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M-Ernev 276 j ALLenstsig, Mittwoch den 23. Noriernver 1931 j 84. Aa^vgang

Rrdr Srandis in Nmork

Reuyork, 24. Nov. Der italienische Auhenminister Grandi be­suchte Pierpont Morgan in seinem Heim in Lamont. Abends hielt Grandi auf einem Festessen des Council Foreign Relations. einer im politischen Leben Amerikas einflußreichen privaten Körper­schaft, eine sorgfältig vorbereitete Rede über die italienische An- stenpolitik. Erandi ging davon aus, daß das Werk des euro­päischen Wiederaufbaus durch schwere Fehler beeinträchtigt wor­den sei. Die vier Hauptprobleme, die die Welt zu lösen habe, seien die Frage der Kriegsschulden, der Sicherheit der Abrüstung »nd der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Italien halte an dem Grundsatz fest, daß die Tributfrage nicht von der Frage der in­teralliierten Schulden zu trennen sei. Italien werde stets eine möglich großzügige Lösung des Kriegsschuldenproblems befür­worten und sei bereit, angemessene Opfer zu bringen, falls solche »erlangt würden. Ein fester und dauerhafter Friede sei nur auf der Grundlage nationaler Sicherheit möglich, aber diese Sicher­heit hänge, wie Erandi in deutlichem Gegensatz zur französischen These hervorhob, von der friedlichen Beilegung der internatio­nalen Streitigkeiten und von der Abrüstungssrage ab. Es gebe ckein Sichrrheitsproblem, das sich von dem Problem der Abrii- ng unterscheide. Erst die übermäßigen Rüstungen hätten das

icherheitsproblem geschaffen und gleichzeitig den Gerechtig- skeitssinn unter den Völkern abgestumpft. Italien sei bereit, seine Rüstungen zu vermindern und seinen Heereshaushalt auf das niedrigste Matz herabzusetzen, wenn ein gerechter Ausgleich in der militärischen Stärke der einzelnen Nationen geschaffen werde. Ohne Gerechtigkeit gebe es keinen Frieden.

Das WrlschMprogramin »er Rkgirmna

Eine Medizin aber kein Radikalmittel

Sozialdemokraten beim Reichskanzler

Der Wirtschaftsbeirat der Negierung hat seine Arbeiten beendigt. Nun kann wieder die Notverordnungsmaschine arbeiten. Die Veröffentlichung der neuen Bestimmungen» die der deutschen Wirtschaft über dis dringendsten Schwie­rigkeiten hinweghelfen soll, erfolgt noch vor dem 7. De­zember, weil de? dem Zusammentrit des BJZ.-Ausschusses in Basel ein innerdeutsches Programm fertig vorliegen soll. Nur jo glaubt die deutsche Negierung, zu positiven Ver­handlungsergebnissen kommen zu können, obwohl diese auch nicht m Basel zustande kommen werden, sondern erst später im Wege der Verhandlungen.

Statt einer Krisenlösung durch entscheidende Beschlüsse wird also der augenblickliche Zustand, der durch die Er­eignisse der letzten Zeit noch weiter verschärft worden ist, weiter fortschreiten. Nach Abschluß der Verhandlungen im Wirtschaftsbeirat zeigt sich, daß alle hier vereinten Ver­treter gar nicht daran gedacht haben, unter dem Gesichts­punkte des Wohles des Ganzen zu beraten, sondern daß auch der Wirtschaftsbeirat im Kleinen ein Bild der sozialen Zerrissenheit unserer Zeit gab.

Brüning blieb nichts anderes übrig, als eine mittlere Linie einzuhalten. Er wird jedem etwas nehmen und, was das Schlimmste ist niemandem etwas geben. War darum der ganze Aufwand nötig, um als Schlußergebnis eine Erhöhung der Umsatzsteuer zu präsentieren? Jene Steuer, die nur deshalb im Sommer noch nicht erhöht worden ist, um für schlechte Zeiten noch eine letzte Reserve zu Hs Len. Alle übrigen Programmpunkte stellen keine Ra- Likallösung dar. Mit Pflästerchen, wie Einschränkung der

land abschließen, so daß fremde Industriestaaten auf den Export nach Deutschland gern verzichten werden, wenn ste dafür den deutschen Export verdrängen können.

