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Nr. M. Amts- und Anzeigeblatt für den Vberamtsbezirk Lalw. 8g. Jahrgang.

Srschetnungsweise: Smal wöchentlich. Anzeigenpreis: Im Oberamts- tezirk Eatn> sür die einspaltige Borgiszeile 10 Psg.. autzerhalb desselben 12 Psg., «ellamen 2S Psg. Schluß sür Jnseratannahmc 10 Uhr vormittags. Telefon 8.

Festtag, den M Juni MH

Bezugspreis: In der Stadt mit Trägerlohn Mk. I.2S vierteljährlich. Post- bezugspreis sür den Orts- und Nachbarortsverkehr Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Psg., in Bayern und Reich 42 Psg.

Spannung und Entspannung.

Von Seiten des türkischen Generalkonsulats in Stutt­gart erhalten die Zeitungen nachstehende Darstellung des Sachverhalts der griechisch-türkischen Spannung:

Die mohammedanische Bevölkerung in Mazedonien, na­mentlich der Gegenden, welche von Griechenland besetzt wur­den, ist von Anfang an allen möglichen Plackereien und Al­tentaten gegen ihr Leben, ihr Gut und ihre Ehre ausgesetzt gewesen. Um sich dem zu entziehen, fing die Bevölkerung an, nach der Türkei auszuwandern, so daß sich die türkische Re­gierung einer Einwanderung großen Stils gegenüber sah. So sind z. B. vom 17. März bis zum 10. Mai über 24 000 Per­sonen aus Saloniki eingetroffen. Die Gesamtzahl der Aus­gewanderten überschreitet bereits 245 000, worin diejenigen, welche die Reise mit eigenen Mitteln unternommen haben, nicht inbegriffen sind. Die türkische Regierung tat ihr bestes, um diese unglücklichen, von allem entblößten Massen unterzu­bringen und zu unterstützen. Bei der stetig wachsenden Zahl der Emigranten genügten jedoch die mohammedanischen Dör­fer, in denen sie untergebracht waren, nicht mehr, so daß auch griechische Dörfer, und zwar anfangs mit vollem Einverständ­nis ihrer Bewohner, herangezogen werden mußten. Bald trat indessen wegen angeblicher Uebergriffe der mohammedanischen Einwanderer Unzufriedenheit unter den Griechen auf, die bei denselben zu einer Auswanderungsbewegung aus Thrazien führte, welche sich dann auf die meisten thrazischen Dörfer ausdehnte. Die türkische Regierung hat alles getan, um dieser Bewegung Einhalt zu gebieten. Die von ihr getroffenen Maß­nahmen hatten auch die erhoffte Wirkung, so daß im Regie­rungskreis Tschataltscha und in ganz Thrazien die normalen Zustände bald wieder hergestellt wurden. Zu derselben Zeit, wo dank dem energischen und zielbewußten Vorgehen der Re­gierung die griechischen Dorfbewohnere Vertrauen gewannen und die Auswanderung aufhörte, fand aber der Zwischenfall von Kalfaköy statt. Dies beweist, daß maßgebende Kreise, von denen das Losungswort an die griechischen Dorfbewohner aus­ging, die Lage unter allen Umständen anders darzustellen wünschten, als sie in Wirklichkeit ist. Die neuliche Haltung des Patriarchats ist auch ein Beweis herfür. Dasselbe hat sämtliche griechische Schulen und Kirchen schließenlassen, obgleich am Tage zuvor vom Kirchen­rat ein Antrag angenommen worden war, worin es für über­flüssig erklärt wurde, neue Maßregeln zu verlangen, da die bisherigen schon den gewünschten Erfolg erzielt hätten. Die unerwartete Aenderung in der Haltung des Patriarchats zeigt, wo die Wurzel des Uebels zu suchen ist und was für politische Motive maßgebend sind für die ganze Wühlarbeit, die sich jetzt in die Provinz Smyrna fortgepflanzt hat.

