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Altensteig» Mittwoch, den 2. Mai 1934
Sit«« Schritt zur ReWttstrm
Rust wird ReichSkultminister - Arilk zugleich auch preußischer Innenminister
Berlin» 1. Mai. Amtlich wird mitgeteilt: Der Reichspräsident hat einen Erlaß über die Errichtung des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung vollzogen. Diesem Erlaß zufolge wird für das gesamte Erziehungswesen» Bildungs- und llnterrichts- wesen des Reiches, sowie für die Aufgaben der Wissenschaft ei« Reichsministerium errichtet. Der Leiter dieser Behörde führt die Bezeichnung „Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung". Die einzelnen Aufgaben des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung bestimmt der Reichskanzler. Er bestimmt auch die Aufgaben, die auf den Geschäftsbereich der beteiligten Reichsministerien auf das neue Ministerium übergehen, und zwar auch dann, wenn hierdurch der Geschäftsbereich der betroffenen Ministerien in den Grundzügeu berührt wird.
Zum Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung hat der Reichspräsident auf Vorschlag des Reichskanzlers Adolf Hitler den preußischen Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung, Rust, ernannt, der bis zur anderweitigen Regelung gleichzeitig in diesem Amt verbleibt.
Ferner wird mitgeteilt:
Bereits am 17. März d. I. hatte der preußische Ministerpräsident an den Reichskanzler nachstehendes Schreiben gerichtet:
An den Herrn Reichskanzler.
Sekt jeher habe ich mich bemüht, den Aufbau des deutschen Einheitsstaates und seine Ausgestaltung zum Dritten Reich zu föiSern, wo immer ich konnte. Insbesondere habe ich auch, seitdem ich durch Ihr Vertrauen, Herr Reichskanzler, an die Spitze der preußischen Staatsregierung gestellt worden bin, mich unablässig bemüht, die Vereinheitlichung und Erneuerung des Reiches im nationalsozialistischen Sinne von Preußen aus voranzutreiben In dieser Linie liegen eine Reihe von Maßnahmen, di« die preußische Staatsregierung im vergangenen Jahre getroffen hat. In dieser Linie liegt auch meine bereits im Herbst abgefaßte Denkschrift zur Reichsreform, die die Schaffung von Reichsgauen anstelle der bisherigen Länder vorsieht. Nachdem im Verfolg der unter Ihrer Führung zu Beginn dieses Jahres neuerdings eingeleiteten Erwägungen über die Fortsetzung der Reichsreform, die zur Verabschiedung des Gesetzes über den Neuaufbau des Reiches vom 3V. Januar 1934 geführt haben, ein neuer, weit ausgreifender Schritt zur Vollendung des Deutschen Einheitsreiches unternommen worden ist, halte ich mich wiederum für verpflichtet, die Maßnahmen des Reiches auf dem Gebiete der Reichsreform von Preußen aus in jeder Hinficht zu unterstützen. Hierzu schlage ich Ihnen, Herr Reichskanzler, vor, bei Ernennung des Herrn Kultusministers Rust zum Reichsunterrichtsmrnister den Reichsminister des Innern, Herrn Dr. Frick, mit der Wahrnehumng der Geschäfte des preußische« Ministers des Innern z» beanftragen. Die Uebernahme der Geschäfte wird zweckmäßig am 1. Mai erfolgen.
Ich kann mir kaum eine Maßnahme denken, die besser als diese
geeignet wäre, der Reichserneuerung von Preußen her weiterhin den Weg zu bereiten. Denn mit der Verbindung der Leitung der beiderseitigen Innenministerien wird dem Reiche die gesamte Sachkunde und Erfahrung zur unmittelbaren Ausnutzung für die Ziele der Reichserneuerung zur Verfügung gestellt, die sich in der umfangreichen und gut eingearbeiteten preußischen Staatsund Kommunalverwaltung in langer Zeit herausgebildet haben. Auf der anderen Seite wird durch den Eintritt des. Herrn Reichsministers des Innern in das preußische Kabinett die volle Ueber- einstimmung zwischen Reichs- und preußischer Staatsregierung auf den in Frage kommenden Gebieten der Verwaltung in einer Weise gesichert, die jede Möglichkeit zum Auseinanderfallen der Meinungen und damit auch zu Störungen, die dem Fortgang der Reichserneuerung abträglich werden könnten, für die künftige Entwicklung ausschließen wird.
