Ein weiterer Wort des Siodioorstmdes m die EiMohoerschiist msenr Stadt.

Zu Beginn der gestrigen Sitzung ergriff Stadtschult, tieik Conz das Wort zu nachstehenden Ausführungen:

Meine Herren!

Ueberraschender als wir bei der Gemeinderatssitzung am 30. Juli uns gedacht haben, ist der Krieg ausgebrochen. Während der Entwicklung der österr.-serb. Augelegenheiten konnte es den Anschein haben, als würde das Deutsche Reich nur als Zweitbeteiligter in Erfüllung seiner Bundespflichten an dem Kriege teilzunehmen haben. Manchen mochte dies schmerzen. Heute wissen wir es anders. Heute wissen wir, daß es ausschließlich und in erster Linie um Deutsch- land geht! Daß Deutschlands europäische und Weltstellung, Deutschlands Blüte in Handel, Industrie, Gewerbe und Land- Wirtschaft, der Wohlstand unserer Städte und Dörfer, deutsche Intelligenz und Arbeit, deutsche Kultur und Gesittung kurz daß das deutsche Wesen überhaupt ausgetilgt werden soll aus der Welt. Die serbischen Händel bildeten nur den von Rußland geschaffenen Anlaß zur Niederwerfung Deutschlands, dessen Macht undGröße, dessen bloßem Dasein unserer Nachbarn Neid und Haß von Anbeginn an galten. Soli hat jeweils den Völkern in großen Zeiten Propheten erweckt. Als ein solcher erscheint mir heute Moltke, der Schweiger, dessen Wort wie eine Prophezeihung heute sich ersiillt:Daß wir unsere Errungenschaften von 1870/71, unser deutsches Reich, im Verlauf von 40 oder 50 Jahren gegen eine Welt von Feinden noch einmal neu werden er­obern und gründen müssen."

Blitzartig erhellt dieses Wort die heutige Lage. Unser deutsches Reich, im Krieg geschmiedet, hat 43 Jahre Frieden gehalten, verbittertstem Haß und Neid, tausendfältigen Der- leumdungen und Anrempelungen zum Trotz. Unser Kaiser und seine Regierung haben den Beweis geliefert, daß fie bis zum Aeußersten in der Vermittlung für den Frieden gegangen sind, unser Volk hat viele Aeußerungen seiner Friedensliebe aniden Tag'gelegt, so viele, daß manchem warmblütigem«Bater- landssreund der Friedensschalmeien zu viel wurden und mancher besorgt sich fragte, ob die Berantwortung, den un- vermeidlichen Krieg zu Nutzen der Kriegsbereitschaft des Feindes um des lieben Friedens willen immer wieder hinaus« zuschieben, nicht größer sei als diejenige für einen Argriffs­krieg aus den unfertigen Gegner.

Und wozu? Um schließlich von slavisch-gallischer Heim­tücke und Schande darüber der undeutschen Unauf­richtigkeit des englischen Vetters betrogen zu werden!

Friedrich II. wählte den Angriff aus eigenem Entschluß. Bismack lehnte den Präventio-Krieg ab; er wollte der Vor­sehung nicht in die Karten sehen. Und wir? Dom Kaiser bis zum jüngsten Musketier, vom Reichskanzler bis zum geringsten Taglöhncr, schwören wir unbefleckten Gewissens im Angesicht Gottes, daß wir unschuldig sind an dem kommen- den Blute I Gott verzeihe denen, die das Schwert gezogen haben.

Fm Bewußtsein dieser unserer Unschuld, in teutonischem Groll über die teuflische Herausforderung erhebt sich unser ganzes deutsches Volk in nie erlebter Einmütigkeit. Alle Schranken der Standes- und Parteiunterschiede sind unter den Keulenschlägen die schweren Schicksalsstunde nieder­gebrochen wie morsches Holz.

Bon der Maß bis an die Memel,

Von der Etsch bis an den Belt steht ganz Deutschland auf, Mann an Mann, verbunden durch den einen Schwur des Herzens und durch einen Druck der Hand, auszuhalten in Treue gegen Kaiser, König und Vaterland.

Und wie werden wirs hinausführen? Mit Stolz schauen wir auf unser wohlgerüstetes, gewaltiges Heer. Wir wissen, daß es seine Pflicht tut bis auf den letzten Blutstropfen. Wir flehen zu Gott, ihm Sieg zu schenken und unverwelk- lichen Lorbeer. Aber auch unsere Feinde sind gerüstet und an Zahl weit überlegen. Da dürfen wir bedenken, daß nicht die Zahl der Streiter, auch nicht zuletzt die Güte der Waffen und die Vortreffltchkeit der Organisation den Sieg verbürgen, sondern der Geist, der im Heere und im Volk steckt.

