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Nr. 246

Schwarz«»!»«» Tageszeit» »G ,M», de« T««»e»*

Der diplomatische Mitarbeiter desDaily Telegraph" bemerkt dazu: So bleiben dem englischen Kabinett nur zwei Möglich­keiten: 1. zu versuchen, sich die Zustimmung der anderen Mächte zu Lausanne an Stelle von Genf als Zusammenkunftsort zu sichern oder 2. den Gedanken an eine Viererkonferenz aufzugeben und eine gemeinsame Erklärung Englands, Frankreichs. Italiens und der anderen Unterzeichnermächte des Versailler Vertrags ab­zugeben. In ihr würde zu versichern sein, daß Deutschland in Genf als gleichberechtigt behandelt worden sei und behandelt werden solle daß d>e künftige Militärstärke und Ausrüstungen einschließlich der Deutschlands freiwillig und auf Grund eines allgemeinen Einvernehmens einer Abriistungsvereinbarung ein­verleibt werden solle und daß die militärischen Bestimmungen des Versailler Vertrages aus Grund eines allgemeinen Einverneh­mens. aber nicht durch einseitige Maßnahmen geändert werden könnten.

Sturm in NoMeulWaild

Im norddeutschen Küstengebiet und über der Nordsee setzte in der Nacht zum Dienstag ein heftiger Südwestwind ein. der sich zu Sturmstärke steigerte. Zahlreiche Dampfer, die die Elbe verlassen wollten, sahen sich gezwungen ihre Ausreise zu ver­schieben. Am Dienstag vormittag zog eine Windhose über Reins­büttel in Dithmarschen hinweg, die großen Schaden anrichtete. Das Dach einer riesigen Scheuer wurde 500 bis 60V Meter weit sortgsschleudert. Auch in Berlin wurde eine durchschnittliche Ge­schwindigkeit von 45 Kilometerstundsn festgestellt. Ein Sturm in solcher Stärke tritt in Berlin nur selten auf Der Sturm, der abends von Südwcst auf Nordwest drehte, machte sich um so unangenehmer bemerkbar, als er schwere Regenschauer heran­führte. In den Wäldern der Umgegend Berlins, sowie in den Parkanlagen und in den Laubenkolonien wurde viel Schaden angerichtet. An mehreren Stellen stürzten Bäume um.

Seit Dienstag wütet auch über Leipzig ein heftiger Sturm, der teilweise erheblichen Schaden anrichtete So wurden in einzelnen Stadtteilen Plakatsäulen umgerissen Zn Rötha bei Leipzig stürzte am Dienstag abend der Turm der Marienkirche zusammen. Dadurch wurden alle elektrischen Leitungen zerstört, so daß die Stadt ohne Licht war. Menschen sind glücklicherweise nicht zu Schaden gekommen. Feuerwehr und Röthaer Bürger haben sofort die nötigen Absperrungen vorgenommen.

28S Millionen RM. für Arbeitsbeschaffung der Reichsbahn

Berlin, 19. Okt. Die Reichsbahn hat nunmehr die Verhand­lungen über die Finanzierung ihres Arbeitsbeschaffungspro- gramms von 280 Millionen RM. beendigt. Dieses Programm beruht darauf, daß der Reichsbahn rund 180 Millionen RM. Steuergutscheine aus Se^ Beförderungssteuer zur Verfügung stehen und daß für weitere 100 Millionen RM. ihr eigener Kredit angespannt werden soll. Bei der Finanzierung ist davon ausgegangen, daß die Steuergutscheine nicht an die Börse ge­bracht werden sollen. Dieses Vorgehen erscheint aus markt- volitischen Gründen erwünscht. Vor allem wird aber dadurch gewährleistet, daß die volle Summe auch wirklich der Arbeits­beschaffung dienstbar gemacht werden kann. Die Zwischenzeit bis zur Fälligkeit der Steuergutscheine wird iiberbrückt werden mit Hilfe der am 8. Oktober 1932 neu errichteten Reichsbahn- beschafsungsG.m.b.H. (RBG.). Diese wurde von der Deutschen Verkehrskreditbank mit einem Kapital von 10 Millionen RM. gegründet, aus das sofort 25 Prozent eingezahlt wurden. Bei Fälligkeit von Zahlungen werden die Lieferer und Unternehmer Wechsel auf die RBG. ziehen, die von dieser akzeptiert und von der Verkehrskreditbonk sofort diskontiert werden, so daß dem Unternehmer oder Lieferer alsbald der Rechnungsbetrag aus­gezahlt wird. Ueber das Arbeitsbeschaffungsprogramm der Reichsbahn bis zum Betrage von 180 Millionen RM. ist die Oeffentlichkeit bereits unterrichtet. Der darüber hinausgehende Betrag ist in erster Linie zum Einbau der aus früheren und noch laufenden Bestellungen herrührenden Oberbau- und son­stigen Stoffe bestimmt.

