Nationales Nachrichten- und Anzeigenblatt für die Oberamtsbezirke Nagold, Calw, Freudenstadt und Neuenbürg

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NummerS ^ Altensteig, Montag, den 8. Januar 1934 ! 57. Jahrgang

JeuMrmd und die Schweiz

Die römWkN Bkwrcchungcn

Das Mchlußkommuniaue über die Besprechungen Mussolini-Simon

Ein Interview mit Rudolf Hetz

Berlin, 7. Jan. Der Stellvertreter des Führers. Rudolf Heb, »ernährte dem Vertreter eines Schweizer Blattes eine Unterre­dung. in der er zahlreiche in der Schweiz verbreitete Jrrtümer, Vorurteile und ausländische Lügennachrichten über die national­sozialistische Bewegung in Deutschland mit überzeugender Klar­heit und Eindeutigkeit zurückwies oder richtig stellte.

Aur die Frage, ob es richtig sei, dab das nationalsozialistische Deutschland unmöglich Sympathien iür die demokratische Schweiz hegen könne, antwortete der Stellvertreter des Führers, »atz Deutschland seine Sympathien zu anderen Völkern nicht von deren Staatsform abhängig mache. Eine Ner- s anderung der deutschen Sympathie zur Schweiz sei durch den ! Wechsel im deutschen Regierungssystem deshalb nicht eingetreten.

Der Pressevertreter wies dann auf den großen Eindruck bin. den das Ergebnis der Reichstagswahl in der Schweiz hervorse- ruien dabe und fragte den Stellvertreter des Führers, ob etwas Wahres daran sei, wie immer noch behauptet werde. Terror und Angst die Leute zur Wahlurne getrieben haben. Rudolf Heb wies diese Behauptungen energisch zurück und erklärte, dab die Wahl vom 12. November bekanntlich als freie und geheime Wahl üurchgefüdrt worden sei.

Im weiteren Verlaufe der Unterredung bezeichnete der Stell­vertreter des Führers die in der Schweiz verbreiteten Gerüchte, ein Ziel der nationalsozialistischen Politik sei die Einverleibung der deutschen Schweiz in das Reich, als eine der vielen von anti­deutschen Provagandazsntralen im Ausland verbreiteten Lü­gennachrichten. Kein ernsthafter Mensch in Deutschland denke daran, die Unabhängigkeit anderer Staaten auch nur an­zutasten. Auch die in französischen Zeitungen verbreitete Be­hauptung von einem Durchmarschplan des deutschen General­stabes durch die Schweiz im Falle eines deutsch-französischen Krieges beweise lediglich, wo die Störenfriede der Absicht Hit­lers. eine Befriedung Europas berbeizuführen. zu suchen sind.

Der Pressevertreter gab dann der freudigen lleberraschung Ausdruck, die die Friedensgedanken des Reichskanzlers in der Schwerz ausgelöst haben und sagte, man zweifle nicht, dab sie ehrlich gemeint seien, aber man behaupte, dab maßgebende Un­terführer in der nationalsozialistischen Bewegung Anhänger ei­ner starken Rüstungs- und Revanchepolitik seien. Auch diese Meinung kennzeichnete Rudolf Heß als eine Auswirkung der Hetz- und Greuelvrovaganda, die die erlogene Behauptung auf­gestellt habe, es beständen zwischen dem Führer und maßgeben­den Unterführern Meinungsverschiedenheiten.

In Deutschland, erklärte Heb, führt nach freiem Entschluß der Deutschen nur einer, und das ist Adolk Hitler-, ^

Zum Schluß erklärte Rudolf Heß auf die Frage, ob die sei - stige Freiheit in Deutschland nicht bedroht sei, ob auf kul­turellem Gebiet nicht zu viel reglementiert werde. Wir regle­mentieren nicht die Kunst und die Kultur, wir ziehen ihr viel­mehr stützende Grenzwälle, die sie vor Zersplitterung und damit vor Unfruchtbarkeit bewahren.

