Nerven der Pariser befinden sich seit Wochen in einer furchtbaren Spannung und jede Alarmnachricht stürzt eine ganze Millionenbevölkerung vom Ver­trauen in die Verzweiflung. Die französische Armee­leitung hat bisher keinen einzigen französischen Jour­nalisten den Operationen folgen lassen; zugunsten der Times wurde eine Ausnahme gemacht. Die Presse, die kurz vorher vom Ministerium die volle Wahrheit verlangte, sieht nun selbst, sagt der Korre­spondent, die Notwendigkeit zu größerer Zurückhal­tung. Eine Depesche der Agentur Havas bestreitet heute den deutschen Sieg in Ortelsburg.

Die Kämpfe in Galizien und Polen.

Wien, 4. Sept. Die Schlachten, die sich auf dem russischen Kriegsschauplatz aus unserer Offensive ent­wickelten, haben eine Entscheidung des Feldzuges noch nicht gebracht. Unsere Truppen gehen den noch bevorstehenden ernsten Kämpfen mit Zuversicht ent­gegen. Gegenwärtig läßt sich der Verlauf der Ereig­nisse nur in groben Zügen wiedergeben: Oestlich bei Krasnik. Noch dreitägiger Schlacht der siegreichen Armee des Generals Dank! begann am 25. August die Armee Auffenberg den Angriff auf die von Cholm südlich vorgerückten feindlichen Kräfte. Hieraus entwickelten sich die Schlachten von Zamosc und Komarow. Am 28. August wurde das Ein­greifen der Gruppe des Erzherzogs Joseph Fer­dinand fühlbar. Zahlreiche Ärmeeteile konnten am 29. August von Zamos gegen Osten einschwenken und bis Czesniki Vordringen. Demgegenüber richtete der Feind seine heftigsten Anstrengungen gegen den Raum von Komarow wohl in der Absicht, hier durch­zustoßen. Abends stand unsere Armee in der Linie Przewodow-Groack-Czesniki-Wielacza. Auf russischer Seite hatten neue Kräfte eingesetzt. Am folgenden Tag setzte Auffenberg die Umfassung, der Feind seine Durchbruchsversuche fort, die schließlich die eigene Front bis Labunie-Tarnawatka zurückbogen. In­dessen vermochte sich Erzherzog Joseph Ferdinand im allgemeinen vorzuarbeiten. Am 31. August schritt die Einkreisung des Feindes unter heftigsten Kämpfen fort. Bei Komarow bereits äußerst gefährdet, be­gannen die Russen den Rückzug gegen Krylow-Dru- bieszow, erwehrten sich jedoch durch Offensivstöße nach allen Richtungen der drohenden Umklammerung. Endlich in den Nachmittagsstunden des 1. September wurde sicher, daß die Armee Auffenberg endgültig gesiegt hatte. Komarow und die Höhen südlich von Tyszowce wurden genommen. Der Erzherzog drang gegen Sparojew-Siele vor. Während dieser Kämpfe Auffenbergs hatte die Armee Dank! am 27. August eine zweite Schlacht bei Nie-arzwica-Duza geschlagen und weiterhin Teile unserer Kräfte von der Weichsel herangezogen. Diese ganze Heeresgruppe drang in den folgenden Tagen umfassend bis nahe an Ljublin heran. Gleichzeitig mit diesen skizzierten Ereignissen wurde auch in Ostgalizien schwer gekämpft. Am 27. August stießen die zur Abwehr bestimmten Kräfte in der Linie Dunajow-Busk auf den Gegner. Trotz des Erfolges, der von Dunajow her die Höhen westlich Pomorzany gewinnenden Kolonnen konnten die beiderseits der Zloczower Chaussee vorgehenden Armeeteile gegen den namentlich auch an Ärtillerie weit überlegenen Feind nicht durchdringen. Am 28. August setzten die Russen den Angriff auch auf die östlich Lemberg kämpfenden Armeeteile fort. Am Nachmittag war ein Zurücknehmen in den engeren Raum östlich und nördlich Lemberg nicht mehr zu umgehen, zumal auch unsere südliche Flanke bedroht wurde. Die rückgängige Bewegung vollzog sich in voller Ordnung, ohne daß der offenbar gleichfalls schwer hervorgenommene Feind wesentlich nach­drängte. Am 29. verschoben die Russen ihre Kräfte aus dem Raume nordöstlich Lemberg gegen Süden. Tags darauf steigerte sich dieser Angriff zu größter Heftigkeit. Der Feind vermochte immer neue Kräfte einzusetzen, denen gegenüber unsere Truppen trotz Offensivstößen gegen Lemberg und Nikolajow weichen mußten. In allen diesen Kämpfen erlitten unsere braven Truppen hauptsächlich durch die an Zahl weit überlegene und auch aus modernen schweren Ge­schützen feuernde feindliche Artillerie große Verluste. Zusammenfassend kann gesagt werden, daß wir bis­her gegen etwa 40 russische Infanterie- und Kaval­lerie-Divisionen gekämpft und zum mindesten die Hälfte dieser feindlichen Kräfte unter großen Ver­lusten zurückgeworfen haben. Auf dem Balkan­kriegsschauplatz herrscht im allgemeinen Ruhe. Von den Höhen nordöstlich Bilek wurden die Montene­griner abermals geworfen. Am 1. Sept. morgens erschien das Gros der französischen Mittelmeerflotte, bestehend aus 16 großen Einheiten, vor der Einfahrt von Boche di Cattaro und beschossen aus den schwer­sten Kalibern Punta d'Ostro. Die Wirkung war kläglich. Drei Festungsartilleristen wurden leicht verwundet. Ein Lufthaus in der Nähe der Forts wurde zerstört. Nach der Kanonade dampften die feindlichen Schiffe wieder ab. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabs: von Höfer, Generalmajor.

