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Mgem. Anzeiger f8r die Bezirke Nagold. Ealw u. SreadeaAM Amtrdlatt skr den Bezirk Nagold a. Meafteig-SlM

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Alterrstelg, Mittwoch den 83. Kepternder? 1931

I 84. Aayrgang

Ser Alarm von London

Am Montag hat die Bank non England die Einlösung ! ihrer Noten durch Gold eingestellt. Einer der denkwürdig- ^ sten Tage in der über 200jährigen Geschichte dieses ehr- ! würdigen Instituts. Die Goldstandardbill vom Mai 1925 s ist also nur 6^ Jahre in voller Funktion gewesen, nachdem während der Kriegs- und Nachkriegswirren die Goldein­lösung von 1914 bis 1925 eingestellt gewesen war. Ein derartig scharfer Akt der Selbstverteidigung der Bank war zum letzten Male Ende des 18. Jahrhunderts notwendig gewesen.

Die Goldeinlösung der Bank von England war keine vollständig vorkriegsmätzige, etwa derart, daß jeder belie- ! dige Betrag von Noten bei der Bank vorgelegt werden ^ konnte und gegen Gold eingewechselt wurde, vielmehr Han- s delt es sich bei dem englischen Goldstandard um eine Gold- s barremvährung. Die Bank war lediglich verpflichtet, ein- s gereichte Notenbeträge von einer gewissen, ziemlich hohen ! Grenze ab aufwärts einzuwechseln, und zwar gegen Barren ? zu einem festen Preis. Diese Einlösungspflicht hat die Ne- s gierung unter dem Druck der jüngsten Vorgänge der Bank von England erlassen, um den noch übrigen Betrag des s Goldschatzes der Bank zu retten. Der Goldbestand erschien ! im letzten Ausweis der Bank von England noch mit ! 136 Millionen Pfund und ist inzwischen auf rund 130 Mil- j lionen Pfund weiter zurückgegangen. Vor einem Jahre i hatte die Bank (17. September 1930) noch einen Goldbestand ! von 156 Millionen Pfund. Der Vorrat der Bank hat sich r also seit einem Jahre um 26 Millionen Pfund im Werte ! von rund 520 Millionen RM. vermindert. !

Genau wie die Reichsbank kn der Krise dieses Sommers unter die 40 Prozent Golddeckung heruntergehen mutzte, ist j auch der Bank von England im August von der Regierung > gestattet worden, das normale Deckungsverhältms zu über- j schreiten. Die Deckungsvorschriften der Bank von England r enthalten keinen bestimmten Prozentsatz, wie es z. B. bei ! der deutschen Reichsbank und bei den meisten übrigen Noten- ' banken der Welt der Fall ist. Vielmehr besitzt die Bank von i England ein freies Notenausgaberecht bis zu einem be- ' stimmten Höchstbetrage; und alle die Noten, die über diesen i Höchstbetrag hinaus im Umlauf sind, müssen zu 100 Prozent ! mit Gold gedeckt sein. In Ausnahmefällen kann das bri- t tische Schatzamt die Bank von England ermächtigen, die z Höchstgrenze für die ungedeckten und auszugebenden Noten vorübergehend um einen beschränkten Betrag zu erhöhen Bon diesem Recht hat die Regierung, wie erwähnt, in die­sem Herbst Gebrauch gemacht.

Die Goldabzüge und als deren Folge die Goldabzüge au- England dauern nun schon seit Jahren an, allerdings immer s wieder unterbrochen durch Wellen kurzfristigen Geldes, das s wieder nach London zurückflotz. Die Eoldabzllge vor allem j »ach Paris nahmen in dieser Zeit gelegentlich so scharst i Formen an, daß die Bank von England zu den merkwür s digsten Kniffen ihre Zuflucht nehmen mutzte, um ihrer ^ Goldschatz zu verteidigen. '

