(ragesMung
5 7. Jahrgang
Altensteig, Mittwoch, den 3. Januar 1934
Nummer 2
P. K. srtrrt MjUam
25 Jahre Postscheckverkehr
Der deutsche Postscheckverkehr steht mit über einer Million Konten weitaus an der Spitze aller Länder» die die gleiche Einrichtung besitzen, denn auf Deutschland folgt Frankreich mit etwa 575 000 und Belgien mit 315 000 Konten. Der Postscheckverkehr, der in der Geschäfts- und Umgangssprache kurzweg P. K. genannt wird, gehört zum Zahlungsverkehr innerhalb der deutschen Wirtschaft und hat sich einen Platz in ihr erobert, der ihm nicht mehr geraubt werden wird.
Mit einem gewissen Erstaunen wird mancher von der Tatsache Kenntnis nehmen, daß am 1. Januar 1934 der deutsche Postscheckverkehr die ersten 25 Jahre seines Bestehens beendet hat. Wir können uns heute die Zeit garnicht so richtig vorstellen, in der man noch ohne die blauen Zahlkarten und die bequemen Ueberweisungsformulare arbeitete. Der bargeldlose Zahlungsausgleich war aber zu jeder Zeit noch ein Gebiet, das weiten Schichten des Volkes nur wenig erschlossen war, ganz im Gegensatz zu England und den Vereinigten Staaten, wo der Scheck schon längst große Bedeutung im Wirtschaftsleben gewonnen hat. Man muß allerdings berücksichtigen, daß wir in jenen glücklichen Zeiten noch Goldstücke in Hülle und Fülle hatten. Papiergeld war zwar im Umlauf aber erschien doch verhältnismäßig selten im Verkehr, lediglich der blaue Hundert-Markschein erfreute sich einer gewissen Popularität. Man wird es deshalb begreifen können, daß weite Volkskreise dem bargeldlosen Verkehr mit einem gewissen Mißtrauen gegenüberstanden. Das griff sogar bis in die Volksvertretung über, denn sie lehnte eine Post- und Scheckvorlage, die die Reichspost bereits 1899 einbrachte, glatt ab. Die Post ließ sich jedoch durch diesen Mißerfolg nicht entmutigen. Zu Hilfe kamen ihr die schwierigen Eeldmarktverhältnisse des Jahres 1907, die durch den hohen Reichsbankdiskontsatz herbeigeführt waren. Eine im Jahre 1908 neu eingebrachte Vorlage fand diesmal die Zustimmung einer großen Mehrheit, so- daß die Organisation des Postscheckverkehrs im Verordnungsweg erfolgen konnte.
Am 1. Januar 1919 nahmen dreizehn Postscheckämter ihre Tätigkeit aus. Im Laufe der nunmehr hinter uns liegenden 25 Jahre ist ihre Zahl auf neunzehn angewachsen. 42 000 Postanstalten sind dem Postscheckverkehr dienstbar gemacht worden. Wie sehr der deutsche Postscheckverkehr seiner Hauptaufgabe gerecht geworden ist, nämlich den bargeldlosen Ueberweisungsverkehr zu pflegen und weitesten Schichten des Volkes zu erschließen, zeigt vor allem die Tatsache, daß die Zahl der Konten trotz der Wirtschaftsnöte der letzten Jahre dauernd gewachsen ist und noch weiter ansteigt. Einige Zahlen mögen als Belege für die Bedeutung und Wichtigkeit des Postscheckverkehrs dienen: 2m Jahre 1932 sind in 703,6 Millionen Buchungen 103,4 Milliarden RM. umgesetzt worden. Mehr als 4 Fünftel dieses Umsatzes wurden bargeldlos beglichen und rund 3 Viertel aller Lastschriftaufträge sind bargeldlos gebührenfreie Ueberweisungen Das Guthaben dieser Konten belief sich auf 461,6 Millionen. Die Arbeit, die die Postscheckämter täglich zu bewältigen hat, ist enorm. Bei den neunzehn Postscheckämtern werden im Durchschnitt jeden Tag 2,3 Millionen Buchungen vorgenommen. Etwa 320 000 Briefe laufen täglich ein, 400 000 Benachrichtigungen an die Postscheck-Kunden gehen täglich aus. Die Zahl der Konto-Auszüge beträgt etwa 120 Millionen im Jahre. In den Dienst des Postscheckverkehrs sind
!
