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„Schwarzwälder Tageszeitung*
Nr. 2
Ende zu sühren, um Sann mit beginnendem Frühjahr den zweiten großen Angriff gegen die Arbeitslosigkeit zu eröffnen und sie im nächsten Jahr zum zweitenmal vernichtend aufs Haupt zu schlagen.
Politisch ist für uns das kommende Jahr das schwere Problem einer neuen und organischen Gliederung des Reiches aufgegeben. Auf dem festen Boden der Tradition wird hier eine Reform durchgeführt werden müssen, die der Vereinheitlichung des Volkes eine gleiche Vereinheitlichung des Reiches zur Seite stellt.
Der Nationalsozialismus aber als Idee und Bewegung wird beide in seine Klammer nehmen, die unzerbrechbar sein soll :ür alle Zeit. Dann können wir mit Ruhe und Gelassenheit der weiteren Entwicklung der außenpolitischen Probleme entgegensetzen. Volk und Ratio« stehen auf sicherem Grund. Keine Macht der Welt kann sie auseinanderteilen oder zerreißen."
Württemberg
Bekämpfung der Schwarzarbeit, Lehrlingsausbildung und Gesellenbeschäftigung
! Der Württ. Handwerkskammertag schreibt: Der Kampf gegen die Schwarzarbeit, an welchem das Handwerk besonders stark interessiert ist. hat auch in dankenswerter Weise behördlicherseits auf der ganzen Linie eingesetzt Alle Stellen bemühen sich erfolgreich, die Schwarzarbeiter, soweit sie Empfänger öffentlicher Unterstützung sind, sestzustellen und ihnen die weitere Möglichkeit der Schädigung des Handwerks zu nehmen. Diese Bestrebungen i verdienen die größte Unterstützung, weil dadurch dem soliden Handwerker mehr Arbeit zugeführt wird, die öffentlichen Lasten s verringert werde» und die Zahl der Arbeitsplätze in handwerker- liciien Betrieben vermehrt wird. Es ist selbstverständlich daß in erster Linie das Handwerk selbst sie Pflicht hat, keine Schwarz- j arbeiter zu beschäftigen. Wer dies rm, verstößt gegen die Erund- > gejetze des Berufsstanoes.
Aber darüber hinaus kann da- Handwerk auch dazu beitragen, die Zahl der Arbeitslosen zu vermindern, indem einmal die s Lehrlinge, die auslernen, wenn irgend möglich nicht sofort ent l as s e n w e rd e n Es muß Ehrenpflicht aller Lehrmeister sein, die Zahl der Arbeitslosen auch dadurch verringern zu ^ helfen, daß die Lehrlinge als Gehilfen weiterbeschäftigt werden.
Leider muß immer wieder festgestellt werden, daß in einer :: Reihe von Betrieben stets mehr Lehrlinge gehalten !: werden, als nach den Lehrlingshöchstzahlbestimmungen der Hanö- .j Werkskammern gestattet ist Gerade in solchen Fällen ist es l Pflicht des Lehrmeisters, die auslernenden Lehrlinge als Gehil- h fen weiterzubeschäftige», damit auf diese Weise ein Ausgleich g geschaffen wird. Es wird künftig unnachsichtig gegen diejenigen !i Handwerker vorgegangen werden, die über die Lehrlingshöchst- !> zahlbestimmungen hinaus neue Lehrlinge einstellen und die aus- - lernenden Lehrlinge so rasch als möglich entlassen. Leider gibt ! es auch immer noch Handwerker, die, ohne im Besitze einer Be- : rechtigung zu sein, Lehrlinge halten zu dürfen, solche ausbilden.
^ Kegen diese Handwerker, die den Eltern des Lehrlings, den sie unberechtigter Weise angenommen haben, im übrigen für den ! entstandenen Schaden haftbar sind, werden die Handwerkskam- ( mern mit aller Strenge Vorgehen.
Ferner muß darauf aufmerksam gemacht werden, daß das Lehrverhältnis ein Erziehungs- und Ausbildungsverhältnis ist und ^ daß es Aufgabe des Meisters sein muß, den Lehrling in allen Zweigen seines Handwerks auszubilden, so daß er in der Lage ist, nach beendigter Lehrzeit die Gesellenprüfung abzulegen. Dem- senigen, der sich diesen Pflichten wiederholt entzieht, muß die ^ Befugnis zur Ausbildung von Lehrlingen entzogen werden.
