Ausfuhrverbot.

Unter das Verbot der Ausfuhr und Durchfuhr von Waffen, Munition, Pulver und Sprengstoffen, sowie von anderen Artikeln des Kriegsbedarfs und von Ge­genständen, die zur Herstellung von Kriegsbedarfarti­keln dienen, fallen: Handwaffen aller Art und Teile davon, Munition, Pulver und Sprengstoffe, Torpedos und Minen jeder Art, sowie Teile davon, Torpedo­armierungen, Torpedobatterien, maritime Hindernis­mittel und Teile davon, Geschütze und Kriegsfahrzeuge aller Art sowie deren Teile und Zubehör, Gegenstände, die zur Herstellung von Waffen, Munition, Pulver und Sprengstoffen dienen, als: rohe Schafthölzer für Handfeuerwaffen, Zündhütchen, Geschoßzündungen und Zünder aller Art, Geschützzündungen aller Art, Zünd­schnur, Sprengkapseln, Leucht-, Signal- u. Sprengraketen aller Art, Leuchtfackeln, Metallhülsen für Patronen und Kartuschen, sowie Messingplatten zu Hülsen, Stahl­körper für Geschosse, roh und vorgebohrt, Eisen undl Stahl, roh bearbeitet, und in Erzeugnissen aller Art, Kupfer und Bronze, roh, ferner in Stangen, Blechen, Platten und Formstücken, auch in Draht, Draht­litzen und Drahtseilen, Zinn, roh, ferner Zinnblech und Zinndraht, Aluminium roh, ferner in Stangen, Ble, chen, Platten und Formstücken, auch in Draht, Kali- Ammoniak- und Natronsalpeter, Salpetersäure, Kam­pfer, auch die künstlichen, d. h. auf synthetischem Wege hergestellten Kampfer, essigsaurer Kalk, Acethum, Essig­äther, Aethyläther, Karbolsäure, Benzol, Nitrierte Baumwolle und Zellulose, Pikrinsäure, salpetersaurer Baryt, Phosphor, Toluol, Kresol, roh und Metakresol, Terpentinöl, Trinitrotoluol, Dinitrotoluol, Dyphenyl­amin, Natriumoxolat, Antimon, Quecksilber, Wolfram­metall, Kolophon, fahrbare Leitern, Werkzeugmaschi­nen, Fernrohre, Kreiselkompasse und ihre llebertrag- ungen, elektrische Kompaßfernübertragungen.

Unter das Verbot der Ausfuhr und Durchfuhr von Eisenbahnmaterial aller Art, von Telegrafen- und Fern­sprechgerät, sowie Teile davon, von Luftschiffergerät aller Art, von Fahrzeugen u. Teilen davon, fallen: Eisenbahn­schienen aller Art, Eisenbahnschwellen Eisenbahnlaschen

und Eisenbahnunterlagsplatten, Eisenbahnachsen, Eisen­bahnradreifen (Naben, Radreifen, Radgestelle, Rad­kränze), Eisenbahnräder, Eisenbahnradsätze, Eisenbahn­laschenschrauben, Schwellenschrauben, Spurstangen, Klemmplatten, Hakennägel, Eisenbahnwagenbeschläge, Eisenbahnpuffer, Eisenbahnweichen- und Signalteile, Eisenbahnwagenfedern und Puffersedern, Lokomotiven aller Art und Tender, Eisenbahnwagen aller Art, Tele­graphen-, Funkentelegraphen- und Fernsprechgerät so­wie Teile davon und Zubehör, insbesondere auch Ele­mente, Leitungs- und Jsolationsmaterial aller Art, Antennenmaste und Drähte, Luftschiffe, Freiballone, Flugmaschinen aller Art und Drachen, auch Teile davon, sowie die zu ihrer Herstellung und zum Betriebe der Luftschiffahrt dienenden Gegenstände, Kraftfahrzeuge (Motorwagen und Motorfahrräder) und Teile davon, gewöhnliche Fahrräder und Teile davon.