LWS-
Versailles und die deutsch« Luftsahrt
Auf dem Flugplatz Fuhlsbüttel-Hamburg wurde ein Denkmal eingeweiht, das in überaus eindrucksvoller Gestaltung einen durch Ketten gefesselten Flugzeugmotor darstellt.
die modernsten technischen Hilfsmittel gestellt. Buchungsmaschinen, Addiermaschinen, elektrische Brieföffnungs- und Schließungsmaschinen, Schnellpressen, Prägemaschinen, Rohrpost usw. ermöglichen die ordnungsmäßige und pünktliche wirtschaftliche Bearbeitung dieses Massenverkehrs. Was der Reichsbankgiroverkehr für den Eroßverkehr bedeutet, das ist der Postscheckverkehr für den Kleinverkehr. Zwischen beiden Eironetzen besteht eine enge Verbindung, so- daß der Postscheckverkehr als eine glückliche Ergänzung des Reichsbankgironetzes angesehen werden kann Der Postscheckverkehr beschränkt sich aber nicht auf Deutschland allein, seine führende Stellung im internationalen Zahlungsverkehr zeigt sich auch im Ueberweisungsverkehr in einer Reihe europäischer und außereuropäischer Länder, von denen Belgien, Dänemark, Frankreich, Italien, Japan, Jugoslawen, Holland, Oesterreich, Schweden, die Schweiz, die Tschechoslowakei und Ungarn genannt seien. Naturgemäß ist infolge der verschiedenen Devisenmaßnahmen der Umsatz etwas zurückgegangen. Immerhin betrug er in beiden Richtungen im Jahre 1932 noch 1,2 Millionen Aufträge mit insgesamt über 127 Millionen Reichsmark.
Eine Neujahrsansprache des österreichischen Bundeskanzlers
Wien, 2. Jan. Bundeskanzler Dr. Dollfuß sprach am Silvesterabend über alle österreichischen Sender zur Jahreswende und gab in einem Rückblick ein Bild der Entwicklung der wirtschaftlichen und innen- und außenpolitischen Lage Oesterreichs im vergangenen Jahre. Dollfuß behauptete, der Kampf der Nationalsozialisten sei im Auslande als ein Angriff auf die staatliche Selbständigkeit Oesterreichs empfunden worden. Er hob dann seine Bemühungen um Selbständigkeit und Unabhängigkeit Oesterreichs u. a. durch Bildung der Vaterländischen Front hervor und ging weiter zur Behandlung außenpolitischer Fragen über, wobei er erwähnte, daß Italien Oesterreich ein starker politischer Freund geworden sei. Eine wirklich innere Anteilnahme und Sympathie für Oesterreichs Kampf um Freiheit und Selbstbestimmung habe in der ganzen Welt Platz gegriffen Daher darf ich, so fuhr er fort, heute wohl auch ein ernstes politisches Wort sagen. Es ist ein Gebot der Selbstachtung, daß wir Oesterrcicher die politische und numerische Gleichberechtigung mit allen Staaten verlangen. Eine Forderung, die wir ebenso wie alle jene brauchen, die unser Los teilen. Ein freundschaftliches Verhältnis zu den anderen Staaten ist nur möglich, wenn die Unterschiede zwischen Siegern und Besiegten endlich verschwinden. In allen diesen Punkten geht die deutsche mit der österreichischen Politik parallel. Unsere Politik unterscheidet sich aber durch die Ueberzeugung. daß das Wesen dieser deutschen Politik sein muß, für deutsches Leben und deutsche Kultur Sympathie und Freundschaft zu gewinnen und ich darf hier wohl mit aller Bescheidenheit sagen, daß wir dieser unserer Aufgabe für das Deutschtum mit ungewöhnlichem Erfolge nachgekommen sind Die Lrhal.ung der historischen Sendung Oesterreichs im deutschen wie im europäischen Raume bleibt unsere Aufgabe.
„Sen Selm fester binden"
Die Silvesterrede Dr. Eöbbels
Berlin, 2. Jan. Reichsminister Dr Göbbels hielt am Silvesterabend über alle deutschen Sender eine Ansprache in der er zunächst die Wandlungen aufzeigte, die sich in Deutschland während des letzten Jahres vollzogen haben. Das Jahr 1333 werde in die Geschichte übergehen als das Jahr der aus zwer» tausendjährigem Fleiß erstandenen deutschen Nation. In diesem ersten nationalsozialistischen Winter sei kein einziges Glied des deutschen Volkes und sei es noch so arm und bedürftig, im Stich gelassen worden.