Notverordnung gegen Autodiebe

Berlin, 19. Okt. Vor der Vereinigung kraftfahrender Journali­sten machte Reichsjustizminister Dr. Eürtner Mitteilungen über Maßnahmen der Reichsregierung zur verschärften Bekiimvsung des Kraftwagendiebstahls. Das Reichsiustizministerium hat dem Reichskabinett Len Vorschlag gemacht, eine Notverordnung zu er­lassen und Strafbestimmungen zu schassen, durch die die Gerichte in die Lage versetzt werden sollen, das Problem der Bekämvmng des Autodiebstahls befriedigend zu lösen. Der Erlaß dieses Strafgesetzes als Notverordnung sei als ein dauernder gedacht. Das Reichskabinett hat die Vorlage bereits gebilligt; es kehle lediglich die Unterschrift des Reichspräsidenten, um sie zu ver­öffentlichen. Während bisher nur die Entwendung eines Fahr­zeuges strafbar war, soll nunmehr auch das Jngebrauchnehmen, also das unberechtigte Fahren mit einem Fahrzeuge unter das Strafgesetz fallen. Unter das Gesetz sollen Kraftwagen, Motor­räder. Wasserfahrzeuge und auch die übrigen Fahrräder fallen, da den Besitzer eines Fahrrades der Verlust des Rades ott schwe­rer trifft, als den Autobesitzer der Verlust des Autos. Die Not­verordnung siebt für dieses Delikt eine Gefängnisstrafe bis zu »rei Jahren vor.

Fjirsteu-Hochzeit in Koburg

Koburg, 19. Okt. Die Vermählungsfeierlichkeiten anläßlich der am Donnerstag in Koburg stattfindenden Hochzeit des Prinzen Gustav Adolf von Schweden mit der Prinzessin Sybille von Sachsen-Koburg-Gotha nahmen mit einem Presse­empfang in der Diele des Fürstenbaues auf der Veste Koburg, der Winterwohaung des Herzogspaares, ihren Anfang. Der Her­zog und die Herzogin von Sachsen-Koburg-Gotha sowie das Brautpaar waren anwesend und unterhiel n sich mit Len über 50 Pressevertretern des In- und Auslände- ft --u dem Empfang erschienen waren. Allein auch von dc > avischen Presse find 20 Pressevertreter in Koburg ann wurden sodann

gemeinsam die zahlreichen und prach ^ chzeitsgeschenke

besichtigt, wobei besonders das Geschenk o^s Reichspräsidenten von Hindenburg, zwei prunkvolle Leuchter und eine kunstvolle Obstschale aus der Königlichen Porzellanmanusaktur ins Auge fielen. Dis Stadt Neustadt schenkte dem Hochzeitspaar ein kost­bares Rosenthal-Service und eine Modellpuppe, die die Züg, der Prinzessin Sibylle trägt, die Stadt Rodach schenkte ein Tafel-

seroice, und die Stadt Koburg selbst u, a eine Wiege, die einen doppelten Bode» hat. Zwischen die Wände soll Koburger Erde gefüllt werden damit der zu erwartende Stammhalter auf hei­matlichem Boden aufwächst. Vom 19 Oktober ab übernahm eine Kompagnie des Reichsheeres auf Anordnung des Reichspräsi­denten die Ehrenwache auf der Veste Koburg. Bei den Hochzeits­feierlichkeiten sind 67 Ehrengäste anwesend.

