Amts und Anzeigeblatt für den Vberamtsbezirk Lalw. 8Y. Jahrgang.

Nr. (88.

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IrfchklnungSwrise: Smal wöchentlich. Anzeigenpreis: Im OberamtS- >«irk ilatw für die einspaltige Lorgiszeile IO Psg.> außerhalb desselben IL Psg., »alotnen 2b Psg. Schluß sur Jnseratannahme 1V Uhr vormittags. Leleson S.

Lrett»s- -an 14 August 1914.

Bezugspreis: In der Stadt mit Trägerlohn Mk. 1.25 vierteljährlich, Post- bezugspreis für den Orts- und Nachbarortsverkehr Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.A). Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., in Bayern und Reich 42 Pfg.

Aintliih« Sekannttnachungen.

Mit der Abgabe geistiger GetrSabe ai die zm Heere Eiibemseira.

Der Chef des Feldeisenbahnwesens telegraphiert:

Es wird auf Bahnhöfen und Kriegsver­pflegungsanstalten zum Teil Alkohol an Trup­pen verabreicht Auf strengste Jnnehaltung des Alloholverbots Bevölkerung nochmals Hinweisen. Kgl. Bezirkskommando. Kgl. Oberamt.

Scholl, Binder.

Oberst;. D. u. Vezirkskommandeur.

Höchstpreise

für den Klcinverkauf von Gegenständen des täglichen Bedarfs.

In dieser Hinsicht ist unterm 4. ds. Mts. folgendes Rcichsgesetz

ergangen:

8 1. Für die Dauer des gegenwärtigen Krieges können für Gegenstände des täglichen Bedarfs, ins­besondere für Nahrung- und Futtermittel aller Art, sowie für rohe Naturerzeugnisse, Heiz- und Leucht­stoffe Höchstpreise festgesetzt werden.

8 2. Weigert sich trotz Aufforderung der zustän­digen Behörde ein Besitzer der im 8 1 genannten Ge­genstände, sie zu den festgesetzten Höchstpreisen zu ver­lausen, so kann die zuständige Behörde sie übernehmen und auf Rechnung und Kosten des Besitzers zu den festgesetzten Höchstpreisen verkaufen, soweit sie nicht für dessen eigenen Bedarf nötig sind.

8 3. Die Landeszentralbehörden oder die von ihnen bestimmten Behörden erlassen die erforderlichen Anordnungen und Ausführungsbestimmungen.

8 4. Wer die nach 8 1 festgesetzten Höchstpreise überschreitet oder den nach 8 3 erlassenen Aus­führungsbestimmungen zuwiderhandelt oder Vorräte an derartigen Gegenständen verheimlicht, oder der Aufforderung der zuständigen Behörde nach 8 2 nicht nachkommt, wird mit Geldstrafe bis zu dreitausend Mark oder im Unvermögens­falle mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft.

8 5. Der Bundesrat wird ermächtigt, den Zeit­punkt zu bestimmen, zu welchem dieses Gesetz wieder außer Kraft tritt.

8 6. Dieses Gesetz tritt mit seiner Verkündigung in Kraft."

Auf Grund des 8 3 des vorstehenden Gesetzes hat das Württ. Ministerium des Innern am 8. ds. Mts. folgende

Ausführungsbestimmungen

getroffen:

l. Die Festsetzung der Höchstpreise für den Klein- verkaus von Gegenständen des täglichen Bedarfs wird ^ den großen und mittleren Städten dem Eemeinderat, im übrigen dem Ober amt übertragen. Vor der Festsetzung sollen, soweit tunlich, unter möglichster Be- Efichtigung der Handels- und gegebenenfalls der Handwerkskammern, sowie der landwirtschaftlichen Be- Küsvereine geeignete Sachverständige gehört werden. 4N besonderen Fällen kann auch eine Aeußerung der