Wenn ich mich mit diesem Vorschlag bereit erkläre, meinerseits die Leitung eines der wichtigsten preußischen Ressorts, di« Sie mir, Herr Reichskanzler, seinerzeit übertragen haben, aus der Hand zu geben, so glaube ich das im Hinblick auf das von mir damit angestrebte Ziel verantworten zu können. Hinzu tritt die Erwägung, daß die in der preußischen Verwaltung des Innern gelegenen besonderen Aufgaben, deren Lösung Sie bei Beginn der nationalsozialistischen Revolution mir übertragen hatten, inzwischen erfüllt sind. Schließlich fühle ich die Notwendigkeit, mich von den umfangreichen Arbeiten, die mit der Leitung der inneren Verwaltung Preußens fortlaufend verbunden sind, zu entlasten, um den großen Anforderungen gerecht werden zu können, die Sie, Herr Reichskanzler, auf anderen Gebieten, besonders bei der Durchführung der Reichsreform in Preußen, an mich stellen.
Nachdem sich Herr Reichsminister Dr. Frick damit einverstanden erklärt hat. neben der Leitung des Reichsministeriums des Innern auch diejenige des preußischen Innenministeriums zu übernehmen und da ich mich auch Ihrer Zustimmung, Herr Reichskanzler, zu meinem Vorschläge versichert halten darf, wäre ich für ein« baldige zustimmende Entscheidung besonders dankbar.
I« unwandelbarer Treue Ihr
Hermann Görin g."
Hierauf hat der Reichskanzler Adolf Hitler an den preußischen Ministerpräsidenten folgendes Schreibe« gerichtet:
Mein lieber Eöring!
Bereits am 17. März d. I. habe« Sie mir den Vorschlag unterbreitet, den Reichsminister des Innern. Herrn Dr. Frick, mit der Wahrnehmung der Geschäfte des preußischen Ministers des Innern zu beauftragen. Sie selbst haben dabei, im Interesse des großen Werkes der Reichsreform, Ihre eigene Person zurückstellend, den Wunsch geäußert, von Ihrem Amt als preußischer Staatsminister und Minister des Innern entbunden zu werden.
Liesen Ihren Wünschen bin ich nunmehr nachgekommen. Ich übersende Ihnen die Urkunde über die Entlassung aus Ihrem Amt als preußischer Staatsminister und Minister des Inner». Dabei drängt es mich, Ihnen meinen aufrichtigen und herzlichen Dank für alles auszusprechen, was Sie in diesem Amte geleistet haben Mit Recht haben Sie selbst darauf hingewiesen, daß die in der preußischen Verwaltung des Innern gelegenen
besonderen Aufgaben, deren Losung ich Ihnen bei Beginn der nationalsozialistischen Revolution übertragen hatte, von Ihne» inzwischen erfüllt worden sind. Sie haben diese Aufgaben mit ganz besonderer Umsicht und Tatkraft gelöst. Wenn Sie nunmehr unter Verbleibung in Ihrem Amte als preußischer Ministerpräsident, entsprechend Ihrem eigenen Wunsche, als preußischer Minister des Innern ausscheiden und Ihren Platz de« Reichsminister des Innern, Herrn Dr. Frick. überlassen, so weiß ich, daß hierdurch, entsprechend Ihren eigenen Wünschen, die großen Ziele der Reichsreform in besonders geeigneter Weise gefördert werden.
I» herzlicher Freundschaft und dankbarer Würdigung Ihr
Adolf Hitler."
Grundzüge der österreichischen Verfassung
Wien. 30. April. Die neue österreichische Bundesverfassung weist aus Grund des bisher bekanntgegebenen amtlichen Materials folgende Grundzüge auf: Gebildet werden vier beratende Körperschaften:
a) der Staatsrat, der 40 bis SO Mitglieder zählt, die der Bundespräfident auf die Dauer von zehn Jahren ernennt.
b) der Bundeskulturrat (30 bis 40 Mitglieder). Seine Mitglieder werden aus den Kreisen der Religionsgemeinschaften, des Schulwesens, der Kunst und der Wissenschaft entsandt,
c) der Bundeswirtschastsrat (70—80 Mitglieder), dessen Mitglieder aus den wirtschaftlichen Berufsständen zu entsenden find.
d) der Länderrat: je zwei Mitglieder aus jedem Land und aus der bundesunmittelbaren Stadt Wien.