Nun hat also die Bank von England für eine gewisse Zei : ihre Noteneinlösung durch Gold aufgegeben, allerdings a n k geblich nur für sechs Monate. Die Bank vor r England hat damit nicht etwa die Goldwährung aufgegeben i sondern sie ist lediglich von der GoldSarrenwährnng zu de> ! Gold-exchange-Währung übergegangen, d. h. zu einer Wäh ' rnng, die zwar zu einem erheblichen Teil durch Gold gedeckt , ist, bei der aber die Aufrechterhaltung der Stabilität de, f Wechselkurse nicht durch die automatische Funktion de, ? Eoldeinlösung hergestellt wird, sondern von der Notenbank- Z leitung manipuliert wird durch den An- und Verkauf vor r Devisen nach Bedarf. Die Bank von England wird wahr- j lcheinlich so operieren, datz sie den Pfundkurs im wesentlicher t aus der Goldparität mit dem Dollar zu halten sucht. r

Obwohl nach dem Kriege Neuyork als Fianzmarkt dem j Platze London immer stärkere Konkurrenz gemacht hat, ist , die B a nk von England immer noch so etwas wie das ^ finanzielle Herz der Welt geblieben. Wenn die Bank - von England erschüttert ist, die Londoner Börse ihre Schran- s ken schließt, hält die Weltwirtschaft den Atem an. Di« . meisten europäischen Börsen haben vorläufig einmal ge­schlossen, um den weiteren Gang der Dinge abzuwarten. Roch niemand hat ein klares Bild über die weiteren Folgen der englischen Krise für die übrige Welt. Am schwierigsten wird die Technik des internationalen Warenhandels wer- den, der ja meistens auf Pfund Sterling abgestellt ist. Es > ist möglich, datz man in manchen Branchen glatt vom Pfun! ? adschwenkt und zur Dollarbasis übergeht. Aber auch in s diesem Punkte ist es zweifelhaft, wie weit man prophe- ; jeien kann

Ntt javanlsch-OlmMk Konflikt

von dem Dölkerbnndsrat vertagt

Eens, 22. Sept. Zahlreiches Publikum und eine große Menge Pressevertreter hatten sich zu den Verhandlungen des Völker- imndsrates über den chinesisch-japanischen Konflikt eingefunden. »er durch China auf Grund des Artikels 11 des Völkerbundes- gaktes dem Rat vorgelegt wurde. Der Vertreter Chinas im Kat, Sze (Gesandter in London), der sofort das Wort erhielt, schilderte an Hand der neuesten Telegramme die jüngsten Er­eignisse in der Mandschurei und erklärte, datz von der Okkupation ein Gebiet von der Größe Großbritanniens und Irlands be­troffen sei. Er schloß mit der Ankündigung. China werde evtl auch unter Berufung aus andere Artikel als Artikel 11 des Paktes weitere Anträge beim Völkerbundsrat stellen.

Nach Sze sprach sodann der Vertreter Japans im Rat, der Gesandte in London, Hoshisawa, der beantragte, die Verhand­lungen auf die nächste Sitzung des Völkerbundsrates zu ver­tagen da er ungenügend informiert fei und daher heute noch nicht zun dem Fall Stellung nehmen könne. Der japanische De­legierte gab die Erklärung ab. daß die japanische Regierung ihre Truppenkommandanten angewiesen habe, alles zu Unter­lasten was den Konflikt verschärfen könnte. Japan wolle keinen Krieg gegen China führen und würde auch den Vorschlag aus Eröffnung direkter Verhandlungen zwischen beiden Ländern sehr begrüßen.

Der chinesische Delegierte erklärte, was die von dem japani­schen Vertreter angezweifelte Richtigkeit der von China behaup­teten Tatsachen betreffe, so sei China bereit, die Untersuchung einer Kommission des Völkerbundes zu überlassen. Nie könne aber China in direkte Verhandlungen eintreten, wenn ein be­trächtlicher Teil seines Landes besetzt sei und die japanische Re­gierung zu anderen als diplomatischen Mitteln gegriffen habe. Japan wünsche, daß der Zwischenfall durch direkte Verhandlungen zwischen den beteiligten Regierungen bereinigt werde.

