und zwar in einer Ausdehnung, welche die Fläche der Grund­stücke des Metzgermeisters Widmaier bis zu dem städtischen Eigentum beim Eselspfad, mit Ausnahme eines schmalen Streifens, umfaßt. Durch eine solche Genossenschaft kann eine planmäßige Anlage und Bebauung stattfinden. Die Genoffenschaft will nun außerordentlich vorsichtig und nur schrittweise Vorgehen, um nicht Vorwürfen aus der Bürger­schaft heraus ausgesetzt zu sein, man mache ihr die Wohnun­gen in der Stadt leer. Aber die Genossenschaft hat nicht die Absicht, auf ihrem Gelände ein neues Stadtviertel erstehen zu lasten, sondern es soll entsprechend dem Bedürfnis und mit äußerster Rücksicht auf den städtischen Haus- und Grundbesitzer gebaut werden. Die finanziellen Grundlagen der Genossenschaft sollen in der Weise geschaffen werden, daß Anteilscheine mit vielleicht 100 und 200 aus­gegeben werden, daß finanzkräftige Einwohner Geld billig zur Verfügung stellen und daß sich die Stadt, neben mäßigen Grundstückspreisen für den Teil ihres Geländes, gleichfalls mit einer Barsumme beteiligt. Die von der Stadt zu ver­kaufende Fläche ist 1 tta 36 a 98 qm groß. Die finanzielle Beteiligung der Stadt mit etwa 10 000 läßt der Stand des städt. Vermögens unbedenklich zu. Der Vorsitzende schloß, daß, wenn die Stadt mit einer bescheidenen Beteiligung Ar­beitern, Beamten und Angestellten zu gesunden, billigen Woh­nungen verhelfen könne, sie sich dadurch den Dank dieser Kreise erwerbe.

In der Besprechung wurde von den B.A.M. Eisenmann, Störr, Zügel, Essig, Rheinwald und den G.R. Stauden­meyer, Wagner, Baeuchle, Zahn die Zustimmung zur Grün­dung der geplanten Genossenschaft und der Beteiligung der Stadt an ihr ausgesprochen. Die käufliche Ueberlaffung der städt. Grundstücke und die finanzielle Beteiligung der Stadt mit 10 OM ^ wurde für den Fall, daß die Gründung im vorgetragenen Sinne zustandekommt, vom Kollegium grund­sätzlich genehmigt und der Vorsitzende zu einer dementsprechen­den Mitteilung an das vorläufige Baukomitee ermächtigt. Die Ansichten über die Frage, ob aus der Bürgerschaft heraus wohl Anteilscheine mit 100 oder 200 zu bekommen wären, waren geteilt, aber überwiegend optimistisch. Die Sitzung war gegen 8 Uhr beendet.

Schwäbische Gedenktage. Am 24. Juni 1499 wurde der Reformator Johannes Brenz inWeilderstadt geboren. Am 25. Juni 1785 wurde in Aichelberg OA. Schorndorf ge­boren Gottlob Eberh. Hafner, zuletzt Prälat und General­superintendent in Heilbronn, gestorben 1858. Am 26. Juni 1473 weilte Kaiser Friedrich IN. in Leonberg. Am 28. Juni 1546 ist in Lauffen a. N. Phil. Heilbronner geboren, er starb 1616 als Pfarrer und Professor in Lauingen. Am 29. Juni 1658 wurde in Calw geboren Andreas David Carolus, der am 8. September 1707 als Dekan in Kirchheim u. T. starb. Er machte sich besonders bekannt durch sein Werk Wirtembergische Unschuld", in dem er die württembergische Theologie gegen die Angriffe Gottfried Arnolds verteidigte. Am 30. Juni 1377 wurde der Bau des Münsters in Ulm begonnen.

X Bad Teinach, 18. Juni. Nicht nur seitens der Wan­dervereine, sondern auch von Gesangvereinen, Schulen usw. wird unser idyllischer Badeort mit seiner schönen Umgebung immer mehr als Endziel für Ausflüge gewählt. Während wir vor 14 Tagen den Odenwaldklub (Sektion Mannheim) und die Ortsgruppe Reutlingen des Schwäb. Albvereins mit zusammen etwa 1M0 Personen hier begrüßen durften, bekamen wir letzten Sonntag Besuch von dem Gesangverein Eintracht- Stuttgart, welcher als Absteigequartier den Gasthof zum Faß wählte und daselbst, sowie auch in den Kuranlagen durch seine Sängerschar (70 Mann) wirklich schöne Weisen ertönen ließ.

