohne sich dem Gegner zu stellen. Ein englischer großer Kreuzer setzte sich an die Spitze der deutschen Flotte und geleitete sie durch die Minensperre. 2n einiger Entfernung lagen zahlreiche englische, französische und amerikanische Kriegsschiffe, die eine dichte Kette um die eingeschlossene deutsche Flotte bildeten. Jetzt kam ein Funkspruch des englischen Flottenchefs Admiral Beaty, des Besiegten vom Skagerrak: „Die deutsche Flagge wird niedergeholt und darf nicht mehr gehißt werden!" Am nächsten Tage mußten alle Mann an Deck antreten und sich einer genauen Untersuchung unterziehen. Vom 22. bis zum 25 November wurden die deutschen Schiffe gruppenweise nach Scapa Flow geschickt, wo sie am 26. November vor Anker gingen.
Monat um Monat verrann, ohne daß der Chef der deutschen Flotte eine Nachricht über das Schicksal der Schiffe erhielt. Weder von englischer noch von deutscher Seite wurde Admiral von Reuter über den Fortgang der Frie-
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Copyright: Prisma-Korrespondenz, Berlin-Schöneberg.
2t. Fortsetzung. Nachdruck verboten)
„Na, hören Sie mal... etwas müssen Sie doch schon tun für die glänzenden Prozente, die ich und meine Freunde Ihnen zahlen." Er hatte sich wieder hingesetzt und Deeringen eine Zigarre angeboten. „Also... nun mal zur Sache. Die Spielschuld will ich regeln. Dafür verlange ich von Ihnen einen kleinen Gegendienst."
Deeringen atmete erleichtert auf. ,',Gottseidan? ... wieder einmal gerettet!" fuhr es chm durch den Sinn.
Laut sagte er: „In Kuckucks Namen, lassen Sie Hörem Was soll geschehen?"
„Ihr Chef bar einen großen Teil der Glückshütter Bergwerksaktien gekauft. Wir glaubten, dieses Ereignis würde den Kurs in die Höbe treiben. Ja... Kuchen... die Mäuse sind zu vorsichtig geworden. Nun wird uns die Sache unheimlich ... Sie müssen also Brösicke zu bewegen suchen,- nochmals ca. sov ooo Mark zu zeichnen. Tut er es, so erhalten Sie außer Ihren Prozenten noch den Wechsel als Zugabe. Na... ist das kein Geschäft?"
Deeringen sprang erreg: auf.
„Sie sind toll!" rief cr entgeistert. „Diese horrende Summe! Damit wird er ja Besitzer des ganzen Terrains! Nein... nein... so weit reicht meine Kraft nicht."
Scharf und kalt klang es ihm entgegen:
„lieber H errn Brösicke vielleicht nicht... wohl möglich ... aber vielleicht über... seine schöne Frau!"
„Mensch... lassen Sie diese Dame aus dem Spiel," erwiderte Deeringen hastig.
„Warum denn," meinte der Spekulant gelassen. „Ich habe mir sagen lassen, daß Sie große Chancen bei ihr haben. Na, das ist ja auch verständlich, wenn man solch ein Kerl ist wst Sie!" meckerte er augenzwinkernd.
„Ich muß dringend bitten," kam die gereizte Antwort, „mich und die Gattin meines Chefs nicht in dieser verletzenden Art »usammenzuvrmgen."
Zum Tage von Scapa Flow
Am 21. Juni 1919 gab der Befehlshaber der in der Bucht von Scapa Flow internierten deutschen Kriegsflotte, Admiral von Reuter, den Befehl zur Versenkung von insgesamt 52 Kriegsfahrzeugen.
densverhandlungen unterrichtet. Die lange Zeit der Internierung wurde zur Ewigkeit, bis endlich der 21. Juni 191! immer näher heranrückte, der Tag bis zu dem der Waffenstillstand abgeschlossen war, und der eine Entscheidung bringen mußte. Die Ungewißheit wurde immer quälender. Wae sollte aus der deutschen Flotte werden, wenn die Verhandlungen sich zerschlagen, und die kriegerischen Handlungen an jenem 21. Juni wieder ihren Anfang nehmen würden? Es stand fest, daß die Engländer in diesem Falle die deutsche Flotte nie wieder freilassen würden, daß die deutschen Seemänner den Rest des Krieges in der Gefangenschaft verbringen müßten, daß die deutsche Küste den feindlichen Angriffen schutzlos preisgegeben sein würde. Dieser Gedanke war den deutschen Soldaten, die den ganzen Krieg in Ehren bestanden hatten, unerträglich, und so reifte in ihnen der Entschluß, die stolzen deutschen Schiffe lieber in das Grab auf den Meeresgrund zu schicken, als sie kampflos in die Hände des Feindes fallen zu lassen.
