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MsErner 194 s Altensteig. Samstag den 20. August 1932

86. Jahrgang

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ArbMvrogramm und WirMaMrisr

Von Dr. Kurt Vollert

Nach amtlichen Meldungen liegt das Arbeits­beschaffungsprogramm der Reichsregierung in seinen Erundzügen fest und harrt nur noch der Ausarbei- ,t«ng im einzelnen. Die bisherigen trüben Erfahrungen haben den deutschen Staatsbürger davon abgebracht, große Hoffnungen auf Arbeitsbeschaffungspläne, die am grünen Tisch entworfen sind, zu setzen, und so kann man es der Öffentlichkeit nicht verwehren, wenn sie den An­kündigungen des Kabinetts von Papen auf diesem Ge­biete keinen höheren Wert beizumessen vermag als allen früheren staatlichen Versuchen. Manwartet" auf das neue Regierungsprogramm, das die Reichsregierung zur Sanierung der Wirtschaft und Bekämpfung der Arbeits­losigkeit entworfen haben soll, und tut jedenfalls gut, sich dabei keinen sonderlichen Illusionen hinzugeben.

Ueberall hört man das Verlangen nach grundsätz­licher wirtschaftlicher Kursänderung, überall hat sich mit der Steuerlast zugleich die der Sor­gen und Nöte ins Unerträgliche gesteigert. Es muß etwas geschehen, das die schlimmste aller wirtschaftlichen Krisen überwindet, die des Vertrauens. Eine schweizerische Fi­nanzzeitschrift kennzeichnete jüngst die Bedeutung dieser Krise wie folgt:Das Vertrauen, auf das es heute an­kommt, ist die Ueberzeugung, daß unser Mitmensch unter normalen Verhältnissen uns gegenüber nach Treu und Glauben handeln wird, daß wir uns auf ihn verlassen können. Ohne diese Ueberzeugung ist das Wirtschafts­leben überhaupt nicht denkbar!" Aber hat der die Wirtschaft nicht nur als Einnahmequelle betrachtende deutsche Staat immer nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gehandelt? Die Jnflationsgeschädigten wissen ein Lied davon zu singen und die zahlreichen Not­verordnungsopfer nicht minder! Wie oft wurde nicht im Laufe der letzten Jahre von hoher staatlicher Stelle aus betont, das deutsche Volk und seine Wirtschaft ständen am Ende ihrer steuerlichen Leistung 'ngkeit, neue Lasten könnten ihnen nicht mehr zugemute. werden, denn- noch aber erließ man eine Notverordnung nach der an­deren, und die letzte übertraf alle ihre Vorgängerinnen an Härte und Ungerechtigkeit. Ueberlegen wir uns, was es bedeutet, wenn als Folge dieser Notverordnung damit gerechnet werden muß, daß künftig in Deutschland min­destens 11 Millionen Menschen, wahrscheinlich noch mehr, mit 13 bis 18 RM. im Monat auskommen müssen! Tat­sächlich ist die Arbeitslosenziffer ja wesentlicher höher, als amtlicherseits ermittelt wird, weil zahlreiche Ar­beitslose, darunter viele Jugendliche und Ausgesteuerte, die keinen Anspruch auf Unterstützung haben, bei den Ar­beitsämtern gar nicht geführt werden.

Welche Auswirkungen eine solche Arbeitsmarktlage auf die Haushalte des Reiches, der Länder und Gemein­den haben wird, ist noch nicht abzusehen. Zusätzliche Auf­wendungen von einer halben bis zu einer Milliarde RM. würden in solchem Falle für das Reich unabwend­bar. Bekanntlich basiert der Reichshaushalt unter Zu­grundelegung eines 3 Milliarden-Betrages für die Er­werbslosenfürsorge, von dem 1 Milliarde RM. auf Bei­tragsleistungen, 1,25 Milliarden auf Reichszuschüsse und der Rest auf Gemeindezuschüsse entfallen. Bei weiter wachsender Arbeitslosigkeit, weiterem Anschwellen des Defizits zahlreicher Gemeinden und weiterhin vermin­derten steuerlichen Einnahmen des Reiches ist überhaupt nicht einzusehen, wie das Reich im nächsten Winter die Unterstützungssätze für die Erwerbslosen aufbringen soll.