Wir sind auch an die Verwaltungsbehörden herangetreten und haben diese gebeten, im Interesse der Freimachung von Arbeits- Plätzen für Gehilfen und weil es nicht geduldet werden kann, daß sich ein Teil der Unternehmer durch Nichtbeachtung dieser g Bestimmungen Vorteile gegenüber den anderen verschafft, uns : in der strengen Durchführung der Vorschriften über das Lehr- lingswesen die notwendige Unterstützung angedeihen zu lasten, i Es wird erwartet, daß auch die Innungen, welche die Aufgabe haben, im Rahmen der von den Handwerkskammern herausgegebenen Bestimmungen das Lehrlingswesen zu pflegen und zu betreuen, und die Kammern in der Erfüllung dieser Aufgaben unterstützen, deren Erfolg nicht nur im Interesse des Handwerkerstandes. sondern auch im Interesse einer Wiederbelebung der : gesamten Wirtschaft liegt.
Gruppenführer Ludin zum Jahreswechsel
Stuttgart, 2. Jan. Der Führer der SA.-Gruvpe Südwest, Gruppenführer Ludin, erläßt zum Jahreswechsel folgenden Erup- pen-Tagesbefehl: Am Ende des Jahres t933 ist es meine Pflicht, allen Führern und Männern der Gruppe Südwest für ihren Opfermut und ihre Pflichttreue zu danken. Kein Außenstehender vermag zu beurteilen, welche zähe und stille Arbeit die SA. un Getriebe des täglichen politischen Geschehens und abseits vom Glanz der Feste geleistet hat Die Saat dieser Arbeit wird aufgehen. das wissen wir, und unser Dank wird einst die Größe und die Freiheit der deutschen Nation sein. Mein Gedenken gilt heute vor allem denen, die vor dem 31. Januar des verflossenen Jahres in der SA gedient haben. Ihrer Treue verdanken wir den Sieg. Ich begrüße die, welche das Jahr 1933 und der Sieg des Nationalsozialismus zu uns geführt hat. Sie haben die Not des SA.-Mannes nie gekannt. Ich erwarte, daß sie sich Lurch dopoelte Hingabe der Ehre, der SA. anzugehören, würdig erweisen. Die Zukunft wird uns neue, schwere Aufgaben stellen. Wir werden sie lösen, wenn wir bleiben, was wir waren: treue, kompromißlose und fanatische Kämpfer für den Führer und das Reich. Allen Führern und Männern der stolzen Gruppe Südwest ein glückliches neues Jahr!
Vom Großrundfunksender Mühlacker
Stuttgart, 2. Jan. Im Interesse der Rundfunkteilnehmer im Eesamtbereich des Südfunks ist die versuchsweise Inbetriebnahme des Großrunöfunksend-ers Mühlacker auf Weihnachten mit allen Kräften beschleunigt worden. Dabei hat sich am 20. Dezember abends gezeigt, daß die vorläufige Sendeantenne, zum Teil auch wegen starker Vereisung, nicht hinreichend belastet werden konnte. Die Darbietungen oes Südfunks werden nun bis 7. Januar gleichzeitig über den Ersßrundfunksender und über den Ersatzsender Stuttgart verbreitet werden. Nach einer früheren Mitteilung des Reichspostministeriums soll der Eroßrund- funksender Mühlacker, dessen endgültige Antennenanlage mit dem neuen Funkturm von 19V Meter Höhe noch der Fertigstellung harrt, zunächst nur den Betrieb bis einschließlich 7. Januar durchführen Was dann geschehen kann.. wird wesentlich von der
Wetterlage mit bestimmt werden Wenn diese ein« sruchtbar« Wetterführung des bei 1V6 Met^r eingestellten Turmbaues gestattet, wird hieran mit aller Kraft weitergearbeitet werden. Diese Arbeit verlangt allerdings eine Stillegung des Großsenders. Dann wird der Ersatzlender Stuttgart-Degerloch mit seiner beschränkten Leistung wieder aushelfen mästen. Infolge der am 15. Januar in Kraft tretenden neuen europäischen Wellenverteilung nach dem Luzerner Plan wird für diesen Aushilfebetrieb die jetzt benützte frühere Freiburger Welle auf 527 Kilohertz (569.3 Meter) wegfallen. Stuttgart-Degerloch wird dann auf der endgültigen Welle des Großsenders 574 Kilohertz (522,6 Meter) weitersenden.