Irr MilWimnzminister über NnanMlitik mb Eteumesorm

Berlin, 7. Jan. Reichs finanzminister Graf Schwerin von Kro­sigk schreibt in einem groß angelegten Artikel über sie Aufgaben der Finanzpolitik u. a., dab sich die zusätzliche Arbeitsbeschaffung > ,m neuen Jahr im wesentlichen auf die Fortführung des großen ! Wertes der Reichsautobahnen werde beschränken können. Die Hauptaufgabe der Finanzpolitik werde darin bestehen, das Ziel der Lösung der Wirtschaft aus Ser Krisenerstarrung weiter zu versorgen. Der Weg zu diesem Ziel führe über eine allmähliche Entimtung des einzelnen Unternehmens wie der großen Massen von überhöhten Lasten, die seit dem Kriege durch eine falsche Fi­nanz- und Wirtschaftspolitik Sem deutschen Volk aufgebürdet worden seien. Der Minister kommt dann auf die bevorstehende Steuerreform zu sprechen und erklärt .die wichtige und verant­wortungsvolle Entscheidung, vor die vor allem das Reichssi- nanzministerrum gestellt sei, sei die. wie weit mit der Entla­stung gegangen werde« könne, ohue die Grundlagen einer ge­sunde» Finanzpolitik zu erschüttern. Seien daher der Steuerre­form von vornherein gewisse Grenzen gezogen, so lieben sich doch auch :n einem beschränkten Rahmen bestimmte notwendige Ziele ! erreichen. Die Berücksichtigung bevölkerungspolitischer Grund- ! sätze. die im vergangenen Jahr in der Ehestandshilfe eine erste Regelung ge'unden hätten, werde eine wichtige Rolle bei der Steuerreform spielen. Die technische Vereinfachung durch ver» ständl-ch« Fassung der Gesetze und durch Zusammenfassung der aus allen Reichs-, Landes- und Gemeindesteuern sich ergebenden Pflichten der Steuererklärung und -zahlung werde eine zweite wesentliche Aufgabe sein. Bei der dritten Aufgabe, einen all­mählichen Abbau, insbesondere der in den Krisenjabren neu ge­schaffenen zusätzlichen Belastungen, eintreten zu lasten, auf diese ..Steuervereinfachung" komme es naturgemäß dem Steuer­pflichtigen besonders an, würden sich die gekennzeichnete« Grenzen am schärfsten bemerkbar machen: hier liege die wesent-

Rom, 5. Jan. DieAgence Stefani" meldet: In zwei langen, herzlichen Unterredungen, die zwischen Mussolini und Sir John Simon im Palazzo Venec'a stattfanden, wurden die wichtigsten Fragen der allgemeinen Politik erörtert, insbesondere die Frage der Herabsetzung und Beschränkung der Rüstungen und die Frage der Völkerbundsresorm. Hinsichtlich der ersterwähnten Frage stellten Mussolini und Simon in voller Uebereinstimmung fest, Satz es unumgänglich notwendig ist, daß die Erörterungen sobald wie möglich zu einem Abschluß gelangen, in dem man aus jeden Gedanken oder Vorschlag verzichtet, der nicht in sich selbst Ele­mente einer praktischen und schnellen Verwirklichung enthält, und in dem man diejenigen Punkte zum Ziele nimmt, welche in der internationalen öffentlichen Meinung als bereits geklärt be­trachtet werden müssen Zn der Völkerbuudsreformfrage zeigte Mussolini die Kriterien aus, nach denen die Reform durchgesührt werden sollte» um dem Völkerbund ein besseres Arbeiten zu sicher» und es ihm zu ermöglichen, seinen Zwecken bester zu entsprechen. Simon hat am Freitag die Rückreise nach London angetreten, wo er seiner Regierung über seine Besprechungen berichten wird.

