Die Riesenschlacht in Galizien.

Kriegspressequartier, 31. Ang. (Vom Kriegs­pressequartier genehmigt.) Unsere Linksoffensive in Russisch-Polen schreitet fort. Die Schlacht in Galizien steht andauernd gut. Oplatka.

Berlin, 1. Sept. Der Vossischen Zeitung zu­folge meldet der Kriegsberichterstatter der Sonn- und Montagszeitung in Wien, daß der österreichische linke Flügel gegen Cholm vordringe. Nach oer Frankfurter Zeitung von gestern dauert die Schlacht bei Lemberg weiter an. Das Eingreifen einer neuen österreichisch-ungarischen Truppe gegen Tomas- zow schließe die ungeheure Schlachtfront. Alle verfügbaren Kräfte seien auf beiden Seiten konzen­triert. Das russische Zentrum in der Schlacht zwischen Weichsel und Dnjestr werde von General Rennenkampf befehligt. Dieser zeichnete sich mehr­fach im russisch-japan. Kriege aus und gilt für einen der tüchtigsten und befähigsten Führer der Russen.

Deutsch-Samoa in englischem Besitz?

Dem Berliner Lokalanzeiger wird aus Amster­dam vom 31. August telegraphiert: Der englische Kolonialminister erhielt eine Depesche des Gouver­neurs aus Neuseeland mit der Mitteilung, daß Apia auf Deutschsamoa nach Belagerung durch eine englische Expedition am 29. August kapituliert habe.

Unsicherheit in Paris.

Berlin. In Paris hat das Gefühl der Unsicher­heit, wie über Kopenhagen berichtet wird, alle Bevölkerungskreise ergriffen. Nach einer Meldung über Rotterdam habe der französische Kriegsminister beschlossen, den Jahrgang 1914 einzuberufen und die Verordnung rückgängig zu machen, der zufolge die aktiv Reserve-Territorialarmee beurlaubt worden sei. Dem Manchester Guardian wird aus Paris berichtet, die Militärbehörde habe die Maßregel getroffen, den Verkauf englischer Zeitungen zu ver­bieten. Die Folge sei, daß das Publikum überzeugt sei, diese Blätter müßten niederschmetternde Berichte enthalten, die vor den Franzosen geheim gehalten werden sollten.

Ein Attentat auf den Zaren.

Kopenhagen, 31. Aug. Als der Zar von der Petersburcer Truppenbesichtigung über den Newski- Prospekt zürückkehrte, feuerte ein Mann von einer Entfernung von 50 Schritten einen Revolverschuß gegen den Wagen des Zaren ab. Der Zar blieb unverletzt, ein Kosak wurde getötet. Der Täter, Mechaniker Aksakow, wurde verhaftet.

Russisches Ultimatum an Bulgarien?

Wien, 31. Aug. Die Südslawische Korrespon­denz meldet aus Valona: Sassonow richtete an das bulgarische Kabinett die telegraphische Anfrage, ob Bulgarien im Falle eines russisch-türkischen Krieges wohlwollend neutral bleiben würde. Die Depesche hat die größte Sensation erregt. Die öffentliche Stimmung ist jedoch gegen Rußland gerichtet.

Das gierige Japan.

Ueber Stockholm erfährt das Aftenblatt aus London, in England herrscht starke Beunruhigung wegen der Habgier Japans, das Absichten auf Deutschguinea, sowie den übrigen deutschen Kolonial- Besitz in der Südsee zu erkennen gebe. Englische und besonders australische Politiker fordern, daß England durch sofortige Besitzergreifung dieser deutschen Kolonien dem japanischen Raubtier zu­vorkomme.

Die englischen Verluste.

Berlin, 1. Sept. In einem Bericht der Times über die Kämpfe an der französisch-belgischen Grenze werden die englischen Verluste als ansehnlich be­zeichnet. Viele Regimenter seien vernichtet und haben den größten Teil ihrer Offiziere verloren. Der Korrespondent der Times ineint, der französische Eeneralstab habe die deutsche Truppenmacht unter­schätzt.