Der Minister des Innern, der sich zur Inspizierung nach dem Regierungskreis von Karassi begeben hatte, telegraphierte: In Panderma hat mit Ausnahme der Bewohner von zwei bulgarischen Dörfern niemand seine Scholle verlassen. Bei den Armeniern wird über den Boykott keine Klage laut. Nur in Burhanie und Edremyd sind die Bewohner von etwa 2000 Häusern trotz des Abratens der Regierung in Gegen­wart der Geistlichkeit ausgewandert. Die hiebei vereinzelt vor­gekommenen Ausplünderungsversuche wurden durch die ener­gischen Maßnahmen der Regierung verhindert. Bei den Griechen war kein Todesfall zu verzeichnen, dagegen gab es bei dm Mohammedanern einen Toten und 4 Verwundete. Ter Bürgermeister von Burhanie sowie die Gendarmerie- konnnandanten von Baila und Jorendi sind wegen Nachläs­sigkeit und Energielosigkeit in Anklagezustand versetzt worden. Die Bevölkerung ist durch die ergriffenen Maßnahmen voll­ständig beruhigt.

Jn der griechisch-türkischen Streitfrage ist nun neuerdings eine wenn auch noch schwache Entspannung zu bemerken. Die kriegerische Stimmung in Athen findet nicht mehr so scharfen Ausdruck wie noch bis vor kurzem. Die zum Friedm ratende Sprache aller Großmächte und die Erklärungen meh­rerer Balkanstaaten werden wohl nicht ganz ohne Eindruck ge­blieben sein. Die Pforte ihrerseits beabsichtigt nicht, die Er­widerung auf Griechenlands Forderungen zu verschleppen. Den Großmächten scheint die Türkei einen Beweis ihres guten Willens dadurch geben zu wollen, daß sie bereit ist, die Be­

schwerden der Griechen in den einzelnen Orten durch eine aus Vertretern der Großmächte zu bildende europäische Kommis­sion untersuchen zu lassen.

Kcnstantincpcl, 18. Juni. Tie griechischen Dampfer und mehrere griechische Schiffe sind aus dem Schwarzen Meer und von hier in die griechischen Gewässer abgefahren. Die griechische Schiffahrt hat den gesamten Dienst in den türkischen Häfen eingestellt.

St«dt, Bezirk Nachbarschaft.

Talw, den 19. Juni 1914.

Vom Rathaus.

Oeffcntliche Sitzung der bürgerlichen Kollegien unter dem Vorsitz von Stadtschultheiß Conz am Donnerstag nachmit­tag von 4 Uhr ab. Anwesend waren 10 Gemeinderäte und 13 Bürgerausschußmitglieder.