Rach weiteren Auseinandersetzungen zwischen dem chinesischen und dem japanischen Vertreter erhob sich Lord Cecil, um dar­zulegen. daß der Völkerbund in solchen Fällen wie hier, wo auf keiner Seite daran gedacht sei, zum Kriege zu schreiten und an­gesichts der beträchtlichen Abweichungen in den Angaben beider Beteiligten die Bildung einer Meinung im Augenblick unmög­lich sei, schon eine feste Spruchpraxis habe. In solchen Fällen richte der Präsident des Völkerbundes einen Appell an die Par­teien, den Streitfall friedlich zu lösen und, falls die militärische Besetzung fremden Gebietes erfolgt sei. fordere er die besetzende Macht auf, das Gebiet zu räumen. Lord Cecil betonte, daß Trup­pen. die sich auf fremdem Gebiete befinden, zurückgezogen werden müßten und wies weiter darauf hin, daß nicht nur die Völker- bundsfatzung, sondern auch der Kelloggpakt und das Viermächte­abkommen über den Stillen Ozean durch den vorliegenden Kon­flikt berührt seien.

Genf, 22. Sept. Den ganzen Nachmittag hatten unter der füh­renden Mitwirkung des Ratspräsidenten Besprechungen statt­

gefunden, um eine Einigungssormel zwischen den veteiugren Mächten zu finden. Der chinesische Vertreter machte gegenüber dem sichtlichen Bestreben Poshisawas, eine Vertagung zu erreichen, die Dringlichkeit des Falles geltend. China müsse die sofortige Zurückziehung der japanischen Truppen verlangen.

Der deutsche Außenminister Dr. Curtius betonte, der Völker- bunösrar sei in einer außerordentlich schwierigen weltwirtschaft­lichen und weltpolitischen Situation mit diesem Streitfall befaßt worden. Er sei der Meinung, daß der Völkerbundsrat sich aus provisorische Maßnahmen nicht beschränken dürfe, sondern daß er die ganze Angelegenheit in der Hand behalten müsse. Der französische Delegierte Masfigli schloß sich den Worten von Dr. Curtius an, ebenso der italienische Außenminister. Schließlich beschloß der Rat, die nächste Sitzung so bald wie möglich nach Eintreffen der japanischen Instruktionen zu halten.

Der Völkerbund und die Ereignisse in Ostusien Genf, 22. September. In Ausführung des heutigen Ratsbeschlusses hat der Präsident des Völkerbundsrates an die chinesische und japanische Regierung Telegramme abge­sandt, in denen die beiden Regierungen aufgefordert wer­den, sich jeder Handlung zu enthalten, die geeignet fei, di« Lage zu verschärfen oder der gründlichen Regelung der Frage vorzugreifen. Di« Telegramme werden morgen ver­öffentlicht. Der Abfendung dieser Telegramme ging eine Konferenz voraus, an der außer den streitenden Parteien die vier ständigen Ratsmächte, also auch der deutsche Außenminister, teiknahmen. In dieser Konferenz wurden verschiedene Einzelfragen erörtert,

Unterredung zwischen Litwinoff und dem japanischen Botschafter in Moskau

Mosktu, 22. September. Volkskommissar des Aeutzern, Litwinoff, hatte heute den japanischen Botschafter Hiroto zu sich gebeten. Die Unterhaltung, die geraume Zeit dauerte, bezog sich auf die Ereignisse in der Mandschurei.

Erklärung des japanischen Botschafters in Washington Washington, 22. September. Der japanische Botschafter hatte heute eine längere Unterredung mit Staatssekretär Stimson über die Lage in der Mandschurei. Er erklärte, daß Japan die Mandschurei als integralen Teil Chinas anerkenne und die Frage deroffenen Tür" keineswegs isoliert sei. Die japanische Regierung bemühe sich, die Zwi­schenfälle möglichst zu lokalisieren. Es handelt sich um be­dauerliche Zusammenstöße der Truppen, nicht aber um eine von der japanischen Regierung angeordnete militärische Aktion.

Alles wird davon abhängen, wie das englische Publikum sich verhält, ob es, wie man hofft, seine Depositen ruhig bei den Banken läßt und auf die Energie der Wirtschafts­führung und der Leiter der Bank von England vertraut.

