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MUMMeV 244 I
ALLsnsteig, Dienstag den 18. Oktober 1932
8S. Jahrgang
Der Schlußakt in Leipzig
Srteil Dienstag nächster Woche
Die Schlußerklärungen der Parteien
Leipzig, 17. Okt. Nach zweitägiger Unterbrechung wurde am Montag das Verfassungsstreitverfahren Preußen-Reich fortgesetzt. Gleich nach dem Verhandlungsbeginn erhielt Ministerialdirektor Dr. Brecht für Preußen das Wort zu seinem Schlußbericht. Dr. Brecht führte u. a. aus: Das Ergebnis der Verhandlungen läßt sich in dem einen Satz zusammenfassen, daß Artikel 48 Absatz 1 (Pflichtverletzung Preußens) nicht anwendbar war, daß dagegen Absatz 2 (Störung der öffentlichen Ordnung) anwendbar war, aber nicht so, wie er angewandt worden ist. Die Ehre Preußens muß von dem unerträglichen Vorwurf der Pflichtverletzung gegen das Reich befreit werden. Es war die deutsche Mission Preußens, das Reich zu gründen und zur Klammer von Ost nach West zu werden. Der Prozeß muß das Gute haben, daß er neuen Auftrieb zur Reichsreform gibt. Nach Aufhebung der Verordnung vom 20. Juli würde sich eine freiwillige Zusammenarbeit mit dem Reichskanzler bezw. mit dem Reichskommissar in dem erstrebten engeren Sinne sehr leicht ergeben. An der Personenfrage würde diese Zusammenarbeit auf preußischer Seite nicht scheitern.
Ministerialdirektor Dr. Eottheiner, der für das Reich das Wort ergriff, erklärte u. a.: Die Reichsregierung nimmt für sich und für den Herrn Reichspräsidenten in uneingeschränktem Maße in Anspruch, daß sie sich bei den Maßnahmen vom 20. Juli von dem Willen habe leiten lassen, dem Wöhle des deutschen Volkes zu dienen, Schaden von ihm abzuwenden und zwar im Rahmen der verfassungsmäßigen Grenzen und mit verfassungsmäßigen Mitteln. Eine Auffassung, die den Maßnahmen vom 20. Juli rechtswidrige Motive unterstellt, muß auf das schärfste zurück- gewtesen werden. Reichskanzler und Reichsregierung haben diejenigen Maßnahmen getroffen, die nach ihrem pflichtbewußten Ermessen geboten waren, um gesicherte Zustände in Preußen und Deutschland zu gewährleisten. Wie stand es am 20. Juli 1932? Line überaus gespannte allgemeine politische Lage, blutige Zusammenstöße zwischen stark organisierten Parteien, täglich neue Todesopfer. Allein in Altona am 17. Juli 16 Tote. Bei diesen Zuständen immer wieder die lebhaftesten Versuche von sozialdemokratischer Seite, auch von seiten der freien Gewerkschaften, mit den Kommunisten eine Einheitsfront nicht nur gegen die Nationalsozialist«^, sondern auch gegen die Reichsregierung zu bilden, also mit einer antinationalen, mit einer staatsfeindlichen Partei sich in Feindschaft gegen die Reichsregierung zu verbinden. Und dazu die parteigebundene Stellung der maßgebenden preußischen Minister, die infolge ihrer Abhängigkeit nicht mehr imstande waren, dem Vordringen der staatsfeindlichen Massen gegenüber eine objektive Haltung einzunehmen und ihnen entgegenzutreten. Reichspräsident und Reichsregierung mußten in dieser Lage ohne jedes Zögern die Sicherheit dafür schaffen, daß Las Land Preußen seine Pflichten zur Erhaltung und zur Aufrechterhaltung geordneter staatlicher Zustände erfüllte. Mit Rücksicht auf die immer wiederholten Ausführungen der Gegenseite muß ich erneut betonen, daß die Maßnahmen der Reichsregierung vom 20. Juli sich zunächst nur gegen den für die allgemeinen Richtlinien der Politik in Preußen maßgebenden preußischen Ministerpräsidenten und den für die Staatssicherheit im besonderen Maße verantwortlichen preußischen Innenminister gewandt haben. Der znm Retchskommissar für Preußen bestellte Herr Reichskanzler war grundsätzlich bereit, mit de« anderen preußischen Staatsministern zusammenzuarLeite«. Das ist ihm von den sechs anderen Herren Ministern unmöglich gemacht worden. Wenn jetzt nachträglich behauptet wird, diese sechs Minister seien zu einer Zusammenarbeit mit dem Reichskommissar bereit