Unser eiserner Bestand ist: Charakterstärke und Gottvertraueu.

Auf diesem Grunde ein Wort an unsere Bevölkerung:

Mitbürger! Werfet Euer Vertrauen nicht weg! Be­haltet Ruhe und Besonnenheit! Höret und laufet nicht jedem der abertausend Gerüchte nach, die in der Lust schwirren. Das schwäb. Volk rühmt sich mit Recht seines kritischen Geistes! Wolltet ihr ihn nur im Frieden spielen lassen gegen Behörden und Regierung, dann wäre er nichs nutze. Nutzet ihn jetzt aus und glaubt nicht alles, was euch vorgemacht wird. Für die Sicherheit Eurer Person und der Stadt sind alle ausdenkbaren Vorkehrungen getroffen. Ueber die Vor­gänge an der Front wird auch der Generalstab zuverlässige Nachrichten zu rechter Zeit geben. Aber andern glaubet nicht! Bewahret Eure Ruhe. Dämpfet Schwätzer, Aufge­regte und Wichtigtuer!

Und nun wenden wir uns zum Nächsten! Mit großer Freude sehen wir unter uns einen, wenn auch nur kleinen Teil unseres Heeres in der Aufstellung begriffen.

Wir grüßen diese Gäste des Krieges und wollen ihnen die letzten Tage auf heimatlichem Boden so angenehm als möglich machen. Diele unserer Mitbürger sind unter ihnen. Andere sind schon abgegangen zu ihren Regimentem. Wir sehen auch mit besonderem Stolze, daß drei Männer aus unserem Kollegium mit in den Krieg ziehen, der eine als Offizier, der andere als Unteroffizier und der dritte als einfacher Soldat, die Herren Rheinwald, Zügel. Etsenmann.

Mag auch der Schmerz des Abschieds manchen Wehr­manns Auge für eine Stunde überschattet haben; kaum ein­gekleidet, verfällt er dem magischen Zauber des Königrocks und sein Auge leuchtet wieder hell auf in urdeutscher Kampfes­freude und sein Herz brennt in dem Wunsch: an den Feind!

Alle die hinausziehen, unseren Quartiergästen und unseren ausrückenden Mitbürgern drücken wir herzlich die Hand und sagen:Lebt wohl! Mit Gott zum Sieg!" Die Zurückbleibenden aber, die Mütter, Väter, Ehefrauen, Kinder, Bräute, Geschwister, die Familien, deren Arbeit, Handwerk und Betrieb nun ruht, versichern wir unserer herzlichen Anteilnahme und unserer unausgesetzten Fürsorge.

Und nun meine Herren, ehe ich Fhnen in nicht öffent­licher Sitzung Mitteilungen darüber mache, was bisher schon zum Schutz und zur Versorgung unserer Stadt und Bevölkerung von Militär- und Zivilbehörden verfügt ist und ehe wir in die Beratung der Maßregeln, welche für die nächste ernste Zeit notwendig werden, eintreten, erneuern wir das Gelöbnis der Treue gegen König und Vaterland, das wir, ein jeder bei seiner Ein­setzung, abgelegt haben. Streifen wir alles Trennende ab, und bekennen wir uns zu keiner andern Losung als der einzigen: Zusammenarbeit unter Aufbietung aller unserer Kräfte bis zum letzten Nero im Dienste der Stadt und des Vaterlands! Dies bekräftigen wir mit dem Ruf: unserem Kaiser und König und unserem Heer, unserem deutschen Vaterland, unserem württembergischen Heimatland, unserer Stadt: Heil!

Das Kollegium stimmte freudig in diesen Ruf ein und ging dann zur Beratung des vorliegenden Stoffes über, worüber wir, soweit er sich zur Veröffentlichung eignet, an anderer Stelle berichten.

Stckdti Bezirk un- Nachbarschaft.

T alw, den 7. August 1914.

Vom Rathaus.

Die bürgerlichen Kollegien traten gestern zu einer gemeinschaftlichen Sitzung zusammen. Vom Gemeinderat waren 1l, vom Bürgerausschutz 8 Mit­glieder anwesend.

