über die Entwickelung des modernen Deutschlands: Es wird jetzt viel von der Gelegenheit gesprochen, die der Krieg bietet, um sich des deutschen Handels und der deutschen Absatzgebiete zu bemächtigen. Hier­von ist viel törichtes Geschwätz. Die Handelsbezieh­ungen, deren wir uns dank unserer Flotte bemäch­tigen können, werden nicht lange in unseren Hän­den bleiben, wenn der normale Zustand wieder ein- tritt. Wie sollen dann die dabei festgelegten Kapi­talien wieder herauskommen? Deutschland hat sich seinen Handel ehrlich durch die Kenntnisse, Intelli­genz, Fleiß und Anpassungsfähigkeit seiner Kauf- leute und Ingenieure gesichert. Nur durch die glei­chen Eigenschaften können wir die Absatzgebiete uns erobern und dauernd erhalten. Die Times empfiehlt schließlich den englischen Industriellen das Studium des Buches und die Nachahmung deutscher Eeschäfts- methode.

Giolitti hinter den Kulissen.

Zürich, 30. Sept. (Nicht amtlich.) DieN. Zr. Ztg." gibt einen Artikel aus dem Corriere Sub- alpino di Cuneo wieder, der Giolitti zugeschrieben wird und sich mit der italienischen Neutralität be­faßt. Nachdem der Verfasser das Anerbieten der Tripleentente, das durch DelcassZ und Pichon gemacht worden ist, und in dem Italien Triest und Dalma­tien versprochen wird,, sowie das Anerbieten An- drassys, der Nizza, Savoyen, Korsika und Malta betrifft, launisch zurückweist, weil die hochherzigen Geber die Geschenke noch gar nicht in der Tasche hätten, sagt er u. a.: Italien schwankt nicht, wie Buridans Esel, zwischen den Heubündeln. Es will weder das eine, noch das andere. Aber wir werden uns nicht der Falschheit und des Treubruchs schul­dig machen und unsere Freunde hinterlistig anfallen. Nicht einmal Machiavelli wäre in der Aufrechterhal­tung der Staatsdoktrin zu einem solchen Zynismus heruntergesunken. Heber alles geht die Würde einer Nation. Der Mensch lebt nicht von Brot allein, son­dern auch von der Würde und Ehre. Wir wissen nicht, ob der Dreibund noch vorteilhaft ist, wir dürfen aber nicht den Gewinn vergessen, den er in drei Jahrzehnten brachte. Es sind heute Symptome vor­handen, daß das Land ebensowenig für einen Krieg, wie gegen einen Krieg mit Oesterreich begeistert ist. Vielleicht wird er gewünscht von den Republikanern und Nationalisten, sicherlich nicht von allen. Das Land will überhaupt keinen Krieg, es braucht den Frieden. Wir haben schon mit dem einen lybischen Krieg übergenug. Wir wissen nicht, was ein Sieg bringen würde. Wir sind aber gewiß, daß eine Nie­derlage den Zusammenbruch des Landes zur Folge hätte.

Krämer-Schmerzen.

Basel, 30. Sept. (Nicht amtlich.) Laut Natio­nalzeitung bringen englische Blätter immer mehr Nachrichten über die Gefährdung des englischen See­handels durch deutsche Kriegsschiffe. DieDaily Post" in Liverpool teilt mit, daß die Handelskreise bei der Regierung vorstellig geworden sind und ver­langt haben, die englische Marine müsse die größten Anstrengungen machen, um die deutschen Kriegs­schiffe im Atlantischen Ozean wegzunehmen. In der Times" klagen Kaufleute, daß die 200 gekaperten oder festgelegten und die 150 in neutralen Häfen liegenden deutschen Schiffe fast ausnahmslos eng­lische Ladungen an Bord hätten, auf die der eng­lische Kaufmann nun vergebens wartet. Rasche Ab­hilfe sei geboten, sei es, daß man die Schiffe mit eng­lischer Besatzung weiterfahren lasse oder sie an Neu­

trale verkaufe. DieWestminster Gazette" weist auf die gewaltigen Schädigungen hin, die der Ein­fuhrhandel mit gefrorenem Rindfleisch durch den Krieg erleide. Die Mighland-Linie werde demnächst nicht mehr verkehren. Damit würden wöchentlich 6 Millionen Pfund Fleisch aus Argentinien fort­fallen. Aehnlich stehe es mit der Einfuhr aus Austra­lien. Das sei bedenklich, da viel Fleisch an die Trup­pen im Felde abgegeben werden müsse.

So ist es.

Christiania, 30. Sept. (Nicht amtlich). Ein norwegischer Arzt, der deutsche Lazarette besuchte, schildert in norwegischen Blättern seine Eindrücke. Die Stimmung in Berlin sei vortrefflich. Es herrsche nur eine Ansicht: Deutschland müsse siegen. Nirgends herrsche Angst oder Niedergedrücktheit. Auf den Straßen bemerke man viele verwundete Offiziere. Ein eigentlicher Franzosenhaß sei nicht vorhanden, aber die Engländer würden gehaßt, da man diese stets als Freunde angesehen habe. Den verwundeten Feinden werde genau dieselbe Sorgfalt zuteil, wie den verwundeten Deutschen.