MW und BtiMr
WtrtlMaN
Warnung vor Mißbrauch der Fettkarte Berlin, 2. Jan. Es ist vielfach festgestellt worden, daß die von der Reichsregierung ausgegebenen Fettverbilligungsscheine von, Geschäften für andere Einkäufe in Zahlung genommen worden sind. Um diesen Mißbrauch zu verhindern, richtet, wie das Nachrichtenbüro des VdZ. meldet, die Reichsregierung auf den neuen Fettkarten folgenden Appell an die Bezieher der Karten. Volksgenosse! Die Reichsregiervng will Deutschlands verhängnisvolle Abhängigkeit vom Ausland in der Fettversorgung überwinden, dem Bauern, dem Blutquell unseres Volkes, helfen und nicht zuletzt durch Gesundung der Bauernwirtschaft für Handel und Gewerbe auf natürlichem Wege Arbeit schaffen. Diesem großen Ziele dient auch dieser Schein. Es soll die für die Fetterzeugung im Inland notwendigen Preise den minderbemittelten Volksgenossen erträglich machen. Volksgenosse, hilf mit am großen Werk. Verhindere jeden Mißbrauch des Bezugsscheines.
Starker Aufschwung der deutschen Automobilindustrie
Das Jahr 1932 war für die deutsche Automobilindustrie das schlimmste gewesen, das sie seit langem zu verzeichnen hatte. Gegenüber dem Rekordjahr 1928 war ihre Produktion um mehr als die Hälfte gesunken. Die Absatz- und Produktionsminderung erstreckte sich auf alle Gruppen von Personen- und Lastkraftwagen. wenn auch naturgemäß die kleinen Personenkraftwagen bis zu 2 Liter Hubraum weniger davon betroffen wurden als die großen und schweren Wagen.
Das Jahr 1933 bringt gegenüber diesem katastrophalen Tiefstand einen geradezu sensationellen Aufschwung. Noch liegen erst die Ergebnisse der Monate Januar bis November vor. aber schon in diesen elf Monaten ist die Produktionszahl des ganzen Jahres 1932 verdoppelt worden. Eine Gegenüberstellung der vergleichbaren Zeiten Januar bis November ergibt für 1932 39 865 Personenkraftwagen und 7460 Lastkraftwagen In der entsprechenden Zeit des Jahres 1933 erreichte die Produktion an Personenkraftwagen 86 498 Stück, an Lastkraftwagen 11185 Stück.
Für die deutsche Kraftfahrzeugindustrie erfreulich ist. daß an dieser stark ansteigenden Produktion die ausländischen Montage- nrmen, die beispielsweise 1930 noch 22.1 Prozent der in Deutsch- land erzeugten Personenkraftwagen und 33,4 Prozent der Lastkraftwagen lieferten auf 5,4 bzw. 10 Prozent zurllckgedrängt worden sind, sodaß die deutsche Industrie den Hauptnutzen der Geschäftsbelebung für sich verbuchen kann.
In der Gruppierung der Produktion setzt sich die seit langem schon erkennbare Tendenz zur immer stärkeren Berücksichtigung der kleine» Typen fort. Ihr Anteil betrug für 1932 mehr als 90 Prozent der gesamten Personenkraftwagen-Produktion, und er wird in diesem Jahre noch höher sein.