Neues vom Tags

Kleiner Unfall Hindenburgs !

Berlin, 19. Okt. Amerikanische Blätter verbreiten die Mel­dung, daß der Reichspräsident vor kurzem auf der Treppe ans- ! geglitten sei und sich schweren Schaden zugezogen habe. Das I trifft in dieser Form glücklicherweise nicht zu. In Wahrheit hat ! sich vielmehr folgendes ereignet: Der Reichspräsident ist vor ! ungefähr acht Tagen in oer Tat aus dem Boden ausgerutscht ! und hingesallen. Er hat dabei jedoch, so wird aus seiner Um- i gebung ausdrücklich versichert, keinen Schaden genommen. Das mag auch dadurch bestätigt werden, daß Hindenburg nicht eine Stunde seine gewohnten Amtsgeschäfte unterbrochen hat.

Polizeiliche Durchsuchung des Karl-Liebknecht-Hauses ^

Berlin, 19. Okt. Auf Veranlassung des Untersuchungsrichters j beim Reichsgericht fand am Mittwoch eine Durchsuchung der Lity- druckerei des Karl-Liebknecht-Hauses statt. Der Grund zu dieser Aktion ist, weiteres Veweismaterial zu einem bei dem Reichs­gericht schwebenden Verfahren zusammenzutragen. Die Rota- tionsmaschine der Citydruckerei wurde beschlagnahmt, da durch Sachverständige festgestellt wurde, daß auf ihr Schriften hoch­verräterischen Inhalts gedruckt worden sind.

Einigung über die Badekleidung

Berlin, 19. Okt. Im preußischen Ministerium des Innern hat am 18. Oktober eine Besprechung mit den Vertretern der Bade­anzugindustrie und des Textilhandels stattgefunden. Die Be­sprechung hat zu einer Einigung aller Beteiligten über die po­lizeilichen Anforderungen an eine zweckmäßige und geschmackvoll» Badekleidung geführt, die dem sittlichen Empfinden der Bevölke­rung entspricht. Damit sind die gegen den Erlaß vom 28. Sep- r tember entstandenen Bedenken der beteiligten Wirtschaftskreise j ausgeräumt. ' ,

Das neue Kabinett in Rumänien

Sinaja. 19. Okt. Maniu erklärte, daß er die Betrauung mit der Regierungsbildung endgültig angenommen habe. Minister des Aeußeren wird Titulescu werden. Maniu wird am Donnerstag die Regierungsliste dem König unterbreiten.

Der sächsische Landtag gegen Reichsrefor«

Dresden, 19. Okt. Der sächsische Landtag hat im Zusammen­hang mit einer sozialdemokratischen Anfrage über die Stellung­nahme der sächsischen Regierung zur Frage der Reichsreform be­schlossen. die sächsische Regierung zu beauftragen, gegen die Pläne der Reichsregierung schärfsten Protest einzulegen und im Reichs­rat gegen alle oerfassungsändernden Gesetzentwürfe zu stimmen. Für den Antrag stimmten außer den Sozialdemokraten die Kom­munisten, die Nationalsozialisten und die Demokraten. Der Be­schluß erfolgte gegen ausdrückliche Vorstellungen der sächsischen Regierung.

Eisenbahnunfall 2 Tote, S Verletzte

Halle, 19. Okr. Am Kleinbahnllbergang Passendorf der Halle Hettftedter-Eisenbahn stieß ein Personenauto mit einem Kraft­omnibus zusammen. Der Besitzer des Autobusses wurde auf der Stelle getötet; ein Fahrgast tödlich verletzt. Fünf Personen er­litten sehr schwere und vier leichtere Verletzungen. Die Schran­ken am Bahnübergang waren außer Betrieb, da sie von heftigem Sturm stark beschädigt worden waren.

Neue Schlacht im Ehacogebiet

La Paz, 19. Okt. Im Lhacogebiet ist nach privaten Meldungen eine heftige Schlacht zwischen Bolivianern und Paraguayern im Gange. Die Paraguayer, deren Stärke 14 000 Mann beträgt, sollen zurllckgeickilagen worden sein.