Aus Stadt und Land.

Calw, den 2. Oktober 1914. Verlustliste.

Aus der preußischen Verlustliste Nr. 36.

Inf.-Regt. Nr. 81. Frankfurt a M.

Res. Georg Friedrich Wacker aus Deckenpfronn OA. Calw, verm. _

Nur ein Versuch.

(Amtlich). Vom Montag, den 6. bis ein­schließlich Sonntag, den 11. Oktober d. Js. werden versuchsweise Feldpostsendungen im Gewicht über 250 bis 500 Gramm gegen eine Gebühr von 20 Pfennig angenommen. Die Gebühr für Feldpost­sendungen im Gewicht über 50 bis 250 Gramm wird gleichzeitig dauernd auf 10 Pfennig herabgesetzt.

Heilbronn, 30. Sept. In derStraßburger Post" lesen wir in einem Artikel aus Rufach im Kreis Gebweiler:Eine edle Tat dem Feinde gegenüber erwies der aus Heilbronn stammende Oberleutnannt Hahn, der Ende letzten Monats bei einem Patrouillengefecht in der Umgegend den Heldentod fürs Vaterland erlitten hat. Wie die feindlichen Truppen, die damals noch das Sulz­mattertal teils besetzt hatten, selbst erzählen, wurde beim Zusammenstoß ein Franzose verwundet, dem Oberleutnant Hahn trotz der kritischen Lage unter Verwendung seiner eigenen Halsbinde einen Not­verband anlegte um kurze Zeit nachher von feind­licher Kugel getroffen niederzusinken. Sogar im Feindeslager sollen Worte des Bedauerns über den Tod dieses Helden gefallen sein.

Heilbronn, 30. Sept. Der in den fünfziger Jahren stehende Earnisons- und erster Stadtpfarrer an der Friedenskirche Weitbrecht, wurde heute nachmittag am Grabe eines Soldaten vom Schlage getroffen und war sofort tot. Der Verstorbene war als Kanzelredner sehr beliebt. Große Verdienste hat er sich namentlich in der Arbeiterfürsorge und als Vorsitzender des Württembergischen Landes­vereins der evangelischen Arbeitervereine erworben.

Wettere Nachrichten.

Nicht in die Falle gegangen. Frankfurt a. M., 30. Sept. (Nicht amtlich.) DieFrankfurter Zeitung" meldet aus Konstanti-

nopel: Der Korrespondent derF. Z." erfährt aus der unmittelbaren Umgebung des Khedive: Inseiner gestrigen Audienz richtete der englische Botschafter an den Khediven namens des Londoner Kabinetts die kategorische Aufforderung, sofort seinen Konstan- tinopeler Aufenthalt abzubrechen. Die englische Regierung stelle Sr. Hoheit eine Residenz in Neapel, Palermo oder Florenz zur Verfügung. Die Reise dahin müsse auf dem Seeweg erfolgen. Der Khedive entgegnete, er habe keinerlei Befehle Englands an­zunehmen. Der Botschafter zog sich auf diese Ant­wort, die keinen Zweifel aufkommen ließ und die in dieser entschiedenen Form nicht erwartet worden war, in sichtlicher Verlegenheit aus dem Audienz­saal zurück. Aus der Umgebung des Khediven ver­lautet ferner, England habe den Khediven und seine Gemahlin, sowie mehrere Mitreisende ägyptische Prinzen und Prinzessinnen auf See aufgreifen und als Geiseln noch Malta schaffen wollen.

Englischer Schwindel.

Ein bekannter Münchner Künstler ward in diesen Wochen, wie viele andere Gelehrte, seiner englischen Auszeichnungen überdrüssig. Seit dreißig Jahren hatte er zwar eineGroße goldene Medaille" aufbewahrt, die er im Jahre 1884 in London zu­erteilt bekam. Nun wollte er nichts mehr von ihr wissen und beschloß, sie mit einer größeren Summe Geldes dem Roten Kreuz zum Einschmelzen zu stiften. Daher ließ er die Medaille bei einem sehr bekannten Münchner Eoldschmid schätzen. Dieser berechnete den Wert auf 80 Mark, der Künstler aber meinte, der Wert seiner so großen stattlichen Medaille müsse höher sein übergab sie einem Bankier und Münzenhändler zur genauen Wertbestimmung. Der Bankier nahm es genau mit der großen wunderschönen Medaille. Und stehe da! Er ent­deckte, daß die Medaille Lötspuren zeigte. Ein paar Stiche und Griffe und dieGroße Goldene" konnte in zwei lumpige schwachvergoldete Blech­scheiben zerteilt werden; die auf eine wertlose Kupferplatte aufgepreßt und durch einen Ring zu­sammengehalten waren. Raffiniert und täuschend war der Schwindel. --Echt englische Arbeit."

