" Aus Stadt und Land.

Calw, den 1. September 1914.

Verlustliste.

Infanterie-Regiment Nr. 126, Stratzburg.

Musketier Wilhelm Nothacker aus Grunbach, OA. Neuen­bürg, vermißt. Unteroffizier Wilhelm Gautz aus Kohlhiiusle, OA. Neuenbürg, leicht verwundet, rechte Hand. Reservist Karl Pfeiffer aus Rotensol, OA. Neuenbürg, leicht verwundet, rechtes Bein. Musketier Georg Christian Raufer aus Teinach, OA. Calw, gefallen, Kopfschuß. Gefreiter Karl Müller aus Wild­bad, OA. Neuenbürg, schwer verwundet, Schuß linkes Bein. Musketier Joh. Georg Renz aus Emmingen, OA. Nagold, schwer verwundet, Brustschuß. Musketier Georg Joh. Rauschrn- berger aus Schietingen, OA. Nagold, schwer verwundet, rechtes Bein. Musketier Wilhelm Scherer aus Schwann, OA. Neuen­bürg, gefallen, Brustschuß. Musketier Friedrich Wurster aus Zainen, OA. Neuenbürg, schwer verwundet, linker Arm. Mus­ketier Georg Grotzhans aus Teinach, OA. Calw, leicht ver­wundet, rechter Arm.

Wiederaufnahme des Güterverkehrs.

Der Güterverkehr nach Italien durch die Schweiz ist für alle Güter, deren Ausfuhr zuläßig ist, un­beschränkt freigegeben. Nach der Schweiz ist auch der bisher gesperrte Weg über Basel wieder benutz­bar. Nach den Stationen der Staatsbahndirektionen Innsbruck, Linz und Wien, der Buschtherader Eisen­bahn, nach den Stationen der Staatsbahndirektio­nen Innsbruck, Villach, Triest, Graz und der Süd­bahn sind Eilstückgut und Wagenladungen zugelas­sen. Sendungen von Lebensmitteln, insbesondere Getreide und Futtermittel nach Oesterreich-Ungarn werden nur dann angenommen, wenn die Versen­der Ausfuhrerlaubnis durch das Reichsamt des Innern Nachweisen. Im Verkehr nach Dänemark werden jetzt auch deutsche Wagen versandt, sodatz eine Umladung der Güter in Warnemünde nicht mehr erforderlich ist.

Don der Post.

Für die Bezirke der Ober-Postdirektionen in Trier, Vromberg, Posen, Breslau und Oppeln, in denen nach den Bekanntmachungen vom 1. und 10. August der Postkreditbrief-, der Postnachnahme- und der Postauftragsverkehr eingestellt ist, wird dieser Verkehr mit der Matzgabewieder zugelassen, daß die genannten Ober-Postdirektionen berechtigt sind, in Grenzteilen ihrer Bezirke, wo es die Sicherheit er­fordert, den Verkehr durch Verfügung an die Post­anstalten auszuschlietzen. Da es nach Lage der Ver­hältnisse nicht angängig ist, von solchen Ausschließ­ungen die andern Postanstalten zu benachrichtigen, müssen die Absender von Postnachnahmesendungen und von Postaufträgen nach Orten im Grenzgebiete die Gefahr in Kauf nehmen, daß die Sendungen den Bestimmungsort nicht erreichen. Solche Sendungen werden mit Angabe des Grundes zurückgeleitet.

Unter denselben Voraussetzungen wird für den Ober-Postdirektionsbezirk Metz der vorstehend bezeich­nte Verkehr, sowie der Postanweisung-, Zahlkarten- und Zahlungsanweisungsverkehr. für den Ober-Post- direktionsbezirk Stratzburg (Elf.) der Postanrvei- sungs-, Zahlkarten- und Zahlungsanweisungsverkehr wieder zugelassen. Das Postkreditbrief-, das Post­nachnahme- und das Postauftragsverfahren kann im Ober-Postdirektionsbezirk Stratzburg noch nicht wie­der zugelassen werden. Postanweisungen und Zähl­karten nach oder aus Llsatz-Lothringen, Zahlungs­anweisungen nach Elsaß-Lothringen, sowie Postnach­nahmesendungen nach oder aus Lothringen dürfen bis auf weiteres nur solche schriftliche Mitteilungen enthalten, die die Geldüberweisung oder Geldeinzie­hung betreffen.

