Die Forts von Paris unmodern, veraltet.

Frankfurt a. M., 2. Sept. (Nicht amtlich). Dem römischen Korrespondenten der Frankfurter Zeitung erklärte ein italienischer Generalstabs- Hauptmann, nach guten Informationen seien die Pariser Forts nur von geringem Wert. Alle seien vor 1886 gebaut. Die Werke beständen nur aus Erde und Backsteinen und seien unmodern.

Aus Zürich wird ein Befehl des Militärgouver­neurs von Paris dem Berliner Tageblatt übermit­telt, in dem es heißt: In vier Tagen vom 30. August ab müssen Hausbesitzer, Pächter und Mieter ihre Häuser sämtlich demoliert haben, widrigenfalls wer­den sie vom Militär gesprengt.

Trübe Stimmung in Frankreich.

Paris, 2. Sept. Der PariserMatin" ver­öffentlicht den Brief eines französischen Soldaten, wahrscheinlich eines Angehörigen des befestigten Lagers von Paris, der interessante Schlaglichter auf die Geistesverfassung des französischen Volkes wirft. Der Schreiber sagt: Dem Soldaten wird Zuversicht für die Zukunft eingeflößt, aber es gibt zwei Um­stände, die uns mißfallen. Als unser Bataillon auf Eilmärschen und unter Strapazen durch die Ort­schaften kam, zeigten die Leute immer ernste Gesichter, traurige Blicke, finstere Stirnen und führten die Taschentücher an die Augen.Es geht doch kein Leichenzug vorbei," sagten dazu die Soldaten. Die Soldaten hätten mit Stolz und Freude in den Krieg ziehen können und mit einem Lächeln selbst im Tode. Von diesem Lächeln wollen wir auch bei anderen sehen. Wer weint, soll drinnen bleiben. Die Trup­pen brauchen eine freudige, zuversichtliche Begrüßung beim Durchzug. Zweitens bedrückt die Soldaten der Anblick all der schmächtigen, blassen Kinder, die wie hungrige Hunde nach den Resten der Mahlzeiten faßen. Bei den Quartieren fallen die Reihen un­glücklicher Frauen auf, die die Ueberreste der Sup­pen und die von der Brotration weggeworfenen Reste zusammensuchen, in einer Weise, die uns das Herz zerreißt. Der Briefschreiber fragt:Gibt es denn keine öffentliche Armenunterstützung mehr in Frankreich, keine Liebesgaben, kein Geld? Wir mar­schieren frohgemut, verlangen aber, daß es nicht mehr vor uns Frauen gebe, die weinen, und hinter uns Kinder, die hungern.

Der französische Sozialist Sembat und der Weltkrieg.

