Oesterreich rückt vor.

Nachdem die Deutschen den Erbfeind in sieg­reichen Schlachten geschlagen, haben nun auch ihre Verbündeten, die Söhne der österreich-ungarischen Monarchie sich den Siegeslorbeer gewunden, indem sie in dreitägiger Schlacht die Russen glänzend be­siegten, deren Kolonnen fluchtartig auf Ljublin zurückflutend den Beweis erbrachten, daß Mosko­witer wie Franzosen große Maulhelden und gute Schnelläufer seien.

Das Kriegspressequartier meldet:

Die Offensive unserer Truppen beiderseits der Weichsel dringt unaufhaltsam vor.

Westlich des Flusses überschritten unsere Kräfte im Anschlüsse an den deutschen Verbündeten unter kleineren Kämpfen die Lysagora und erreichten gestern den Abschnitt des Kamionkaflusses zwischen Kielce und Radom.

Ein Vorstoß von 20000 Russen gegen die Grenze der Bukowina wurde bei Novo Silica zu­rückgeschlagen. Dem Feinde wurden mehrere hundert Gefangene abgenommen. Bei dem überstürzten Rückzuge ließen die Russen viel Kriegsgeräte zurück.

Stimmen aus Oesterreich.

Wien, 26. Aug. Der Befehl des Kaisers Franz Joseph an den PanzerkreuzerKaiserin Elisabeth", in Tsingtau mitzukämpfen, hat hier stolze Freude und Genugtuung hervorrgerufen. DieReichspost" schreibt: Die treue Waffenbrüderschaft zwischen

Oesterreich-Ungarn und dem Deutschen Reich endet nicht an den Grenzen Europas, gehe es zum Sieg, gehe es zum Tod. Die Welt erlebt ein Schauspiel der Treue so leuchtend, herrlich und gewaltig, wie sie die Geschichte noch keines kennt. An solcher Treue, die die ganze Welt umspannt, und einer ganzen Welt von Arglist und Tücke trotzt, muß der Ansturm der Tripleentente zerschellen. DasFremdenblatt" sagt: Der hochherzige, ritterliche Befehl des Kaisers wird überall, wo Sinn für Ehre und Treue lebt, den tief­sten, nachhaltigsten Eindruck machen.

Wien, 26. Aug. Von derKorrespondenz Wil­helm" wird mitgeteilt, daß sich Herzog Miquel von Braganza und sein Sohn sofort nach dem Ausbruch des Krieges zum Kriegsdienst in der österreichisch­ungarischen Armee gemeldet haben, während ein an­derer sich in Sachsen zum Kriegsdienst meldete. Mit Bezug auf die in den Tagesblättern gebrachte Notiz betreffend den Austritt des Prinzen von Braganza aus dem österreichischen Heeresverband wird fest­gestellt, daß die drei aus dem Heeresverband ausge­tretenen Prinzen dem französischen Hause Orleans angehören und nur den Namen Braganza führen.

Wien, 26. Aug. Der hiesige spanische Botschaf­ter erklärte im Gespräch mit einem Vertreter des Neuen Wiener Abendblattes, vom Ausbruch eines Aufstandes in Paris sei ihm nichts bekannt, doch sei die Lage für Frankreich furchtbar ernst. Nach den über jeden Zweifel erhabenen Angaben des deutschen Generalstabs sei die französische Armee im Zentrum durchbrochen und schon in der nächsten Zeit dürfte die deutsche Armee direkt auf Paris losmarschieren. Der Botschafter führte sodann weiter aus: Das große, siegreiche deutsche Volk war aber stets von innigstem Friedensbedürfnis beseelt. Wie groß und vornehm Deutschland die auswärtige Politik führt, dafür will ich Ihnen einen Beleg bieten. Ich erinnere an die Karolinen-Frage. Deutschland hatte die Inseln als res nullius besetzt und Spanien opponierte dagegen. Während sonst ein siegreiches Volk in einem solchen Falle ans Schwert klopft, hat Deutschland die An­gelegenheit dem Schiedsrichteramt des Papstes unter­breitet, wohl wissend, wie das Urteil ausfalle. Deutschland hat mit edler Geste vor Spanien den Hut gezogen. Der Geist, der damals diese Handlung Deutschlands fixierte, ist bis zum heutigen Tag der traditionelle Geist der deutschen Politik. Es ist der Geist vornehmster Großzügigkeit und vor allem ehr­lichster Friedensliebe. Wenn nun Deutschland jetzt mit Frankreich endgiltig Abrechnung hält, so wird es sich nicht einen Frieden, sondern den Frieden sichern. Zum Schluß betonte der Botschafter, daß die Meldung einer auswärtigen Zeitung in Spanien seien 5000 deutsche Gefangene interniert worden, eine Unmöglichkeit darstelle. Es sei möglich, ja wahr­scheinlich, daß 5000 Deutsche und Oesterreicher aus Südfrankreich nach Spanien geflüchtet seien, aber von Gefangenen sei keine Rede. Er bitte, dies zu ver­öffentlichen.