England in Sorge.

Berlin, 1. Sept. (W.T.B.) Die geschlagenen Führer des Dreiverbandes geben, wie derVoss. Zig." aus Stockholm berichtet wird, unter lahmen Ausreden ihre Niederlagen im Westen und Osten zu. In Hellem Angstschweiß schreiben die Londoner Times": Das englische Heer habe in diesen Tagen eine der schwersten Operationen ausgeführt, die man sich denken könne, nämlich einen Rückzug ange­sichts eines an Zahl überlegenen Feindes. Aus der amtlichen Mitteilung lasse sich ersehen, daß es eine gut verstärkte Stellung eingenommen habe. Es sei sehr leicht möglich, daß der rechte deutsche Flügel sich bald bis zur See erstrecken würde, und wenn die

Deutschen sich nicht zum Rückzug genötigt sähen, sie vielleicht die Häfen Nordwest-Frankreichs besetzen würden, die von der Landseite stark verteidigt seien. Einige dieser Häfen hätten für die Landung der britischen Truppen gedient, und die Bahnstrecken, die sie mit Maubeuge verbünden, bildeten ihre Ver­bindungslinie. Die Engländer könnten sehr leicht ihre Küstenbasis verlegen, allein es wäre ein wich­tiger Erfolg für die Deutschen, wenn sie diese Häfen einnehmen und verstärken könnten, um sie für den Seekrieg zu benutzen. England und Holland brauch­ten nicht zu zweifeln, daß der Sieg Deutschlands in einem Kriege die Angliederung sämtlicher Nordsee­häsen an das deusche Reich bedeuten würde, von Dover bis Emden, und daß das der Anfang sei, um England dem deutschen Reich unterzuordnen. Erfreuliche Wanlunqen.

Erfreuliche Wandlungen.

Berlin, 1. Sept. Bei uns und bei unfern Ver­bündeten hat der Krieg bereits innerpolitische Fol­gen gehabt, die sich in ihrer Bedeutung nur ahnen, noch nicht übersehen lassen. Jenseits der schwarz­gelben Grenzpfähle haben die Tschechen sich einmü­tig und geschlossen neben die Deutschen in die Reihen der Verteidigung des österreich.-ungarischen Staats­gedankens gestellt. Bei uns hat die Sozialdemo­kratie ebenso geschlossen die Verteidigung des Reichs­gedankens, der bestehenden Staatsordnung, mit Gut und Blut übernommen. Der 4. August wird auch in dieser Beziehung für die deutsche Geschichte denk­würdig bleiben. Die Folgen dieser Haltung der l deutschen Sozialdemokratie zeigen sich. Die sozial­demokratische Presse wird auch von der Heereslei­tung der übrigen in der Behandlung völlig gleich­gestellt. und bei der Beschäftigung von Arbeitern fragt die Heeresverwaltung nicht mehr nach dem politischen Bekenntnis. Kurz, man hat das, was man bisher zur Sicherung vor gewissen Anschau­ungen der Sozialdemokratie für nötig hielt, ange­sichts ihrer vaterländischen Haltung vertrauensvoll fallen lassen. In dieselbe Richtung fallen Darle­gungen, die der Abg. Dr. Südekum im Haupt­blatt der schwedischen Sozialdemokratie, demSo­zialdemokraten", macht. Darin führte er der Tägl. Rundschau zufolge über die Stellung der deutschen Sozialdemokratie zum Kriege aus, daß innerhalb der deutschen sozialdemokratischen Reichspartei über die Notwendigkeit der Bewilligung der Reichs­kredite keine ernstliche Meinungsverschiedenheit ge­herrscht hat, und bemerkt weiter: Es soll aufklä­rungshalber hinzugefügt werden, daß auch diejeni­gen unter unfern Genossen, die eine andere Haltung der Reichstagspartei gewünscht haben, mit uns voll­ständig einig waren über die Größe der Gefahr, in der Deutschland sich jetzt befindet. Die Internatio­nale ist zertrümmert: Ich glaube an ihre Wieder­auferstehung; diese ist jedoch nicht möglich ohne das Dasein einer starken deutschen Sozialdemokratie, und deren Zukunft ist unauflöslich mit der Existenz eines ungeschwächten deutschen Staatswesens ver­bunden.