Der Minister fuhr dann jort: Wie immer, so binden wir auch diesmal nach der Schlacht den Helm fester Das neue Jahr liegt vor uns mit neuen Forderungen und neuen Aufgaben. Es wird uns nichts geschenkt, es will erobert werden. Schwere und einschneidende Probleme harren ihrer Lösung. Es wird nötig sein, daß wir mit Eifersucht und Klugheit den gewonnenen festen Boden, auf dem wir stehen, halten, wahren und ausbauen, denn nur von ihm aus können wir den Sprung ins Neuland wagen.
Die Kameradschaft des Volkes, die so wunderbar begonnen hat, darf nicht die Laune eines Zeitabschnittes sein. Sie muß die echte und bleibende Leidenschaft eines edlen Gesinnungswechsels darstellen der im deutschen Volke ganz begriffen und alle Herzen für immer erobert hat Aus ihr werden wir dann auch die Kraft gewinnen, kür die noch vor uns liegenden schweren Wintermonate den Kampf gegen Hunger und Kälte siegreich zu
,Llttiger Frühling"
Ei« Roma« junger Deutscher im Kriege von Walter Bloem. _
30. Fortsetzung
Die französische Führung war Lurch Len biespiellosen Schneid des deutschen Vorstoßes dermaßen erschüttert worden, daß sie Las Fort kopflos preisgab. Jetzt ist sie sich der Schwere ihres Verlustes bewußt geworden und bereitet offenbar eine große Unternehmung vor, um es zurückzuerobern.
Die älteren Kämpfer, die den Vormarsch, die Schlachten von 1915 und die Verdun-Offensive hinter sich haben — dieses Dauerfeuer ist auch ihnen was Neues.
Auch im Regiment hat sich vieles verändert. Die Strapazen der Sturmtage haben eine Anzahl der Kommandeurs verbraucht. Das Regiment, das zweite Bataillon und die Füsiliere werden von Herren geführt, die von anderen Truppenteilen stammen und mit dem Offizierkorps wie den Grenadieren noch nicht volle Fühlung bekommen Haben.
Die alte Zwölser-Usberlieferung ist in den Stäben nur noch vertreten durch Leutnant Maron, den unvergleichlich tapferen, umsichtigen, unermüdlichen, immer gleichmäßig heiteren und liebenswürdigen Regimentsadjutanten — und durch die Hauptleute Schmitz und Strauß, die unverwüstlichen Kommandeure des ersten und zweiten Bataillons. Zum Glück sind auch die meisten Kompagnieführer und mancher der Zugführer noch vom besten alten Zwölferschlag.
Zu diesen darf sich Hubert Schmitz zählen. Er ist ja sei: Ende September 1914 beim Regiment und darf seit dem neuen Erfolg seinem Vater als Bataillonsadjutant zur Seite stehen. Das ist, nebenbei bemerkt, keine reine Freuds
Hauptmann Schmitz ist sorgsam bemüht, in Hinsicht seines Sohnes auch den Anschein einer Bevorzugung zu vermeiden. Wenn's irgendwo einen besonders brenzligen Gang zu tun gibt — der Leutnant Schmitz muß ran. Als im Ruhequartier die Eisernen Erster für die glorreiche Verdun-Offensive ankamen, ist der Leutnant Schmitz natürlich leer ausgegangen — obwohl er in allererster Linie den
Anspruch gehabt hätte — nach allgemeinem Urteil der Kameraden, und das will was heißen.
Auch der Leutnant der Reserve Heinrich Paulukat hat sich an der Spitze seines Zuges in den berauschenden Tagen des Sturms auf den Fosses-Woid und des tollkühnen Flankenstoßes gegen Chauffour-Wald und Dorf Touaumont glänzend geschlagen. Er hätte nicht minder die Erste Klasse verdient als Freund Hubert. Aber es ist nun einmal so, im Kriege wie überall in der Welt: nicht das tapfere, nur Las siegreiche Ringen findet seinen vollen Lohn. Der Douaumont ist den Zwölfern ohne ihre Schuld entgangen. Es sind diesmal nicht viel Eiserne Erster für das Regiment abgefallen.