13 Jahre nach Kriegsende sind wir nun so weit gekom­men. daß statt einer allgemeinen internationalen Annähe­rung eine Abschließung aller Staaten eingetreten ist. Der Welthandel erlahmt und wird fast völlig zum Erliegen kommen Das bedeutet nicht allein eine Katastrophe für die Schiffahrt aller Länder, das muß auch zu den größten Schwierigkeiten in den einzelnen Staaten führen. Deutsch­lands Situation ist deshalb besonders heikel, weil über ihm noch immer das Damoklesschwert der Reparationszahlun­gen und die riesige Privatverschuldung schwebt Die Gläu­biger fordern Befriedigung, ohne das zu tun, was allein die Begleichung der Schulden ermöglichen würde, Dienst- und Arbeitsleistungen Deutschlands anzunehmen. Es ist so oft darauf hingswiesen worden, daß jede Zahlung Deutsch­lands in fremder Währung nur durch Exportüberschüsse möglich ist, und daß man darauf nicht noch einmal näher einzugehen braucht. Wird der Krieg gegen den deutschen Export weitergeführt, jo ist dies gleichbedeutend mit der Unmöglichkeit Deutschlands, seine Schulden zu begleichen. Für die innerdeutsche Wirtschaft muß man leider auch sehr traurig in die Zukunft sehen, da Deutschland als über­wiegender Industriestaat auf den Absatz seiner Waren in anderen Ländern angewiesen ist. Kommt es zu einer völli­gen Drosselung des deutschen Exports, so wird damit das Arbeitsvolumen in Deutschland weiter sinken und die Ar­beitslosigkeit steigen.

Warnungen «nd Forderungen '

Berlin, 23. Nov. Reichskanzler Dr. Brüning und Reichsarbeits- i minister Dr. Stegerwald bemühten sich, wie man stber die Par- j teifübrerbesvrechung hört. Bedenken der Sozialdemokrarie zu ent- z kräften. Sie betonten m bezug auf die Frage der Lohnsenkung im s Zusammenhang mir der Erklärung lesen, daß Preise und Löhne j in Ueberemstimmung miteinander gleichzeitig herabzusetzen seien, s aber man werde um die Lohnreduzierung schon wegen der durch ; die englische Zinssenkung und die ausländischen Zollerhöhungen j bewirkten Ervortschwierigkeiten nicht berumkommen. Was das s Tarifrecht anlange, so bleibt das wesentliche, daß an seinem s Grundsatz nicht gerüttelt werde. Es handele sich nur darum, es < mir Rücksicht auf örtliche, zeitliche und branchenmäßige Verhält- < nisse elastischer zu gestalten. Die Abgeordneten Breitscheid und ? Aufhäuser stellten fest, daß ihre Besorgnisse durch diese Erklä- f rung keineswegs zerstreut seien, und ste ersuchten die Regierung nochmals mit allem Nachdruck bei ihrer Verorünungspraxis mehr s als bisher Rücksicht auf die Lage und auch auf die Psychologie der i Arbeiterklasse zu nehmen. ,

Die eigentlichen Verhandlungen betrafen wiederum die Siche- : ru«g des Brotpreises und der Brotversorgung, die Ausführung t des Reichstagsbeschlusjes über die Winterhilfe mit Kohlen und f Kartoffeln und die Sicherung Ser Invalidenversicherung gegen ^ akute Zahlungsschwierigkeiten, Durch Reichsgesetz ist die Reichs- ^ regierung verpflichtet, einer Erhöhung des Brotpreises vorzu- - beugen. Seitdem ist in den letzten Monaten der Brotpreis über t den vorgesehenen Preis gestiegen, ohne daß Gegenmaßnahmen s oer Regierung erfolgt wären. Da außerdem durch die Knappheit t an Roggen die Gefahr besteht, daß der Brotpreis in Zukunft sich f noch mehr erhöht, verlangte die Sozialdemokratie strikte Durch- ^ fübrung der gesetzlichen Bestimmungen. Nach längeren Aus- t einandersetzungen mit dem Minister Schiele, sagte die Reichsre- f gierung diesen zu, daß die Brotklausel nach ihrem Wortlaut s durchgefiibrt. der frühere Brotvreis wiederhergestellt werden i solle und daß außerdem durch eine Verbilligung der Futtermittel : die Verfütterung des Roggens vermieden werden soll. i