Lausige Lügenbeulelei.

Wien, 26. Aug. Die serbische Regierung hat gegenüber dem spanischen Gesandten in Bukarest in einem von dem Ministerpräsidenten und Minister des Aeußern, Pasitsch, gezeichneten Telegramm be­hauptet, das österreichisch-ungarische Hauptquartier habe den Kommandanten der in Serbien einge­

drungenen Truppen Auftrag gegeben, die auf den Feldern stehende Ernte zu vernichten, die Dörfer an­zuzünden und die Einwohner zu töten oder gefangen zu nehmen. Ueberhaupt hätten die österreichischen Soldaten unerhörte Grausamkeiten begangen und sogar Kinder und alte Frauen nicht verschont. Da­durch seien die serbischen Soldaten so aufgebracht, daß es schwer falle, sie von Vergeltungsakten zurllck- zuhalten. Die serbische Regierung ersucht schließlich den spanischen Gesandten, der österreichisch-ungari­schen Regierung diese Tatsache mitzut'eilen und sie wissen zu lassen, daß Serbien genötigt sein werde, zu Repressalien stärkerer Natur zu greifen, zu denen das internationale Recht sie berechtige. Es ist ganz klar, was mit dieser bewußt lügenhaften Darstel­lung von serbischer Seite bezweckt wird. Es soll ein­fach den Vorwürfen zuvor gekommen werden, die zu erheben das tatsächliche Verhalten der Serben in diesem Kriege die österreichisch-ungarische Regierung ohnehin früher oder später gezwungen hätte. Schon die bisherigen Berichte von serbischen Kampfschau­plätzen haben verschiedene Grausamkeiten der serbi­schen Kriegführung und ein völkerrechtswidriges Vor­gehen der von den Behörden aufgehetzten Bevölke­rung festgestellt. Das Armeeoberkommando hat Er­hebungen in dieser Hinsicht ungeordnet, die bisher für den Raum um Sabatsch abgeschlossen sind und folgendes Ergebnis geliefert haben: Bei Serbisch- Sabatsch sind wiederholt Leichen verstümmelter Sol­daten unserer Armee gefunden worden, so ein Leut­nant mit aufgeschlitztem Bauch, ein Soldat mit aus­gestochenen Augen, in deren Höhlen Uniformknöpfe eingepreßt waren, und ein Soldat an einem Baume hängend, dem Kopf und Arme fehlten. Einwohner von Serbisch-Sabatsch und den umliegenden Ortschaf­ten haben aus unsere Truppen meist von hinten ge­schossen. besonders auf die Offiziere und kleinere Ab­teilungen. Selbst als Sabatsch schon 24 Stunden in unserem Besitz war, wurde noch auf vorübergehende Soldaten geschossen. Die Schuldigen sind standrecht­lich erschossen worden. Aus einer Fabrik in Sabatsch wurde wiederholt auf unsere Leute gefeuert, einmal sogar von dem Fabrikschlot aus in die Osfiziers- menage auf die dort versammelten Offiziere. Die Fabrik ist von uns niedergebrannt worden. Bei Ni- schar wurden Leute, die auf durchziehendes Militär geschossen hatten, gefangen. Ein Leutnant, dem die Gefangenen vorgefllhrt wurden, verfügte aus Mensch­lichkeit die Freilassung einer schwangeren Frau. Kaum freigelassen, zog das Weib einen Revolver und erschoß den Leutnant von hinten. Während des Kampfes bei Tekerisch wurde von serbischen Truppen die Parlamentärflagge gehißt. Der österreichisch- ungarische Kommandant befahl daraufhin die Ein­stellung des Feuers und näherte sich den Serben, die sodann auf 300 Schritt Entfernung gegen die abge- sandten Leute ein mörderisches Feuer eröffneten. Mit Vorliebe beschießen die serbischen regulären Truppen unsere Verbandplätze und Verwundetenträger. Eine Patrouille, die einen verwundeten Oberst trans­portierte, wurde aus nächster Nähe niedergeschossen. Selbst serbische Kinder beteiligen sich an diesen Un­menschlichkeiten.