Im Ober-Postdirektionsbezirk Königsberg (Pr.) hat sich die Wiedereinstellung des Postanweisungs-, Zahlkarten- und Zahlungsanweisungsverkehrs für den ganzen Bezirk als notwendig erwiesen.

Hochherzige Spende. In der am Sonntag stattgef. Sänger-Versammlung des GesangvereinsConcordia Calw" wurde einstimmig beschlossen, den Gesamtbetrag der Sängerkasse, den bedürftigsten Familien, der ins Feld gezogenen Sänger, zuzuwenden. Ebenso wurde der Beschluß gefaßt, die Beiträge, der nicht ins Feld gezogenen Mitglieder einzukassieren, und zum Zwecke der Unterstützung, und des Roten Kreuzes zuzuwenden.

Neue Han delsschule. Vor dem königl. Rektorate der Realschule in Stuttgart haben sämtliche Kandidaten für den Einjährigfreiwilligen Dienst mit einer einzigen Ausnahme ihre Prüfung bestanden.

Verbilligter Mehltarif. Mit dem heutigen Tage tritt aus Anlaß des Kriegs auf allen deutschen Staats­bahnen u. den meisten Privatbahnen ein weiterer, er­mäßigter Ausnahmetarif in Kraft u. zwar für Roggen­mehl und Weizenmehl, der Frachtermäßigungen von 401 Km. an für Wagenladungen von minde­stens 10 Tonnen gewährt. Beispielsweise kosten 10 Tonnen auf 450 Km. 202 (vorher 215) Mk., auf 600 Km. 232 (282) Mk.. auf 900 Km. 292 (417) Mk. Dieser Tarif wird auch die Mehlab­fuhr vom deutschen Osten nach dem deutschen Süden erleichtern.

Schwäbische Strümpfe. Einer beim Stuttgarter Hilfskomitee für Frauenarbeit eingegangenen Sen­dung von Strümpfen von Gustav Schwegelbaur lag nachstehende sinnige Widmung bei:

In weichem Strumpf sei Dir gesandt Ein deutscher Gruß vom Schwabenland.

Dazu der Wunsch, daß in Gefahren Dich unser Herrgott mög' bewahren,

Damit Du einst voll Freud und Glück In Deine Heimat kehrst zurück!

Fahrplan-Verbesserungen in Bayern. Mit dem gestrigen Tage wurden auch auf den bayer. Staats­bahnlinien weitere Verbesserungen im Fahrplan für den Personenverkehr durchgeführt; auf einer Reihe von Hauptstrecken wurde je ein weiteres Schnell- oder Eilzugspaar eingelegt.

Biehmarkt-Wochenbericht, 22.-28. August. Aus den Viehmärkten im Lande herrschte weitere lebhafte Nachfrage nach Zuchtvieh, besonders Zugochsen; dabei wurden auf dem Heilbronner Markt bezahlt für schwere Zugochsen pro Paar 16001700 mittlere 15001600 ^ und leichtere 1350 bis 1500^., ferner für 2 jähriges Zugvieh 360460 für 12 jähriges 250360 Auf den Schlachtviehmärkten waren Ochsen bei steigenden Preisen ebenfalls gesucht .kommen sie doch namentlich für den Militärproviant in Betracht; für ausgemästete Ochsen 1. Kl. wurden in Stuttgart zuletzt 51 bis 53 pro Ztr. Lebendgewicht bezahlt. Die Preise für Stiere und Iungrinder zogen gleichfalls an. Dem starken Preisdruck für Kälber ist eine fortschreitende Aufwärtsbe. wegung gefolgt und in Stuttgart wurden zuletzt für beste Saugkälber 5255 für gute 4950 und für geringe 4143 ^ pro Ztr. bezahlt. Ebenfalls angezogen haben die stark gedrückten Preise für Schweine; für junge, fleischige Schweine wurden zuletzt in Stuttgart 5456 und für schwere fette 5153 pro Ztr. bezahlt. Auf dem Schaf, markt in Heidenheim wurden durchschnittlich 33 ^ pro Stück bezahlt, oder 5 weniger wie im Vorjahre; der Höchst­preis für 1 Paar Hümmel betrug 87 (96) der niederste Preis für 1 Paar Schafe 35 (46) ^