gewesen, dann ist di« Vermutung nicht von der Hand zu weisen — ich muß das aussprechen —, daß diese Behauptungen aus prozeßtaktischen Gründen hier aufgestellt wurden. (Unruhe bei der preußischen Vertretung.) Die gesamte Weiterführung der Geschäfte durch die nach der Weigerung der Mitwirkung der sechs Minister gebildete kommissarische Regierung und alle Maßnahmen dieser Regierung nunmehr unter dem Gesichtspunkt von Artikel 48 zu betrachten, ist nach unserer Auffassung nicht zulässig. Die Reichsregierung steht auf dem Standpunkt, daß die Maßnahmen, die sie getroffen hat, als vorläufig anzusehen sind, daß sie sich bei ihrem Vorgehen allerdings sowohl auf Artikel 48 Absatz 1 wie auf Absatz 2 stützen kann. Die Reichsregierung ist von ver Gerechtigkeit ihrer Sache auch heute in vollem Maße überzeugt und ich bitte daher im Namen der Reichsregierung den Staatsgerichtshvs, nach Maßgabe der von der Reichsregierung gestellten Anträge diesen Streit zu entscheiden.
Professor Heller als Vertreter der SPD. erklärte: Wir behaupten, daß die Maßnahmen der Reichsregierung sich objektiv nicht rechtfertigen lassen aus dem Wortlaut und Sinn der Reichsverfassung. Eine ungeheuerliche Behauptung nennt er die Ansicht der Reichsvertreter, daß allein die Zugehörigkeit der preußischen Minister zur SPD. schon eine Pflichtverletzung nach Artikel 48 Absatz 1 darstelle. Keinem Sozialdemokraten sei bekannt. daß heute eine Einheitsfront mit den Kommunisten in der Presse auch nur gefordert wurde oder daß irgendwelche Schritte zu ihrer Duldung eingeleitet seien.
Professor Peters wies darauf hin, daß als einziger Vorwurf gegen die übrigen sechs Minister, insbesondere die Zentrums-
Erneute Einladung na» Seat
Deutschland lehnt erneut ab — Maedonatd-Rede
Berlin, 17. Okt. Wie wir erfahre«, ist der englische Geschäftsträger Newton in Berlin am Montag beim Reichs» antzenminister gewesen» um ihm nochmals die Einladung zur
- Abrüstungskonferenz in Genf zu überbringen. Der Reichs» außenminister konnte aber nur die frühere Antwort wie» verholen, daß Deutschland aus den bekannten Gründen Ee«f als Ort der Konferenz ablehnen müsse.
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Macdonald über Abrüstung
- London, 17. Oktober. Der Ausschuß der nationalen ! Labourparty gab heute zu Ehren des Premierministers ein s Frühstück, das dadurch seine besondere Bedeutung erhielt, i daß mit der einzigen Ausnahme Runcimans sämtliche
Kabinettsmitglieder dazu erschienen waren, s Bei diesem Frühstück hielt Macdonald eine bedeutsame s politische Ansprache, die er selbst als neue Erklärung der s britischen Regierungspolitik in der Abrüstungsfrage be- s zeichnete. Die Regierung, führte der Premierminister aus, s könne sich Europa und die Welt ohne Völkerbund nicht vor- ' stellen, und die englische Regierung wolle, daß die Ab- s rüstungskonferenz einen tatsächlichen Beitrag zu dem so s dringenden Problem der Friedenssicherung leiste; denn der i Angelpunkt der britischen Politik sei nicht Wiederauf- s rüstung, sondern Abrüstung. Deutschland wisse genau, daß : England sich seinem Anspruch auf die Gleichberechtigung
- nicht widersetze. Deutschland habe aber auch gewußt, daß > England bestrebt war, die Gelegenheit zu nützen, zwischen k ihm und seinen Nachbarn Beziehungen stärkeren Ver- i trauens herzustellen. Das müsse jetzt im Interesse der Ab- « rüstung und des Friedens geschehen. Der Premierminister ? betonte sodann, daß alles auf die Notwendigkeit hindeute,
zu einer Vereinbarung in der deutschen Forderung und i aller ihrer einzelnen Punkte zu kommen. Deutschland sollte k an der Vorbereitung und dem Zustandebringen dieser Ver- l einbarung sehen, daß seine Anwesenheit an den Verhand- s lungen erforderlich ist, um mit allen Beteiligten Ansichten
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: minister, nur noch die Versagung der Mitarbeit übrig ge-
- blieben sei.