K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel oder dcrj-' nigcn für die Landwirtschaft oder beider Zentralstellen! eingeholt werden. Bei Festsetzung der Höchstpreise ist I das Interesse des konsumierenden Publikums zu berück-j sichtigen, daneben aber auch der Lage der Händler und der Warenerzeuger Rechnung zu tragen. Wenn nicht der Warenumsatz unterbunden und damit Schlimmeres her- beigefllhrt werden soll, als man mit der Festsetzung der Höchstpreise zu verhindern beabsichtigt, muß dem Ver­käufer ein den Verhältnissen entsprechender Nutzen ver­bleiben. Die festgesetzten Preise sind in ortsüblicher Weise bekannt zu geben und nach näherer Bestimmung der die Anordnung erlassenden Behörden zur Kenntnis des Publikums zu bringen. Diese Stellen können ins­besondere auch die Anbringung von Anschlägen der Taxen an und in dem Verkaufsraum und die Art sol­cher Anschläge bestimmen. 2. Der in 8 2 des Gesetzes vorgesehene Verkauf derjenigen Gegenstände, deren tax- mäßige Abgabe an das Publikum der Kleinhändler verweigert, wird den Ortsvorstehern übertragen. Die Aufforderung, zu den festgesetzten Höchstpreisen zu ver­kaufen, welche der behördlichen Ilebernahme der Gegen­stände vorauszugehen hat, erfolgt mündlich oder schrift­lich durch die Ortspolizibehörde. Wird der Anordnung nicht sofort Folge geleistet, so sind die vorhandenen Vor­räte mit Ausnahme der für den eigenen Bedarf des Be­sitzers nötigen unter Feststellung von Art und Menge in polizeiliche Verwahrung zu nehmen und sodann von dem Ortsvorsteher zu den festgesetzten Höchstpreisen aus Rechnung und Kosten des Besitzers zu verkaufen. So­weit der Ortsvorsteher bestimmte Waren nicht zum Ver­kauf bringen will, sind sie dem Besitzer wieder auszu­händigen. 3. Als Kleinhandel im Sinne der Ziff. 1 und 2 ist der sog. Detailhandel anzusehen, d. h. die Ab­gabe unmittelbar an den Verbraucher. 4. Die Orts- polizeibehörden sind in Ausübung ihrer gesetzlichen Zwangsmittel befugt, zur Verhinderung von Zuwider­handlungen gegen 8 -1 des Gesetzes die Verkaufsstellen derjenigen Verkäufer, welche die Einhaltung der Höchst­preise verweigern, zu schließen. Diese Befugnis besteht neben der in 8 2 des Gesetzes geregelten Befugnis zur Ilebernahme der Ware. Von einer Schließung der Ver­kaufsstellen ist jedoch nur dann und nur so lange Ge­brauch zu machen, als es mt dem Interesse der Bevöl­kerung vereinbar st. 5. Eine strafbare Verkaufsver­weigerung im Sinne des 8 2 des Gesetzes oder eine straf­bare Ileberschreitung der festgesetzten Höchstpreise im Sinne des 8 4 liegt regelmäßig auch dann vor, wenn die gesetzlichen Zahlungsmittel, insbesondere auch Reichs­banknoten und Reichskassenscheine, nicht oder nicht in ihrem vollen Wert als Kaufpreis in Zahlung genom­men werden. Der Erlaß weiterer Anordnungen, ins­besondere solcher für den Großhandel, bleibt Vorbe­halten."

Auf obige Bestimmungen mache ich die Einwohner des Oberamtsbezirks Calw in vorläufiger Weise auf­merksam.

Da auch in unserem Bezirk schon Fälle vorgekom­men find, wo das Publikum beim Einkauf von Lebens­mitteln überfordert wurde, ersuche ich, um einschreiten

zu können, um genaue schriftliche Mitteilung des Tat­bestands (Name und Adresse des Verkäufers, Art und Menge der Ware, Preis, Ort. und Tag des Verkaufs). Die Mitteilung muß mit dem vollen Namen unter Bei­fügung der Adresse unterzeichnet sein.

Calw den 12. August 1914.

K. Oberamt: Binder.

K. Oberamt Calw.

Die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft beant­wortet die Frage:

Was ist bei Aussaaten für den jetzigen Kriegszustand zu berücksichtigen?"

folgendermaßen:

1. Für die Herbstaussaat sind zur Ersparnis von Getreide die Saatmengen überall so einzuschränken, wie dies in besser geleiteten Wirtschaften in den letzten Jahren annähernd geschehen ist. Bei Roggen kann auf gutem Boden und, soweit neue Absaaten vorhanden sind, in der Aussaatstärke bis auf 30 Pfund pro Morgen zurückgegangen werden. Ueber öO Pfund Roggen sollte nirgends gesät werden. Bei Weizen kann in der Aus­saatstärke auf 40 Pfund zurückgegangen werden. Ueber 70 Pfund für den Morgen sollte niemand säen.