Zur Erledigung kamen einige durch die Mobil­machung erforderlichen Vorlagen. U. a wurde ge­nehmigt, datz Frau Hennefarth den seither von ihrem Mann versehenen Dienst eines Laternen­wärters übernimmt, da ihr Mann einberufen wurde. Sollte sich ein Anlatz zur P reissteig er- ung der Lebensmittel zeigen, dann wird eine Eemeindekommission in Verbindung mit den betr. Geschäften eingesetzt werden, die die Preise von Woche zu Woche regelt. Bezüglich der Schließung der Baumwollspinnerei und der Westenfabrik werden von GR. Wagner und B.A O. Wagner je be­ruhigende Erklärungen abgegeben; die in den ge­nannten Fabriken jetzt beschäftigungslos gewordenen Leute, soweit sie nicht zur Fahne gerufen wurden, können sich zunächst wohl beim Ernten nützlich machen. An Beamten und Unterbeamten hat die Stadt 10 Leute an die Truppen abgeben müssen. Weitere in Verbindung mit dieser Einberufung städtischer Angestellten und Arbeiter stehende An­gelegenheiten fanden alsdann ihre Erledigung.

Aufforderung an Flugzeugführer.

Diejenigen nicht dienstpflichtigen Personen, welche im Besitze des Flugzeugführerzeugnisses sich befinden und keine vertragliche Verpflichtung mit der Heeres­verwaltung für die Zeit der Mobilmachung ge­schlossen haben, werden im Interesse des Vaterlands hiedurch aufgefordert, sich dem Dienste des Vater­landes als Flugzeugführer zur Verfügung zu stellen. Meldungen zum Abschluß eines Vertrages mit der Heeresverwaltung sind umgehend persönlich oder schriftlich unter Beifügung des Flugzeugführerzeug­nisses und eocnt. vorhandener Militärpapiere zu richten an die nächstgelegene Fliegerersatzabteilung in Posen, Darmstadt oder Döberitz bei Berlin.

Zn den Ruhestand versetzt wurde lt. Staatsanz. Dekan Roos hier seinem Ansuchen gemäß unter Ver­leihung des Ritterkreuzes des Ordens der Württem- nergischen Krone.

Zunächst aber wird Dekan Roos hier noch weiter wirken. Am Schluß der gestrigen Kriegsbetstunde ver­kündete er, datz er mit Rücksicht auf die ernsten Zeiten feine Gemeinde nicht verlassen und sein Amt weiter­führen wolle, sofern ihm Kraft und Gesundheit erhalten bleiben. Die Gemeinde wird ihrem ersten Geistlichen für diesen Entschluß nur Dank wissen.

Militärisches. Der König hat verfügt: Unter Vor­behalt späterer Patentregelung wird zum Leutnant d. R. befördert der Vizefeldwebel Weber (Calw) vom 4- Feldart.-Reg. Nr. 65. Im Sanitätskorps (Beur-

laubtenst.) wird zum Oberarzt der Assistenzarzt der Landw. 1. Aufgebot Dr. Vogel (Calw) ernannt; auf Kriegsdauer wird wieder angestellt und bei Vorbehal- tung späterer Patentregelung zum Oberstabsarzt be­fördert der Stabsarzt der Landw. Dr. Römer-Calw.

Weitere Nachrichten.

Abschied.

Der König verabschiedete sich nunmehr auch von den Olgagrenadieren in Stuttgart und den gelben Ulanen in Ludwigsburg.

Zur Fürsorge für die zurückbleibenden Familien der zum Heeresdienst einberufenen Arbeiter, welche in Reichs- und preußischen Staatsbetrieben ständig be­schäftigt waren, soll an die Angehörigen bis auf wei­teres der Lohn des Einberufenen wie folgt fortgewährt werden: a) der Ehefrau je nach Bedarf bis zu 25 des Lohnes, b) jedem Kind unter 15 Zähren je nach Bedarf bis zu 6 A des Lohnes, im ganzen für alle höchstens die Hälfte des Lohnes. Die Bezüge im ein­zelnen werden unter Berücksichtigung der örtlichen Ver­hältnisse und der Höhe des Lohnes bemessen werden.

Erschossen.

Degerloch, 6. Aug. Der Weinhändler Lechner von hier fuhr mit seinem Rad gestern Nacht nach Platten­hardt, um dort ein Geschäft zu erledigen. Dem Anruf eines Postens, zu halten, leistete er keine Folge, worauf er vom Rad heruntergeschossen wurde und sofort tot war. Seine Leiche wurde nach Echterdingen verbracht.