? Hierauf überreichte Ministerialdirektor Dr. Vadt verschiedene j Unterlagen zum Beweis dafür, daß vor dem 20. Juni Beamte f in ganz anderer Weise verabschiedet worden seien und dafür, daß 8 die „Vorläufigkeit der Maßnahmen", wie sie die Reichsregierung » auffasse, eine große Gefahr sei.
s Damit war das objektive Verfahren abgeschlossen und die ? Verhandlung wandte sich den Prozeßvoraussetzungen zu.
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§ Schlußakt in Leipzig — Urteil in einer Woche
s Leipzig, 17. Okt. Die Verhandlungen im Versassungs- i streit wurden am Montagabend beendet. Präsident Vumke k teilte mit, daß die Entscheidung' nicht vor Dienstag nächster
- Woche verkündet wird. Er könne aber noch nicht sagen, ob
- überhaupt eine Entscheidung ergehen werde oder ob dr« j Verhandlungen wiedereröffnet werden müßten.
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! Rrde des Prälaten Kaas
- Münster, 17. Okt. Der Führer der Deutschen Zentrumspartei, t Prälat Kaas, trat in einer Wahlrede den Gerüchten über Un- i stimmigkeiten innerhalb der Zentrumspartei entgegen und er- ! klärte, die Einigkeit der Partei sei die Frucht grundsätzlich gleich- ,i gerichteter Gesinnung, nicht das Zwangsprodukt uniformierenden ' Drills. Prälat Kaas betonte, das Zentrum habe die Fehler- s quellen des Parteiwesens und gewisse Entartungserscheinungen ^ des Parlamentarismus nie verkannt; aber es sei ihm nie ein- x gefallen, die unentbehrliche Funktion der Gesinnungsparteisn ; für ein normales politisches Leben zu verkennen. Wo der Erund- i gedanke der politischen Bewegung aus dem Volke heraus verneint
- werde, wo der freie Meinungs- und Kräfteaustausch unter das s normale Maß herabsinke, sei Stagnation und Rückschritt un- , vermeidlich
Bon diesem Standpunkt aus kritisierte Prälat Kaas im s einzelnen die Haltungder Reichsregierung. Nur ein . , arbeitsunfähiger Reichstag schaffe die staatsrechtliche Scheinbasis i für ein diktatorisches Notrecht und für gewisse Verfassung!-- ' exverimente — andere sagten und vielleicht mit mehr Recht: Ver- fassungsbrllche —, für die die Entwürfe anscheinend schon in den Schubladen lägen. Das Zentrum habe sich nie geweigert, Staats- , Notwendigkeiten Rechnung zu tragen, und seine Vertreter hätten ! dem Reichskanzler in den vergangenen Monaten ausdrücklich die i Zustimmung gegeben, daß sie ihn in seinen Bemühungen, mit den :
austauschen zu können und die Informationen zu geben, die nötig sind. Deutschlands Abwesenheit schließe die Gefahr in sich, daß seine Stellungnahme mißverstanden werden kann. Der einzige Wunsch, den die nationale Regierung hat, ist, daß Deutschland zu uns kommt, damit wir am Ende der Besprechungen gemeinsam zur Abrüstungskonferenz gehen können, um zu sagen: Ihr seid stecken geblieben, da euch gewisse Dinge verhindert haben, vorwärts zu kommen. Wir haben die Hindernisse gemeinsam besei- ; tigt, nun fällt eure Entscheidung!" Der Premierminister i betonte dann noch, daß Italien und Großbritannien die : gleiche Ansicht über diesen Punkt haben. Auch Frankreich ; habe schließlich zugestimmt, mit Deutschland, Italien und ; Großbritannien zusammenzukommen. Macdonald bedauerte ! zum Schluß, daß Deutschland nicht nach Genf gehen wolle- Er fügte hinzu, den Grund der deutschen Weigerung nur ! verstehen zu können. Er hoffe aufrichtig, daß Deutschland ? sein letztes Wort noch nicht gesprochen habe. Die englische s Regierung, so endete seine Ansprache, verfolge ihr Ziel und s hoffe, schon in wenigen Tagen eine neue Erklärung geben ^ zu können.
s Die neue englische Einladung und die Erklärungen Macdonalds s Berlin, 18. Oktober. Die meisten Zeitungen bringen die Be- j richte über die erneute Einladung Englands nach Genf in großer ; Aufmachung. Eeichzeitig erörtern sie die Bedeutung der Rede j Macdonalds.