Budapest, 30. Aug. Das sozialdemokratische BlattNepszaoa" schreibt: Der Krieg, der jetzt ge­gen den russischen Zarismus und seine Vasallen ge­führt wird, wird von einer großen geschichtlichen Idee beherrscht. Das Dröhnen der Kanonen, das Knattern der Maschinengewehre und die Reiteran­griffe bedeuten die Vollstreckung des demokratischen Programms der Völkerbefreiung. Jedes Herz, das fähig eines Gefühls für Gerechtigkeit und Mensch­lichkeit ist, muß wünschen, daß die zarische Macht vernichtet wird.

Französische Maßnahmen.

Mülhausen, 31. Aug. Nach der Räumung Mülhausens durch die Franzosen fand sich an den üblichen Anschlagstellen folgende Bekanntmachung: Hiermit wird benachrichtigt, daß Patrouillen alle Keller und Häuser der Ortschaft durchsuchen werden. Im Falle, daß deutsche Verwundete oder irgend­welche deutsche Soldaten darin versteckt aufgefunden würden, so würden die Hausbesitzer, die es den fran­zösischen Militärbehörden nicht sogleich gemeldet hätten, erschossen werden. Nieder-Merschweiler, am 20. August 1914. Der kommandierende General: Vautier.

Wien, 30. Aug. Die Entscheidung des Generals von Hindenberg wird hier als gute Vorbedeutung für den endgültigen Ausgang des großen Ring­kampfs zwischen den Völkern Oesterreich-Ungarns und den Russen von der Weichsel bis zum Dnjestr angesehen. Die Blätter weisen darauf hin, daß der deutsche Sieg bei Ortelsburg zur rechten Zeit kam, um die Wahrhaftigkeit des Herrn Poincarrö in das rechte Licht zu rücken. Man werde in Paris bald von ganz anderen Siegen hören müssen als von dem erschwindelten Vormarsch der Russen nach Berlin.

Aus Stadt und Land.

Calw, den 2. September 1914 .

Berwundetentransport.

Gestern traf der erste größere Verwundeten- Transport. 240 Mann, darunter 70 Franzosen in Nagold ein und wurde unter Mitwirkung der Calwer Sanitätskolonne untergebracht.

Verlustliste.

Infanterie-Regiment Nr. 121, Lndwlgsbnrg.

Gefreiter Friedrich Mergenthal« aus Bethingen, OA Nagold, gefallen. Vizefeldwebel der Reserve Immanuel Her­mann Braun aus Neuenbürg, leicht verwundet, rechtes Bein.

Die ersten Verlustlisten.

c-p. Ehrenvoll sind sie gefallen, ob in helden­mütigem Sturm niedergeworfen oder im herben Still- liegen von einem Granatsplitter getroffen, ob nach tapferer Gegenwehr im Kampf mit dem unifor­mierten Feind oder ein Opfer von Hinterlist urch Verrat. Alle sind sie ehrenvoll gefallen, denn sie sind für uns gestorben. Die Jungen sterben statt der Alten, die Gesunden statt der Gebrechlichen, der Vater an Stelle der unmündigen Kinder ein RA- sel und Widersinn ist es. doch nur für den oberfläch­lichen Blick: Hier erfüllt sich das Gesetz des Op­fers, der Stellvertretung, die für die andern stirbt. Damit wir leben können, gingen sie in den Tob. - Damit Deutschland bleibe, ja, wenn es Gottes Will ist, noch hoher geführt werde, um seine weltge­schichtliche Aufgabe zu erfüllen, darum sind sie ge­opfert. Das tiefste Gesetz in der Geschichte der Men­schen wird hier kund: es mag uns den Sinn neuer­schließen für das größte Opfer, da einer, der Ge­rechte. starb für dieVielen", für uns.