Wildbad, 31. Aug. (Verwundetentransport.) Nun ist auch hier der erste Verwundetentransport aus diesem Kriege angekommen. Es sind 243 Mann, meist bayerischen Regimentern angehörend, die bei Luneville mitgefochten haben. Sie wurden nach dem blutigen Kampfe zunächst nach Dieuze in Loth­ringen und von da in langer Bahnfahrt nach Pforz­heim verbracht. Von da aus begleitete die dortige Sanitätskolonne den Zug. In Neuenbürg wurden von den 303 Verwundeten 60 ausgeladen und ins Bezirkskrankenhaus verbracht. Die Ausladung in Wildbad ging bei strömendem Regen prompt vor sich, und in verhältnismäßig kurzer Zeit waren alle Verwundeten wohl geborgen. In bester Pflege be­findlich, werden die meisten der Krieger bald wieder ins Feld zu ihren Regimentern einrücken können.

Hohenheim, 31. Aug. Die Instrumente der hiesigen Erdbebenwarte haben gestern Mittag ein mäßig starkes Nahbeben ausgezeichnet. Der erste Einschlag erfolgte um 12 Uhr 22 Min. 51 Sekunden. Der Herd liegt in einer Entfernung von etwa 170 Kilometer.

Weitere Nachrichten.

Sie Niederlage der Rossen veruWend.

Berlin. (Amtlich.) Nach weiterer Mit­teilung des Hauptquartiers ist die Zahl der Gefangenen in der Schlacht bei Gilgenburg, Ortelsburg noch größer gewesen» als bisher bekannt, sie betragt 70000 Mann» darunter 300 Offiziere. Das gesamte Artilleriematerial der Russen ist vernichtet.

Die völlige Abschtteßung von Paris steht bevor.

Berlin. Nach einer Pariser Meldung des Am­sterdamer Telegraf, die in der Kölnischen Zeitung veröffentlicht wird, scheint der französische General­stab die völlige Abschließung von Paris binnen eini­gen Tagen zu erwarten. Die Verbindung mit Lon­don wird gegenwärtig nur über Voulogne aufrecht erhalten. Sobald die deutschen Truppen sich Amiens genähert haben würden, werde die Absperrung von Paris auf der Nordseite eine vollzogene Tatsache sein.

Die Franzosen sind Schuld an der englischen Niederlage.

Frankfurt a. M., 31. Aug. DieFranks. Zei­tung" meldet laus London vom 30. Aug.: DieTi­mes" schiebt die Schuld an der englischen Niederlage bei Tournai dem Ausbleiben der versprochenen französischen Hilfe zu und zitiert den Ausspruch eines englischen Mitkämpfers:Die Deutschen kommen über uns wie eine Sturmwelle, der nichts stand­hält."

Französischer Spion.

Basel, 30. Aug. Vor dem Baseler Strafgericht hatte sich dieser Tage ein französischer Spion, der

51jährige Agent August Reißer aus Sennheim (Elsaß), zu verantworten. Am Abend des 2. Aug. wurde an der Reichensteiner Straße in Basel ein französisches Spionagenest der allerschlimmsten Sorte ausgehoben. Unter den Spionen befanden sich neben Franzosen auch der genannte Angeklagte, ferner der Repräsentant" der französischen Ostbahn und einige Personen mehr als zweifelhaften Charakters. Neben der Auskundschaftung deutscher Festungen und deut­scher Truppenbewegungen hatte die Gesellschaft noch die Aufgabe übernommen, deutsche Eisenbahnlinien zu zerstören und Eisenbahnzüge mit Truppen in die Luft zu sprengen. Reißer, bei dem eine mit Benzin­säure gefüllte Bombe gefunden wurde, sollte die Rheinbrücke bei Waldshut während der Fahrt eines deutschen Militärzuges in die Luft sprengen. Das Gericht verurteilte Reißer, besten schmachvolle Ta­ten von Frankreich aus gut entlohnt wurden, zu der höchsten Strafe von 3 Jahren Zuchthaus und lebens­länglicher Ausweisung aus der Schweiz.

Der französische Rubel auf Reisen.

