großem Wert, daß man durch die Gefangenen fest­stellen konnte, daß man es mit Leuten vom 15. französischen Armeekorps zu tun hatte, dessen Haupt- quatier Marseille ist. Die Anwesenheit dieses Korps an dieser Stelle macht es nämlich wahrscheinlich, daß wir es dort mit einer größeren französischen Armee zu tun haben. Eine gemischte französische Brigade besteht vorschriftsmäßig aus 2 Infanterie- Regimentern zu je 3 Bataillonen und 3 Maschinen- Eewehrsektionen mit je 2 Maschinengewehren. An Kavallerie wird diesen Brigaden in der Regel nur eine Eskadron zugeieilt und an Artillerie 3 Bat­terien. Da die Mannschaften dem 15. Armeekorps angehörten, so können wir annehmen, daß die Truppenteile kriegsstark waren. Wir würden es demnach mit einer Brigade in Stärke von etwa 7000 Mann mit 12 Geschützen, sowie 12 Maschinen­gewehren zu tun gehabt haben. Wie empfindlich die Verluste waren, erhellt nicht nur aus der Zahl der Gefangenen, sondern noch mehr daraus, daß dem Feinde ^ seiner Geschütze und der Maschinen­gewehre entrissen wurden. Die Eroberung einer Fahne ist der Beweis dafür, daß es zum Handge­menge kam. Daß unsere Leute in diesem ersten Handgemenge Sieger blieben, ist bei dem sehr leicht schwankenden Selbstvertrauen der Franzosen von unendlichem Wert. Die von Süden nach Norden verlaufenden Schluchten des Waldes von Parroy boten der fliehenden Brigade gute Deckung, die sie aber andererseits in kleine Gruppen zersplittert haben.

Der Handstreich derKönigin Luise".

In einer belgischen Zeitung vom 8. August lesen wir in einem Telegramm aus London, daß am 7. Aug. der Marineminister Churchill den Verlust des Kreuzers Amphion durch eine deutsche Mine bestätigt und hinzu­gefügt hat, weiter habe bis dahin kein Kampf stattge­funden. Das ist zugleich ein Beweis, daß die Berichte belgischer und französischer Blätter über Seeschlachten in der Nordsee erfunden sind. Dasselbe belgische Blatt sagt nach einem Telegramm aus Harwich, nach der gro­ßen Zahl der Minen zu schließen, die der deutsche Bäder­dampfer Königin Luise gelegt habe, sollte man an.- nehmen, daß er damit schon ein oder zwei Tage vor der Kriegserklärung begonnen habe. Das ist natürlich Hel­ler Unsinn, bestätigt aber, wie vortrefflich unsere Blau­jacken auf der Königin Luise gearbeitet haben.

DieDaily Mail" vom 8. Aug. gibt folgende Schil­derung des kühnen Handstreichs unserer Marine vor der Themsemündung: Der kleine Kreuzer Amphion war der Führer der 3. oder l^-Flottille von Torpedoboots­zerstörern. Das Sinken des deutschen Schiffes wurde durch drei der Zerstörer zuwege gebracht. Kaum hatten sie das deutsche Schiff gesichtet, als es auch schon ihren Verdacht rege machte. Ein Schuß wurde nun über das deutsche Schiff hinweggefeuert. Sofort wurde es augen­scheinlich, daß es kein friedliches Schiff war. Zwei Zer­störer eröffneten nun das Feuer auf die Königin Luise und fügten ihr beträchtlichen Schaden zu, obwohl nur wenige Schüße fielen. Dann gelang es dem einen, mit einem letzten Schuß das Heck des deutschen Schiffes auf­zureißen. Es legte sich auf die Seite und sank wie ein Stein. Einige von seiner Mannschaft, Verwundete und llnverwundete, wurden aufgegriffen, nach Harwich ge­bracht und in die Shytley-Marinekaserne übergeführt. Dann setzte der Amphion seine Beobachtungsfahrt fort. Er hatte das Unglück, das Kabel zu berühren, das zwei Minen verband, die zweifellos von dem deutschen Schiff gelegt worden waren. Augenblicklich wendeten die Minen sich auf das englische Schiff zu und explodierten. Das Vorderteil des Amphion wurde zerschmettert, wo­bei das Getöse gar nicht groß war. Die Zerstörer ließen ihre Boote herab und fischten die Ueberlebenden auf. Ausgenommen diejenigen, die durch die Explosion ge­tötet wurden, wurden so gut wie alle gerettet. Der Amphion hielt sich noch ungefähr 20 Minuten über Was­ser, nachdem er getroffen worden war. Dann sank er, mit dem Bug zuerst, elegant in die Tiefe. Die Ueber­lebenden wurden nach Harwich gebracht. Die deutschen Gefangenen wurden heute nachmittag um 2 Uhr 30 Min. an Parkeston Quai gelandet, bewacht von einer Abtei­lung Landsoldaten mit geladenen Gewehren und auf­gepflanzten Bajonetten. Die Gefangenen, insgesamt 30 Matrosen, waren prächtige, hochgewachsene Leute, einige mit Bart, einige glatt rasiert nach der Sitte der englischen Marine. Ihre Mützenbänder trugen keinen Schiffsnamen. Die Gefangenen schienen sich nicht sehr betroffen zu fühlen,' sobald sie in die Wagen des Zuges stiegen, der sie nach Horsham bringen sollte, begannen sie vergnügt Pfeifen und Zigaretten zu rauchen.