Als erster Beratungsgegenstand lag die Wahl des Bauplatzes für das zu erbauende Forftwarthaus vor. Am Vormittag des Sitzungstages fand durch verschiedene Kolle­gialmitglieder eine Besichtigung der in Betracht kommenden drei Plätze statt: des Platzes hinter dem Wohnhaus von Fräu­lein Keller, des Platzes unterhalb der Schillerlinde und des Platzes bei Architekt Köhler. Der Vorsitzende fand den Platz hinter dem Anwesen von Frl. Keller als den am weitaus geeignetsten. Von allen andern Rednern wurde dieselbe Auffassung vertreten, mit Ausnahme von G.R. Hippelein, der zu erwägen gab, ob nicht der Platz am grünen Weg draußen vorzuziehen wäre. So wurde erstgenann­ter Platz gewählt. Das Stadtbauamt wird beauftragt, einen Kostenvoranschlag auszuarbeiten. Ueber die Verwendung von Steinmaterialien des alten Armenhauses wird das Kollegium beschließen, wenn der Bauplan einmal vorliegt. Auf An­regung von G.R. Staudenmeher wird im Stadtbauamt eine technische Hilfskraft angestellt. Der Redner begründete seine Anregung mit dem Hinweis darauf, daß in neuester Zeit eine solche Fülle von Arbeiten angefallen ist, daß sie Stadtbaumeister König nicht mehr allein bewältigen könne. Stadtsch. Conz wollte ursprünglich diese Frage im Zusam­menhang mit der Anstellung eines Bauführers beim Neubau des Realprogymnasiums regeln. Aus dem Kollegium wurden aber mehrfach Stimmen laut, die sich für die getrennte Erledigung dieser beiden Angelegenheiten einsetzten. Jn An­betracht der angefallenen und noch anfallenden außerordent­lichen Arbeiten im Stadtbauamt so lautet der am Ende der Besprechung gefaßte Beschluß soll dem Stadtbauamt eine Hilfskraft beigegeben werden und zwar in der Person des Herrn Bauführers Kirchherr hier zunächst auf zwei Monate. Stadtsch. Conz nahm in der gestrigen Sitzung, da er derjenigen in der vorigen Woche infolge anderweitiger dienstlicher Abhaltung nicht anwohnen konnte, Anlaß, infolge der Neuorganisation der Feuerwehr den Her­ren, die sich an ihr beteiligten, seinen besten Dank auszu­sprechen. Er dankte namens der Stadt und der Kollegien den Herren, die aus der Wehr und führenden Stellungen aus­geschieden sind, für ihre treuen Dienste. Jn erster Linie nannte er den seitherigen Kommandanten, Kaufmann E. Dreiß, dessen Abgang er außerordentlich bedauert, denn er habe lange Jahre die Feuerwehr tatkräftig und umsichtig ge­leitet, wofür ihm ganz besonderer herzlicher Dank auszuspre­chen sei. Dank gebühre auch den ausgeschiedenen Herren Hauptleutcn (Staudenmeyer, Marquardt, Braun, Pfeiffer), besonders Herrn Staudenmeyer, der sich mit der Aenderung der Satzungen besondere Mühe gab. Dann beglückwünschte er den neuen Kommandanten Widmaier zu seiner Wahl und wünscht, daß er sein Amt mit Freudigkeit zum Wohle der Gemeinde und der Feuerwehr recht lange aus­zuüben vermöge; ebenso begrüßte er die neugewählten Herren Hauptleute. Der Vorsitzende schloß seine Ausführungen mit dem Wunsche, die Feuerwehr möge in ihrer Neueinteilung der Stadt und dem Gemeinwesen dieselben guten Dienste leisten, wie sie's unter der seitherigen Verfassung getan habe und daß sie nicht zu oft gerufen werden möge.

Vom Oberamt war die Entscheidung über die Verabschie­dung des Etats und die Deckung des Abmangels eingegangen. Das Oberamt hat sich aber mit dem vorbehältlich gefaßten

Deckungsbeschluß der Kollegien nicht einig erklärt. Jn einem Erlaß spricht es aus, daß nach dem neuen Gesetz nicht nur die M ö g l i ch k e i t zur Erhöhung der Gemeindeeinkommensteuer bei einer Katasterumlage von über 6?L gegeben sei, sondern die Verpflichtung hiezu vorliege. Aehnlich lautet ein neuerdings ergangener Ministerialerlaß, nach dem die Erhöh­ung der Umlage auf Gebäude, Grund, Gewerbe die auto­matische Erhöhung der Einkommensteuer bedingt. Danach hätte die Stadt bei 814 A Gemeindeumlage 58^ (seither 50A) Einkommensteuer zu erheben. Daraus würde sich eine Dek- kungssumme von 114 400 ergeben. Das wären über 2000 Mark mehr über die im gedruckten Etat vorgesehene Deckung, also Ueberschuß, und dabei würde die Inangriffnahme der Restmittcl wegfallen. Dann aber bliebe der Stadt noch ein anderer Weg zur Deckung. Sie hätte die Möglichkeit, die Katasterumlage auf 8?? herabzusetzen und käme dann mit ihrem Einkommensteuersatz auf nur 55 müßte aber Rest­mittel in Höhe von über 4000 ^ verwenden, weil diese zweite Art der Deckung durch die Steuern nur 108 037/L einbringt bei 112 223 Abmangel des Etats. Die Frage war nun die, welche der beiden Deckungsmöglichkeiten soll praktisch wer­den? Der Vorsitzende würde den zweiten Weg wählen, um einer Steuererhöhung auszuweichen; nächstes Jahr zwar käme diese unabwendbar. Die Kollegien entscheiden sich aber für den ersten Weg. Der Ueberschuß wird für die Kosten, die durch Arbeiten anläßlich der Verheerungen des jüngsten Wol­kenbruchs entstehen, verwendet. Im Verlauf der Sitzung wurde dem Vorsitzenden die Ermächtigung erteilt, der Württ. Sparkasse in Stuttgart mitzuteilen, daß die Stadtgemeinde Calw beabsichtigt, bei ihr ein Annuitäten-Darlehen in Höhe von 250 000 ^ zu 414A aufzunehmen. Die neue Schuldaufnahme dient zur Deckung der Kosten fürs neue Real­progymnasium.