Der in das französischeMinisterium der na­tionalen Verteidigung" eingetretene Sozialist Sem­bat gehörte bisher zu den entschiedensten Gegnern der nationalistischenKosakenpolitik" und über­haupt jedes revanchelüsternen Militarismus. Vor Jahresfrist hat er ein Buch unter dem TitelGebt uns einen König oder haltet Frieden" geschrieben, in dem er die Friedensziele der Republik betonte und vor der Gefährlichkeit der Kosakenalliang warnte. Es heißt in dem Buch u. a.:Dem Frankreich, das nicht.fähig ist, sich lange genug und wirksam auf den Krieg vorzubereiten, wird Rußland eines Tages das Bajonett in die unwilligen Hände zwingen. Aus Furcht, den sehr beträchtlichen Txil seines National­vermögens, das in Rußland investiert ist, zu ver­lieren, aus Furcht auch, in jedem Fall von Deutsch­land als Geisel behandelt zu werden, und um nicht wie ein dumpfer Sklave zu sterben, wird die unvor­bereitete Republik an diesem Tag kämpfen müssen. Darum muß Frankreich entweder einen König und Exerziermeister an seine Spitze stellen und sich unter dessen Befehl auf die Vorbereitung zum Waffengang konzentrieren oder es beibt republikanisch, und dann muß es mit Deutschland Frieden schlie­ßen. Das Elsaß ist heute deutsch, was auch nationa­listische Schreier über die Hoffnungen und Wünsche der Elsäßer fabeln mögen, die Republik, die das Eelbstbestimmungsrecht der Elsässer anerkennt, brauchte sich nur laut und deutlich mit dieser für alle Franzosen vielleicht betrübenden Tatsache abzu­finden, um das Haupthindernis seiner Annäherung an Deutschland aus dem Wege zu schaffen. Es ist die höchste Zeit, die Katastrophe kann jeden Augen­blick eintreten." Dazu bemerken die M. N. Nachr.: Umso bezeichnender ist es, daß ein Mann mit solchen Ansichten sich heute mitzutragen verurteilt sieht an der schweren Blutschuld der französischen Kriegshetzer. Genau wie sein Freund Jaurös am Vorabend des großen Krieges, vor dem auch er stets leidenschaft­lich gewarnt hatte, dem hereinbrechenden Straf­gericht schuldlos zum Opfer fiel. An jenem Abend verlor die verblendete Republik vielleicht den ein­zigen Mann, der in ernster Schicksalsstunde ihr neuer Gambetta hätte werden können! Sembat wird viel­leicht einspringen wollen. Doch glauben wir nicht, daß er derKerl" dazu ist.

«Zeppelin- wieder in Antwerpen.

Aus Antwerpen wird über Kopenhagen bezw. Rotterdam dem Lokalanzeiger von neuen Besuchen unseres braven Zeppelin über der belgischen Haupt- Festung berichtet: Ein Zeppelinluftschiff erschien gestern früh 3 Uhr über der Stadt und eröffnete ein heftiges Bombardement, das großen Schaden stiftete. Es gab viele Tote, das Luftschiff wurde mit Gewehren und Kanonen beschoffen.

Die Einsicht kommt zu spät.

Mehrere belgische Blätter schreiben: Wir kön­nen die Entschuldigungen wegen der Lenden­lahmheit, mit der das französische Heer uns zu Hilfe" gekommen ist, nicht gelten lassen. Man hat unsere Jungen zur Schlachtbank getrieben, indem man sie mit den Worten zu begeistern suchte: Fürch­tet euch nicht, die Franzosen kommen schon! Tag um Tag kämpften unsere Truppen, ihr Heldenmut erzwang die Bewunderung der ganzen Welt, ihr hartnäckiger Widerstand vernichtete den ganzen Ueberrumpelungsplan der Deutschen, und gerade mit Rücksicht darauf erklären wir kurzab, daß Frankreich seine Pflicht vergessen hat. In diesen Tadel begreifen wir auch die Engländer ein. wenn sie auch nicht gerade so schnell bei uns sein konnten, wie unser südlicher Nachbar, dem wir all unsere Eisen- bahnzllge und unser Material für seine raschere Be­wegung zur Verfügung gestellt haben."

Spionage im österreichischen Heere.

Berlin, 3. Sept. Aus dem österreichischen Kriegspressequartier meldet Herrings dem Lokal- Anzeiger über ruffenfreundliche Spionage folgendes: Die außerordentliche Tapferkeit der österreichisch­ungarischen Truppen, die sich in dem gemeldeten Sieg offenbart, läßt alle Besorgnis für die gegen­wärtig noch bedrängten Truppen nördlich Lembergs schwinden. Die österreichische Heeresleitung muß indessen viel unter der Spionage einheimischer Ruffenfreunde leiden, die den Feind am Tag durch verschiedenfarbige Rauchsäulen und Nachts durch Lichter verständigen. Auch Spiegelfignale gelangen in 'ftiger Weise zur Anwendung. Eine Prozession wurde abgefaßt der ein Heiligenbild vorangetragen wurde, das auf einen Spiegel gemalt war. Wenn es gelingt, die Russen in ein gefährliches Terrain zu drängen, werden sie stets von Spionen aus der Falle gerettet.