Alsdann versuchten die soz. Vertreter außerdem über die von 1 der Regierung zur Ausführung des Reichstagsbeschlusses über s eine zusätzliche Winterhilfe getroffenen Maßnahmen. Die in ein- z zelnen Gemeinden abgeschlossenen Vereinbarungen zur Verbrln- f sung von Broi, Kartoffeln und Kohle für Erwerbslose wurden f von den soz. Vertretern iür nicht ausreichend erklärt, sie ver- ^ langten vielmehr aufs neue eine obligatorische und einheitliche > Regelung für das ganze Reich. Die Reichsregierung stellte eine > solche Regelung in Aussicht. Reichsminister Schiele teilte ferner > mit, daß er eine Verbilligung von Fleisch für Erwerbslose um : 30 Pfennig pro Pfund beabsichtige. i

Schließlich wurde von den sozialdemokratischen Vertretern dar- gelegt, daß eine Anzahl von Landesversicherongsanstalten vor - Zahlungsschwierigkeiten stehe. Es wurde von der Reichsregierung verlangt, daß sie den notleidenden Anstalten ermöglicht, die Reichsschatzanweisungen, die der Invalidenversicherung im Vor­jahre ausgezwungen worden waren, mit Hilfe des Reiches, so- ^ weit erforderlich, flüssig machen zu können. Der Reichsfinanznn- ; nister sagte seine Mitwirkung bei der Behebung der bestehenden j Absatzschwierigkeiten der Landesversicherungsanstalten zu. s

Arbeitszeit. Förderung der Siedlungen, einer noch nicht bekannten Auflockerung der Tarife, soll der totkranke Kör­per der deutschen Wirtschaft geheilt werden.

Aber im selben Augenblick, da der kranken Wirtschaft ein Betäubungsmittel eingegeben wird, ziehen sich drohende Wolken am Wirtschaftshorizont zusammen. In der ganzen Welt werden Zölle rapide erhöht. England ist voran­gegangen, Amerika schreitet zu Gegenmaßnahmen, Frankreich schließt sich dieser Bewegung an, Schwe­den drosselt den Import durch scharfe Devisenkontrolle. Diese oder ähnliche Maßnahmen werden in fast allen euro­päischen Ländern ergriffen. Damit wird dem deutschen Ex­port alles Wasser abgegraben. Seit dem 1. Juli erlebten wir eine ständige Exportsteigerung, die aber nicht in einer mengenmäßigen Zunahme der exportierenden Güter be­stand, sondern vielmehr auf einer scharfen Drosselung der Einfuhr beruhte, die einen ganz empfindlichen Rückgang erfahren hat. Während sich andere Länder gegen die Maß­nahmen Englands durch entsprechende Gegenmaßnahmen zu wehren suchen, würde das für Deutschland kaum einen Sinn haben, da die Jmportzahlen im Vergleich zu den Exportzahlen mit einem großen Aktivsaldo für Deutsch-

Der Arbeitsmarkt

4,84 Millionen Arbeitslose

Berlin, 24. Nov. Die Zahl der Arbeitslosen in der ersten Hälfte des Monats November ist um rund 228 888 auf rund 4 848 888 gestiegen. Die Zahl der Hauptunterstützungsempfänger ist um 63 000, die der Bezieher der Krisenfürsorge um 30 000 gewach­sen. Von dem vom 31. Oktober gezählten rund 4 823 888 Arbeits­losen im Reich erhielten 17 v. H. keine Unterstützung. Von den zu jenem Zeitpunkt unterstützten Arbeitslosen entfielen erwa 66 v. H. auf Arbeitslosenversicherung und Krisenfürsorge, etwa 34 v. H. auf öffentliche Fürsorge. Im Steinkohlenbergbau des Ruhrge­bietes kam in der ersten Novemberhälfte die rückläufige Bewe­gung zum ersten Male seit Monaten zum Stillstand: Entlastun­gen erfolgten nur noch vereinzelt und die Zahl der Feierschichten ging zurück.