Eine Woche lang liegen die Zwölfer in den Schluchten am Rande der eigentlichen Kampfzone. In den kümmerlichen, verdeckten, verlausten Unterständen, in denen did Franzosen anderthalb Jahre lang gehaust haben.
Die ganze Gegend ist verdammt ungemütlich. Unmassen von Artillerie hat der Franzose, scheint's, allmählich herangeschafft. Schwere Flachfeuerbatterien streuen alle Mulden und Waldstücke nach deutschen Reserven ab. Wer sich in ihrem Bereich befindet, steht buchstäblich in jeder Sekunde Aug' in Auge mit dem Tode. Jede -Sekunde kann aus blauem oder grauem Himmel das Riesengeschoß herniederstürzen, das platzend einen hausliefen Trichter in die steinige, schon unzähligemal um- und umgepflügte Walderde wühlt und alles, was es erreicht, in seine Atome auflöst.
Und dabei müssen die Kompagnien Nacht für Nacht aus den Unterständen, die wenigstens gegen leichte und mittlere Kaliber Schutz bieten, in den Graus eines ewigen Entsetzens hinaus. Nicht zum Kampf. Wenn's das wäre! Zum Arbeitsdienst. Pioniergerät, Lebensmittel, Wasser müssen in das Fort geschleppt werden. Durch den Feuerkranz hindurch, mit dem der Franzose das Fort von der Außenwelt abzuriegeln ohn' Unterlaß beflissen ist. Ohne Weg und Steg, durch eine Trichterwüste gilt es sich vorzuarbeiten — ohne andre Beleuchtung als das Aufblitzen der feindlichen Einschläge, ohne anderen Richtungspunkt als das hin und wieder aufzuckende Licht der Signalstation des Forts.
In anderen Nächten muß gegraben werden: es gilt einen einigermaßen bombensicheren Kanal auszutiefen für
ein Kabel, welches das Fort mit den Stäben und der höheren Führung verbinden soll.
Das Fort! Es hat sich seit seiner Einnahme ein bißchen verändert. Schon als die Vi-rrundzwanziger es erstiegen, hatten unsere „dicken Berthas" und „langen Maxe" den verlassenen Schulterpunkt des nordöstlichen französischen Befestigungsgürtels hart angefaßt, ohne andern Schaden zu tun als die Zertrümmerung der Oberhaut sozusagen des großartigen Festungswerkes.
Seitdem liegt es nun schon zweiundeinenhalben Monat lang im Mittelpunkt der Dauerschlacht. Seine Wälle und die massiven Hausteinmauern, die sie stützen, der tief in den Felsen eingestemmte vielstöckige Kasernenbau, der seinen Mittelpunkt bildet, werden täglich aufs neue und unablässig von unzähligen Einschlägen aller Kaliber zerwühlt, zerfledert, zu Schotter und Staub zermahlen.
Aus der Entfernung sieht das aus wie eine Wasserkunst, die beständig ein tolles Spiel aufgischtender dunkler Strahlen und Schaumfontänen in die Höhe wirft. Bei Nacht — ein Riesenfeuerwerk.
Durch diesen Graus müssen die Trügerkolonnen sich Nacht für Nacht ins Innere des Forts hinaufarbeiten, um ihre Stacheldrahtrollen, ihre Bretter und Pfosten an die Materialienverwaltung abzuliefern, ihre Kisten mit Patronen, Kartoffeln, Konservenbüchsen, Kommißbroten.
Heute nacht hat Leutnant Paulukat mit seinem Zuge das Vergnügen, dreißig Stück gefüllte Flammenwerfer aufs Fort zu schaffen, um die Besatzung zur Abwehr des mir Sicherheit zu erwartenden französischen Großangriffs ausgiebig zu versorgen.
Flammenwerfer, das sind zylindrische Stahltrommeln, deren jede etwa zwanzig Liter einer hochexplosiven Flüssigkeit enthält. Unten ist ein Schlauch, dessen Mundstück eine zehn Meter lange Stichflamme ausspuckt. Mit der kann man „Widerstandsnester ausräuchern".
Diese sympathischen Gegenstände gilt's also durch den Feuergürtel zu mogeln. Ein Auftrag, über den man am besten nicht nachdenkt. Man könnte sonst beispielsweise auf die Vorstellung kommen, man geriete mit den dreißig Blechschachteln in einen Feuerüberfall. Der Offizier, der diesen Transport leiten muß, hat an seiner Verantwortung zu tragen.
(Fortsetzung folgt.)