Die Umwerbung Bulgariens.

Sofia, 2. Sept. Wie die Blätter melden, wurde die große Wardabrücke bei Euemendsche von maze­donischen Revolutionären vollständig zerstört. In­folge der unaufhörlichen Verfolgungen der Maze­donier durch die serbischen Behörden beginne die Gärung unter der Bevölkerung gefährliche Formen anzunehmen, so daß weitere Anschläge zu erwarten seien.Kambana" wendet sich gegen die unauf­hörlichen Aufforderungen der russischen Pansla- visten, Bulgarien möge Rußland zu Hilfe kommen und sagt, all diese Hilferufe könnten höchstens die russischen und serbischen Werkzeuge in Bulgarien rühren. Das bulgarische Volk werde dagegen ein verschlossenes Herz bewahren. Die bulgarische Selbst­verleugnung gehe nicht soweit, daß Bulgarien sich selbst das Grab grabe, wie die entschlossenen russi­schen Aufrufe es verlangen.

Die Sedansfeier in Berlin.

gestaltete sich durch die Einholung der eroberten Geschütze zu einem Volksfest. Die Kronprinzessin, die mit ihren Söhnen auf den Balkon ihres Palais getreten war, wurde jubelnd begrüßt. Dem Zug vor­an ging eine Fahnensektion des Osterroder Land- sturmbataillons. Es folgten die eroberten ruffischen Kanonen mit erbeuteten Pferden und drei Maschi­nengewehren. Die französischen und belgischen Ge­schütze wurden gleichfalls von je vier erbeuteten Pferden gezogen. Beim Ueberschreiten der Schloß­brücke feuerte eine Batterie 33 Salutschüsse. Vor dem Schlosse wurde der Zug vom Oberbefehlshaber in den Marken und von den Spitzen der staatlichen und städtischen Behörden empfangen. Bon den Fen­stern des Schlosses sahen Prinzessin Eitel Friedrich und Prinzessin August Wilhelm, die Gräfin von Ruppin und zahlreiche Herren und Damen des Hofes dem Schauspiele zu. Die Musik der spalierbildenden Soldaten stimmteDeutschland, Deutschland über alles" an, was vom Publikum mitgesungen wurde. Die französischen Geschütze wurden dann nach dem Kronprinzlichen Palais gebracht und die drei ruffi­schen Maschinengewehre wurden vor der Komman­dantur aufgestellt. Die Geschütze vor dem Schlöffe, vor der Kommandantur und vor dem Kronprinzen­palais bleiben eine zeitlang dort aufgestellt.

Amtlich» v-ktnintmachunge«.

Nicht mehr dienstpflichtige ehemalige Sanitätsunteroffiziere und Gemeine,

die sich freiwillig für den Sanitätsdienst zur Verfügung stell», wollen sich bis spätestens 6. September 1814 beim Te' zirkskommando Calw (Hauptmeldeamt) schriftlich oder münd^ lich zwecks etwaiger späterer Beorderung anmelden.

König!. Bezirkskommando Calw.

Vorstehendes gilt auch für die Stadtgemeinde Calw Calw, den 4. September 1914.

Stadtschultheißenamt:

3. D.: Braun.

Aus Stadt und Land.

Calw, den 4. September 1914.

Bom Rathaus.

Oeffentliche Sitzung der Ortsarmenbehörde und des Gemeinderats am Donnerstag, den 3. Levt. nachmittags 4 Uhr. Anwesend sind Dekan Roos und 12 Mitglieder des Gemeinderats.