Die Lage der deutschen Privatwirtschaft be­rechtigt überdies zu keinerlei Optimismus. Erschreckend wächst noch immer der Friedhof einst blühender deutscher Arbeitsstätten. Nach sachkundiger Schätzung ist die Ar­beitskapazität in Deutschland inzwischen auf ganze 15 Prozent herabgedrückt worden, nicht weniger als 80 Pro­zent sämtlicher Industriebetriebe liegen still oder sind mehr oder weniger liquide. Ein Teil von ihnen wird zwar noch immer wie gewisse Großbanken staatlich bezu- schußt, doch ist das bereits der Anfang vom Ende einer unabhängigen Privatwirtschaft. Mit dem Zusammen­bruch zahlreicher Unternehmen, die, bisher von der Sub­stanz zehrend, sich noch halten konnten, muß deshalb ge­rechnet werden, wenn nicht endlich einschneidende Sanie­rungsmaßnahmen getroffen werden. Das bestehende wirtschaftspolitische System ist an seiner eige­nen Unzulänglichkeit gescheitert, doch fehlen bislang noch die Brücken, um über den reißenden Strom einer Wirt«

»um RMslagMgimi am W. August

Sie sozialdemokratische Reichstagsfraktton tagt - Erster Mißlrauensantrag gegen das Kabinett v. Popen

Berlin, 19. Aug. Wie berichtet wurde, findet die erste Sitzung des neuen Reichstags am 30. August, nachmittags 3 Ühr, statt. Diese erste Tagung wird voraussichtlich von der kommunistischen Alterspräsidenten Frau Klara Zetkin geleitet werden, die mit 75 Jahren das älteste Mitglied des neuen Parlaments ist. Jedenfalls hat Frau Zetkin bereits wißen lassen, daß sie an der Eröffnungssitzung teilnehmen werde und auch das Alterspräsidium zu führen gedenke.

Die Reichsregierung wird in die parlamentarischen Ver­handlungen frühestens am 31. August, vielleicht auch erst in den ersten Semptembertagen eingreifen. Man erwartet, daß Reichskanzler von Papen bei dieser Gelegenheit die Ver­kündigung seines Regierungsprogramms und der wirtschaft­lichen Aufbaupläne des Reichskabinetts nachholt.

Wenn das Parlament auch am ersten Tage noch keine politischen Fragen zu erledigen hat, so kann man doch in der Tatsache der Einberufung zusammen mit dem Inter­view, das der Reichskanzler am Vortage einem Vertreter des englischen Reuterbüros gewährt hat, die klare Bekun­dung des Willens der Reichsregierung erkennen, in ihrer ge­genwärtigen Zusammensetzung den Kampf mit dem Parla­ment aufzunehmen. In Berliner politischen Kreisen schließt man aus dem Interview vor allem, daß die Reichsregierung den Besprechungen zwischen Zentrum und Nationalsozialisten wegen einer Lösung der Preußenfrage, über die wir kürzlich berichtete», keine entscheidende Bedeutung beimißt. Auch aus Zen- trumskreiseu verlautet neuerdings, daß man von einem Gelingen der preußischen Besprechungen nicht überzeugt ist. Dagegen bemühen sich maßgebende Kreise der Reichsre- giernng nach wie vor darum, die zur Zeit zweifellos vor­handene Verärgerung bei den Nationalsozialisten zu Über­drücken und ihnen den Anschluß an die Regierungsarbeit zu ermöglichen. Die vorsichtige Sprache des Reuterinterviews wird in dieser Hinsicht besonders beachtet. Die Regierung scheint den Wunsch zu haben, die Nationalsozialisten in ihre Front einzuordnen und vom Zentrum vor dem Reichstag toleriert zu werden. Es wird abzuwarten bleiben, ob die Be­mühungen des Reichskabinetts erfolgreich find.

