Nationales Nachrichten- und Anzeigenblatt für die Oberamtsbezirke Nagold, Calw, Freudenstadt und Neuenbürg

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Nummer 4 I Altensteig, Freitag, den 5. Januar 1934 ^ 87. Zahrzaug

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Das römische Gespräch

Rom, 4. Jan. Wie amtlich mitgeteilt wird, empfing Mussolini Len englischen Außenminister Simon im Palazzo Venecia und hatte eine herzlich« Unterredung mit ihm, die über zwei Stun­den dauerte. Die beiden Staatsmänner beschlossen, die Unter­haltung am Donnerstag fortzusetzen. Bemerkenswert ist, daß der italienische Botschafter in London, Grandi, ebenfalls in Rom weilt. Er ist nicht etwa zu einem Urlaub über die Feiertage hierher gekommen, sondern vielmehr nach Rom gerufen worden, offensichtlich, um im Verlause der römischen Besprechungen hin­zugezogen zu werden. Erandi und Suvich befanden sich während der Unterredung zwischen Mussolini und Simon ebenfalls im Palazzo Venecia.

Die zweite Unterredung zwischen Mussolini und Simon Davamzati über den Schlüssel zur Lage

Rom, 4. Januar. Die zweite Unterredung zwischen Mus­solini und Simon begann am Donnerstag um 7.50 Uhr. Im Laufe des Abends wird eine amtliche Mitteilung über den In­halt der römischen Besprechungen erwartet, die freilich nur in allgemeiner Form die gemeinsamen Gesichtspunkte der italieni­schen und englischen Regierung Herausstellen bürste.

Unter den großen politischen Blättern Roms ist diesmal die Tribuna" an der Reihe, den inspirierten Leitartikel zu brin­gen. Ihr Direktor Forges Davanzati, Mitglied des Großen Faschistischen Rates, weist darauf hin, daß es jetzt, wenn es zu Handeln gelte, nicht mehr die Ausrede gebe: Wir gehen nach Genf, wo dann erst recht nichts geschehe. Heute gebe es nur die Verantwortlichkeit der Regierungen. Angesichts der Uninteres­siertheit der Vereinigtem Staaten der neuerlichen Bestä­tigung Roosevelts, daß Amerika keinesfalls am Völkerbund Mit­arbeiten werde, müßten die vier großen europäischen Staaten die Notwendigkeit einer Politik erkennen, die wenigstens ein Mindestmaß von Einigkeit verbürge. Frankreich habe bei einer solchen Politik, durch die es keineswegs isoliert würde, alles zu gewinnen. Isoliert wäre Frankreich, wenn es scheinbar als Schutzherrin, in Wirklichkeit aber als Vasallin ber Kleinen Entente auftretc. Das sei der Schlüssel zur Lage.

Mutmaßungen französischer Blätter

Paris, 4 Jan. Zu der Aussprache zwischen Mussolini und Sir John Simon will der römische Berichterstatter desPetit Pari- fien" melden können, daß beide Staatsmänner sich um eine An­näherung der vier westeuropäischen Hauptmächte bemühten. Dazu könnte der Abrüstungsplan Macdonalds die Derständjgungs-

grundlage bilden. Die italienische Regierung würde dagegen keine Einwendungen erheben. Die RLKehr Deutschlands in den Völkerbund halte man für unerläßlich,weil die Lösung des Ab­rüstungsproblems nicht ohne Mitwirkung der Frankreich befreun­deten oder verbündeten Mächte gefunden werden könne". Mög­licherweise werde man auf einer Vorkonferenz die zum Teil ein­ander entgegengesetzten Thesen der früheren Verbündeten und Deutschland auszugleichen versuchen.

Auch der römische Berichterstatter desMatin" spricht oo» einem Wunsche Italiens, eine Zusammenkunft der vier Groß­mächte zustande zu bringen, aus der Italien und England di« Schiedsrichter- und Vermittlerrolle übernehmen könnten.

Der Berichterstatter meldet, daß Mussolini dem englische, Außenminister einen festen Plan zur Reform des Völkerbunde» unterbreitet habe. Nach diesem Plan sollten die vier Großmächte in Genf alsSonderausschuß" zusammentreten.