Hilferding-Anleihe. Die im Umlauf befindlichen Schuldverschreibungen und die im Reichsschuldbuch eingetragenen Schuld- üuchforöerungen der 6- (vorm. 7-)vrozentigen Anleihe des Deutschen Reiches von 1929 werden den Inhabern der Schuldverschreibungen und den Schuldbuchgläubigern für den 1 Juli 1934 zur Rückzahlung zum Nennwert gekündigt. Die Inhaber der Schuldverschreibungen werden aufgeiordert, die Kavitalbeträge gegen Quittung und Rückgabe der Schuldverschreibungen sowie der vom 1. Juli 1934 an laufenden Zinsscheine Nr. 11 bis 30 bei der Reichsschuldenkasse in Berlin vom 1 . Juli 1934 an zu erheben. Die Einlösung der Schuldverschreibungen geschieht außerhalb Berlins durch Vermittlung jeder mit Kasteneinrichtung versehenen Reichsbankanstalt. Die Werrvaiere können schon vom 10. Juni 1934 an bei diesen Stellen eingereicht werden.
Erleichterungsmaßnahmen für den Geldmarkt. Durch das Gesetz zur Aenderung des Bankgesetzes vom 27. Oktober 1933 ist die Reichsbank u. a. ermächtigt worden, Lombarddarlehen zur bankmäßigen Notendeckung heranzuzieben. Dem Reichsbankdirektorium war es infolgedessen möglich, die bisherigen Beschränkungen in der Handhabung des Lombardverkehrs erbeblich zu lockern, namentlich auch soweit es sich um den Geschäftsverkehr mit Geldinstituten handelt. Es darf erwartet werden, daß diese Maßnahme nicht nur zur weiteren Erleichterung des Geldmarktes, sondern vor allem auch zur Förderung des Kapitalmarktes beitragen und sich in Richtung der allseits angestrebten organischen Zinssenkung auswirken wird.
' .eirerde
Berliner Produktenbörse vom 2. Jan. Weizen mark, 192, Roggen 160, Braugerste 187—191, Sommergerste 169-175, Hafer märk. 149—155, Auszugsmehl 31.70—32.70. Vorzugsmehl 30.70 bis 31.70. Bäckermebl 25.70-26.70, Vollmehl 29.70-30.70 Rog- genmebl 21.90—22.90. Weizenkleie 12.20—12.60. Roggenkleie 10.50—10.80. Viktoriaerbsen 40—45, kleine Speiseerbsen 32 bis 36. Futtererbsen 19—22 RM.
Amtlicher Großmarkt für Getreide und Futtermittel in Stuttgart vom 2. Januar. Das Geschäft in Brotgetreide bewegt sich in engen Grenzen. Die Tendenz des heutigen Eroßmarktes war stetig. Hafer ist gefragt. Futtermittel liegen ruhig. Weizen 19.20, Roggen 16.50—17, Braugerste 17—18.75, Futtergerste 16—16.50. Hafer 13.50—14, Wiesenheu 5—5.50, Kleeheu 7—8, Stroh 1.80 bis 2, Weizenmehl Spezial 0 30.75—31.25, Brotmehl 24.75 bis 25.25. Kleie 10.25—10.75 RM.
Fruchtschranne Nagold. (Markt am 30. Dezember 1933.) Verkauft: 8,12 Ztr. Weizen, Preis pro Ztr. 9.40 Mk.; 1,20 Ztr. Gerste, Preis pro Ztr. 8.20 Mk.s 1,30 Ztr. Haber, Preis pro Ztr. 6.50 Mk.; 3,11 Ztr. Roggen-Weizen, Preis pro Ztr. 9.00 Mark. Zufuhr schwach, Handel gedrückt, alles verkauft. Nächster Fruchtmarkt am 13. Januar 1934.
Marne
Schweinevreise. Seilbronn: Milchschweine ll—19 RM. — Ludwigsburg: Milchschweine 12—18 RM. - Oehrin- gen: Milchschweine 26—38 RM. — Tuttlingen: Milch- ichweme 16—28 RM. — Nördlingen: Saugschweine 23—35, Lauter 46-60 RM. — Kirchheim: Milchschweine 12—19, Lamer 30—45 RM. —
Konkurse
Johannes Ringwald, Inhaber eines Gemischtwarengeschäfts in Onstmettingen.
Walter Steinbach, Inhaber einer Fußheilartikelfabrik in Ebersbach a. F.