Aus Stadt und Land

Altensteig, den 20. Oktober 1932.

Wie soll unser Reich der Zukunft aussehen und wie schaffen wir Ordnung und Recht?

lieber dieses Thema sprach am gestrigen Abend im Saal des Grünen Baum" Land- und Reichstagsabg. Dr. Wider- Stuttgart, nachdem ihn Mühlebesitzer Silber namens der Ortsgruppe der Deutschnationalen Volkspartei begrüßt und das Eintreten des Versammlungsredners in den Parlamenten für den Mittelstand besonders hervorgehoben hatte. Zwar war die Zuhörerschaft am gestrigen Abend keine besonders große, aber die Anwesenden folgten mit außerordentlich großem Interesse den sachlichen und mit großem Ernst vorgetragenen Ausführungen des Redners.

Einleitend führte Dr. Wider aus, daß wenn unser Vater­land hoch kommen wolle, dann könne dies nur unter den Grund­sätzen der Deutschnationalen Volkspartei geschehen, die zwar in ihren Wahlversammlungen große Sprüche vermeiden, mit umso mehr Ueberlegung und Ernst aber Vortragen, was sie zu sagen haben. Die alten Forderungen Hugenbergs, des Führers der Deutschnationalen Partei, würden mehr und mehr anerkannt und seien nun auch von Papen ausgenommen worden. Es sei I eine Genugtuung für seine Partei, daß die Erkenntnis mehr und « mehr aufkomme, daß die deutschnationalen Forderungen richtig i seien und zweifellos müsse diese Tatsache der Partei neuen Auf- ? trieb geben. Die letzten 13 Jahre Herrschaft der Arbeiterführer z der Marxisten und Gewerkschaftler, die scheinbar dem Arbeiter ! dienen sollte, habe zwei Gruppen herausgebildet: auf der einen ! Seite die Gruppe der Gewerkschaftler, auf der anderen Seite die ! Truste, Konzerne, Syndikate und Großbanken. Die Herrschaft ! der Arbeiterführer habe zur Herrschaft der Plutokratie, zur Geld- i Herrschaft, geführt. Das Volk sei dabei geistig und materiell ver- ! armt. Die Arbeiterführer haben den Menschen vorgetäuscht, den ! breiten Massen zu dienen, das Resultat sei die Arbeitslosigkeit, s Das nationale Vermögen sei in dieser 13jährigen Herrschaft auf ! ein Bruchteil zurückgesunken. Die Führer der Gewerkschaften l Habers nationalpolitisch und wirtschaftlich ganz versagt. Nach dem Fehler der wahnwitzigen Inflation, durch den der Besitzstand der Nation zum großen Teil verloren gegangen sei, habe man !