Unter das Verbot der Ausfuhr und Durchfuhr von Verband- und Arzneimitteln sowie von ärztlichen In­strumenten und Geräten fallen: Reine Karbolsäure, Quecksilber und Sublimat, Jod, Jodkalium und Jod­natrium, Jodoform, Chloroform, Pyrazolonum phenyl- dimetylicum und seine Abkömmlinge (Pyramidon usw.), gepulvertes Opium, Morphium und seine Salze, phos­phorsaures Codein, Paraformaldehyd, salzsaures und schwefelsaures Chinin, Arekolin, Salvarsan, Verband­watte, Verbandgaze und andere Verbandstoffe, chirurg­ische und andere ärztliche, auch zahnärztliche Instru­mente und Geräte, bakteriologische Geräte, Material für bakteriologische Nährböden (Agar, Gelatine, Pep­ton), Schutzimpfstoffe, Schutzsera und Heilsera bei In­fektionskrankheiten, Versuchstiere.

Unter das Verbot der Ausfuhr von Tieren und tie­rischen Erzeugnissen fallen: Lebende Tiere und zwar: Pferde, Maultiere, Esel, Rindvieh, Schafe, Ziegen und Schweine, Kaninchen, Federvieh, Fleisch, Fleischwaren, und Fettwaren aller Art, Milch und Nahm, Butter, Käse uno Margarine, Eier, Fische (lebende und nicht- lebende. f rische, gesalzene, getrocknete, geräucherte), Fleisch- und Fischkonserven jeder Art, Fleischextrakt.

Unter das Verbot der Ausfuhr und Durchfuhr von Rohstoffen, die bei der Herstellung und dem Betriebe von Gegenständen des Kriegsbedarfs zur Verwendung gelangen, fallen. Eisenerze, auch Schlacken vom Metall­hüttenbetrieb und eisenhaltiger Schwefelkies, Kupfer Steinkohlen, Braunkohlen und Koks sowie Preßkohlen Mineralöle, roh oder gereinigt (darunter Petroleum undund Benzin), Teeröle, Baumwolle, Wolle, auch ge­krempelt und gekämmt (Kammzug), Flachs, Hanf, Jute Felle und Häute zur Lederbereitung, mechanisch und chemisch bereiteter Holzstoff (Holzmasse und Zellulose), Kautschuk, Guttapercha und Balata, roh oder gereinigt

Unter das Verbot der Ausfuhr von Verpflegung^ Streu- und Futtermitteln fallen: Roggen, Weizen und Spelz, Gerste, Hafer, Buchweizen, Mais, Malz, Reis Hülsenfrüchte, Müllereierzeugnisse aus Getreide, Reis' und Hülsenfrüchten, Kartoffeln, frisches Gemse, Zwie­beln, Sellerie, Gemüsekonserven, Pflanzenfette, Heu und Stroh sowie sonstige Futtermittel aller Art, ferner Streu, Kaffee, Kakao, Schokolade, Tee, Salz, Pfeffer, Zucker, Stärke, Hefe, Tabak, Tabakerzeugnisse, Brannb wein, Wein, Bier und Essig.

Den 5. August 1914. Regierungsrat Binder.

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Um der durch die veränderten politischen Verhältnisse geschaffenen Lage des Arbeitsmarktes Rechnung tragen zu können und die in einzelnen Branchen und Betrieben frei- werdenden Arbeitskräfte soweit möglich in anderen Betrieben, welche zur Aufrechterhaltung ihrer Tätigkeit Arbeitskräfte benötigen, unterzubringen, auch der Landwirtschaft die für die Erntearbeiten benötigten Arbeitskräfte zu beschaffen, richten wir an alle Arbeitgeber des Bezirks, welche in der Lage sind, Arbeitskräfte, einerlei welcher Art, einstellen zu können, die dringende Aufforderung, dies umgehend dem Arbeitsnachweis in Calw mitzuteilcn, dies kann entweder direkt oder durch Vermittlung der Schullheitzenämter geschehen.

Freiwerdende Arbeitskräfte wollen sich sofort persönlich an das nächstgelegene Arbeitsamt oder den Arbeitsnachweis wenden und sich zwecks Nachweis von Arbeit eintragen lassen.

Calw, den 4. August 1914.

K. Oberamt: Binder.

Noch sind die Zeitungen nur in beschränktem Um­fange in der Lage eigentliche Kriegsnachrichten zu mel­den. Es wird immer noch einige Tage, vielleicht noch länger dauern, bis die ersten größeren Zusammenstöße oder gar eine entscheidende Schlacht stattfinden. Die Kennzeichnung der Lage seit gestern bildet die Be­setzung eines französischen Orts durch deutsche Truppen. Die Russen sind wieder zurückgetrieben worden und ihre Zeitungen lügen jetzt schon fleißig das Blau vom Him­mel herunter. Heute auch meldet die Verlustliste die ersten drei toten Deutschen im ruffischen Feldzug. Ehre ihrem Andenken? Was über die Vorgänge auf den Kriegsschauplätzen bekannt wurde, folgt hier:

Kriegs-Meldungen.