Für die Schriftl. verantwortlich: I. V. vr. P. Nadi g. Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Buchdruckerei

Evangelische Gottesdienste.

17. Sonntag «ach Trinit, 4. Oktober.

Vom Turm: 409.

Predigtlied: 275, Was macht ihr re.

10 Uhr: Vorm.-Predigt, Stadtpfarrer Schmid.

I Uhr: Christenlehre mit den Töchtern.

8 Uhr: Kriegsbetslunde, Dekan Roos.

Donnerstag, den 8. Oktober.

6 Uhr abends: Kriegsbetstunde, Stadtpfarrer Schmid.

Katholische Gottesdienste.

Sonntag, den 4. Oktober.

r/,10Uhr: Rosenkranzfest, Predigt und Hochamt vor aus­gesetztem Allerheiligsten von Herrn Sanitätsgeistlichen Reich.

'/- 2 Uhr: Kriegsandacht.

An Werktagen

hl. Messe um '/,8 Uhr, Mittwoch um 8 Uhr.

Freitag, den 9. Oktober.

1/48 Uhr: Lazarettgottesdienst.

Dienstag und Freitag abends 6 Uhr: Kriegsandacht mit Rosenkranz.

Gottesdienste der Methodistengemeinde.

Sonntag, den 4. Oktober.

9'/- Uhr vormittags: Predigt, Prediger Rücker.

8 Uhr abends: Predigt, Prediger Rücker.

Mittwoch, den 7. Oktober.

8'/« Uhr abends: Gebetstunde.

Amtliche und Privatnachrichten.

Schotterlieferung.

Zur Bahn- und Straßenunierhaltung im Jahr 1915 ist nachge­nannte Schotterlieferung auf Grund der im Gewerbeblatt aus Württem­berg, Jahrgang 1912, Seite I I3, bekannt gemachtenBestimmungen über die Vergebung von Arbeiten und Lieferungen" zu vergeben:

a) Muschelkalkschotter,

1700 cbm. Bahnschotter, 70 cbm. Straßenschotter,

b) Hartgesteinschotter,

280 1 Bahnschotter, 320 1 Straßenschotter,

200 t Feinschotter, 260 1 Gehwegschotter,

200 1 Sand.

Die Verdingungsunterlagen liegen bei der Unterzeichneten Stelle zur Einsicht auf, woselbst auch Derdingungsauszüge zum Preis von 80 Pfg. abgegeben werden. Angebote mit der AufschriftSchotter- lieserung" sind spätestens bis

Samstag, den 17. Oktober, vormittags 11 Uhr, hierher einzureichen, zu welcher Zeit die Verhandlung über die Eröffnung Der Angebote stattfindet. Zuschlagsfrist 4 Wochen.

Calw, den 29. September 1914.

K. Eisenbahnbauinspektion.

Danksagung

MeCMerLieSesBeusenduug.

Am Samstag, den 26. September' gingen zwei von den Herren Fabrikanten E. und R. Sannwald geführte Kraftwagen mit Liebes­gaben vom Roten Kreuz, den Deckenfabriken, Christian Ludwig Wagner, H. Hutten Nachfolger und vielen anderen Gebern nach Markirch an das Landwehr-Insanterie-Regiment Nr. 120 ab.

Der Bezirksoertreter des Landesvereius vom Roten Kreuz hat hierauf folgendes Schreiben erhalten:

Markirch, 27. 9. 1914.

Ew. Hochwohlgeboren!

Herzlichen Dank vom Landwehr-Regiment 120 für die dem Regiment in liebenswürdiger Weise zugesandten Liebesgaben.

Schwere Stunden waren dem Regiment beschieden und gar mancher unter uns hörte den lieben Gruß aus der Heimat nicht mehr. Die ihn aber vernahmen, wissen das getreue Gedenken z« würdigen.

Die alten Wehrmünnner sind guten Muts; sie denken an Weib und Kind, an Haus und Hof» die frei vom Feinde sind und die es nach ihrem Willen auch bleiben sollen und werden.

3n vollster Hochachtung Breyer,

Oberstleutnant und Regimentskommandeur.

Suche wegen Erkrankung meines seitherigen Mädchens sofort ein fleißiges, kräftiges

Frau Schwiimmle z.Ochsen".

Auf 1. November suche ich ein im Kochen und sämtlichen Haus­arbeiten gewandtes, selbständiges

NMcben

für größere Haushaltung.

Frau Hildegard Steudle.

Kräftigen

Jungen

nimmt in die Lehre

Fr. Wohlgemuth, Bäckermsn., Stammheim.

MSWmchcr! LL

z. Besohlen, Flecken und dgl. off. 10 Pfd.-Pack für M. 7.50 geg. Nachn.

E. Schirmer, Erfurt.