Für kommenden Sonntag haben sich wieder Vereine hier an­gemeldet und zwar der Liederkranz Heutingsheim mit etwa 70 Sänger und der Cäcilien-Verein Durlach mit etwa 80 Sängern. Außerdem tritt am Sonntag den 21. die Teinacher Kurkapelle in Aktion, so daß also musikalische Genüsse in Hülle und Fülle geboten werden. Die Teinacher Hirschquelle ist auf der 1. Großen Ausstellung für das Hotel- und Wirtschasts- wesen in Eßlingen wieder mit der Goldnen Medaille ausge­zeichnet worden.

Gechingen, 18. Juni. Kaum hatten sich die Gemüter vom Sonntag her etwas beruhigt, als vorgestern nachmittag um 4 Uhr von allen Seiten sich Gewitter wieder über unserer Gegend zusammenzogen. Banger Sorge voll eilten die Leute vom Felde heim. Donner und Blitz folgten sich Schlag auf Schlag. In das auf der Höhe gelegene Wohnhaus des Mau­rermeisters Ferdinand Gehring hatte der Blitz eingeschlagen, jedoch glücklicherweise ohne zu zünden. Auch war der Besitzer, ein alleinstehender Witwer, nicht zu Hause. Das Haus be­findet sich in der Nähe des Transformatorenhauses und jetzt glaubt niemand mehr, daß durch dieses die Umgebung gegen Blitzgefahr geschützt sei. Auch auf den Feldern und Wiesen richteten die von allen Seiten zu Tal stürzenden Wassermaffen bedeutend mehr Schaden an als am Sonntag. In der Mühle stand der in der Einfahrt stehende Müllerwagen so tief im Wasser, daß die Leitern nur noch 10 cm herausragten. Wenn vom Sonntag her nicht so aufgeräumt gewesen wäre, würde das neue Unwetter verhängnisvoll geworden sein. Zum Heuen, zu dem es jetzt Zeit wäre, sollte sich bald schönes, be­ständiges Wetter einstellen.

Herrenberg, 18. Juni. Zn einem hiesigen Sägwerk wurde dem 56 Jahre alten Säger Link an der Kreis­säge der Zeigefinger der rechten Hand vollständig abge­schnitten und zwei weitere Finger schwer zerrissen.

Württemberg.

Die Folgen des Unwetters.

Das Unwetter, das am Dienstag nachmittag über Cleebronn und Votenheim niederging, hat insgesamt einen Schaden von über 400 000 <R verursacht. In Vo­tenheim wird der Schaden auf 100 000 -R, in Cleebronn auf über 300 000 -R beziffert. Die Fabrikanlagen von Hoffeuerwerkstechniker Fischer wiesen einen bedeutenden Materialschaden auf. Große Magazine von fertigen Feuerwerkskörpern und die Pulverkammern sind gänz­lich zerstört. Die Straßen sind vollständig ausgewaschen und müssen erneuert werden. Die Straße von Cleebronn nach Freudental und Bönnigheim ist zum Teil einge­brochen und vorerst für den Verkehr gesperrt. Heute früh sind 50 Mann Infanterie von Heilbronn und 20 Pio­niere aus Ulm zur Hilfeleistung eingetroffen. Unter diesen traurigen Umständen ist eine Hilfsaktion des ganzen Landes nur zu gerechtfertigt. Aus Stuttgart wird geschrieben: Die Schätzungen über den in einzelnen Landesteilen durch die Wolkenbrüche angerichteten Scha­den lauten fortgesetzt höher. Zu den Riesensummen von Brackenheim und Votenheim (34M 000 cR) kommen jetzt neue Schätzungen aus Hedelfingen mit ca. 150 000 Mark. Wenn auch die übrigen Schätzungen aus den heimgesuchten Ortschaften zum Teil erheblich geringer lauten, so ergibt sich doch eine Gesamtschadensumme, die nicht viel unter einer Million Zurückbleiben wird. Der Köng hat deshalb Bericht eingefordert, ob eine Unterstützung der Beschädigten angezeigt erscheint, und die Zentralleitung für Wohltätigkeit hat eine allgemeine Hilfsaktion in Aussicht genommen.

Eklwangen, 18. Juni. Bei dem letzten schweren Ge­witter hat der Blitz im hiesigen Oberamt nicht weniger als fünfmal eingeschlagen. Es waren lauter kalte Schläge, die nicht zündeten, aber teilweise beträchtlichen Schaden anrichteten. In Rosenberg schlug der Blitz in die Wohnhäuser des Zimmermanns Franz Köhler und der Witwe Paula Stöcker und beschädigte die Gebäude recht erheblich. Zn Tannenbühl. Ede. Rosenberg, traf ein Blitzschlag das Haus der Witwe Weinbrecht. Die Beschädigungen werden auf 500 -R geschätzt. In dem ebenfalls zur Gemeinde Rosenberg gehörigen Weiler Betzenhof schlug der Blitz in das Haus des Bauern Michael Ludwig und richtete an Giebel und Dach einen Schaden von einigen Hundert Mark an. Ferner schlug der Blitz in Leinenfürst Ede. Neuler in das Haus des Bauern Melchior Volsinger und verursachte einen Scha­den von 2030 z-tl.