Englische Informationen

London, t. Jin. Zur Zusammenkunft Mussolini und Simm» berichtet der Korrespondent des Reuterbüros in Rom. daß di« Abrüstungsfrage eingehend untersucht wurde, daß aber keine Ent­scheidung getroffen wurde, da die Besprechungen nur der Klar­stellung der Auffassungen beider Länder dienen und keinen feste, unabänderlichen Beschluß zeitigen sollen. In Rom besteht de» Eindruck, jo heißt es in der Reutermeldung weiter, daß in de» Frage der Rüstungsvermmderung der britische und der itali» Nische Standpunkt einander sehr nahe seien. Die Auffassung sei. daß es sich nicht darum handle, ob Deutschland 300 000 Soldate« haben solle oder nicht, sondern darum, daß die von den Frie­deusoerträgen geschaffenen künstlichen Ungleichheiten beseitigt werden fallen. Nur Abrüstung auf Grund ehrlicher llebereiu» stimmung wird als der Mühe wert betrachtet. Der Korrespon­dent desDaily Telegraph" in Rom weiß zu berichten, Mussolini sei durchaus bereit, Anregungen, oon denen ein Kompromiß zwi­schen Paris und Berlin erhofft werden könnte, auf halbem Weg« entgegenzukommen

Keine Fahrtunterbrechung Simons auf der Rückkehr oon Rom

London, 4. Jan. Der Korrespondent derMorning Post" in Rom meldet in Bestätigung einer schon in Pariser Blät­tern aufgetauchten Vermutung, daß der englische Außenmi­nister, Sir John Simon seine Heimreise inParisnicht unterbrechen, sondern direkt nach London fahren wird, wo er Samstag früh einzutreffen gedenkt.

zum ErscheimmgWt

Das Fest der Heiligen Drei Könige in Hitlers Heimat DasEroßneujahr"

Das Fest der Heiligen Drei Könige am 6. Januar ist im deutschen Norden wohl aus dem Kalender bekannt, es wird aber nirgends gefeiert. Zn Süddeutschland dagegen hat der der Tag auch heute noch Bedeutung. Hier haben sich in Verbindung mit ihm noch zahlreiche alte Sitten und Ge­bräuche erhalten. In Württemberg und Bayern ist der Tag gesetzlicher Feiertag.

Der Dreikönigstag ist das Fest der drei Könige aus dem Morgenlande, die nach der biblischen Sage als erste dem neugeborenen Jesuskinde gehuldigt und ihm ihre Gaben dargebracht haben. Was sie auf ihrem langen und beschwer­lichen Wege führte, war der Stern von Bethlehem, der ihrer Bahn vorauszog und über der armseligen Hütte endlich stehen blieb. Man nennt das Dreikönigsfest ver­schiedentlich auch dasEroßneujahr", auch denObersttag" oder denOebersten". In den bayerischen Voralpen und den angrenzenden österreichischen Gebieten, vom Bodensse bis zum Vöhmerwald, in diesem gesegneten und land­schaftlich über alle Maßen schönen Landstrich liegt bekannt­lich auch Braunau, die Heimat Adolf Hitlers ist auch heute noch an vielen Orten die alte Sitte des Knaben­umzuges am 6. Januar lebendig. Voran ziehen drei Kna­ben, die die Heiligen Drei Könige aus dem Morgenlande darstellen. Sie tragen lange weiße Tücher um die Schultern, kleine Papierkronen auf dem Haar und Eabenkistchen in den Händen. Der mittlere Knabe stellt den Morenkönig dar. Zu diesem Zweck muß er sein Gesicht mit Ruß schwär­zen. Dafür trügt er auch den langen Stab mit dem gol­denen Stern an der Spitze, der den Stern von Bethlehem symbolisiert.