Die Deutschen auf französischem Boden.

Berlin 6. Aug. Brieq (nordwestlich von Metz) ist von deutschen Truppen besetzt worden. Das französische Städtchen Briey liegt etwa eine Stunde von der deutsch- französischen Grenze entfernt. Es liegt am Ende einer Stichbahn, die von der Linie Eroß-Moyeuvre (deut­scher Erenzort) über Conflans nach Verdun führt. Briey liegt in der Nähe der Schlachtfelder des 18. Aug. 1870 (St. Privat).

Vom deutsch-russischen Kriegsschauplatz.

Berlin, K. Aug. Bei Schwiddern östlich Zohannis- burg und bei Grodken zwischen Lautenburg und Soldau versuchten russische Kavalleriedivisionen, den deutschen Grenzschutz zu durchbrechen. Sie wurden abgeschlagen und gingen auf russisches Gebiet zurück. Die bei Sol­dau unter Verlust einer Brigade zurückgeworfene russi­sche Kavallerie erlitt beim Zurückgehen nach Rußland bei Neidenburg weitere Verluste.

Berlin 8. Aug. Das Gefecht bei Soldau, das zur Vernichtung einer Brigade der angreifenden ruffischen Kavalleriedioision und zu weiteren Verlusten der zu- riickgehenden Teile bei Neidenburg führte, hat auf deut­scher Seite 3 Tote und 18 Verwundete gekostet.

Berlin, 6. Aug. Die Erenzschutzgefechte, deren für die deutschen Truppen erfolgreicher Ausgang breits ge­meldet wurde, sind in Petersburg durch folgende den Tatsachen widersprechende Telegramme veröffentlicht worden: Die Avantgarde unserer Truppen überschritt vom Gouvernement Suwalki aus die Grenze, ohne Wi­derstand zu finden.

Paris, 6. Aug. Im Schwarzen Meer ist ein öster­reichischer Dampfer beschlagnahmt worden.

London, 6. Aug. Der deutsche Dampfer Tryand ist mit 17 Mann Besatzung im Kanal bei Manchester zu­rückgehalten worden.

London, 6. Aug. In Liverpool wurde der dänische DampferJens Beng", der gestern aus Stettin, für

Manchester bestimmt, in Mersey eintraf, von den Ve- hörd enangehalten. Militär ergriff von dem Damp­fer Besitz. Das Schiff liegt jetzt in Mersey vor Anker.

Petersburg, 6. Aug. Das Gebäude der deutschen Botschaft war Gegenstand wüster Ausschreitungen. Es wurde äußerlich beschädigt und im Innern zum Teil geplündert. Die Volksmenge soll durch unwahre Nach­richten über rücksichtslose Behandlung der Zarin Mut­ter und des Großfürsten Konstantin aufgereizt worden sein. Die Polizei verhaftete gegen hundert an den Aus­schreitungen beteiligte Personen, die dem Kriegsgericht zugeführt werden.

Kaiser Wilhelm an das deutsche Volk!

DerReichsanzeiger" veröffentlicht in einer Son­derausgabe einen Aufruf des Kaisers folgenden Wort­lauts: An das deutsche Volk! Seit der Reichsgründung ist es durch 43 Jahre mein und meiner Vorfahren heißes Bemühen gewesen, der Welt den Frieden zu er­halten und im Frieden unsere kraftvolle Entwicklung zu fördern. Aber die Gegner neiden uns den Erfolg unserer Arbeit. Alle offenkundige und heimliche Feind­schaft in Ost und West und von jenseits der See haben wir ertragen im Bewußtsein unserer Verantwortung und Kraft. Nun aber will man uns demütigen. Man verlangt, daß wir mit verschränkten Armen Zusehen, wie unsere Feinde sich zu tückischen Ueberfällen rüsten. Man will nicht dulden ,daß wir in entschlossener Treue zu unserem Bundesgenossen stehen, der um sein Ansehen als Großmacht kämpft und mit dessen Erniedrigung auch unsere Macht und Ehre verloren ist. So muß denn das Schwert entscheiden. Mitten im Frieden überfällt uns der Feind. Darum auf zu den Waffen! Um Sein oder Nichtsein unseres Reiches handelt es sich, das un­sere Väter sich neu gründeten, um Sein oder Nichtsein deutscher Macht und deutschen Wesens. Wir werden uns wehren bis zum letzten Hauch von Mann und Roß und wir werden diesen Kampf bestehen auch gegen eine Welt von Feinden. Noch nie war Deutschland über­wunden, wenn es einig war. Vorwärts mit Gott, der mit uns sein wird, wie er mit den Vätern war. Berlin, 6. August. Wilhelm.