RlMdfllllk
Donnerstag. 4. Januar. 10.10 Uhr aus Stuttgart: Slawische Kammermusik, 11 llbr: Operettenmelodien. 12 Uhr nach Frankfurt: Mittagskonzert. 13.35 Uhr aus Frankfurt: Mirtagskon- zert. 14.30 Ubr: Jugendstunde für alle! 15.40 Uhr: Lustige Geschichten. 16 Uhr aus Köln: Nachmittagskonzert, 18 Ubr ans Stuttgart: Spanischer Sprachunterricht, 18.20 Uhr nach Frankfurt: „Das Jahr in Bauernsprüchen und Wetterregeln". 18.45 Ubr: Jnselschicksale. 19 Uhr aus Leipzig: Stund« der Nation, 20 Ubr aus Frankfurt: Griff ins Heute. 20.10 Ubr aus Frankfurt: Volksmusik. 20.40 Uhr aus Frankfurt: Die grobe Moritat von Liebe und Verbrechen. 21.10 Uhr aus Frankfurt: Musikalischer Roman, 22.20 Uhr aus Stuttgart: Du mußt wissen.... 22.45 Uhr nach Frankfurt: Schallvlatten, 23 Ubr nach Frankfurt: „Weißt Du. Mutterl. was ist träumr Hab'?", 24 Uhr aus Köln: Naibtrnusik
Buntes Allerlei
Kleine Ursachen haben bisheilen große Wirkungen,
und wenn es sein soll, muß eine Stadt zugrunde gehen, weil jemand sie durchs Fernrohr betrachtet hat. Das ist das Schicksal von Koblenz im März 1795 gewesen. Der französische General Marceau hatte damals Koblenz besetzt, und die Kur- trierischen Truppen saßen auf dem gegenüberliegenden Ehren- breitstem. Dem beiderseitigen Blutvergießen war durch einen Waffenstillstand bis auf weiteres Einhalt geboten. Da geschah es, daß auf dem Ehrenbreitstein ein junger, frisch angekommener Offizier nichts Besseres zu tun wußte, als sich in der langweiligen Ruhe Koblenz durchs Fernrohr anzusehen. Das blanke Messinggerät, das so zum Rhein hinabfunkelte, fiel einem französischen Offizier am Ufer auf, und er ließ — einen bevorstehenden Waffenstillstandsbruch wähnend — sofort das vermeintliche Mordgewehr unter Feuer nehmen. Der Trierische Offizier wurde von einer Kugel getroffen und fiel mitsamt seinem Fernrohr hinter die Mauer. Das nahmen allerdings die Kur- trierischen nicht so ohne weiteres hin. Sie fluchten herzhaft über die Franzosen und nahmen alsbald Koblenz unter Eeschütz- feuer. Die Stadt brannte an allen Ecken und Enden, da ließ General Marceau die weiße Fahne hissen. Und in den neuen Wciffenstillstandsverhandlungen stellte es sich heraus, was für ein Zufall gewaltet hatte. Die Trierischen versprachen zwar, nicht wieder mit Fernrohren auf Koblenz hinabzuseysu, aber der arg verwüsteten Stadt half das auch nichts mehr.
Die Seeschlange von Loch Netz
Die Belagerer von Loch Neß, dem geheimnisvollen schottischen See, in dem ein grausliches Fabeltier sein Unwesen treibt, verkünden eine neue Sensation: Mehrere Männer und Frauen haben das Untier auftauchen sehen, aber an zwei entgegengesetzten Stellen des Sees. Selbstverständlich beschäftigt sich sofort die schottische und englische Presse in riesiger Aufmachung mit diesem neue» Problem. Beherbergt der See etwa ein Seeschlangenpärchen? Haben sich die beiden Fabeltiere, die sonst nach den Erzählungen von Kapitänen nur in unbekannten Breiten der Südsee zu Hause sind, auf unerklärliche Weise nach dem stillen schottischen Gewässer begeben, um dort in ungestörter Zweisamkeit ihre Flitterwochen zu verbringen? Oder handelt es sich etwa um eine holde weibliche Seeschlange, die in Loch Neß ein monströses Junges zur Welt gebracht? Für diese Vermutung spricht die Tatsache, daß von unzähligen Neugierigen ein Ueber- laufen des Sees beobachtet wurde, denn man kann sich natürlich gut vorstellen, daß die enorme Wasserverdrängung den See über seine Ufer treten ließ. Auf jeden Fall dauert das Rätselraten an, und merkwürdigerweise befinden sich die überlegenen Spötter und Skeptiker in der Minderheit. Im übrigen wünscht sich mancher Hotelbesitzer, der in irgend einem Kurhaus, an irgend einem anderen See auf Gäste wartet, im Stillen sich ein ähnliches Untier für seinen einsamen See, denn das fürchterliche Ungeheuer versteht es mit unübertroffener Meisterschaft, den Fremdenverkehr anzukurbeln und das Geld ins Rollen zu bringen.