Häuslicher Streit in der Sozialdemokratie.

Die Mitglieder der sozialdemokratischen Landtags­fraktion liegen sich in den Haaren und zerzausen sich nicht übel. Der radikale Landtagsabgeordnete West­meyer hat neulich, wie bekannt, der Mehrheit der so­zialdemokratischen Landtagssraktion Verrat, Verleug­nung der Parteigrundsätze, Eselei usw. vorgeworfen. Jetzt geben ihm die der gemäßigten Richtung angehören­den Landtagsabgeordneten Heymann und Keil die Laibe heim. Keil erklärt, daß sich Westmeyereiner bewußten Unwahrheit schuldig gemacht" habe und daß ihm das Verdächtigen zur zweiten Natur geworden sei. Heymann spricht voninfamierenden Verdächtigungen", die West­meyer ohne jeden Schimmer eines Beweises ausgespro­chen habe. Der schon in dieser Sache angerufene Partei­vorstand in Berlin wird angenehme Arbeit bekommen! Die sozialdemokratische Schwäbische Tagwacht hat aus Berichten badischer Blätter entnommen, daß bei dem dreitägigen Ausflug des badischen Landtags die Mit­glieder der sozialdemokratischen Landtagsfraktion bei den Festessen in Konstanz und Singen in das auf den Eroß- herzog ausgebrachte Hochbegeistert eingestimmt" haben. Sie schreibt von ihrem radikalen Standpunkt aus:Die sechs Genossen werden wohl nicht zögern, und den Par­teigenossen Mitteilen, daß die bürgerliche Presse falsch berichtet hat. Es ist doch kaum zu glauben, daß sich Ge­nossen so, wie oben geschildert, betragen haben."

Michelbach a. B.. 18. Juni. In Eroß-Altdorf OA. Hall war in der Nacht in zwei Häusern ein Einbruch verübt worden, wobei die Diebe Uhrketten, Chokolade und Zigaretten und eine Zimmerbüchse mitlaufen ließen. Auf die Nachricht des Einbruchs war sofort die Land­jägermannschaft benachrichtigt worden, die in der Frühe bereits nach zwei verdächtigen Zigeunern fahndete. Als die beiden Gesellen mit dem 8-Uhr-Zug in Hessental abfahren wollten, und einen in dem Zug befindlichen Landjäger bemerkten, wollten sie an der Sperre um- keyren, wurden aber nicht durchgelassen, worauf sie dk Flucht gegen Michelbach ergriffen. Der Bahnwärter der Haltestelle, den sie um die Wegrichtung fragten, wies sie nach Wilhelmsglück und telephonierte sogleich dort­hin, worauf die Jagd von zwei Seiten unter Mithilfe einiger auf dem Felde befindlicher Leute ausgenommen wurde. Ihre Beute, Stiefel und Kleider, warfen die Kerle unterwegs zum Teil weg. Bei der Pumpstation entkam der eine über den Kocher, der andere mit dem Namen Reinhardt, konnte dingfest gemacht und nach einem Verhör nach Hall in Untersuchungshaft ge­bracht werden.

Der rote Hahn.

22) Romano. Palle Rosenkrantz. Deutschv. Jda Anders.

Ole kam vom Hofe, eine Schubkarre vor sich herrollend. Mitten vor dem Rasen angekommen, blieb er stehn und starrte ein wenig auf die Landstraße hinaus. Es war wiAlich sein neuer Freund, der Kriminalkommissar Frederiksen, der von der Straße hereinkam und ganz ungeniert das Gartentor öffnete. Ole blinzelte, er hatte ein wenig Humor, und es be­reitete ihm Spaß, Bekanntschaften zu machen. Dieser Kopen- hagner Kriminalkommissar mußte seine Gründe haben, ihn zu suchen.

Frederiksen dachte an Justesens Worte, und da er wußte, daß Justesen ein durchtriebner alter Kater war, hatte er be­schlossen, Ole gegenüber ein wenig vorsichtig zu sein und ihn vorläufig zu ignorieren.

He, Sie da! sagte er scharf und kurz.