In Oesterreich steht es gut.

Wien, 4. Sept. Aus dem Kriegspressequartier wird gemeldet: Da nun die österreichisch-ungarischen Operationen gegen die Rüsten bald ganz enthüllt sein werden, werden die Angaben mit größter Voll­ständigkeit in den Berichten erfolgen, deren Veröffent­lichung nunmehr der Sache nicht mehr schaden kann. Die Lage ist für Oesterreich-Ungarn weiter gut, die Entscheidung jedoch wird noch einige Zeit auf sich warten lasten.

Oesterreichische Siegesbeute.

Wien, 4. Sept. Aus dem Bereich der Armeen Dankl und Auffenberg wurden bisher 11 OVO Kriegs­gefangene abgeschoben. Etwa 7000 sind vorerst noch angekündigt. In der Schlacht an der Huzwa wur­den, soweit bisher bekannt, 200 Geschütze, sehr viel Kriegsmaterial, zahlreiche Gefangene und die Feld­kanzleien des 19. russischen Armeekorps mit wich­tigen Eeheimakten erbeutet. Der Feind ist in vol­lem Rückzug. Unsere Armeen verfolgen ihn mit großer Kraft.

Zum Siege der Oesterreicher.

DieNorddeutsche Allgem, Zeitung" schreibt: Nach hartem Ringen ist es den standhaften und tap­feren Truppen Oesterreich-Ungarns gelungen, den Feind zum weichen zu bringen und ihm schwere Op­fer zuzufügen. Einen deutlichen Maßstab für die Größe des Sieges bietet die Zahl der erbeuteten Ge­schütze. Unter außerordentlich schwierigen Verhält­nissen haben glänzende Fllhrereigenschaften mit stau­nenswerten Leistungen der Truppen zusammenge­wirkt. In Deutschland wird diese ruhmreiche Waf­fentat mit Begeisterung begrüßt werden. Wir be­glückwünschen aus tiefstem Herzen Kaiser und König Franz Joseph zu diesem Tag. Mit wärmsten Em­pfindungen gedenken wir auch der heldenhaften Streiter und ihrer Führer.

Eine französische Flotte in der Adria.