den weiteren Fehler gemacht, die Mark auf Dollarbasis zu stel­len. Die Folgen seien die ewigen Lohn- und Gehaltserhöhungen, die großen, unerschwinglichen Zinsen für die Wirtschaft gewesen. Dazu habe man über die Verhältnisse ganz allgemein gelebt, wo­bei der Redner auch auf den Index der Sozialversicherung hin­wies, der dreimal so hoch sei als in Friedenszeiten. Durch diese falsche Politik habe man den Arbeitern die Arbeitsplätze und den Unternehmern die Rente ihres Betriebs genommen. Dabei bestehe die Unsicherheit wegen der Unmöglichkeit der Zahlungen ans Ausland, an die Siegerstaaten; man wisse nicht, wie sich unsere ehemaligen Feinde dazu stellen. Man sei auf der ganzen Linie auf einem toten Punkt angelangt. Auf der einen Seite sind uns die Exportmärkte genommen worden, auf der andern Seite habe die Rationalisierung bezw. Ueberrationali- sierung keinen Vorteil gebracht. Maschinen seien mit geborgtem Geld aufgestellt und dafür die Arbeiter brotlos gemacht worden, die nun der Versicherung anheimfallen. Eine sinnlosere Wirt­schaft könne man sich nicht vorstellen. Dabei bestehe ein Mißver­hältnis zwischen Volkseinkommen und Verbrauch. Dies führe zur Verzehrung der Substanz. Die Deutschnationalen haben alles vorausgesagt, wie es nun eingetroffen ist. Wo sei nun der Ex­port und was verdiene man schließlich noch mit dem gebliebenen. Die Deutschnationale Pärtei sei immer für den Binnenmarkt eingetreten, aber man habe sie nur verdächtigt. Der Auslands­markt sei nicht das wichtigste, sondern der Binnenmarkt. Beim Auslandsmarkt sei man vom Ausland abhängig, beim Binnen­markt Herr seiner selbst. Der Redner weist auf Holland, Eng­land und Frankreich hin, wie diese zu ihrem Vorteil Vinnen­wirtschaft treiben. Wenn wir sie aber einführen wollen, führte der Redner aus, brüllt die ganze Meute. Hugenberg habe voll­ständig recht mit seiner Stellung zu den Kontingenten. Ein guter Binnenmarkt sei besser, als ein unsicherer Auslandsmarkt. Der Redner wies dann auf die Notwendigkeit eines existenz­fähigen Bauernstandes hin. Es sei doch so, daß der Bauer bei guter Ernte nichts bekomme für seine Erzeugnisse, sondern nur Lei schlechter Ernte. Notwendig sei weiter ein neues Aktienrecht und ein neues Eenossenschaftsrecht, darauf hinweisend, daß heute sieben Milliarden Auslandskapital in unserer Industrie stecke. Der Redner kam dann auf die Dinge im Landtag zu sprechen und die Unzulänglichkeit der Mittel. Die Schlachtsteuer sei keines­falls erbaulich und auch nicht die Gehaltszahlung der Beamten anders zu gestalten. Andere Vorschläge zur Deckung konnten aber von keiner anderen Partei, auch von den Nationalsozialisten nicht gemacht werden. Das Parlament habe im Landtag in fri­voler Weise gehandelt. Die Parteien, die nichts taten, um Deckgng zu geben, haben den Neuhausbesitzern mit vollen Hän­den gegeben, nur um Stimmen zu fangen. Wie der Staats­präsident, so verurteile er dies in gleicher Weise. Der Parlamen­tarismus, der nach Stimmenfang ausgehe, beherrsche die innere Politik seit 13 Jahren. Das mache die Deutschnationale Partei nicht mit. Diese Verfassung müsse weg, die Herrschaft des Parlaments sei nicht das richtige. Sparen, das sei das, was unsere Aufgabe in den nächsten Jahren sei. Die Lasten fortge­setzt zu vermehren, das gehe einfach nicht. Er sage ganz offen vor der Wahl, daß Sparsamkeit auf allen Gebieten durchzu­führen sei, das sei die erste Aufgabe. Außerdem müsse Arbeit geschafft werden; Hugenberg habe einmal gesagt: sozial ist, wer Arbeit schafft. Arbeitsplätze müssen zuerst geschaffen werden, die Tarifverträge aber müssen fallen. Der Redner erklärte dann das Wort Reaktionär, das ihnen vorgeworfen werde. Ihre Reaktion bestehe darin, die Arbeiter wieder in ihre Stellen hin­einzubringen. Die Preisbildungskartelle haben zu fallen. Not­wendig sei Sparsamkeit in allen öffentlichen Stellen. Keine Sozialisierung. Freie Wirtschaft. Aufgabe des Staates sei es, die Wirtschaft zu steuern. Das ewige Streiken sei ein Unfug und müsse auf Jahre verboten werden. Ueber Löhne sei innerhalb des Werks zu verhandeln. Der Geldzins sei zu hoch gegenüber den Zinsen, die das Geld in der produktiven Wirtschaft ab­werfe. Der Redner fragt dabei, ob es sittlich berechtigt sei, daß den Inhabern eines Geschäfts ihr Geld zu vielleicht 34 Prozent rentiere, das ausgeliehene Kapital zu 78 Prozent? Er wies ferner darauf hin, wie die Geschäftsleute ungeheure Summen durch die Jndexsenkung verloren haben. Wohin eine solche Zins- wirtschaft, Pumpwirtschaft, Ausgabenwirtschaft führe, das zeigen die letzten 13 Jahre. Zur Außenpolitik übergehend führte der Redner u. a. aus, daß die Politik der Parteien seither Feigheit gewesen sei und zwar in der Revision des Versailler Vertrags und in der Gleichberechtigungsfrage. Es sei dies eine Verantwor­tungslosigkeit dem jungen Geschlecht und unseren Kindern gegen­über gewesen. Papen habe nun einen anderen Kurs in der Augenpolitik eingeschlagen. Es sei von der jetzigen Regierung endlich das Wort gesprochen worden, das schon vor 13 Jahren hatte gesprochen werden müssen. Auf das innen- und kultur­politische Gebiet übergehend hob der Redner das Verlangen seiner Partei nach einer anderen Verfassung hervor und daß in Deutschland die Regierung unabhängig von den Parteien regiere. Es müsse eine Zweite Kammer geschaffen werden. So, wie jetzt Gesetze gemacht werden, könne es nicht wei­tergehen; man solle Gesetze nicht im Galopp, sondern mit Ueber­legung machen. Regiert dürfe nicht werden nach den Launen der Parteien, sondern nach den Notwendigkeiten des Volkes. Papen beginne wieder Sauberkeit ins deutsche Leben zu bringen. Seine Partei verlange, daß das christliche Wesen in Deutschland noch was zu sagen habe. Mit Entschiedenheit sei gegen die Eottlosen- bewegung vorzugehcn. Kinder, die ohne Sittengesetze aufwach­sen, seien eine Gefahr für die Eltern und den Staat.' Der Red­ner wies dabei auf Rußland hin. Bezüglich der Wirtschafts­politik wies der Redner auf das gesagte hin. Die Wirtschaft müsse aufgebaut werden auf der Intelligenz des Einzelnen. Es sei schwer für einen jungen Menschen, keine sichere Zukunft, keinen sicheren Broterwerb vor sich zu haben. Millionen unserer Jugend fragen, warum sollen wir keine Zukunft haben, wo unseren Vätern doch auch eine Zukunft gegeben wurde. Das sei eine Ge­fahr und eine Mahnung. Die Wirtschaftspolitik müsse so geführt werden, daß jeder einzelne Mensch einen sicheren Weg vor sich habe. Aufgabe des Einzelnen sei es, dazu beizutragen, daß das Ganze gedeihe. Aufgabe des Staates sei es aber, den natio­nalen Wirtschaftsegoismus vor denjenigen jedes Einzelnen zu stellen.