Aus den Mitgliedern dieser vier beratenden Körperschaften wird die beschließende Körperschaft gebildet, die Bundestag heißt.
Die Gesetzesinitiative ist allein bei der Negierung. Wenn die Regierung ein Gesetz erlassen will, so wird sie ihren Entwurf den vier beratenden Körperschaften zur Begutachtung geben. Der Bundestag kann eine Vorlage nur annehmen oder verwerfen. Eine Ausnahme bildet der Haushalt, der nicht erst den beratenden Körperschaften übergeben, sondern direkt im Bundestag eingebracht wird. Er kann dort Veränderungen erfahren, um dann durch Beschluß in Kraft gesetzt zu werden.
Eine Volksabstimmung kann nur in zwei Fällen stattfinden:
a) wenn die Bundesregierung beschließt, eine vom Bundestag abgelehnte Eesetzesvorlage einer Volksabstimmung zu unterziehen;
b) wenn die Bundesregierung beschließt, ein gestelltes Problem dem Volke zur grundsätzlichen Entscheidung vorzulegen.
Die Einrichtung des Bundespräsidenten wird beibehalten. Er ernennt die Regierung und beruft sie ab. Am bundesstaatlichen Charakter Oesterreichs hält die neue Verfassung fest. Das kommt in der Einrichtung des Länderrats zum Ausdruck, insbesondere aber darin, daß auch in Zukunft jedes Land seinen Landtag haben wird. Die Landtage werden ständisch aufgebaut. Die Gemeindevertretung wird ähnlich aufgebaut. Nach der neuen Verfassung wird es möglich sein, daß sich Gemeindeverbände zu bestimmten Zwecken bilden.
Die Bundesregierung bekommt das Recht, bei Vorhandensein gewisser Voraussetzungen im Verorünungswege einfache Gesetze zu erlassen. Der Bundespräfident wird beim Notstand des Staates im Wege solcher Verordnungen sogar Teile der Verfassung ändern können
>47. Fortsetzung.)
Grottkau versuchte zwar einen schwachen Protest.
- „Ich wäre am liebsten mit Fritzi zusammengeblieben, sie war heute so nett zu mir."
„Meinst du vielleicht, weil sie dich „Dämelack" genannt hat?" neckte Meersburg.
„Gewiß. Wenn sie grob ist, hat sie mich am liebsten. Warum müssen wir denn überhaupt diesen gräßlichen Besuch machen?"
^ „Weil ich ihn versprochen habe, Hans."
„Aber i ch habe nichts versprochen."
„Du bist mein Freund und hast mich in allen Lebenslagen zu unterstützen."
„In Gottes Namen! Daß wir die aufdringliche Person, die Vera, nicht zu sehen bekommen, ist der einzige Lichtblick bei der Geschichte." —
Konsul Eschental und seine Gattin empfingen die Freunde herzlich. Besonders die Konsulin konnte sich m ihren Beteuerungen über die Freude nicht genug tun. Meersburg und Hans bekamen ein üppiges Abendessen vorgesetzt, und dann schlug die Konsulin den Besuch eines Kabaretts vor, das gerade in Mode war. Als sie sich nach Schluß der Vorstellung von ihren Gastgebern verabschieden wollten, stießen sie aus heftigen Widerspruch.
„So jung kommen wir nicht mehr zusammen," sagte die Konsulm. „Wir gehen noch in eine Tanzbar. Dies ist sowieso ein angebrochener Abend."
Der angebrochene Abend hatte die Mitternacht zwar schon stark überschritten, aber den Freunden half kein Protest. Schließlich gingen sie mit, weil Grottkau Meinte, daß auch das tollste Vergnügen einmal zu Ende gehen würde.
„Wo wollen wir hingehen?" fragte Prinz Meersburg
voll innerlicher Verzweiflung.
„In die Papageienbar," meinte Grottkau. Diese Bar war das einzige Nachtlokal, das er kannte.
„Nein, nein," wehrte die Konsulin ab. „Da war ich neulich mit meinem Mann. Ein langweiliger Laden, Kinder. Ich schlage die Flimmerbar vor!"