Wien, 3. Sept. (Nicht amtlich). Amtlich wird bekannt gegeben: Am 1. September morgens, erschien die französische Mittelmeerflotte, bestehend aus 16 Einheiten, nämlich Schlachtschiffen und Panzer­kreuzern und zahlreichen Torpedofahrzeugen auf große Entfernungen vor der Einfahrt in die Bucht von Cattaro. Sie gab 40 Schüsse aus schwerem Kaliber gegen die veralteten Forts auf Punta d' Ostro ab, ohne den dortigen Werken Schaden zuzufügen. Von der Besatzung wurden 3 Mann leicht verwundet. Die Flotte dampfte dann eine Zeitlang in nordwestlicher Richtung ab, wandte sich sodann südlich, um anscheinend die Adria zu oerlasten. Es handelt sich daher offenbar um eine wirkungslose Demonstration der französischen Streit­kräfte an unserer südlichen Küste.

Menschenfresser gegen Deutschland mobil!

Man wird sich erinnern, daß Stanley bei seiner ersten Durchquerung Afrikas die ganze Einwohner­schaft der Kongogegend als dem Kannibalismus ergeben beschrieben hat. Belgische Zeitungen mel­deten im letzten Jahrzehnt noch häufig von den strengen Maßregeln, die die Regierung dessouve­ränen Kongostaates" dagegen ergreifen mußte. Nun hat König Albert, der Sprosse eines der berühm­testen und ältesten Fürstengeschlechter Deutschlands, der Wettiner, das in grauer Vorzeit aufstieg mit unseres Volkes Sagen es fertiggebracht, solche Kerle im Krieg gegen sein Vaterland zu verwenden! DerRotterdams! Courant" berichtet nämlich, daß in dem eroberten Namur sich auch eine Legion ein­geborener Kongosoldaten unter dem Befehl des Obersten Pheltin befunden habe.

Großbritanien führt Krieg gegen die Frauen.

Das Genfer Journal meldet aus London: Da mehrere deutsche und österreichische Frauen, denen das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten gestattet hatte, England zu verlassen, ihren Ländern wichtige Jnformationsnachrichten hinterbracht haben, hat die Regierung beschlossen, jetzt auch alle Frauen der feindlichen Länder zurückzubehalten, und diesen Beschluß dem amerikanischen Botschafter mitgeteilt.

Ein Herr aus Köln, der es unternommen hat, eine Anzahl der in England weilenden, deutschen Mädchen zurückzubefördern, sendet aus Vlisstngen ein Telegramm, daß jede Auswanderung deutscher Angehörigen versperrt sei. Polizeiliche Erlaubnis­scheine würden erst wieder in 14 Tagen ausgehändigt.

England will uns aushungern.

Berlin, 4. Sept.England will aushungern", so schreibt dieVossische Zeitung". Aus zuverlässiger Stockholmer Quelle verlautet, daß die englische Re­gierung abermals und in bestimmter Form an die nordischen Länder das Ansinnen gestellt hat, die Lebensmittelzufuhr nach Deutschland einzustellen.

Schweden habe in ebenso bestimmter Form die von den Engländern gewünschte Verletzung des Völker­rechts abgelehnt.

Die Türkei gegen die Tripleentente.

Wie der WienerReichspost" aus Konstantinopel gemeldet wird, soll dort die Stimmung der Bevöl­kerung gegen die Tripleentente noch bedrohliche Formen annehmen.

Konstantinopel, 4. Sept. Die türkischen Blätter besprechen die Ankündigung der englischen Regie­rung, Truppen aus Indien auf den europäischen Kriegsschauplatz zu werfen und sagen, es sei erstaun­lich, welches Uebermaß von Selbstvertrauen die eng­lischen Staatsmänner erfüllen müsse, wenn sie. an­gesichts der Stimmung im mohamedanischen Indien ernstlich an solche Experimente denken sollten. Wahr­scheinlich sei aber diese Ankündigung nur ein echt englischer Bluff. Wenn die englische und russische Flotte gemeinsam die Dardanellen zu forcieren ver­suchen sollten, würde die Empörung der Mohame- daner Indiens unmittelbar folgen.

Doch Revolution in Odessa.

Nach dem Bericht eines soeben aus Rußland heimgekehrten schwedischen Ingenieurs herrscht in Odessa Revolution. Die Stadt ist von dem tele­phonischen und telegraphischen Verkehr mit der Außenwelt abgeschnitten.