Wichs alle lassen eine schmerzliche Lücke. Viele nehmen große Hoffnungen mit ins Grab. Daß sie gefallen sind, ist vielleicht doch das Größte, was sie tun durften, unter einer Bedingung, daß wir verstehen, welches die neuen Aufgaben für unser Volk sein werden, wenn Friede geschlossen ist. Eini­ger sein, vaterländischer denken, opferbereiter wer­den. den Willen in Zucht nehmen, wahre Bildung, die des Herzens, suchen, sozialer handeln junges Deutschland, das lerne, so werde! Dann sind die Opfer nicht umsonst gebracht.

Prof. O. Wurster, Tübingen.

Von der Post.

Privattelegramme nach der Türkei sind wieder ! zugelassen; sie müssen in offener deutscher Sprache gefaßt sein. Telegramme nach andern Orten als ^ Konstantinopel erleiden Verzögerung. ;

Feldpostbrief.

Dieser Feldbrief wurde uns in oerdankens­werter Weise von Herrn Direktor A. Weber zur Verfügung gestellt.

Biwak Telancourt, 25. August 1914 Wir sind noch immer hier seit gestern nachmit­tag. Eine große Schlacht ist vor uns im Gange. Unsererseits das 13., 5., 6. und 16. Korps. Gestern stand es für uns sehr gut. doch scheint heute morgen ein starker französischer Gegenstoß erfolgt zu sein, dein wir vorübergehend weichen mußten. Heute morgen hörten wir ziemlich nahe stundenlang un­sere Geschütze, es klang wie unaufhörlicher Donner. Jetzt ist die Schlacht wieder entfernter; die Franzo­sen sollen, wie ich hörte, umzingelt werden, das 16. Korps greift im Rücken an. Es ist ein sehr blutiger Kampf; die französische Artillerie schießt sehr gut, die Infanterie schlecht. Bei dem Gefecht von Mus- son vor drei Tagen hatte unsere Infanterie große Verluste; beteiligt war das 13. Korps, das einen schweren Stand hatte, und spät abends das 5. Korps, das durch sein Eingreifen zum Sieg verhalf. Mor­gens war dichter Nebel, und nachdem sich dieser »m 10 Uhr etwa hob, sah sich unsere vorderste ZnM- terielinie dem Feinde auf etwa 40 Meter gegenüber. Es gab hauptsächlich Verwundete, wenig Tote deut­scherseits, dagegen waren die Verluste desFeindes enorm; auf dem Felde und in den Straßengräben lagen kie Toten haufenweise. Unsere Infanterie geht viel zu rasch vor, daher fast immer die grcmest Verluste. Es wurde mit Erbitterung gekämpft. Die Franzosen, darunter sehr viel Schwarze, gingen dauernd zurück, sie schossen viel zu hoch. Ein In­fanterie-Einjähriger von 116 erzählte mir folgen­des: Eine Mühle war voll von Franzosen, die aus jeder Lucke schossen; die Deutschen steckten den Bau in Brand und umzingelten denselben. Die Fran­zosen mußten nun allmählich heraus und wurmn von unseren Infanteristen einzeln niedergemachr, bis endlich ein Major Gefangennahme befahl. IN den Dörfern, die im Schlachtfeld lagen, schoß me Bevölkerung auch herüber auf unsere Truppen; me Dörfer wurden sämtlich von unserer Artillerie, 0 wenig Verluste halte, zusammengeschossen. Ich am andern Tag durch drei dieser Dörfer, es sah 0 grauenhaft aus. Kein Haus war mehr ganz; a 1