Pariser Stimme«

Paris, S. Jan. Die Pariser Presse nimmt sehr ausführlich zu den römischen Besprechungen Stellung. Die Blätter betonen da­bei mit sichtlicher Befriedigung, datz zwischen Mussolini und Si­mon weder iu der Frage der Reform des Völkerbundes noch in der Frage der RLstnügsrc.vision eine Einigung erzielt worden sei. Im übrigen wird das Ergebnis der Besprechungen in einem für Frankreich möglichst günstigen Sinne dargestellt. Der römische Vertreter der Agentur Haoas erklärt, daß Mussolini viel weniger Wert auf Einzelheiten der Völkerbundsreform gelegt habe, als auf die großen Richtlinien, in denen sich diese Reform vollziehen solle. Der Vertreter des französischen Nachrichtenbüros will wei­ter den Eindruck gewonnen haben, daß die Wünsche des italie­nischen Ministerpräsidenten im Rahmen der augenblicklichen Völkerbundssatzungen verwirklicht werden könnten. In der Ab- rüstungssrage habe auf beiden Seiten der Wunsch vorgeherrscht, eine für alle Teile annehmbare Lösung zu finden. DerFigaro­glaubt zu wissen, daß in der Riistungssrage zwischen Rom und London eine wesentliche Annäherung ersolgt sei. Man habe sich bereits dahin geeinigt, Deutschland dieAufrüstung- in einem gewissen Grade zuzugestehen, wobei die ausgerüsteten Mächte ihre Rüstungen wesentlich einschränke» mußten. Man könne anneh­men. daß die englisch-italienische Diplomatie Frankreich einen reinen Formersolg vorzubereiten wünsch«, während sie Deutsch­land einen grundsätzlichen Erfolg Vorbehalte. Der sozialistische Povulaire" fordert, daß Frankreich sich nicht übertölpeln lasten dürfe: es müsse an seiner Auffassung festhalten, daß jedes Zu­geständnis an Deutschland ein unverzeihlicher Fehler wäre und daß man unbedingt nach Genf zurückkehren muffe.

Die angeblichen Forderungen Mussolinis

Paris, 5. Jan. DerExcelsior" glaubt, die Forderungen Musso­linis in folgenden fünf Punkten zusammenfasten zu können:

1. der deutschen Forderung nach Gleichberechtigung müsse Rech­nung getragen werden.

liche Schwierigkeit iür die im neuen Jahr zu treffende Entschei­dung. Man müsse sich über eines klar sei«, daß nicht alle Hemm­niste mit eiuem Schlage beseitigt werden könnten, datz das Auf­räumen des Schuttes vergangener Jahre «ud der Neuaufbau einer gesunden Wirtschaft und gesunder öffentlicher Finanzen «ur allmählich ersolseu könne. Daß dies aber nach einem ein­heitlichen. auf lange Sicht festgelegten Plan, ohne Behinderung Lurch parlamentarische Einflüsse, obne Rücksicht auf einseitige Interessen, lediglich unter dem Gesichtspunkt des Wohles der Gesamtheit vor sich gehen könne und werde, das sei die durch die Regierung Adolf Hitlers gegebene feste Garantie iür den Erfola des Aufbauwerks.

Verordnung des ReiAsbischois

über Wiederherstellung des Kirchenfriedens

Berlin, 7. Jan. Der Reichsbijchof hat. wie der Evangelische Pressedienst erfährt, am 4. Januar folgende Verordnung über die Wiederherstellung geordneter Zustände in der Deutsche» Evangelischen Kirche erlöste»:

Die kirchenvolitischen Kämpfe zerstören Frieden und Einigung in der Kirche: sie zerrütten die notwendige Verbundenheit der evangelischen Kirü>e mii dem nalionalsozialiistschen Staat und gefährden sowohl die Verkündigung des Evangeliums als auch die neu errungene Volkseinheit

Zur Sicherung der Verfassung der deutschen evangelischen Kir­che und zur Hebung geordneter Zustände orrordue ist daber uu- 1er Vorbehalt weiterer Maßnahme« ia verantwortlicher Aus­übung des mir verkaffnngsmäßi« ,«stehende» Fübreramtes auf

2. da diese Gleichberechtigung gegenwärtig nicht durch Ab­rüstung zu erreichen sei, müsse man ein« beschränkte AufrüstuuU des Reiches hinnehmen, weil diese bester sei als einer unbegrenz­ten Ausrüstung ohne Kontrolle und ohne Sanktionen zu­zustimmen.

3. Deutschlands Standpunkt ergebe sich daraus, daß es ei« Einschränkung durch die stark gerüsteten Mächte befürchtete.

4. Aus reinen verständlichen Prestigegründen könne Deutsch­land, das im Innern geeint sei. keine Unterlegenheit aus inter­nationalem Gebiet ertragen

5. Der neue deutsche Staat brauche eine Militärmacht oder an­dere Macht, um die politische Reform und den Kamps gegen de« Kommunismus durchführen zu können.