Die Bank von England hat zunächst ihren Diskontsatz um den für sie unerhörten Betrag von 1,5 Prozent herauf­gesetzt, sie hat den Eoldankaufspreis ermäßigt. Die Re­gierung hat ferner Einschränkungen der Devisenentziehun- gen durch di« inländische Kundschaft in die Wege geleitet. Es sieht so aus, als wenn auch England um ein internatio­nales Stillhalte-Abkommen nicht herumkommt. And das ist das Stillhalte-Abkommen für die ganzd Well. Schon spricht man von der Einberufung einer internationalen Konferenz. Wenn sie irgend etwas nützen soll, wird sie nicht nur eine wirtschaftliche fein dürfen, dertn die letzten Ursachen der Katastrophe liegen nicht im rein Wirtschaft­lichen, nicht in der Ueberproduktion und nicht in der so­genannten Goldknappheit. Das Heilmittel liegt in der end­gültigen Beseitigung der deutschen Tribute, vielleicht auch verbunden mit einer Milderung der sonstigen Kriegsschul­den und in dem endgültigen Einsetzen einer offenen und ehrlichen Abrüstung. In beiden Punkten dreht es sich um Frankreich, das außerdem durch , seine und feiner kleinen Nachbarn rücksichtslose Kreditkündigungen die Londoner Katastrophe zum Ausbruch gebracht hat

Der Eindruck in der englischen öffentlichen Meinung ist et» höchst sonderbarer. Die ganze populäre Presse schreit Hurra und beglückwünscht die Regierung zu diesem wunderbaren Ereignis. Diese Blätter glauben, datz mit dem Heruntergang vom Gold­standard eine kleine bescheidene Inflation eintreten werde und datz diese Inflation den englischen Export so fördern werde, daß alle Not vorüber ist. Solche phantastischen Ideen befinden sich imDaily Expreß" und im ,F>aüy Herold" Der .Daily Ex­

preß" jagt geradezu, kein glücklicheres Ereignis sei in den letzten Jahren geschehen. Dies sei das Ende des Goldstandards und der Beginn des wirklichen WiederaufbauesDaily Mail" schreibt, dieses vorläufige Heruntergehen vom Goldstandard wird ein Segen für die englische Industrie sein, und auch die Gewerk­schaftszeitungDaily Herald" veröffentlicht die Mitteilung der Regierung unter der UeberjchriftGute Nachrichten für die eng­lische Industrie".

Vorsichtiger sind die konservativen Zeitungen. Mit großer Reserve erkennt dieTimes" den Zwang der Notwendigkeit an und sagt, unter diesen Umständen sei die getroffene Ent­scheidung eine weife Entscheidung

Eine außenpolitische Rebe des amerik. UnterUnMekrelürs LnskleS

Boston, 22. September. Unterstaatssekretär Castle hielt hier heute nachmittag im Advertising Club vor führenden Industriellen und Kaufleuten eine bedeutende außenpoli­tische Rede. Es bezeichnete darin als Ursachen der Depres­sion u. a. den Weltkrieg, Amerikas unüberlegte Anleihe­politik nach dem Kriege und den übersteigerten Ausbau der amerikanischen Absatzmärkte,. außerdem Deutschlands ge­waltige Reparationslast und Englands schwere Bürde der Arbeitslosenunterstützung. Castle, erklärte u. a, weiter: Amerika hat keine politischen Sorgen, aber es leidet so­wohl durch die Weltdepression als auch durch die Dürre, die im letzten Jahre den Süden und einen Teil des Westens und in diesem Jahre den Nordwesten heimsuchte. Don der Depression wird Amerika sich nur dann erholen, wenn es auch der übrigen Welt besser geht. Die Erhaltung des amerikanischen Lebensstandards ist auch von der Stabili­tät der Umwelt abhängig. Deswegen hat Präsident Hoo- ver seinen Plan eines Schuldenfeierjahres vorgeschlagen, dessen günstige Wirkung in der ganzen Welt sofort in Er-