Der russische Aufmarsch.

Nach der Friedensverteilung stehen an der deut­schen Grenze folgende russische Truppen:

I. Militärbezirk Wilna. Oberbefehls­haber und voraussichtlicher Führer der Armee gegen Ostpreußen General der Infanterie v. Rennenkampf. II. Korps Erodno, General Scheidemann. 26. Divi­sion Grodno, 48. Wilna, 2. Kavallerie-Division Su- walki. III. Korps Wilna, General Jepantschin. 25. Infanterie-Division Duenaburg, 27. Wilna, 6. Schü­tzenbrigade Suwalki, 8. Kavalleriedivision Kowno. IV. Korps Minsk, General Alijew. 30. Infanterie­division Minsk, 40. Bobruisk. XX. Korps General Smirnorv. 28. Jnfanterdivision Kowno, 29. Riga, 1. selbständige Kavalleriebrigade Riga. Ferner stehen im Militärbezirk die 1. Eisenbahnbrigade in Baranowitschi und das 5. Eisenbahnbataillon in Polozk.

II. Militärbezirk Warschau. Ober­befehlshaber General Schilinski. IV. Korps Bjelo- stok, General der Infanterie Blagoweschtschenski. 4. Infanteriedivision Lomscha, 16. Bjeloftok, 4. Kava- leriehivision Bjeloftok. XIV. Korps Lublin, General der Infanterie Woischin-Murdas Schilinski. 18. In­fanteriedivision, 1. Schützenbrigade Lodz, 2. Radom, 18. Kavalleriedivision Warschau, 14. Tschenstochau. XV. Korps Warschau, General der Infanterie Mar­ios. 6. Infanteriedivision Ostrom, 8. Warschau, 6. Kavalleriedivision Warschau. 15. Plosk. XIX, Korps Brest-Litowsk, General der Ingenieure Sa- rantschew. 17. Infanteriedivision Cholm, 38. Brest- Litowsk, 7. Kavalleriedivision Wladimir-Wolynsk, 1. Don-Kosakendivision Samoftje. XXIII. Korps General der Infanterie Kondratowitsch. 3. Garde- Infanteriedivision Warschau, 2. Infanteriedivision Nowogeorgiewsk, selbständige Garde-Kavalleriebrig. Warschau. Im Militärbezirk außerdem noch das 4. Eisenbahnbataillon.

An Fe st ungen gehören zum Bezirk Wilna die Festung erster Klasse Kowno und die Festung dritter Klasse Dünamünde sowie Erodno. Zum Be­zirk Warschau zunächst Warschau selbst, dann die Fe­stungen erster Klasse Nowogeorgiewsk, Brest-Litowsk und Iwangorod, Festung zweiter Klasse Ossowez, so­wie die Befestigung Lomscha.

Frankreich begründet seine Mobilisation.

Paris, 2. Aug. Der Präsident und die Mitglie­der der Regierung haben einen Aufruf an die Fran­zosen erlassen, in dem es heißt: Seit einigen Tagen hat die Lage Europas sich wesentlich verschlimmert. Trotz der Anstrengungen der Diplomatie habe der Horizont sich verfinstert. Die meisten Nationen mo­bilisieren, selbst neutrale Staaten, um die garantierte Neutralität zu schützen. Frankreich, das seine fried­lichen Absichen kundgegeben und im Verlauf der letz­ten tragischen Tage Europa den Rat zur Mäßigung und ein lebendiges Beispiel der Verständigung ge­geben habe und seine Anstrengungen zur Erhaltung des Weltfriedens verdoppelte, habe sich auf alle Eventualitäten vorbereitet und bis jetzt die ersten Maßnahmen zum Schutze seines Gebietes getroffen. Frankreich rechne mit der Kaltblütigkeit der Nation und zähle auf den Patriotismus aller Franzosen, die alle bereit seien, ihre Pflicht zu tun,

Die Arbeit des Reichstags.

Berlin, 2. Aug. Dem am Dienstag zusammen- tretenden Reichstag wird ein Gesetzentwurf über die Einführung von Höchsttaxen für den Verkauf von Le­bensmitteln vorgelegt werden.

Ausnahme von Verboten. Weitere Verbote.

