Asm. Anzeiger M die Bezirke Naqald, Caliv «. Fre«deo«adt — Amtsblatt für dev Bezirk Nagold a. Mealleia-Stad
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Alterrjreig, Sarrrsterg den Ä7. Dezember 1880
k>8. KalzrAang
Rundschau
Lrotzkis Ende — Indiens neuer Bizekönig — Der russisch- japanische Konflikt und seine Hintergründe
Der verbannte Führer der russischen Revolution, Leo Trotzki, der vor zwei Jahren aus dem von ihm mitbegrün- Deten Sowjetreich verbannt worden ist, und der seitdem auf -en Prinkipa-Jnseln bei Konstantinopel lebte, ist schwer erkrankt. Sein Ableben wird von Stunde zu Stunde erwartet, es besteht wenig Aussicht, daß er, der seit Jahren Leidende, Diesmal noch den Klauen des Todes entgehen wird. Dieser Mann hat sich von seiner frühen Jugend an der revolutionären Bewegung verschrieben, hat für sie gekämpft, ging mehrere Male ins Gefängnis, nach Sibirien und in die Emigration, um sich schließlich in hervorragendem Maße an dem Siege der Revolution zu beteiligen, Schöpfer der Sowjetarmee und Reorganisator der Sowjetwirtschaft zu werden und schließlich, aller Aemter enthoben, aus der Partei aus- gestoßen in die neue und letzte Verbannung, zuerst nach Mittelasien, in die Nähe der russisch-chinesischen Grenze und dann nach der Türkei zu gehen. Kein Triumph, aber auch keine Enttäuschung blieb ihm erspart. Sein Ende war wie der Anfang seiner Laufbahn, ja noch schlimmer. Er endete einsam, geächtet. Wie N > 'eon, gab sich Trotzki bis zum letzten Augenblick nicht gejastagen. Wie Napoleon, hat auch er gehofft, zurückberufen zu werden. Mit allen Kräften suchte er die Wand zu durchbrechen, die um ihn errichtet wurde. Unermüdlich verfaßte er eine Kampfschrift nach der anderen, arbeitete an der von ihm ausgegebenen Zeitschrift und an den Büchern, die für seine Gedankengänge werben sollten. Auch seine Selbstbiographie „Mein Leben", ist nichts anderes, als eine großangelegte und mit viel Leidenschaft und publizistischem Talent verfaßte Kampfschrift. Die von ihm vorbereitete „Geschichte der russischen Revolution" sollte endgültig die Richtigkeit des Weges beweisen, den er beschritten hatte. Dieser Weg war stets vielumkämpft. Nun ist gerade in den letzten Tagen in Moskau der schärfere Kurs Stalins voll zur Geltung gekommen, so daß für Leute wie Trotzki und seine Anhänger kein Raum ist.
Die Ernennung Lord Willingdons zum Vizekönig Indiens als Nachfolger von Lord Jrvin, hat in England allgemeine, wenn auch nicht unangenehme Ueberraschung hervorgerufen. Sein Name befand sich, soweit die Oeffentlich- keit darüber orientiert war, nicht unter denen der Männer, die in die engere Wahl gezogen wurden, um einen Posten zu besetzen, der im britischen Weltreich wohl der verantwortlichste ist. Wird doch die Aufgabe des neuen Vizekönigs, die endgültige Befriedung Indiens und Verhinderung seiner Loslösung aus dem Bestand des Empire sein. Lord Willingdon, — sein voller Name lautet: Fr. Freemann-Thomas Discount Willingdon —, der zur Zeit Generalgouverneur in Kanada ist, wird in Indien kein Neuling sein. Er blickt Vielmehr auf eine mehr als zehnjährige Amtstätigkeit in dem einzigen Kaiserreich der britischen Krone zurück. Von 1913 bis 1919 war er Gouverneur vom Bombay und von 1919 bis 1924 Gouverneur von Madras. Er vertrat Indien im Völkerbund. Im Jahre 1926 stand er an der Spitze der indischen Delegation im Komitee für Boxerentschädigung in China. Im selben Jahre wurde er zum Eeneralgouverneur von Kanada ernannt. Er vereinigt hiermit in sich die Indien-Erfahrung mit der Empire-Erfahrung und verfügt so über einen Weitblick, den er auf seinem neuen Posten wird gut gebrauchen können. Der neue Vizekönig Indiens ist 65 Jahre alt. Er ist ein Eton- und Cambridge-Zögling. Von iseinen Schulerfolgen ist nichts bekannt, wohl aber erwähnt die gesamte englische Presse rühmend, daß er in den beiden altehrwürdigen und weltberühmten Schulanstalten Erster !in der Cricket-Mannschaft war, eine Funktion, die ihm anscheinend für höchste Verwaltungstätigkeit besonders geeignet macht. Indessen hat das Indien von heute eine nur recht entfernte Ähnlichkeit mit einem Sportplatz und Lord Willingdon wird bald erkennen müssen, daß das aufregendste und anstrengendste Cricket-Match eben nur ein Spiel im Vergleich zu den Kämpfen ist, die in Indien ausgetragen werden.