Der Prinz und Grottkau sahen sich an. Sie hatten von dem Lokal gehört. Es hatte einen ziemlich schlechten Ruf. Eschental, der die Nachtbars nicht kannte, äußerte nichts.
„Ich glaube, man kann dort mit Damen nicht hingehen," meinte Prinz Meersburg.
Aber die Konsulin, die bereits beim Abendessen eine Flasche Champagner getrunken und im Kabarett zwei doppelstöckige Kognaks zu sich genommen hatte, stieß den Prinzen in die Seite.
„Seien Sie nicht so zimperlich, Verehrter. Ich bin's ja auch nicht. Die Flimmerbar soll ein sehr interessantes Publikum haben. So'n bißchen Halbwelt tut mir nicht weh. Ihnen etwa?"
„Na, mir nicht," sagte Grottkau an Stelle des Freundes, „und wenn Ihr Herr Gemahl nichts einzuwenden hat, können wir uns die Sache ansehen."
Aber Konsul Eschental hatte die Unterhaltung gar nicht gehört. Er hielt nach einem Auto Ausschau und erwischte schließlich eine Taxe, in die er seine Gattin und seine Gäste verstaute.
Ein langes, niedriges, vollgerauchtes Lokal nahm die Ankömmlinge auf. Die Beleuchtung war nur angedeutet und die Luft dick vom Zigarettenrauch. Auf einem winzigen Podium erzeugte eine Jazzkapelle einen Höllenspektakel. Zwei Tänzerinnen produzierten sich auf einer von unten erleuchteten, durchscheinenden Tanzfläche.
„Tolles Lokal," murmelte Grottkau, während sich der Konsul nach einem Tisch umsah.
Ein Kellner mit dem Gesicht eines Hochstaplers stürzte sich auf die neuen Gäste. Das Lokal war überfüllt, aber er brachte trotzdem seine Opfer an einem kleinen Ecktisch unter. Von hier aus hatte man den Blick auf die Tanzfläche und die Bar. Auf den hohen Barstühlen hingen Sitz Gäste mehr als sie saßen. Sie hatten die Rücken dem
Publikum zugewendet und lachten über den Mixer, der mit den Shakers Jvuglierkünste vollführte.
Eine dunkelhaarige, junge Person übertönte mit ihrem schrillen Gelächter alle anderen. Sie trug ein kostbares weißes Abendkleid und viel Schmuck. In ihrer Gesellschaft befand sich ein etwas töricht aussehender junger Mann, der nicht mehr ganz nüchtern war. Auch die Dame in dem weißen Kleid war ziemlich animiert.
Der Kellner wartete auf die Befehle seiner Gäste.
Die Konsulin bestellte Champagner.
In diesem Augenblick lachte das Mädchen in Weiß besonders laut auf und räkelte sich über den Bartisch. Die Konsulin drehte sich um.
„Die genießt ihr Leben," sagte sie.
„Prost, Harry," rief das Mädchen in Weiß schrill. „Dies ist mein sechster Champagnerflip. Bist du auch so trinkfest?"
„Allemal, Liebling," krähte der Blonde. „Ich werde noch ein halbes Dutzend von unseren Verlobungsflips genehmigen."
Jetzt hatten die Tänzerinnen ihre Vorführung beendet. Die Tanzfläche wurde auf eine mattere Beleuchtung umgeschaltet, ein Zeichen, daß sie für das Publikum frei war.
„Komm tanzen, Harry," rief das Mädchen in Weiß und umschlang ihren Partner. Dabei wandte sie sich um. Frau Eschental starrte ihr ins Gesicht. Dann stieß sie einen Schrei aus.
Grottkau und Meersburg sprangen auf.
Sie erblickten Vera Staniecki.
„Mama! Mamuschka!" krähte die Trunkene. „Da- nenne ich ein vergnügtes Wiedersehn!"
„Wie kommst du hierher?" rief die Konsulin wild.
„Hast wohl Angst, daß ich deinem, ach nee — meinem Großpapa durchgebrannt bin? Gibt's nicht, Mamuschka! So dumm ist deine Tochter nicht! Ich Hab' Urlaub für heute abend. Ich feiere Verlobung! Das ist mein Bräutigam!"
Mit einem wilden Griff packte Krau Eschental das Mädchen beim Arm und riß es zu sich.
„Was treibst du hier? Du — du —" raunte st« wütend. ^Fortsetzung folgte'