Der preußische Landtagspräfident Kerr l ist zur Bericht­erstattung über das preußische Regierungsproblem nach München zu Hitler gefahren. DerAngriff" teilt mit:Vom Resultat dieser Unterredung hängen die weiteren Maßnah. men ab."

Schwere Erkrankung Klara Zetkins

Berlin, 19. Aug. Klara Zetkin, die voraussichtlich die erste Sitzung des Reichstages als Alterspräsident eröffnen soll, ist. wie kommunistische Blätter melden, in ihrem russischen Aufent­haltsort erneut schwer erkrankt. Es bestehe die Befürchtung, daß sie in nächster Zeit nicht reisefähig sein könnte. Sie selbst habe allerdings ihren Wunsch, die Eröffnung des Reichstages durchzuführen, noch nicht aufgegeben.

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Die sozialdemokratische Reichstagssraktion tagt

Berlin, 19. Aug. Die sozialdemokratische Fraktion des neuen Reichstages trat am Freitag vormittag zu ihrer ersten Sitzung zusammen. Der Fraktionsvorsitzende Wels berichtete über die po­litische Lage. Reichstagsabgeordneter Dr. Hertz ergänzte den Be­richt und dann wurden die Anträge besprochen, die dem neuen Reichstag vorgelegt werden sollen. Darunter befinden sich auch die Anträge, in denen die Verstaatlichung der Schlüsselindustrien gefordert sowie der Abbau der hohen Gehälter in denjenigen Be­trieben verlangt wird, die vom Staate direkt oder indirekt sub­ventioniert werden.

Wie wir weiter hören, begann ver Parteivorsitzende Wels seine Ausführungen mit einem Rückblick auf den Wahlkampf. Dabei sagte Wels u. a., daß dieser Kampf mit einer bisher unerhörten Schärfe geführt worden sei.Unsere Parteigenossen", so fuhr Wels fort,haben den Wahlkampf nicht nur mit Einsetzung ihres Lebens geführt: viele von uns haben ihn auch mit ihrem Leben bezahlen müssen Die Verrohung des politischen Kampfes hat Formen angenommen, wie sie in der Geschichte Deutschlands und Europas noch nie erlebt wurden. Selbst in der Zeit der Revo­lution, als wir noch unter den Auswirkungen des Krieges stan­den, hatte die Tötung von Menschen nicht im entferntesten den Umfang angenommen, wie das jetzt geschieht." Zu Ehren der im Kampfe für die Arbeiterklasse gefallenen Opfer hatten sich die Fraktionsmitglieder von ihren Plätzen erhoben. Der Parteifüh­rer habe hierauf an die außerordentlich wertvolle Arbeit der 23 sozialdemokratischen Abgeordneten erinnert, die der neuen Reichstagsfraktion nicht mehr angehörten: an ihre Stelle seien 22 neue Mitglieder getreten, was als Zeichen für die Ver­jüngungstendenzen zu werten sei. Die Neuwahl des Fraktions­oorstandes werde in Ser Sitzung vor Eröffnung des Reichstages am 30. August durä-geführt. Wels hat dann die politische Lin Wicklung seit den Reichstagswahlen geschildert.

Erster Mitztrauensantrag gegen das Kabinett v. Pape«

Berlin, 19. Aug. Wie das Nachrichtenbüro des VdZ. z« der Sitzung der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion er­gänzend berichtet, hat die Fraktion weiter beschlossen, sofort einen Mißtranensantrag gegen das Kabinett von Paoen einzubringen. Ein besonderer anderer Antrag verlangt, daß durch Reichstagsbeschluß sämtliche Notverordnungen aufge­hoben werden, die die Regierung v. Papen erlassen hat.