Berlin, 26. Aug. In der Kreuzzeitung schreibt Prof. Schiemann über die französisch-russische Vor- Arbeit zum Kriege: Frankreich war verpflichtet, Rußland pekuniär zu Dienst zu stehen und es dip­lomatisch bei der großen Jntrigue zu unterstützen, deren Ziel dahin ging, Rumänien, Bulgarien, Serbien und Montenegro zu einem militärischen Block zusammenzufasten, der bestimmt war» Oester­reich in den Rücken zu fallen, damit es verhindert werde, im Kriegsfälle an Deutschlands Seite zu treten. Es ist notorisch und wird seinerzeit auch bewiesen werden, mit welchen unsittlichen Mitteln Rußland noch in den letzten Wochen in diesen Staaten gearbeitet hat, um der überall sorgfältig gepflegten russischen Partei, teils in den Kreisen der Regierung, teils in denen der Opposition, zum Siege zu verhelfen. Das ist, abgesehen von Serbien und Montenegro, bekanntlich der französisch-russischen Kombination nicht geglückt, aber es muß doch aus­drücklich gesagt werden» daß kurze Zeit vor der Er­mordung des Erzherzogs Franz Ferdinand sehr be­trächtliche Geldmittel von hochstehender Stelle aus Petersburg nach Belgrad gesandt worden sind.

Krieg und Aberglaube.

Die Evang. Preßkorr. schreibt: Wie nach den seit­herigen Erfahrungen leider fast zu erwarten stand, wird auch die gegenwärtige Kriegszeit, die Unsicher­heit jeglichen Schicksals und die Besorgnis um das Leben teurer Angehörigen im Feld vom skrupellosen Spekulantentum zu billigem Profit im Dunkeln aus­genützt. Ein MünchnerHeilkundiger", dessen sich in der Zwischenzeit erfreulicherweise der Polizeidirek­tor angenommen hat, suchte zum Preis von 50 Pfg. leichtgläubigen Frauen einenKugelsegen" für ihre Männer aufzuschwatzen. In Berlin bietet ein Eold- warenhändler dengnädigen Frauen" seiner Kund­schaft brieflich Amulette (zu 20 und 30 Mk.!) an, in schwerer Zeit zum persönlichen Schutz zu tragen nach wissenschaftlicher, astrologischer Berechnung". In Württemberg laufen in den verschiedensten Lan­desteilen die angeblich im Jahr 1774 vom Himmel gefallenenHimmelsbriefe" zum Schutz gegen jeg­liche Gefahr um; ein Stuttgarter Verlag hatDie goldene Schatzkammer, gehört bei sich zu tragen -fff' im Namen Jesu" im Neudruck herausgebracht. Es scheint kaum nötig, ein Wort zur Charakterisierung dieser Machwerke zu verlieren. Aber die Tatsache ihrer weiten Verbreitung mag es rechtfertigen, wenn auch in der Öffentlichkeit vor ihnen gewarnt wird. Russen und Serben mögen ihre Hoffnung auf Amu­lette undBlutsegen" setzen, unseren deutschen Sol­daten wünschen wir das unerschüterliche Pflichtge­fühl, das für das Vaterland mit Freuden auch das Leben in die Schanze schlägt, und den starken Glau­ben, der auch in Not und Tod auf Gott vertraut. Diese Hefte und Prospekte aber man lasse sich durch die frommen Phrasen und Namen nicht täu­schen die auf die Unklarheit der religiösen Vor­stellungen und den mittelalterlichsten Äberglauben spekulieren, befördere man, wohin sie gehören, ins Feuer!

Banderbitt über den Krieg.

Ein Mitarbeiter der Breslauer Zeitung hatte in Genua ein Gespräch mit dem Chef der berühmten Finanzdynastie Vanderbilt.Von allen kulturellen Errungenschaften der deutschen Nation abgesehen," sagte Vanderbilt,die einzig in der Welt dastehen, und die auch von England nie und nimmer übertrof­fen werden können, hat kein Land ein so großes Le­bensinteresse wie Nordamerika an dem Wohlergehen Deutschlands. Unter keinen Umständen können wir uns unfern besten Kunden totschlagen lassen. Unsere Handelsbeziehungen mit Deutschland sind zu stark und zu innig, als daß ein Schlag, der Deutschland ins Herz träfe, nicht auch uns treffen und tödlich ver­wunden würde. Ich stehe nicht an, es als die größte