Sir John Simon soll dem Blatt zufolge auf diese Forderun­gen wie folgt geantwortet haben: Sei es nicht zu befürchte», daß eine erste Etappe der Ausrüstung Deutschlands zu einer zwei­ten oder dritten fuhren müsse? Zweitens, sei es Möglich. all» auf der Abrüstungskonferenz vertretenen Mächte dazu zu bewegen, ein Abkommen zu unterzeichnen, das auf der Ausrüstung Deutsch­lands begründet sei? Drittens, die Einkreisung Deutschland» sei vorläufig nur eine Hypothese und würde nur Wirklichkeit werden, wenn das Reich aufrüste. Viertens sei es fraglich, ick man die Abrüstung nach besonderen Prestigefragen beurteile« und begründen könne. Fünftens, die Wortführer des Reiche» hätten immer wieder erklärt, daß der Kommunismus endgültig besiegt sei.

DerExcelsior" weist abschließend darauf hin, daß Mussolini und Sir John Simon aber der unbedingten Entschlossenheit der französischen Regierung Rechnung tragen müßten, die an de» Vorschlägen festhalte. die sie am l Januar der Reichsregieruu- hab« unterbreiten lasten.

London mit der Simon-Reise zufrieden

London, 7. Jan. Der britische Außenminister Sir Job» Si­mon ist nach London von seiner Romreise zurückgekrbrt. Da» englische Kabinett tritt wahrscheinlich am nächsten Mittwoch zu einer Beratung über die Abrüstungsfrage zusammen, und scho« vorher wird der Abrüstungsausschuß des Kabinetts tagen.

Mir den Ergebnissen der Simon-Reise ist man in London i« ganzen zufrieden. Ob das ein sehr hoher Grad der Zuiriedeu- beit ist, läßt sich noch nicht ieftstellen. Trotz aller taktvollen Kri­tik erkennt man sogar in der Londoner Oefientlichkeit «n. »atz die französischen Vorschläge Sberbanvt keinen Fortschritt dedeu- ten, zumal die angebliche Bermiuderuug der französische« Luft­waffe nur als Verminderung auf de« Papier, vielleicht sogar eine Verbesterung der Qualität der französischen Lnstbewofs- »ung sein könnte. Auch die übrige» Vorschläge Frankreich» fiu» den weuig Beifall.

Die Nachricht, wonach die englischen Botschaften in Berlin und Paris sich zur Berichterstattung nach London begeben sollen, wird, wie Reuter mitteilt. von amtlicher Seite als nicht zutref­fend bezeichnet.

Grund des Artikels 6 Abs. 1 der Verfassung der deutsche» ev»»- gelische« Kirche:

8 1. Der Gottesdienst dient ausschließlich der Verkündigung des lauteren Evangeliums. Der Mißbrauch des Gottesdienste» rum Zwecke kircheupolitischer Auseiuondersetzuugen, gleichviel i» welcher Form, hat zu unterbleiben. Freigabe sowie Benutzung der Gotteshäuser und sonstiger kirchlichen Räume zu kirchenvoli- tijchen Kundgebungen jeder Art wird untersagt.

8 2. Kirchliche Amtslräger, die das Kirchenregiment oder des­sen Verfassung öffentlich oder durch Verbreitung von Schriften, insbesondere durch Flugblätter oder Rundschreiben, angreifen, machen sich der Verletzung der ihnen obliegenden Amtspflicht ren schuldig. Die Eingabe von Vorstellungen auf dem hierzu vorgeschriebenen Wege bleibt unberührt.

8 3. Gegen kirchliche Amtsträger, die den Vorschriften der Paargravben 1 und 2 zuwiderhandeln, ist unter sofortiger vor­läufiger Enthebung vom« Amte unverzüglich das förmliche Dis­ziplinarverfahren mit dem Ziele der Enthebung aus dem Amte einzuleiten. Für die Dauer der vorläufigen Amtsenthebung ist vorbehaltlich weitergehender Bestimmungen der Dissvlinarge- setze das Einkommen um mindestens ein Drittel zu kürzen.

8 4- Das Gesetz betreffend die Rechtsverhältnisse der Geistli­chen und Beamten der Landeskirchen vom 16. November 1S33 und das vorläufige Kirchengesetz betreffend die Rechtsverhält­nisse der Geistlichen und Beamten der Landeskirchen vom 8. De- »ember 1033 und das Kirchengesetz betreffend Beilegung kirchen- politischer Streitfälle vom 8. Dezember 1933 werden außer Kraft gesetzt.

8 5. Diese Verordnung tritt mit dem Tage der Verkündig»« ür Kraft. igez.) Ludwig Müller. Reichsvischof.