Die Ortsarmenbehördekommission teilt mit daß für Unterstützungen der Angehörigen ausmai- schierter Soldaten zunächst 37 Familien mit einer wöchentlichen Unterstützung von 171 -st in Betracht kommen. Es werde später mit einer monatlichen Ausgabe von 800 -st zu rechnen sein. Die Vorschläge, die im einzelnen bekannt gegeben werden, werden genehmigt. Es erhält demnach aus den angesam­melten Geldern eine Frau 3 -st und ein Kind 50 ^ wöchentlich; an Stelle der Frau kann auch eine alte Mutter bei einem ledigen Ausmarschierten einge­setzt und unterstützt werden. Die Unterstützungs­gelder werden vom 17. August an gewährt und alle 14 Tage von der Stadtpflege ausbezahlt werden Bei dieser Gelegenheit werden Klagen darüber laut, daß die Unterstützungen für bedürftige Familien bs jetzt nicht so ergiebig einlaufen, wie man erwartet habe, insbesondere seien die Gaben von Geschäfts­leuten, die bei der Einquartierung einen großen Nutzen ziehen, viel zu klein. Die Ortsarmenbehörde gibt der Hoffnung Ausdruck, daß der bewährte Opfer- sinn der hiesigen Einwohner sich auch in dieser hoch­wichtigen Sache wiederum glänzend bewähren werde.

Im Altersheim soll für die Aufnahme bemittel­ter Personen ein fester Verpflegungssatz aufgestellt werden. Nach den Verpflegungssätzen in ähnlichen Häusern wird eine jährliche Verpflegungssumme von 350 -st festgesetzt.

Mit der Genehmigung von Rechnungen ist die Tagesordnung der Ortsarmenbehörde erledigt.

Der Gemeinderat nimmt sodann Kenntnis von einem Erlaß des Ev. Oberschulrats betr. Regelung der Stellvertretung für einberufene Lehrer und der dadurch entstehenden Kosten.

Die Zivilbahnwachen sollen am 5. Sept. durch Landsturmleute abgelöst werden. Der Wachmann­schaft sollen Schilderhäuser auf Kosten der Militär­verwaltung zur Verfügung gestellt werden. Die Lieferung von 6 Schilderhäusern zu 19,5 -st das Stück wird Schreinermeister Schaible übertragen.

Die Stadlpflege wird ermächtigt, um den viel­fach geäußerten Wünschen der Quartierträger ent­gegenzukommen, die Quartiervergütungen für die erste Einquartierung mit 6000 -st ohne die Zahlung der Militärverwaltung an die Stadtkaffe abzuwal­ten, vorschußweise an die Quartierträger nach dem für den Friedensstand geltenden Sätzen auszu­bezahlen.

Sämtliche weiteren Gesuche um Gewährung von Reichsunterstützung an Familien ausmarschierter Soldaten werden befürwortet.

Die Stadtpflege hat, um die Steuerzettel recht­zeitig hinausgeben zu können, an die landwirtschaft­liche Berufsgenossenschaft das Ersuchen gestellt, die Umlage für das Jahr 1914 bekannt zu geben. Die Genossenschaft teilt mit, daß sie hiezu noch nicht in der Lage sei, sie schlage aber vor, einen provisorischen Beitrag von 4 -st zwo 100 -st des Umlagesatzes um­zulegen. Der Gemeinderat schließt sich dem Vorschlag an, bemerkt aber, daß die landwirtschaftliche Be­rufsgenossenschaft fernerhin ihre Umlage so zeitig bekannt gebe, daß die Gemeinde an der Ausgabe der Steuerzettel nicht gehindert sei.

Nach einem Erlaß des Ministeriums sind die Gehälter der städtischen Unterbeamten, die zur Fahne einberufen sind, während der Kriegsdauer in voller Höhe auszubezahlen, wovon Kenntnis genommen wird.

Das Kameralamt hat für den Verkauf dw Nonnenmacherschen Anwesens im Zwinger eure Wertzuwachssteuer von 124 -st angesetzt. Herr Non­nenmacher ist hiemit nicht einverstanden, uno wünscht, um eine Ermäßigung der Steuer erwirken zu können, daß der Eemeinderat den Wert des 18 a großen Grundstücks auf 1. Januar 1885 statt m 3000 -st zu 4000 taxiere und die Summe der Aus-