In früheren Zeiten war dieser Umzug viel reicher aus- gestaltet als heute, es waren fast alle biblischen Personen darin vertreten, Joseph und d<e Jungfrau Maria, ebenso der König Herodes. Das findet man aber heute kaum mehr. Es bleibt gewöhnlich bei den kleinen drei Königen, denen gewöhnlich eine Menge Schulkinder folgen. An jedem Hause wird angeklopft und ein altes Sprüchlein aufgesagt. Daraufhin klappen sie die Eabenkistlein auf, und die Dorf­bewohner werfen entweder übrig gebliebene Süßigkeiten von der Weihnacht oder kleine Geldmünzen hinein, die dann wieder den Armen des Dorfes zugute kommen. Nach der Gabe singen die kleinen drei Könige wieder einen Dankesvers:

Ihr habt uns eine Gabe gegeben,

Gott laß Euch das Jahr in Freuden verleben.

Mit Freuden verleben immerdar,

Das wünschen wir Euch zum Neuen Jahr.

Der alte schön« Brauch geht am frühen Morgen vor sich, etwa um die Zeit, wenn das Vieh gemolken ist und die Hausleute sich zum ersten Frühstück niedersetzen. Um diese Zeit ist es in den Voralpen noch Nacht, und die kleinen Knaben tragen deshalb eine oder mehrere große Laternen, meist mit Eoldpapier geschmückte große Stall-Laternen, mit sich, die ihnen den Weg erleuchten und dem ganzen Aufzug «inen romantischen und mystischen ' : ich geben. An sehr kalten Tagen werden die Heiligdre^,^. gs-Knaben natürlich m die Stube gebeten, wo sie sich wärmen können, ehe sie weitergehen.

Am Morgen des Dreikönigstages harrt aber der Bauern der Voratpen noch ein anderes wichtiges Werk. Mit Schwamm und Kreide, meist mit geweihter Kreide, wird auf Len Türen des Hauses, die stets benutzt werden, aber vor allem an der Stalltllre, das alte Kreidezeichen ab- gewijcht und das neue ausgezeichnet. Es schaut so aus:

E Z- M Z- B Z-

und die drei Buchstaben sind die Anfangsbuchstaben der drei Heiligen: Caspar, Melchior und Balthasar. Am Tage der Heiligen Drei Könige wird in den katholischen Kirchen auch Brot und Salz geweiht. Die Anfangsbuchstaben der drei Heiligen aus dem Morgenlande sollen von der Schwelle^ über die die Tür führt, Hexerei und Seuche« abhalten, be­sonders Viehseuchen, wie ja auch das Vieh von dem ge­rechten Salz zu kosten bekommt.

^ider ist viel von dem alten Brauchtum, das mit dem n. Januar verbunden war, verloren gegangen, ebenso wie ran za auch die schönen alten Volkstrachten zugunsten der farblosen, gleichmachenden städtischen Kleidung aufgab. Was heute noch erhalten ist» wird wohl auch erhalten bleiben, denn der neue deutsche Bauernstand, den Adolf Hitler «r- kampst und geschaffen hat, geht von der Scholle aus, von der Verbundenheit von Blut und Boden. W. E.

Am Sonntag EinloMea

Euer Opfer im Kampf gegen Hunger und j Kälte.

Das Grubenunglück m Böhmen

Bisher 17 Tote aus dem SchachtNelson? geborgen Keine Hoffnung auf Rettung der eingeschloffenen Bergleute

Brüx, 4. Jan Aus dem Reljoujchacht 3, in dem 132 Bergleute dnrch die schwere Erubenexplosion eingeschlosse« sind, konnten bis­her 18 Tote geborgen werden. Klopfzeichen der Eingeschloffenen find »»cht mehr zu hören. Die Aussichten aus eine Bergung der Eiugeschlosseuen sind sehr gering, weil die riesigen Stichflamme« eine große Hitze entsalten. Alle Zugänge zum lluglücksschacht sind verschüttet. Aus den Schächten steige» gistige Gase ans, von denen einige am Ausgang des Schachtes arbeitende Rettungsmannschaf­ten betäubt wurden.

lleber die Ursache des Unglücks bestehen nur Vermutungen. Es kann sich um eine Explosion brennbarer Gase, aber auch um eine Explosion des Dynamitlagers handeln. Die Fachleute er­klären. daß im Relsonschacht schon seit einigen Tagen ein Eruben- drand wütete, den man mit größter Mühe, aber vergeblich, ein­zudämmen suchte. Diesem Grubenbraad schreibt man die Ex­plosion zu