Serbische Lügen.

Wien, 3. Sept. (Nicht amtlich). Wiener Korr. Bur. Die Berichte des serbischen Pressebureaus über Siege der Serben gegenüber den Oesterreichein sind falsch. Die Wahrheit ist, daß der militärische Zweck unseres Vorstoßes in Serbien vollkommen erreicht wurde.

Unsere Zeppelinschiffe im Krieg.

Von besonderer Seite wird denFranks. Nach richten" geschrieben: Es ist naturgemäß, daß über unsere Zeppelinluftschiffe im Kriege so wenig wie möglich bekannt gegeben wird, um dem Feinde keine Anhaltspunkte über ihre Verwendung, ihre Stand­quartiere, ihre Flugzeiten zu geben. Bisher ist des­halb auch nur amtlich zugegeben worden, daß Zep­peline über Lüttich, über Antwerpen und über der Nordsee gearbeitet haben, und daß schon ihr Er­scheinen genügte, um eine allgemeine Panik bei der Bevölkerung und eine ungeheure Nervosität, verbun­den mit gewaltiger Munitionsverschwendung bei den Truppen hervorzurufen. Daß auch die Wirkung ihrer Bomben durchaus zweckentsprechend war, ist ausdrücklich bestätigt worden und hat sich erst in den letzten Tagen in Antwerpen gezeigt. Aus dieser Sparsamkeit mit Nachrichten darf nun aber keines­wegs der Schluß gezogen werden, daß mit den er­wähnten Expeditionen das Tatenregister der Zep­peline erschöpft sei. Vielmehr ist es richtig, daß die Kriegsluftschiffe aus der Friedrichshafener Werkstatt Verwendung gefunden und außerordentlich wichtige Dienste geleistet haben, mit denen die Heeresleitung sehr zufrieden ist. Sowohl zu Erkundigungszwecken, wie im Kampf haben sich die Luftschiffe bewährt und dabei ein so ungewöhnliches Maß von Zuver­lässigkeit und Sicherheit gezeigt, daß bisher trotz eines geradezu ungeheuerlichen Aufwandes an Munition, trotz des Beschießens mit Gewehren, Maschinenge­wehren und Kanonen der Verlust keines einzigen Menschenlebens eingetreten ist. Diese Tatsache ist so bezeichnend und stellt den Zeppelinschiffen ein so günstiges Zeugnis aus, daß in den Mannschafts­kreisen der Zeppelinluftschiffe bereits erklärt wird, den sichersten Aufenthalt im Kriege, auch im heftig­sten Feuer, biete der Zeppelin. Daß kein einziges Zeppelinschiff in die Hände des Feindes gefallen ist, braucht hiernach nur nebenbei erwähnt zu werden. Die in vier Kampfwochen erworbene Kriegspraxis hat wichtige Anhaltspunkte ergeben, die der ferneren Verwendung der Luftschiffe im Kriege wie im Frie­den sehr zu statten kommen werden. Insbesondere hat man die Gefahrengrenzen genau kennen gelernt, so daß man in Zukunft noch viel sicherer operieren wird, als dies bisher schon geschehen. Im Osten ha­ben die Zeppeline in weiten Erkundigungsfahrten tief nach Rußland hinein sehr nützlich gearbeitet und die militärischen Operationen sehr erleichtert. Als zusammenfassendes Ergebnis der Kriegstätigkeit der Zeppelinschiffe kann deshalb mit Anerkennung und Genugtuung festgestellt werden, daß die Zeppeline in jeder Beziehung den Erwartungen entsprochen und sie in mancher Beziehung sogar übertroffen haben. Zumal was ihren Kampfwert und ihre Sicherheit als Aufenthaltsort für die Mannschaften angeht, haben sie Verblüffendes geleistet und haben sich auch als viel weniger empfindlich herausgestellt, als von mancher Seite erwartet wurde. Wir besitzen in den Zeppelinluftschiffen ein Kriegsinstrument, wie es kein anderes Heer zur Verfügung hat.