Am 21. Juni 1919, um 12 Uhr mittags steigt auf dem deutschen Flaggschiff „Friedrich der Große" der Stander ,Z" hoch. Im selben Augenblick wurde auf allen deutschen Kriegsschiffen zum letzten Mal die ruhmreiche Kriegsflagge gehißt. Die Flut- und Bodenventile wurden aufgerissen, und gurgelnd strömte das Meerwasser in die 74 grauen und schwarzen Schiffskörper. Die Engländer standen zunächst vom Schreck gelähmt, und als sie gewahr wurden, was vorging, war es bereits zu spät. In blinder Wut gaben die englischen Marineoffiziere Befehl zum Feuern, und schon richteten sich die Gewehre auf die deutschen Matrosen,
„Schön... also ich will nichts gesagt haben." Er holte ein paar Papiere aus der Brieftasche und übergab sie seinem Partner.
„Also, mein lieber Deeringen," fuhr er ruhig fort, „hier sind die nötigen Unterlagen. Versuchen Sie Ihr Heil. Beschleunigen Sie die Angelegenheit, es ist Ihr Vorteil. Vielleicht gehen Sie gleich morgen vormittag an die Sache, bis Mittag erwarte ich Bescheid. Sie können dann auch gleich die bewußten 5soo Emmchen in Empfang nehmen."
Er stand auf und reichte Deeringen die Hand, die dieser widerwillig nahm.
„Es ist gut," antwortete Deeringen gedrückt, „was irgendmöm' h ist, werde nb tun. Aber verlassen Sie sich darauf... es ist das letzte Mal."
Mit einer leichten Verbeugung entfernte cr sich.
Fiebig sah ibin eine kleine Weile nach, dann begab er sich vergnügt in die Klubräum«.
Lydia hatte im Gartenpavillon Platz genommen, ihre drei Töchter hatten sie dorthin begleitet.
Verschüchtert hatten sie sich um ihre umfangreiche Mutier geschart, die wie eine aufgeplusterte Henne in der Mitte ihrer kleinen Küken saß.
Die vier bildeten ein unzertrennliches Quartett; eines ohne das andere war garm'cht denkbar.
Daß die drei Kükentöchter stets die Meinung ihrer Erzeugerin teilten, war selbstverständlich, dafür hatte Lydia vorgesorgt.
So waren sich die vier wieder einmal vollkommen einig.
Diese ungezogene Range, diese alberne Person, diese Grete, mußte schnellstens wieder aus dem Hause.
Und Frau Lydia bekräftigte diese allgemeine Meinung durch ein lautes:
„Und das sobald als möglich!"
Damit war das Todesurteil über Grete gesprochen.
Brösicke saß mit Deeringen in seinen: Arbeitszimmer.
Der Disponent hatte nach Erledigung einiger unwichtiger Angelegenheiten das Gespräch geschickt auf die Bergwerkssache gebracht.
die in Rettungsbooten mit der weißen Fahne aus die Küste zukamen. Es dauerte nur kurze Zeit, bis der größte Teil der deutschen Hochseeflotte unter dem Meeresspiegel verschwunden war, und nur noch einige Mastspitzen herausragten. 10 Offiziere und Matrosen waren der sinnlosen Schießerei der Engländer zum Opfer gefallen, dazu kamen noch 16 Verwundete. 600 000 Tonnen gingen damals auf den Meeresgrund. Admiral v. Reuter wurde mit seinen braven Seeleuten, von denen allerdings einige die Heldentat mit ihrem Leben hatten bezahlen mästen, in englische Gefangenschaft abgeführt und dort bis Ende Januar 1920 festgehalten. Am 31. Januar langte er endlich wieder in Wilhelmshaven an. Der damalige Chef der Admiralität begrüßte ihn mit den Worten: „Es ist mir eine Ehre, Ihnen in Dankbarkeit und Treue die Hand zur Begrüßung drücken zu können, nach allem, was Sie in den vergangenen 13 Monaten haben ertragen müssen. Sie stehen als die Letzten unserer einst so stolzen sieggewohnten Hochseeflotte vor mir."