2. Bohnen, Hülsensrüchte, auch Wicken .welche der menschlichen oder tierischen Ernährung dienen können, sind zu Gründüngungszwecken jetzt nicht mehr auszu-

> säen. Diese Früchte können bei steigenden Preisen an­derweitig bester und nützlicher verwertet werden. So­weit Eründllngungspflanzen gesät werden sollen können einen gewissen Ersatz Lupinen, zum Teil auch die nicht stickstoffsammelnden Rübsen, Raps, Sens und Oelrettich bilden. Diese sind mit der Kleesämaschine zu säen. Die Saatmenge beträgt bei Drillsaat 35 Pfund und bei Breitsaat 48 Pfund pro Morgen je nach Korngröße.

3. Die Haserernte ist verhältnismäßig ungünstig, dagegen die Gerstenernte im ganzen gut. Es ist wohl anzunehmen, daß die Brauereien ihre Betriebe etn- schränken werden. Es wird in Frage kommen, als Er­satz für Hafer die Gerste zur Fütterung zu verwenden. Die Vermeidung der Körnerfrüchte für die Ernährung der Pferde, welche als Arbeitspferde Zurückbleiben, ist nach Möglichkeit anzustreben: zu ersetzen sind sie durch das reichlich und gut gewonnene Heu, getrocknete Erün- düngungspflanzen oder frische, getrocknete und einge­säuerte Kartoffeln u.s.w.

4. Mit der Ernte der Körnerfrüchte ist möglichst so vorsichtig wie immer zu verfahren, weil verdorbenes Getreide für Armeeverpflegungszwecke vollständig un­brauchbar ist. Es ist zu hoffen, daß auf dem Lande feh­lende Arbeitskräfte zum großen Teil durch städtische frei- werdende Arbeitskräfte ersetzt werden.

5. Sämtliche Eründüngungspflanzen, z. B. Hülsen- früchte, welche bereits ausgesät sind, Seradella u.s.w. sind möglichst zu trocknen oder einzusäuern oder bei Mangel an Arbeitskräften möglichst frisch abzuweiden, da es nicht angebracht ist, in Zeiten der Not Eründüng- ungspflanzen unterzupflügen, um Reserven an Humus für die Zukunft zu sammeln.

Den 14. August 1914.

Regierungsrat Binder.

Kühner Wagemut deutscher Seeleute!

Deutsche Unterseeboote sind im Laufe der letzten an der Ostküste Englands und Schottlands kntlang gefahren, bis zu den Shetland-Inseln. Die Ergebnisse dieser Fahrt können aus naheliegen­den Gründen bis jetzt nicht mitgeteilt werden.

Seiner Majestät Panzerkreuzer Eöben und der «eine Breslau sind am 5. August nach ihrer Unter­nehmung an der algerischen Küste in den neutralen »alienischen Hafen Messina eingelaufen und haben

dort aus deutschen Dampfern ihre Kohlenvorräte ergänzt. Der Hafen wurde von englischen Streit­kräften, die mit unseren Schiffen Fühlung bekommen hatten, bewacht. Trotzdem gelang es ihnen am Abend des 6. August aus Messina auszubrechen und die hohe See zu gewinnen. Weiteres läßt sich aus naheliegenden Gründen noch nicht Mitteilen. Der deutsche Sieg bei Lagarde.

Berlin, 12. Äug. (Tel). Der bei Lagarde, einem 3 Km von der französischen Grenze gelegenen

kleinen lothringischen, mit so schweren Verlusten für die Franzosen zurückgewiesene Vorstoß einer gemisch­ten Brigade kam, so schreibt im Verl. Lokalanz. ein alter preußischer Offizier, offenbar aus der Richtung von Luneville, das ein Sperrfort hat, und erfolgte wahrscheinlich über Einville entlang dem Rhein- Marne-Kanal, an dem der Ort Lagarde liegt. Aus dem Umstand, daß er von einer gemischten Brigade unternommen wurde, läßt sich auf eine gewaltsame Rekogonoszierung schließen. Es ist von besonderem