Englands Sieg über die Fischerboote.

Wer noch bezweifelt hat, daß England seines Bundesbruders Rußland würdig sei, wird durch den Seesieg, den England über eine Fischerbootflottille davongetragen hat, eines besseren belehrt. Der Angriff Englands auf holländische Fischerkähne ist des Sieges der russischen Flotte im russisch-japani­schen Krieg an der Doggerbank durchaus gleichwertig. Es wird gemeldet:

Haag, 24. Aug. DieGazette de Hollands" vom 21. August meldet aus Humiden: Der niederländische DampferNikolaß", der aus Leith in Humiden angekommen ist, hatte 37 niederländische Fischer an Bord, die die Besatzung von sechs Fischerbooten bildeten. Von den Booten sind vier von englischen Kriegsschiffen in den Grund gebohrt, zwei gekapert worden. Obwohl die Fischer holländischer Nationa­lität sind, wurden sie nach Jnverneß und von dort nach dem Gefängnis von Perth gebracht, dort fünf Tage eingesperrt, schlecht behandelt und ungenügend genährt. Dann brachte man die 37 Fischer nach Edinburgh, wo sie abermals acht Tage ins Eefängs- nis gesteckt wurden. Sie verdanken ihre Befreiung lediglich deiy energischen Auftreten des Kapitäns derNikolaß".

Auch in England beginnt« zu dämmern.

Der Korrespondent derLondoner Zentral News" veröffentlicht einen begeisterten Lobgesang auf die deutschen Truppen. Er schließt seine Ausführungen mit dem Ausdrucke der Ueberzeugung, daß bei dem Geist des deutschen Heeres keine Macht ihm wieder­stehen könne, und daß, wenn Rußland auf dem Plane erscheine, Frankreich längst niedergeworfen sei.

Aus der Lügenfabrik unserer Gegner. Berlin, 26. Aug. Den Gipfel unverschämtesten Lügens bedeuten wohl die Nachrichten, die jetzt von unfern Feinden anläßlich der gewaltigen Erfolge unserer Truppen an der Westgrenze verbreitet werden. Vergangene Nacht hat die englische Funken­station Poldhu eine Meldung des französischen Krtegsministeriums über den Ozean gefunkt, wonach die deutsche Armee in fluchtartigem Rückzug über den Rhein begriffen sei. Also um keine private Tatarennachricht handelt es sich dabei, sondern um eine amtliche Auslastung. Der Drang zur Lüge nimmt jenseits der deutschen Grenze offenbar in dem­selben Maße zu, wie die Niederlagen sich häufen.

Kriegsberichte der Neutralen.