Ole wurde etwas ärgerlich, er war ein wenig empfindlich und rollte deshalb mit seiner Karre ruhig weiter.

Sie da, zum Satan! rief Frederiksen laut.

Ole rollte weiter.

Können Sie nicht hören, daß ich mit Ihnen rede, sagte der Beamte scharf, indem er sich ihm näherte.

Ole machte große Augen. Ich dachte. Sie sprächen mit sich selbst. Sie sagten Satan, ich glaubte, das wäre so ein Kosename für Sie selbst.

Frederiksen überhörte Öles Witz. Arbeitet der Häusler Hans Jepsen hier auf dem Hofe?

Sie können ja Nachsehen, sagte Ole und rollte weiter.

Sie kennen mich gewiß nicht wieder, sagte Frederiksen. Ich bin Kriminalkommissar Frederiksen von der Brand­kommission.

Zum Teufel, was geht das mich an! sagte Ole sehr ruhig, bei mir hat es noch nicht gebrannt.

Sie wissen gewiß nicht, mit wem Sie reden, meinte der Beamte böse.

Sie haben mir ja erzählt, wer Sie sind. Ole ließ sich nicht stören.

Wollen Sie dann so freundlich sein und antworten.

Ja, wenn Sie so freundlich sein wollen, ordentlich zu fragen. Ich habe schon in meinem Leben mit größern Leuten als mit Ihnen gesprochen. Jetzt wurde Ole im stillen wütend.

Hören Sie mal, guter Mann, sagte der Beamte mit Würde.

Ole machte Front gegen Frederiksen. Was haben Sie eigentlich hier zu tun?

Was Teufel geht es Sie an! lautete die Antwort.

Ole kratzte sich hinter dem Ohre. Nein, weiß Gott, sagte er, das geht mich eigentlich gar nichts an ...

In diesem Augenbilcke kamen Seydewitz und Justesen vom Hofe her. Frederiksen wandte sich um und verneigte sich vor dem Referendar. Seydewitz zuckte zusammen. Frede­riksen in amtlicher Tätigkeit.

Der Herr Referendar gestatten Frederiksen verneigte sich wieder.

Wen suchst du hier, Frederiksen? fragte Justesen, der ebenfalls überrascht war.

Frederiksen antwortete: Hans Jepsen, den Abgebrann­ten, und seine Frau, sie sollen hier auf dem Hofe arbeiten.

Ach so. Sollen die jetzt auch festgenommen werden? sagte Justesen und schüttelte den Kopf.

Auf Befehl des Herrn Assessors, sagte Frederiksen.

Justesen schüttelte den Kopf.

Die sind es nicht. Die habe ich um und um gekehrt.

Seydewitz lächelte. Assessor Richter macht es so. Mann und Frau in Arrest, alle beide, und dann triezte er od 1e, nicht wahr, Frederiksen? Nicht wahr? Jeder hat so seine Manier, das geht uns nichts an.

Dann wandte sich Seydewitz, um ins Haus zu gehn. Tie Begegnung mit Frederiksen machte ihm den Gang leichter, jetzt hatte er wenigstens einen Vorwand.

Justesen stand und schielte zu Frederiksen hinüber. Ihr füllt die Arrestlöcher, sagte er und lachte böse.

Frederiksen blickte ihn herausfordernd an.

Ja, natürlich, ihr braucht sie ja nicht, sonst wäre es wohl nicht nötig gewesen, uns hier herunterzusenden.

Dann drehte er sich auf dem Absatz herum und ging auf den Wirtschaftshof, wo sich die verkohlten Flügel noch als Ruinen gegen den klaren Sommerhimmel abhoben.

Hilmer kam über den Hof geschlendert. Um den Häusler Hans Jepsen und seine Frau hatten sich eine Anzahl Leute geschart. Ole gestikulierte in der Mitte und sprach von der Polizei und dem roten Hahn.

In der letzten Zeit waren die Polizei und der rote Hahn Öles Lieblingsthema geworden. Er goß ein bißchen häufig einen Kleinen hinter die Binde. Aber die Leute hatten Re­spekt vor ihm, denn er konnte furchtbar klug sein, ja. Und es hatte ja auch im Weideland ziemlich häufig gebrannt.

Das Viehland hießen die früher ungeteilten Gemeinde­wiesen, auf denen das Vieh der Stadt gegrast hatte. Jetzt waren sie geteilt wordm, und ein sehr großes Stück gehörte zu Deichhof. Aber es gab eine Menge Häuser und Höfe, eine ganze Gemeinde, die noch zum Stadtbezirk zählte, und deren Bauern im Magistrat saßen und den Bürgermeister und die Kaufleute ärgerten. (Fortsetzung folgt)!