> Die „Deutsche Allgemeine Zeitung" glaubt annehmen zu dür- fen, daß bei dieser Unterredung auch noch andere als die offi- ! grell zugegebenen Gesichtspunkte eine Rolle gespielt haben, vielleicht sogar der Gedanke eines direkten deutsch-englischen Mei- s nungsaustausches, ferner die Frage eines Ersatzortes der j Konferenz.
! Der „Tag" bezeichnet die Ausführungen Macdonalds als in .s doppelter Hinsicht beachtenswert — einmal, weil Macdonald aus- l drücklich den Standpunkt vertrete, die deutsche Gleichberechtigung dürfe nur moralisch anerkannt werden, also keine Verbesserung ' der deutschen Landesverteidigung nach sich ziehen und zum an- k deren bleibe auch er entsprechend den französischen Wünschen bei i Genf.
Nationalsozialisten zu einer Verständigung zu kommen, in keiner Weise stören würden. Seit wann aber seien solche Verhandlungen, wenn der Reichskanzler sie führe, „Wege zur nationalen Konzentration" und wenn andere sie führten, deren Sachlichkeit nicht minder zweifelhaft sei wie die seine, „politische Kulissenspiele"?
In den Verhandlungen mit den Nationalsozialisten habe dar Zentrum zu verhindern gesucht, daß es im Reichstag von vornherein zu einer Aufhebung der Notverordnungen kommen sollte. Desgleichen hätten sie durch diese Verhandlungen auch die Abstimmung über ein Mißtrauensvotum zunächst einmal hinauszuschieben versucht. Eine offene, sachlich und psychologisch richtig angesetzte Auseinandersetzung mit dem Reichstag hätte die rein negativen und destruktiven Elemente des Parlaments entlarvt und isoliert, hätte die ehrlich positiv gerichteten, wenn auch in der Einzelkritik unbequemen Aufbaukräfte geweckt und gesammelt, hätte die formale Abstimmungsniederlage in einen sachlichen Sieg wandeln können, wenn auch nicht für dieses Kabinett, so wie es war, so doch für eine andere, über die Mängel, Lücken und Schwächen des jetzigen Papen-Kabinetts hinausgewachsene Regierung, die nach Auffassung des Zentrums hierdurch an innerer Volksverbundenheit gewonnen hätte, ohne an Führerautorität' und Führerwillen etwas preiszugeben.
Das Zentrum bejahe den richtig verstandenen autoritären Staat, wende sich aber gegen den Mißbrauch, der mit diesem Wort als Deckadresse für Reaktion und Volksstaatverneinung getrieben werde. Deutschland werde ein Staat demokratischer Grundhaltung sein, oder es werde nicht sein. Der Konflikt mit dem Parlament allein genüge für einen Regierungschef nicht, um ein Bismarck zu werden.
Prälat Kaas kritisierte ausführlich die außenpolitische Taktik der Reichsregierung, der er vorwarf, wesentliche Ziele deutschen Rechts und internationaler Gerechtigkeit mit agitatori- scheu Rücksichten zu verkoppeln. Das sogenannte Vertrauensabkommen von Lausanne sei das Gegenteil eines Erfolges. Es sei ein Zwangsmoratorium, ja Sperrfeuer für jede aktive, wenn auch noch so friedliche deutsche Außenpolitik.
Die Wirtschaftspolitik der Regierung glaubte Prälat Kaas mit der Zeit des U-Boot-Krieges vergleichen zu können, wo man den Glauben der Massen durch gemeldete Scheinerfolg» aufrecht zu halten versuchte. Die Regierung habe es versäumt, bei dem Start ihres Wirtschaftsvrosramms an die Sicherung der Staatsfinanzen zu denken. Zwischen dem System Brüning und dem neuen System bestehe augenscheinlich ein erheblicher Unterschied an Zahl und Tempo der Aktionen, aber auch an Qualität und Reife der Leistungen.