Auch dieser Bericht aus feindlicher Feder bezeugt zwischen, den Zeilen, wie wacker unsere Matrosen sich gehalten und welch vortrefflichen Eindruck sie gemacht haben.

Dasüberfallene" Frankreich.

In Frankreich hat man bis zuletzt, bis zum Ausbruch des Kriegs und auch noch in der Botschaft des Präsidenten behauptet, Deutschland habe in brüsker Weise Frankreich überfallen, das entschlossen

gewesen sei, den Frieden zu bewahren. Demgegen­über sind die Geständnisse interessant, die sich in dem Leitartikel des PariserEaulois" vom 1. August, der erst am 7. Aug. in Berlin eingetroffen ist, finden. DerEaulois" schreibt unter dem TitelVers la guerre" U. ll.!

Die Haltung Deutschlands ist, wie man sagen muß, absolut verwirrend. Ein Wort von ihm hätte genügt, um diese entsetzlichen Kämpfe, in die wir uns jetzt alle stürzen werden, zu verhindern. Und es schien umso wahrscheinlicher, daß Deutschland dieses Wort sprechen würde, als die Situation für Deutschland jetzt weit weniger günstig ist, als es gehofft hatte. Deutschland hat jetzt den Vorteil eines rasch und unvermutet durchgeführten Angriffs auf unsere Grenzen, die, wie alle Welt weiß, die Grundlage seines Kriegsplans bildete, verloren. Heute haben wir, Dank den Winkelzügen der diplo­matischen Aktion, genügend Zeit gehabt, unsere Vor­kehrungen zu treffen und uns auf den Angriff des Feindes vorzubereiten. Deutschland muß jetzt seine Dispositionen ändern und auf die Vorteile, durch die es sich gesichert zu haben glaubte, verzichten. Ist es bei seiner methodischen Denkart darauf vorbe­reitet? Wird nicht bei diesem Volk, wenn ein Rädchen des komplizierten Mechanismus, den sein Kriegsplan darstellt, gestört ist, die Sicherheit des ganzen Mechanismus davon berührt?"

Daß sich diese französischen Erwartungen nicht erfüllt haben, dürfte derEaulois" einsehen, wenn ihm die Ereignisse in Belgien und an der deutsch- französischen Grenze bereits bekannt geworden sind,

Deutsche in London.