Zum Kampf gegen die einzelnen Parteien führte der Redner aus, daß dieser gegen links gehe. Demokraten und Deutsche Volkspartei seien zusammengesunken. Schließlich merke das Volk doch, wer das rechte gesagt habe. Die Deutsche Volkspartei habe ihre ganze Vergangenheit verraten. Der Christliche Volksdienst sei abzulehnen; er habe nichts getan, was dem evangelischen Volk genützt habe. Die Nationalsozialisten seien unter dem Schutz seiner Partei hochgekommen. Die Harzburger Front sei von Hitler zu Schanden gemacht worden. Die Stärke der Partei sei es nicht, was ihm imponiere. Diese Partei habe so ungeheure Widersprüche in sich, daß man sagen müsse, sie sei noch nicht reif zur Regierung. Es sei unbegreiflich, warum Hitler und seine Leute nicht einsehen, mit den Deutschnationalen zusammen­zuarbeiten. Statt dessen stören sie die Versammlungen der Deutschnationalen. Es sei dies eine Sinnwidrigkeit und eine un­geheure nationale Sünde. Der Redner wies dann auf die Ver­sprechungen der Nationalsozialisten hin und betonte, daß sie nie­mals das halten könnten, was >ie versprechen. Im alten Deutsch­land sei es so gewesen, daß man Leute in das Parlament gewählt Habe, die schon etwas geleistet hatten, heute seien sie kaum kon­firmiert und seien schon Reichstagsabgeordnete. Der Redner