Der Reichsanzeiger veröffentlicht eine Verord­nung des Reichskanzlers betreffend Ausnahmen von den Verboten der Durchfuhr von Waffen, Munition, Pulver und Sprengstoffen, sowie von anderen Ar­tikeln Kriegsbedarfs und von Gegenständen zur Her­stellung von Kriegsbedarfsartikeln, von Rohstoffen, die bei der Herstellung und dem Betrieb von Gegen­stände des Kriegsbedarfs zur Verwendung gelangen, von Verbands- und Arzneimitteln, sowie von ärzt­lichen Instrumenten, von Eisenbahnmaterial aller Art, von Telegraphen- und Fernsprechgeräten, sowie Teilen davon, von Luftschiffergeräten aller Art, von Fahrzeugen und Teilen davon. Unter das Verbot der Ausfuhr von Verpflegungs-, Streu- und Futter­mitteln fallen noch folgende weitere Gegenstände: Kaffee, Kakao, Lhokolade, Tee, Salz, Pfeffer. Zucker, Stärke, Hefe, Tabak, Tabakerzeugnisse. Branntwein, Wein, Bier, Essig.

Schutz den Eisenbahnen.

Berlin, 2. Aug. Bestimmte Nachrichten deuten darauf hin, daß Zerstörungsversuche gegen die Eisen­bahn und deren Kunstbauten von feindlicher Seite auch im Innern des Reiches gemacht werden. Bei der großen Bedeutung der Eisenbahn für die Durch­führung der Mobilmachung und die Versammlung des Heeres ist es Pflicht jedes Deutschen, die Heeres­verwaltung beim Schutz der Eisenbahn zu unter­stützen. Dies kann geschehen durch die lleberwachung der Mitreisenden, Mitteilung jeder verdächtigen Handlung an die nächste Eisenbahn- oder Militär­

behörde und eventuelle Festnahme verdächtiger In­dividuen.

Keine Postbeförderung an die Einberufenen.

Berlin, 2. Aug. Während der Beförderung der Truppen aus ihren Standorten in das Aufmarsch­gebiet findet eine Ausgabe von Postsendungen an dieselben nicht statt. Es empfiehlt sich daher nicht, alsbald nachdem die Truppen ihren Standort verlas­sen haben, Sendungen an dieselben aufzugeben. Den 2. August. Kriegsministerium: von Falkenhayn. Reichspostamt: Krätke.

Der Mobilmachungsbefehl in Berlin.

Berlin, 1. Aug. Der Lustgarten war den gan­zen Nachmittag von einer Kopf an Kopf stehenden Menschenmenge besetzt. Etwa um ^6 Uhr wurde dem Publikum durch Adjutanten, Offiziere und Schutzmannswachtmeister die erfolgte Mobilmachung bekannt gegeben, worauf eine unbeschreibliche Begei­sterung sich Luft machte. Um 6 Uhr war im Dom der angekündigte liturgische Gottesdienst, den Ober­hofprediger Dr. Dryander hielt. An dem Gottes­dienst nahmen auch Damen und Herren der Umge­bung der Majestäten teil.

Die Bundesfürsten

von Bayern, Sachsen und Württemberg haben an ihre Armeen zündende Aufrufe erlassen und sie in den Dienst des obersten Kriegsherrn gestellt. Unser König erläßt folgende Ordre:

An meine Truppen!

Offiziere und Mannschaften. Aufgerufen zur Verteidigung des bedrohten Vaterlandes werdet Ihr demnächst die Heimat verlassen, um Schulter an Schulter mit den anderen deutschen Stämmen zu kämpfen für Deutschlands Ehre, Größe und Macht.

Ich vertraue fest auf die allzeit bewährte pflicht­treue Hingebung Meiner Truppen und bin gewiß, daß Meine Württemberger den Vätern gleich wett­eifern werden mit den Waffengefährten aus Nord und Süd, um unsere gerechte Sache zum Sieg zu führen.

Die Erfüllung Meines Herzenswunsches, jeden einzelnen Truppenteil persönlich zu verabschieden, ist nach Lage der Verhältnisse leider unmöglich und so rufe Ich denn Euch auf diesem Wege Meine treuesten Wünsche zu. Gott mit Euch!

Stuttgart, den 2. August 1914.

Wilhelm.

An das Kriegsministerium. v. Marchtaler.