Flüchtige deutsche Frauen, die heute vormittag aus London über Folkestone und Vlissingen in Köln angekommen sind, erzählen uns, auch der Londoner Mob habe in der letzten Woche den Deutschen be­droht nnd mehrfach angegriffen. Man durfte nicht wagen, auf den Straßen Deutsch zu sprechen. Manche Männer ließen sich den Schnurrbart abnehmen, um im Aeußern als Engländer zu erscheinen. Man versichert, daß zwei Deutsche vom Pöbel in die Themse geworfen worden seien (?). Wir verließen London am Sonntagmorgen, 200 Männer und gegen 100 Frauen und Kinder. Man verkaufte uns Fahr­karten zu 29 Schilling 2 Pence, die bis zur deutschen Grenze gelten sollten. Als wir in Folkestone an­kamen und in den bereitliegenden Dampfer steigen wollten, schied man die Männer aus der Schar ab und ließ sie am Ufer von Soldaten umstellen. Nur uns Frauen (mit den Kindern) erlaubte man, an Bord zu gehen. Vergeblich baten wir, uns doch das Gepäck, das die Männer neben sich hatten, berüberzugeben an Bord. So haben wir zum größten Teil ohne andere Kleidung als die, die wir auf dem Leibe trugen, abfahren müssen. Die Mäuner werden, so sagte man uns, als Kriegsgefangene nach Schottland oder sonstwohin gebracht werden.

Behandlung von Diplomaten diesseits und jenseits der Grenze.

Nach einer Mitteilung der Frankfurter Zeitung vom 10. ds. Mts. ist der deutsche Konsul in Mar­seille bei seiner Abreise vom Pöbel insultiert und auf der Durchreise durch Nizza sogar durch eine nach ihm geworfene Flasche verletzt worden. Im Gegensatz hierzu verdient hervorgehoben zu werden, wie der französische Konsul in Stuttgart, der durch unvorsichtiges Verhalten bei seiner Abreise Verdacht auf sich gelenkt hatte, durch energisches Eingreifen eines ihm beigegebenen Beamten vor Belästigungen geschützt wurde. Die Gegenüberstellung dieser Tat­sachen genügt. So hier so dort bei den sich selbst bewundernden Trägern der modernen Gesittung.

Gegen die Deutschen in Moskau.

Berlin, 13. Aug. Ein soeben aus Moskau über Petersburg Stockholm eingetroffener Deutscher berichtet dem Berliner Tageblatt, daß in Moskau sämtliche deutschen Geschäfte zerstört worden seien. Das deutsche Konsulatsgebäude und Inhalt habe eine Behandlung erfahren, die jeder Beschreibung spotte. Es stünden nur noch die nackten Mauern. Polizei und Militär hätten nicht nur die Zerstörer gewähren lassen, ohne dazwischen zu treten, sondern russische Offiziere hätten die in ihrer Zerstörungs­wut keine Grenzen kennenden Russen in ihrer Tätigkeit noch angefeuert. Nach allgemeiner Ueber- zeugung stehe Rußland vor einer großen Hungersnot.

Slawische Stimmen gegen Rußland.

Prag, 12. Aug. Nlas Naroda sagt in einer Besprechung der Reden des Zaren und Sasanows: Der russische Kaiser will glauben machen, daß Ruß­land auch für seine slawischen Brüder kämpfe und glaubt zu sehen, daß die Vereinigung der Slawen mit Rußland stark und unzertrennlich vor sich gehe, während Urteilsfähige gerade das Gegenteil sehen. Von den slawischen Nationen Oesterreich-Ungarns sehnt sich keine einzige nach der Vereinigung mit

Rußland. Man hat in der tschechischen Nation niemals den Ruf nach Vereinigung mit Rußland vernommen, das die slawische Solidarität nur zn egoistischen Zwecken mißbraucht hat. Rußland kämpft einen großen Kampf aber nicht für die Slawen, sondern für die Geltendmachung der eigenen egoistischen Ziele, für Verbreitung seiner Macht über alle slawischen Stämme und für die Unter­drückung der Individualität der slawischen Völker. Die slawischen Völker werden mit allen Kräften danach trachten, daß der furchtbare Kampf nicht auf Rechnung des Slawentums geführt wird.

Aufrufe.

Mit Zustimmung Seines Hohen Protektors Sr. Kaiser­lichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen der Deutschen Reiches und von Preußen.

Deutsche Frauen! Deutsche Männer!