Oberndorf, 6. Aug. Die im Juli eingetroffene türkische Waffenkommission kann ihre Arbeiten hier nicht aufnehmen. Die Waffenfabrik steht nur dem deut­schen Militär zur Verfügung und hat ihre Maschinen für das deutsche Modell einzurichten. Vor einem Jahre dürften schwerlich fremde Aufträge in Angriff genom­men werden können. Die türkische Kommission wünscht möglichst bald wieder nach Hause zu kommen (wo in­zwischen auch die Mobilisierung angeordnet worden ist), aber es sind ihr alle Wege versperrt. Die Mitglieder sprechen ihre Verwunderung über den glatten Verlauf der deutschen Mobilisierung aus.

Geislingen, 6. Aug. Die Württ. Metallwaren­fabrik. die über 4000 Arbeiter beschäftigt, hat ihre Werk­stätten bis zur Beendigung der Mobilmachung geschloß sen. Nachher soll die Arbeit wieder ausgenommen wer­den, aber wahrscheinlich nur auf kürzere Dauer und mit beschränkter Arbeitszeit.

Evangelische Gottesdienste.

9. Sonntag nach Trinität., 9. August.

Vom Turm: 322.

Predigtlied: 3 46, Schwing dich auf.

8 Uhr: Feldgottesdienst auf dem Marktplatz.

g'/r Uhr: Vorm.-Predigt, Stadtpfarrer Schmid. Abend­mahlsfeier.

1 Uhr: Christenlehre mit den Töchtern.

Dienstag, 11. August.

7 Uhr vormittags: Erntebetstunde, Stadtpfarrcr Schmid. Das Opfer ist für die Wetterbeschädigten des Landes bestimmt.

Donnerstag, 13. August.

8 Uhr abends: Kriegsbetstunde, Stadtpfarrer Schm i d. Das Opfer ist zur Unterstützung von Familien bestimmt, die durch den Krieg in Not geraten.

Kath. Gottesdienste.

Heute Freitag abends g Uhr: Beichte für die Soldaten. Morgen Samstag 5 Uhr früh: Kommunionausteilung. Sonntag, 9. August.

7 Uhr: Militärgottesdienst in der Kirche.

V, 10 Uhr: Feierlicher Gottesdienst für Kriegszeiten für die Civilbevölkerung.

'/-2 Uhr nachmittags: Kriegsandacht.

Werktags täglich die hl. Messe um 8 Uhr mit Gebeten für Armee und Flotte.

Mittwoch, 12. August.

8 Ubr abends: Kriegsbetstunde vor ausgesetztem Aller­heiligsten.

Gottesdienste der Methodistengemeinde.

Sonntag, den 9. August.

Allgemeiner Buß- und Bettag.

9sr Uhr vormittags: Predigt und Feier des hl. Abend­mahls, Prediger Rücker.

2 Uhr nachmittags: Allgemeine Versammlung.Der Krieg eine Mahnstimme ans deutsche Volk," Prediger Rücker.

Mittwoch, 12. August.

8s'» Uhr abends: Gebetstunde.

Die Stirnen empor!

3l. Juli 1914.

Es grollte von Ost, es grollte von West,

Am Himmel zuckt es von Flammen,

Wir standen, die Faust um die Schwerter gepreßt,

Und bissen die Zähne zusammen.

Wir standen und schwiegen nun ist es vorbei!

Vorbei das Zaudern und Zagen!

Hin über die Lande schwingt sich ein Schrei:

Ihr wollt es, so sollt ihr es tragen!

O Stunde im letzten Iuliglanz,

Vernimms aus unendlichen Reihen:

Wir lassen den Boden des Vaterlands,

Den heiligen, nicht entweihen!

Wir standen besonnen, Gewehr bei Fuß,

Und bissen die Zähne zusammen,

Nun ist es vorbei! Dir Volk meinen Gruß!

Es reißt uns hinein in die Flammen!

Die Stirnen empor! Die Fahnen voran!

Zum Walle auf an die Grenzen!

Und reiten wir heim, se sollt ihr dann Mit deutschem Eichenlaub uns Kränzen!

(Rudolf Geck in der Franks. Ztg.)

Stuttgart, 6. Aug. Auf dem heutigen Erotzmarkt war die Kauflust flau. Die Preise waren: Heidelbeeren 1516 Johannisbeeren 10, Stachelbeeren 56,

Pflaumen 57, Pfirsiche 1525, Aprikosen 1528, Aepfel 816 pr. Pfund.

Für die Schriftleitung verantwortlich: Paul Kirchner Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Buchdruckerei