Mister Schlange über die SsiMe

Erklärungen im Haushaltsansschnß des Reichstages Berlin, 24. Nov. Der Haushaltsausschuß des Reichstages nahm zunächst Berichte der ständigen Unterausschüsse über Organisation und Betrieb der Oststelle entgegen. Dann legte Reichsminister Schlange-Schöningen seinen Standpunkt darüber dar. wie er sich für die Zukunft die Lösung der Fragen denke, die für die Wirt­schaft, insbesondere für die Landwirtschaft im Oste» gerade jetzt zu Existenzfragen geworden seien. Die von ihm erlassene Notver­ordnung sei von den verschiedensten Seiten angegriffen worden. Eines müsse er hier aussprechen: Als er vor seinem Eintritt ins

Am tle NM Notverordnung

Berlin, 24. Nov. Die Reichsregierung bar einen Kabinettsrat über Vas Protokoll des Wirtschaftsbeirats abgehalten und die ersten Vorbereitungen für die nunmehr erforderliche Notverord­nung besprochen, die anfangs Dezember erscheinen soll. Aus der Aussprache im Wirtschaftsbeirat hat sich, wenn sie auch nicht zu sehr klaren Ergebnissen geführt hat. doch eine große Fülle prakti­scher Anregungen für die Regierung ergeben, die sich bereits zu Referentenentwllrfen Verdichter haben. Infolgedessen borst man. Sie Notverordnung ziemlich schnell erledigen zu können. Trotzdem stehen die Einzelheiten noch nichl unbedingt fest, und es ist ver­früht. wenn schon als sicher gemeldet wird, daß die Regierung bereits zu der als letzter Rückhalt gedachten Erhöhung der Um­satzsteuer greifen wird. Für diesen Fall wird jetzt von einer Er­höhung Ser Umsatzsteuer sogar auf zwei Prozent gesprochen, wo­mit angeblich ein Mebrertrag von einer Milliarde Mark erzielt werden kann. Außerdem wird von einer Wiedereinführung der Kapitalertragssteuer ohne Anrechnung auf die Einkommensteuer gesprochen. Vor allem aber dürfte die Regierung versuchen, mit weiteren größeren Einsparungen einen Ausgleich ihres Haus­halts zu erreichen.

Kabinett die erste Unterhaltung mit dem Reichskanzler gehabt und ihm dargelegt habe, auf welche Weise er eine Aktion im Osten durchführen wollte und daß er es dabei für unbedingt not­wendig gehalten hätte, daß der Reichskanzler einige Monate Ruhe im Lande schaffen müßte, wenn überhaupt irgendeine ge­deihliche Arbeit geleistet werden könnte, da habe der Reichs­kanzler mit einem solchen Verständnis und mit einem solchen guten Willen das, was er ihm über die Agrarlage dargestellt habe, entgegengenommen und sich mit einer solchen Entschlossen­heit zur Hilfsbereitschaft erklärt, wo immer sich nur eine Mög­lichkeit dazu böte, daß es geradezu ein frivoles Spiel sei, wenn man in der Agitation draußen im Lande ihm unterstelle, daß er nicht geneigt sei, der notleidenden Landwirtschaft zu helfen. Das. erklärte der Minister, müsse einmal mit aller Offenheit der stür­mischen Agitation landwirtschaftlicher und anderer Kreise gegen­über festgestellt werden.

Die Verhältnisse im Oste« lägen heute so, daß nicht diejeni­gen Großbetriebe am gefährlichsten seien, die etwa am schlech­testen gewirtschaftet hätten, sondern diejenigen, die am inten­sivsten gewirtschaftet hätten, die also den größten Kapitalum­lauf aufwiesen und damit am stärksten in die Zinsmühle ge­kommen seien. Die Krise beschränke sich heute nicht nur auf den Grundbesitz, sondern genau so sehr auf die Bauernschaft und auf die Siedler. Während man früher, wenn man von einer großzügi­gen Ostpolitik sprach, eine Besiedlung des Ostens im Auge batte, sei heute eine rückläufige Bewegung, eine Entsiedlung, ein Ab­strömen der Menschen vom Osten festzustellen. Nicht nur aus volkswirtschaftlichen, sondern auch aus nationalvolitischen Grün­den sei diese Entwicklung unerträglich. Zu der wirtschaftlichen Lage komme noch, daß die Menschen draußen durch parteipoliti­sche Agitation wild gemacht werden, bis sie ganz den Kopf ver«