Deutschlands Söhne stehen im Felde. Wie wir aus Erfahrung wissen, heißt es jetzt, auch die geistigen Bedürfnisse unserer Krieger zu pflegen und zu befrie­digen. Ob unsere Söhne vor dem Feinde stehen oder als Verwundete im Lazarett weilen: Sie müssen geistige Nahrung haben, müssen Nachrichten aus der Heimat, Berichte über den Fortgang des Feldzugs u. s. w. erhalten.

Diese Aufgabe muß großzügig, umfassend und plan­mäßig gelöst werden. Eine Arbeit, die in das Auf­gabengebiet unseres Vereins fällt. Die Lösung der Auf­gabe erfordert aber große Mittel, Mittel, die weit über unsere Kräfte gehen.

Wir wenden uns daher an alle Deutschen ohne Unterschied des Standes und des Geschlechts mit der Bitte: Helft uns arbeiten im Sinne des uns Allerhöchst verliehenen Leitworts:

Wirke im Andenken an Kaiser Wilhelm den Großen!

Berlin, den 6. August 1914.

Kaiser-Wilhelm-Dank,

Verein der Soldatenfreunde.

von Eraberg,

General der Infanterie z. D.,

1. Vorsitzender.

Geldsendungen bitten wir zu richten: An den Kai- ser-Wilhelm-Dank, Kriegskonto, Berlin 35. Bücher erbitten wir unter der gleichen Adresse, von den Herren Buchhändlern auch durch Herrn Carl Fr. Flaischlen, Leipzig.

Vom Kreisvertreter des X. Deutschen Turnkreses Schwaben.

Der vereinte Haß aller Feinde, die dem deutschen Reich seine Blüte und Macht in hämischer Mißgunst neiden, erhebt sich von allen Seiten zum Ansturm aus unsere Grenzen. Das deutsche Volk aber richtet sich auf in klirrender Rüstung mit der stolzen Kraft eines rei­nen Gewissens, mit dem begeisternden Glauben an die Unwiderstehlichkeit des Rechts, mit dem heiligen Zorn derer, die Ehre, Wahrheit und Kultur gegen Lüge und Barbarei zu schirmen haben. Mit all den Hundert- tausenden deutscher Männer eilt zu den Fahnen auch die deutsche Turnerschaft die seit ihrer Geburtsstunde in schwerer Notzeit des Vaterlandes und seit ihrer Blut­taufe in den Befreiungskriegen das Vermächtnis des Turnvaters Jahn, den Gedanken von Deutschlands Einheit und Größe in Millionen Herzen gepflegt hat So ziehet auch ihr hinaus ihr Turner Schwabens! Be­währet die Kraft und die Zucht turnerischer Friedens­schulung nun im blutigen Ernste des Weltkriegs, furcht­los und treu! Das oftgesungeneO Deutschland hoch in Ehren" sei alle Zeit euer Geleite und laßt die Worte Wahrheit werden:

Es sind die alten Schwerter noch,

Es ist das deutsche Herz:

Ihr zwingt sie nimmermehr ins Joch,

Cie dauern aus wie Erz!

Ein ernstes Gut Heil und ein vertrauensvolles Mit Es^ ruft die schwäbische Turnerschaft, soweit es ihr versagt ist, mitzuziehen, euch Glücklicheren aus treuem Herzen nach und legt zugleich das Gelöbnis ab, auch an ihrem Teil in der Heimat turnerische Opferwilligkeit zu be­weisen. Wo es für die Allgemeinheit etwas zu leisten gilt, bei Nachtdiensten an Straßenbahnen, Telegraphen­linien namentlich bei Nacht, wo die Jungmannschas- ten der Verantwortung noch nicht voll gewachsen sind bei Ordnungsdiensten auf Bahnhöfen, bei Truppen­durchzügen, bei landwirtschaftlichen Hilfsarbeiten, ins­besondere bei Erntehilfe, bei der freiwilligen Kranken- und Verwundetenpflege, bei Sanitätszügen, bei allen Gelegenheiten, wo die schwere Zeit Eemeinsinn und Hilfsbereitschaft fordert, werden die Turnvereine sich in erster Linie stellen. Also auf, ihr Turner Schwabens im Felde und daheim: Herz und Hand dem Va- t e r la n d!