Nach Meldung der schweizerischen Blätter fand am Mittwoch, den 19. August, ein größeres Gefecht in der Gegend von Altkirch statt. Bei Tagsdorf und Umgebung stießen deutsche Truppen auf über­legene französische Streitkräfte mit starker Artillerie. Die Deutschen hielten trotz starker Uebermacht lange aus und erfüllten so ihre Aufgabe, starke französische Kräfte festzulegen, vortrefflich. Gegen abend trafen lange Verwundetenzüge in den Dörfern am Rhein ein, und kurz darauf folgten die ersten Gefangenen­transporte. Die Sundgauischen Dörfer sind mit Verwundeten aus beiden Kriegslagern überfüllt, Schule, Rathaus, Kirche, Scheunen, alle irgendwie geeigneten Gebäulichkeiten sind zu Lazarreten um­gewandelt. Die deutschen Sanitätstruppen und das rote Kreuz haben eine gewaltige Aufgabe zu er­füllen. lieber 100 Wagen an Verwundeten und Gefangenen, die von den deutschen Truppen gemacht wurden, wurden gegen den deutschen Rhein zu ge­führt, teils nach Leopoldshöhe, teils nach Mühlheim und Lörrach, teils nach Mülhausen.

Ueber die Kämpfe selbst wird noch berichtet: Ungemein heftig war der Kampf in der Umgegend derDrei Häuser" und im Hunsbachertal. Auf den Höhen gegenüber vonDrei Häuser" hatte deutsche Artillerie vor dem Dorf Kappeln Aufstel­lung genommen, während die Franzosen von Alt­kirch über Tagsdorf vordrangen in der Richtung gegen Iettingen. Hier wurde durch deutsche Artil­lerie die französische Infanterie, die zum großen Teil aus Zuaven bestand, zum Stehen gebracht. Das mörderische Artilleriefeuer brachte den Franzosen starke Verluste bei und warf sie in regellose Flucht; namentlich die Zuaven sollen fürchterliche Verluste erlitten haben. In der Gegend von Altkirch und Pfirt entspann sich zwischen französischer und deutscher Reiterei ein heftiges Gefecht das mit der Gefangen­nahme eines ganzen französischen Kavallerie-Regi­ments bei Waldighofen endete. Die Hauptmacht der französischen Truppen zog sich in der Richtung gegen Pfettershausen zurück. Die Verwundeten bestätigen übereinstinmend, daß die deutschen Truppen sehr viele Gefangene machten. Aus Werenzhausen, südwestlich hinter Volkesberg, wird berichtet, daß dort drei Schwadronen afrikanische Jäger eine Attacke gegen eine deutsche Kompagnie ritten, die damit endete, daß die Schwadronen fast vollständig vernichtet wurden.

Russische Frechheit.

Wien, 26. August. Die Abendblätter berichten über die in Konstantinopel, Bukarest und Sofia herrschende Entrüstung wegen der unerhörten Sprache der russischen diplomatischen Vertreter gegenüber den dortigen leitenden Staatsmännern, um sie zu bewegen, daß diese Länder sich Rußland anschließen. Dabei sollen deutliche Anspielungen auf das Los gefallen sein, das Stambulow betroffen habe.

Aus der Türkei.

Konstantinopel, 26. Aug. In einer Besprechung der Reise des Ministers des Innern, Talaat Bey und des Kammerpräsidenten Halft Bey nach Sofia und Bukarest weist Tanin mit lebhafter Befriedigung auf den Empfang hin. den beide in Sofia gefunden haben. Die Fragen, die in Bukarest zur Verhand­lung gelangen, seien von größter Bedeutung, da es sich ja nach Blättermeldungen um die Jnselsrage handle.

Konstantinopel, 26. Aug. Nach Blättermeldungen werden die ottomanischen Untertanen in Frankreich wie Feinde behandelt. In Marseille wurden sogar türkische Frauen tätlich beleidigt und nackt auf die Straße gejagt. ^

Bukarest, 26. August. In einem dem König gewidmeten Huldigungsartikel schreibt dieInde­pendente Roumaine": Wir wissen, daß was immer geschieht, der König die Nation zum äußersten Opfer nur auffordern wird, um die Lebensinteressen dieses lateinischen Landes zu wahren. Mehr denn je um­gibt die rumänische Nation den Thron Karls von Hohenzollern mit kindlicher Verehrung. Wir haben Vertrauen zu ihm und alle werden wie ein Mann der Fahne folgen» die er trägt.