Eine wichtige und für die Entwicklung der Stadt ein­schneidende Angelegenheit bildete den letzten Beratungsgegen­stand. Es handelte sich um die G r ü n d u n g e i n e r B au- genossenschaft, bezw. die Beteiligung der Stadt an einem solchen Unternehmen. Wir geben hier weiter, was vom Vorsitzenden der Kollegien an grundsätzlichen Erwägungen zu diese Sache ausgeführt wurde. Darnach sind schon vor eini­gen Jahren Verhandlungen gepflogen worden über die Grün­dung einer Baugenossenschaft mit der Absicht, an den Bau von Kleinwohnungen für Arbeiter, mittlere Beamte und An­gestellte heranzugehen. Diese Verhandlungen sind aber wieder eingestellt worden, weil damals das Schreckgespenst der Weg­verlegung von 40 Eisenbahnerfamilien umging, sodaß wenig Stimmung für die Einleitung einer größeren Bautätigkeit vorhanden war. Dieses Gespenst hat sich in Wirklichkeit als nicht besonders gefährlich erwiesen und jetzt besteht die Aus­sicht, die Baugenossenschaft langsam und Schritt für Schritt in Kraft treten zu lassen. Ein Baubedürfnis liege vor. Es ist hervorzuheben, daß sich, mit wenigen Ausnahmen, die Bautätigkeit innerhalb der Stadt in den letzten 5 oder 6 Jahren recht unbefriedigend entwickelt hat. Die Bautätigkeit bestand, abgesehen von den Einzelbauten, im Einbauen von Wohnungen, die aber inbezug auf Licht und Lust und hygienische Forderungen durchaus ungenügend sind. Der Umstand, daß gebaut wird, zeigt, daß das Bedürf­nis hiefür vorhanden ist, entsprechend der Zunahme der Be­völkerung, die innerhalb 45 Jahren zwischen 400 und 500 Personen beträgt. Es kommt weiter in Betracht, daß es für die hiesige Industrie angenehm wäre, wenn noch weitere Ar­beitskräfte, die bisher auswärts wohnten, hereingezogen wer­den könnten. Zwar ist zu begrüßen, daß die Leute draußen auf dem Lande ihre guten, gesunden bäuerlichen Wohnsitze haben, aber es gibt auch Arbeiter, die zu Hause nicht so gestellt sind und daß die Eisenbahn mit der Einrichtung ihres Fahr­plans den Verkehr zwischen diesen Orten und der Stadt nicht gerade unterstützt. Jn Calw gibt es 731 auswärtige Arbeiter) die hier ihr Brot verdienen; der größte Pro­zentsatz besteht aus solchen, die draußen nicht begütert sind. Nun hat sich eine Vereinigung von Herren gebildet, um einen Bauverein zu begründen. Es ist notwendig, daß an ihm sich die Stadt beteiligt. Die noch zu gründende Gesellschaft hat auf dem Kapellenberg Gelände aufgekaust