Ein Wer-Merview

Neuyork, 19. Aug. Die Blätter bringen eine Unterredung des Berliner Korrespondenten derAssociated Preß". Louis P. Loch- ner, mit Hitler, die in den bayerischen Bergen stattgefunden hat. Hitler hat sich bei dieser Unterredung zunächst über die Frage einer Teilnahme an der Regierung ausgesprochen und gesagt: Ohne die Nationalsozialisten wäre eine legale Regierung in Deutschland nicht länger möglich. Er könne von einer sicheren Position aus die weit-re Entwicklung abwarten. Auf die Be­merkung des Vertreters derAssociated Preß", daß die Regie­rung von Papen von ihm behauptete, er habe für sich die ganze Macht verlangt, wie Mussolini sie ausübe, und daß er ver­brochen habe, die gegenwärtige Regierung gerade nach den Reichstagswahlen zu unterstützen, antwortete Hitler, der Hin­weis auf Mussolini sei niemals in diesem Zusammenhang ge­fallen und sei vollkommen falsch wiedergegeben worden. Daß die Nationalsozialisten die ganze Macht niemals verlangt hät­ten, gehe aus der Tatsache hervor, daß sie das Reichswehrmini- lterium niemals gefordert hätten. Was die Tolerierung der gegenwärtigen Regierung anbetreffe, so habe er lediglich ver- sprachen, die Regierung so lange zu unterstützen, als die Na­tionalsozialisten deren innere und auswärtige Politik würde« billigen können. Wenn z. B in Lausanne unsere Regierung ein klares Nein ausgesprochen hätte, selbst auf die Gefahr hin, die Konferenz zu sprengen, so hätte unsere Haltung eine andere sein können. Eine Verständigung mit Frankreich sei unmöglich, so lange Frankreich Deutschland behandle wie es jetzt geschehe. Hitler wies mit einem ungeduldigen Lächeln und einer ver­neinenden Geste die Idee des Marsches aus Berlin von sich ab. Warum soll ich auf Berlin marschieren? Ich bin ja schon dort. Die Frage ist nicht, wer auf Berlin marschieren wird, sondern vielmehr, wer aus Berlin herauszumarschieren haben wird. Meine Sturmtruppen sind die denkbar bestdiszivlinierten Trup- pen, die es gibt, und sie werden nicht einen illegalen Marsch versuchen."

sthaftskataftrophe zum User der Sanierung zu gelangen. Mit Finanznotverordnungen, Steuererhöhungen und amtlichen Versprechungen, die als Wechsel auf die Zu­kunft anzusehen sind, kann jedenfalls dem deutschen Volke und seiner am Boden Legenden Wirtschaft nicht geholfen werden!

Die Verharidttmge» mit der Reichsbank

Berlin, 18. Aug. Wie wir erfahren, gingen die Besprechun­gen zwischen dem Reichskanzler und dem Reichsbankpräsi-' deuten über die Finanzierung der Arbeitsbeschaffung am Freitag weiter. In unterrichteten Kreisen verlautet, dak be­

reits eine Verständigung erzielt worden ist. Man nimmt an, daß die heutigen Besprechungen in erster Linie der techni­schen Durchführung gelten. Das wird auch daraus geschlos­sen, daß an den heutigen Verhandlungen auch der Reichs­wirtschafts- und der Reichsfinanzminister wieder beteiligt find. Was nun die Summe anlangt, um die es in diesen Verhandlungen geht, so scheint es sich in der Tat bisher um die 358 Millionen gehandelt zu haben, von denen in der Presse bereits die Rede war. 135 Millionen davon waren für die Durchführung des ursprünglichen Programms des Kabinetts vorgesehen. Sie sind übrigens zum größten Teil auch bereits verausgabt, sodaß für die weiteren Aufgabe» »och 200 Millionen in Frage kommen.