Dänemark bleibt neutral.

Kopenhagen, 6. August. Die dänische Regierung beschloß im heutigen Staatsrat, aus Anlaß des Krieges zwischen Deutschland und England die Neutralitätserklärung abzugeben. Nachdem be­reits im dänischen Teil des Sundes Minensperre erfolgte, wurde beschlossen, im Großen Belt und im dänischen Teil des Kleinen Belt Minen auszulegen, um zu verhindern, daß die Kriegsoperationen sich auf die dänischen Gewässer ausdehnen und um die Verbindung zwischen den dänischen Landesteilen

aufrecht zu erhalten. Außerdem wurde beschlossen, den 2. Teil der Sicherungsstärke auf Fünen und Jütland einzuberufen, sowie den 2. bis einschließ­lich 8. Jahrgang auf Seeland, Laaland und Falster. Diese Einberufung der Sicherungsstärke ist nicht gleichbedeutend mit Mobilisierung. (Diese Nach­richt ist so aufzufassen, daß Dänemark nur seine Erenzgewässer durch Minenlegung sicherte.)

Schuldige.

Nach derFrankfurter Zeitung" trägt der Groß­fürst Nikolaus Nikolajewitsch die Hauptschuld am Kriege. Er, der sich in fanatischem Hasse gegen alles deutsche Wesen gewandt hat, ist der echte Erbe der räuberischen und zerstörerischen Triebe sarmatischer Reiterführer. Die Denkweise des Kriegsministers Suchomlinow gleicht der seinigen. Andere, die nicht minder schuldig sind, bleiben noch im Dunkel. Es war ihnen gelungen, auf den Straßen von Peters­burg und Moskau eine Menge, die von Tag zu Tag bis in die zehntausende wuchs, in ihren eigenen Tau­mel hineinzuhetzen. Die alten Instinkte der Slawen gen den Deutschen, dessen Ueberlegenheit sie mit Neid und Hatz spürten, wurden in der rücksichtslosesten Weise angestachelt. Das Echo des Lärmes, den diese Massen die ganzen Nächte hindurch toben ließen, mag hinter den verschlossenen Mauern des Zarenpalastes unheimlich verstärkt erklungen sein. Die Stille des großen russischen Kirchhofs aber blieb von diesem Lärm unberührt. Die weiten Massen des Volkes sind stumm geblieben, teilnahmslos. Sie werden sich ge­wiß in den ersten Wochen des Kampfes hinmorden lassen, ohne nach dem Warum zu fragen. D e r rus­sisch e Soldat hat noch nie gewußt, wd? für er sich schlug. Und dennoch hat er sich im­mer gut geschlagen. Aber hinter ihn werden andere Stimmen laut werden, die der Lärm der letzten Woche nicht übertönen konnte. Im Verlaufe der Unruhen sind in Petersburg in den letzten Tagen über 200 Menschen gefallen. Das Volk hat auf die Kosaken, die mit Lederpeitschen den schwindenden Gehorsam erzwangen, geschossen. Einige Dutzend dieser Reiter sind gefallen. Der Zar wußte dasnicht. Er weiß auch nicht, mit welch bangen­der Angst die große Mehrheit der bewußt denken­den Russen den Kampf erwartet, in dem ein Sieg nicht einem Volke zugute käme, sondern einem blu­tigen System. Er weiß nicht, daß die besten Leute Rußlands vom inneren Zwiespalt zerrissen sind, daß sie selber den Zusammenbruch dieses Systems herbei­sehnen. Aber er hörte die Mahnung eines Staats­mannes, des einzigen, dem wirklich das Wohl Ruß­lands und der Russen am Herzen lag, des Landwirt- schaftsministers Kriwoschein. Und er überhörte sie.