Der Leiter der Osseger Feuerwehr. Stadtrar Trenker, schilderte den Hergang der Katastrophe folgendermaßen:

Um 16.45 Uhr gab es eine Explosion und einen gewaltigen Knall. Er war, wie ich erfuhr, bis an die 20 Kilometer ent­fernte sächsische Grenze zu hören. Durch den mit der Explosion? verbundenen Feuerschein ich sah eine Stichflamme, die höher war als der Schlot des Schachtes, also etwa 100 Meter wur­den die Feuerwehren der gesamten Umgebung alarmiert. Wir waren wenige Minuten nach der Explosion mit etwa 20 Mann als die ersten an der Stelle. Zuerst galt es, das sehr erschütterte Gebäude der Sortierungsanlage abzustützen. Es brannte an ein­zelnen Stellen und eine Helfergruppe versuchte dort zu löschen. Die anderen machten sich zunächst an die Bergung der verunglück­ten Bergleute, die unter dem eingestürzten Turm lagen. Nach kurzer Zeit trafen die anderen Feuerwehren ein. Drei Stunden später gelang die erste Rettung. Wir befreiten den Werkschmied Ferdinand Linke. Linke berichtete uns. daß der Werkmeister Schmidt in seiner Nähe liegen müsse. Tatsächlich wurde Schmidt gefunden, «ber er war völlig unkenntlich Zentnerschwere eiserne

Konstruktionsteile waren auf ihn herabgestiirzt. Daneben fan­den wir auch die Leiche einer Frau, die beim Reiuige« der Schachtstube beschäftigt gewesen war.

Die vier geretteteu Arbeiter haben sich jo weit erholt, daß »i« ihre ersten Eindrücke von der Katastrophe schildern können. Sie hatten plötzlich im Schacht einen Lichten Qualm bemerkt und hatten versucht, zum Förderschacht zu gelangen. Als sie aber infolge des Rauches nicht weiter konnten, kehrten sie um. L» gelang ihnen, durch den Rotausgang des Schachtes 7 auszusahrea. Auf der Grube 7 mußten gegen 4 Uhr morgens die Rettung«, arbeiten eingestellt werden, da aus der Grube sich ein schwarzer Rauch walzt. Die Grube wurde sofort abgeschlossen

88 Deutsche unter den Opfern de« Grudenuuglicks i» Rordböhmen

Prag. 1. Jan. Wie aus Dur gemeldet wird, wurde auf de» Grube» Nelson 7 und 8 mit der Einmaueruus begonnen, da di« Gefahr bestand, dag sich das Feuer, das das eingestürrte Hol»- geriist ergriffen hat. ausbreiten würde.

Auf der Grube Nelson 3 arbeiteten an dem Unglückstag« i« der Nachmittagsschicht 13l Bergleute und S Steiger, insgesamt 140 Personen. Der Rationalität nach sind es 68 Deutsche, 81 Tscheche» und 1 Pole. Bon de» 140 Eiugesahreue» habe» sich uur 4 gerettet. 10 wurdeu bisher als Leichen «borge». Es find demuach noch 128 Bergarbeite» im Schacht eiugeschloffe«. Die eiugeschlosseue« Bergleute haben kein Lebeuszeiche» vo» sich ge­geben und es ist bisher auch nicht gelungeu, eise Verbind»»» mit ihnen herzustelle«. Es besteht kaum eine Hoffnung, die Ver­schütteten zu retten, da im Stollen keine Luft mehr vorband«« ist. Eine beruutergelaffene Lampe erlosch sofort. Die Rettungs- arbeiteu schreiten sehr kaugsam vorwärts, da sie neue« Schwie­rigkeiten begegnen. I« de» Schächte» 7 uud S ist Feuer aus««» brache«. Nur noch eiur kur« Verbind»»« zwischen Schacht 7 »»d » ist frei vou Feuer. Seoeu 3 Uhr wurdeu Feuerwehrwage», Sa- nitätskraktwage« »»d Rettungsmannschaften «» «röhte» TeU