Die Henne auf der Lokomotive
Durch eine Henne wäre beinahe in der Nähe von Prag ein folgenschwerer Eisenbahnunfall verursacht worden. Der Schnellzug Brüx—Prag fuhr in eine Schar Hühner, die sich vor dem Bahnwärterhäuschen auf den Schienen tummelten. Mehrere Tiere wurden totgefahren, eine Henne ftog in ihrer Todesangst in die Höhe und stieß durch eine der kleinen Scheiben, die sich vorn in der Lokomotive befinden. Die herumfpritzenden Glas« splitter verletzten den Lokomotivführer im Gesicht. Ein Splitter traf ihn in das linke Auge. Trotz des rasenden Schmerzes hatte der Lokomotivführer noch soviel Geistesgegenwart, den Zug auf offener Strecke zum Stehen zu bringen und den Bahnwärter, der verstört herbeistürzte, zu bitten, Hilfe herbeizuholen. So wurde ein größeres Unglück vermieden. Der bedauernswerte Lokomotivführer wurde in ein Krankenhaus gebracht, wo die Aerzte ihm erklärten, daß er das verletzte Auge wahrscheinlich verlieren werde.
Pilgerfahrt zu der ältesten Wbel
Die neueste und wertvollste Erwerbung des Britischen Museums in London, der aus dem alten Zarenbesitz gekaufte Codex Sinaiticus, bildet einen unwiderstehlichen Anziehungspunkt für alle Engländer. Jeden Morgen um 10 Uhr, wenn das Museum geöffnet wird, steht bereits eine große Menschenschlange vor der Tür, und unablässig wandert der Zug an der Elasvitrine im großen Lichthof vorbei, wo die älteste Bibel ausgestellt ist. Um 6 Uhr abends schließt das Museum seine Pforten, und stets müssen noch unzählige Wartende abgewiesen werden. Aus allen Teilen des Landes sind die Bibelprediger herbeigekommen, um einen Blick auf die vergilbten, -ast durchsichtigen Seiten des Heiligen Buches zu werfen, die mit vier Spalten rostroter griechischer Buchstaben bedeckt sind Man zählt täglich rund 7000 Besucher. Die meisten verlassen das Museum nicht, ohne ein paar Münzen in die bereitstehenden Sammelkästen zu stecken. Diese Spenden erreichen täglich die Summe von rund 1500 RM.
Der Brezelmarsch leitet die neue Trinkzeit ein
Wentge Wochen erst sind verstrichen, seit die Prohibition in den Vereinigten Staaten ihr Ende genommen, und schon hat die neue trinkfrohe Zeit auch ihren musikalischen Ausdruck gefunden in Gestalt des Vrezelmarsches, der vor allem im Westen des Landes heute überall ertönt. Der Komponist ist Hermann Fiedler, ein im Dienst ergrauter Oberkellner in einem bekannten Klub von San Francisko. Seine fachliche Ausbildung erhielt Fiedler in München, Berlin und Heidelberg. Als nun kürzlich mit dem Wegfall des Alkoholvcrbots von allen Seiten das Knallen der Pfropfen und Klingen der Gläier an lein Ohr drang, fielen ihm die schönen Studentenlieder von einst wieder -in. Aus ihnen komponierte er seinen Brezelmarsch, der zwar nicht gerade originell ist, von den in dieser Beziehung nicht ver- vöhnten Amerikanern aber mit größter Begeisterung aufgenom- «en wurde.