Die Stuttgarter vor dem König.

Am Samstag abend strömte eine große Volks­menge zum Wilhelmspalast, wo der König, umjubelt von Tausenden, eine Ansprache hielt. Der König sagte:

Mein liebes treues Volk! Wir sind gezwungen worden, um unsere Ehre zu wahren, zu den Waffen zu greifen. Wir waren bemüht, stark bemüht, den Frieden zu erhalten. Ich bedauere sehr, in meinen alten Tagen noch mitansehen zu müssen, daß meinem vielgeliebten deutschen Volk der Friede durch fremde Mächte gebrochen wird. Ziehen Sie nun in den Kampf hinaus und fechten Sie für Deutschlands Ehre! Ich möchte meine Lieben im ganzen Lande bitten, daß sie zu Gott beten. Und dieser wird gewiß auch unser Gebet erhören und den Sieg an unsere Fahnen heften. Seid nun alle, meine Lieben, Got­tes Segen empfohlen! Betet für die Söhne, Brüder und Verwandten, die ins Feld ziehen, und für den Sieg unserer Waffen!" Wie dem Landesfürsten, so zollten sie auch ihrem Heerführer, dem Herzog Al- brecht, stürmischen Beifall, der umgeben von seinen Söhnen, vom Balkon des Kronprinzenpalais wie ein rechter Schwabenherzog zum Volke sprach: Patrioten, die Ihr hierher gekommen seid, ich danke Euch. Die Württemberger davon bin ich überzeugt, wer­den wie immer ihre Pflicht tun! Unser Kaiser und König hurrah!

Stuttgart, 2. Aug. Wer heute sich von dem ge­radezu ungeheuren Kirchenbesuch seitens aller Kon­fessionen überzeugte, merkte nichts von der Gleich­gültigkeit und gar Ungläubigkeit, die nach der An­sicht von Pessimisten sich in den letzten Jahrzehnten des deutschen Volkes bemächtigt haben sollte. Ge­radezu ergreifend war die Andacht, mit der in den überfüllten Gotteshäusern den Worten der Prediger gelauscht wurde, und die Rührung, die sich aller be­mächtigte. Und am Abend gar, wo in den evangeli­schen Kirchen die Kriegsteilnehmer und ihre Fami­lien zum Abendmahle sich versammelten, da blieb kaum ein Auge trocken. Mer auch die Macht des Gottvertrauens ward aus den Gesichtern der Heim­kehrenden offenbar, als alle fest und zuversichtlich sich nunmehr den Aufgaben zuwandten, die Tag und Stunde für Herz und Hand bereiteten. In den katho­lischen Kirchen war heute früh die Zahl derer, die zur Kommunionbank traten, größer selbst als zur österlichen Zeit. Weitere Gottesdienste werden in allen Kirchen auch während der nächsten Werktage abgehalten werden.

Norwegen bleibt neutral.

Christiania, 1 . Aug. Die norwegische Regierung hat heute aus Anlaß des serbisch-österreichischen Krie­ges eine Neutralitätserklärung erlassen.

An die Freiwilligen!

Das Generalkommando des 13. (Kgl. Württ) Armoeekorps ersucht um Veröffentlichung nachstehen­der Be kanntmachunq:

Freiwilliger Eintritt.

(8 98 der Wehrordnung.)

1. Nach ausgesprochener Mobilmachung können von allen Ersatztruppenteilen Freiwillige jederzeit angenommen und eingestellt werden. Von jeder Ein­stellung ist der Zivilvorsitzende der Ersatzkommission des Geburtsortes zu benachrichtigen. Im übrigen finden die Bestimmungen der 88 21, 4 und 24 An­wendung. 2. Die Annahme von Freiwilligen auf Kriegsdauer (Kriegsfreiwillige) ist zulässig. Tie werden bei der Demobilmachung oder Auflösung der betreffenden Truppenteile usw. zur Disposition der Ersatzbehörden entlassen. 3. Die zum Einjährig-Frei- willigen-Dienst Berechtigten werden mit ihrer Al­tersklasse zum Dienst herangezgoen. 4. Die zum Ein- jährig-Freiwilligendienste berechtigten Mediziner welche bereits 7 Semester studiert haben, werden außerterminlich gemustert und bei vorhandener Tauglichkeit sogleich einberufen. 5. Die zum Einjäh- rig-Freiwilligendienst Berechtigten treten sofern sie es wünschen bei Auflösung der Ersatztruppen­teile wieder in den Genuß der ihnen bewilligten vor­läufigen Zurückstellung. 8. Die näheren Bestimmun­gen über den freiwilligen Eintritt in die Marine sind in der Marineordnung enthalten. 8 21,4 der Wehrordnung lautet: Angehörige fremder Staaten bedürfen zum Eintritt in das Heer der Genehmigung des Kontingentsherrn, zum Eintritt in die Marine Kaiserlicher Genehmigung. 8 24 der Wehrordnung lautet:

FreiwilligerEintrittvorBeginnder

Militärpflicht.

1. Um im allgemeinen wissenschaftliche und ge­werbliche Ausbildung so wenig wie möglich durch die Dienstpflicht zu stören, ist es jedem jungen Manne überlassen, schon nach vollendetem 17. Lebensjahre (d. i. nach Beginn der Wehrpflicht), wenn er die nö­tige moralische und körperliche Befähigung hat, frei­willig zum aktiven Dienst im Heere oder in der Ma­rine einzutreten. 2. Wehrpflichtige der seemänni­schen und halbseemännischen Bevölkerung dürfen nur in die Marine freiwillig eintreten. 3. Wehrpflich­tige, welche freiwillig in das Heer oder in die Ma­rine eintreten. sind der Aushebung nicht mehr unter­worfen. 4. Die näherer: Bestimmungen über den freiwilligen Eintritt in das Heer oder die Marine sind in den Abschiritten 13 und 14, sowie in der Ma­rineordnung enthalten.

Freiwillige für die Marine.

Berlin, 1. Aug. Die Kaiserliche Marine stellt, wie uns von zuständiger amtlicher Seite mitgeteilt wird, geeignete Zivilflieger als Kriegsfreiwillige ein. Bewerber wollen sich an das Reichsmarineamt, Sektion für Luftsahrwesen, wenden.

Anerbietungen für den Dienst der Freiwilligen Krankenpflege

nimmt bestimmungsgemäß der Kurs. Kommissar und ärinspektor der Freiwilligen Krankenpflege, Berlin V. 8, Behrendstr. Nr. 70 entgegen.

Freiwillige Krankenpflege im Krieg.

ep. Sobald der Krieg ausbricht, werden von der 318 Diakonen der Brüderanstalt Karlshöhe 105 zum Dienst mit der Waffe, 43 zur Sanität eingezogen. Am 10. Mobilmachungstag haben wir dem Roten Kreuz 30 Brüder zur freiwilligen Krankenpflege zur Verfügung zu stellen, in der folgenden Zeit weitere 85. Äber das alles genügt noch lange nicht. Hun­derte, Tausende von den Söhnen unseres Volkes wer­den auf den Schlachtfeldern bluten. Diesen die sorg­fältigste Pflege angedeihen zu lassen, ist unsere hei­lige Pflicht. Wer ist bereit, seinen Mann zu stellen? Die Brüderanstalt Karlshöhe wird 8 Tage nach dem etwaigen Kriegsausbruch einen 4- bis Owöchlge," Kurs eröffnen, in welchem junge Männer für die frei­willige Krankenpflege im Kriege nusgebildet wer­den. Die Kursteilnehmer erhalten freie Station. Nach Beendigung des Krieges können sie in Wen bisherigen Beruf wieder zurücktreten. (Anmeldun­gen, denen Lebenslauf, ärztliches und Leumunds­zeugnis beizulegen ist, nimmt das Jnspektorat Karls- höhe-Ludwigsburg, von dem auch die näheren Be­dingungen für diesen Kurs zu beziehen sind, jederzeit entgegen.)

Schulschluß.

Köln, 2. Aug. Der Oberprästdent der Rhem- provinz hat sämtliche Behörden ersucht, die ihnen unterstellten Schulen schließen zu lassen. Bezüglich der höheren Schulen ist dies durch das Provinzial­schulkollegium angeordnet worden. Es sei auf tun­lichste Mitwirkung der Schulkinder und auch der Schüler der höheren Lehranstalten bei den Ernte­arbeiten hinzumirken.