Die Engländer mutzten nun alle Hoffnung fahren lasten, die ausgezeichneten deutschen Kriegsschiffe selbst in Dienst stellen zu können, und es blieb ihnen nur die Möglichkeit, sie zu heben um sie als Schrott zu verkaufen. Die Hebung wurde einer großen englischen Bergungsfirma übertragen. Ein großes Schwimmdock, das ebenfalls den Deutschen geraubt war, wurde herangebrachr und ein Schiff nach dem anderen gehoben. Zunächst ging man an das Bergen der Torpedoboote, und hierbei kam man ziemlich schnell vou der Stelle. Als man aber an die Schlachtkreuzer und Linienschiffe kam, wurde die Arbeit immer schwieriger. Eines Tages wurde es still in der Reede von Scapo Flow, die jahrelang von dem Dröhnen und Summen der Krähne und Maschinen erfüllt gewesen war. Die Bergungsarbeiten wurden eingestellt, da sie mehr Geld verschlangen, als aus dem Schiffsmaterial je herauszuholen gewesen wäre. Seitdem haben die stählernen Schiffsriesen Ruhe, deren Namen aufs engste verknüpft sind mit den glänzenden Siegen von den Falklands-Jnjeln, von Coronet und vom Skagerrak. Fünfzehn Jahre sind seitdem vergangen, die Zeiten haben sich aber gewandelt, man hat auch in bezug auf die Marine deutschen Fleiß und deutschen Erfindergeist nicht aus der Welt verbannen können. Unsere Reichsmarine ist wieder ein wenn auch kleiner, aber doch angesehener Machtfaktor, in dem der Geist vou Scapa Flow weiterlebt.
Bvr dem ReilWriegertag ta Asse!
Der vom Kyfsh Luserbund in Len Tagen vom 7. bis 9. Juld in Kassel veranstaltete 5. Deutsche Reichskriegertag verspricht nach den bisherigen Anmeldungen aus allen Teilen des Reiches eine gewaltige Heerschau der alten Soldaten zu werden. Die Riösenveranstaltung erhält nach der großzügigen Planung der schönen Gaststadt Kassel eine ganz besondere Note dadurch, daß nicht, wie bisher bei ähnlichen Veranstaltungen üblich, der eigentliche Festplatz außerhalb des Weichbildes der Stadt eingerichtet wird, sondern in ganz neuzeitlicher Festplanung die Stadt bei diesem machtvollen kameradschaftlichen Zusammentreffen in ihrer ganzen Ausdehnung, mit ihren Plätzen
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An Hand der ihm von seinem Gewährsmann ausgehändigten Unterlagen hatte er dem in Geldgeschäften äußerst vorsichtigen Geldmann die günstige Konjunktur des Unternehmens in den rosigsten Farben geschildert, ohne jedoch zum Ziel zu gelangen.
Brösicke war nicht zu überzeugen
„Nee, nee," sagte er immer wieder, „die Geschichte scheint mir nicht ganz koscher. Wenn ich da bloß keene Dummheit iemacht habe? Nu riskiere ich aber keenen Pfennig mehr."
Deeringen sah sich schon im Geiste verloren.
Wenn er Brösicke nicht überzeugte, hatte er ausgespielt,
Und so holte er zum entscheidenden Stoße aus.
„Sie sehen da entschieden zu schwarz, Herr Brösicke," begann cr nach einer kleinen Pause, während welcher Brösicke einige Schriftstücke unterzeichnet hatte. „Ich hatte heute Gelegenheit, mit Herrn von Feldern zu sprechen... er ist ja auch sehr interessiert... und der spracb die Meinung ans. daß hier eine ungeheure Chance bllBe "
Brösicke horchte aus.
„Herr von Feldern? So... so! Meinte der der? Ja... da könnte man sich die Sache ja mal überlejen. Also... j«t ... wir sprechen nachher noch darüber."
Er war anfgestanden und an das Fenster getreten.
Deeringen atmete befreit auf.
Gottseidank! Die Notlüge schien zu wirken. Nun war die Schlacht schon halb gewonnen.
Er entfernte sich mit tiefer Verbeugung.
Ai: der Tür traf er mit Eveline zusammen, die zu ihrem Manne wollte.
Er küßte ihr galant die Hand.
Eveline bemerkte seine freudige Miene.
„Schon am frühen Morgen so guter Laune? Ist Ihm: etwas Angenehmes passiert?"
„Nun... Ihr Anblick, gnädige Frau," versetzte er schmeichelnd, „muß einem ja gute Laune bringen."
„Schmeichler!" drohte sie lächelnd und verschwand « der Tür des Arbeitszimmers ihres Gatten.
Was wohl aus ihnen beiden geworden wäre, wenn er seine Werbung um das damals mittellose Mädchen ernstlich betrieben hätte, mußte er denken.
Im Flur traf er die niedliche Lotte, die beim Lbstaube« beschäftigt ««.
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