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Obwohl der russisch-japanische Konflikt, der vor einigen Tagen ausbrach, zu keinen kriegerischen Verwicklungen führte, ist er in vieler Hinsicht bezeichnend und lehrreich. In Wladiwostok, dem fernöstlichen Pazific-Hafen Sowjet- rutzlands, haben die Sowjetbehörden die dortige Filiale der Bank von Korea wegen ungesetzlicher Valutageschäfte mit über 5 Millionen Eoldmark bestraft. Im ersten Augenblick schien es, als würde Tokio diese Bestrafung sehr übelnehmen. Aber siehe da, — gegen diese Maßregelung wurde kein Protest erhoben. Wohl aber Lesen die andere: Lesen
die Schließung der Bankfiliale. Diese Aktion betrachtete die japanische Regierung als einen unfreundlichen Akt und fordert die Zurückziehung des Befehls zur Schließung des Bankgeschäfts. Was beweist nun die ganze Angelegenheit? Sie beweist nach japanischer Meinung, daß eine normale Abwicklung von finanziellen Operationen auf dem Boden der Sowjetunion unmöglich ist. Es ist in der Tat ein offenes Geheimnis, daß der effektive Wert des Tscherwonetz nur ein Sechstel seines nominellen Wertes beträgt. Sowohl die Ausfuhr, wie die Einfuhr von russischem Geld ist strengstens verboten. Der Umtausch fremder Währungen in Sowjetgeld und umgekehrt steht unter schärfster staatlicher Kontrolle, da auch die Valuta ohne staatliche Erlaubnis nicht ausgeführt werden darf. Da ist die Kehrseite der Handelsbeziehungen mit der Sowjetunion, genauer gesagt: ein? der Kehrseiten. Der russisch-japanische Konflikt wird zeifellos friedlich beigelegt, aber es scheint in Rußland doch eine ernste Finanzkrise heraufzuziehen. Die Blätter veröffentlichen eine Meldung der „Jswestja", wonach die Finanzkrise in Sowjetrußland immer ernstere Formen annehme. Die Beamten der wissenschaftlichen Institute, die Professoren der höheren Lehranstalten und die Verwaltungsbeamten hätten seit zwei Monaten kein Gehalt mehr bekommen. Infolge des Bargeldmangels seien sämtliche Investitionen ein», gestellt worden, da die letzte innere Anleihe ein Mißerfolg gewesen sei. Während die Vertreter der Nechtsopposition ein Eoldbasis für den Tscherwonetz fordern, verlange di« Linksopposition die völlige Abschaffung des gegenwärtigen Eeldsystems. Die am Ruder befindliche Stalin-Mehrheit trete für die Dreirubel-Theorie ein» die eine verschiedene Bewertung des Rubels je nach der Vevölkerungsschicht, der der Käufer angehört, vorsteht.
Bor neuen handelspolitischen Vertrügen
Wie vorauszusehen, haben die Genfer Verhandlungen der ^egierungsvertreter im November über den europäischen Zollsrieden, das südosteuropäische Agrarproblem und ähnliche Fragen keine größeren unmittelbaren positiven Ergebnisse gehabt, sondern nur eine weitere Klärung der Probleme und Möglichkeiten gebracht. Auch die Präferenzwünsche der Südoststaaten (Präferenz-Vorrang, Präferenzzölle, Vorzugszölle), der praktisch wichtigste Punkt der Tagesordnung nicht zuletzt für die deutsche Wirtschaftspolitik, sind nur zur Kenntnis genommen worden.
Im übrigen ist in Len Verhandlungen endgültig klar geworden, daß die Durchführung der Präferenzen zumindest sehr schwierig sein wird. Zwar werden die Staaten, die keine Getreideeinfuhr nach Mitteleuropa, in erster Linie also Deutschland, haben, keinen Einspruch erheben, wenn die Südoststaaten Vorzugszölle erhalten. Sie haben aber erklärt, daß sie von einer Gegenleistung dieser Länder an Deutschland in Form von Vorzugszöllen für seine Jndustrie- ausfuhr nicht unberührt bleiben könnten. Ferner ist es zumindest fraglich, ob die Ueberseestaaten, vor allem die amerikanischen, besonders südamerikanischen großen Getreideausfuhrländer selbst gegen eine im Rahmen der bisherigen Getreideausfuhr der europäischen Südoststaaten kontingentierte Zollbegünstigung nicht Einspruch erheben werden. An amtlicher deutscher Stelle denkt man darüber allerdings optimistischer als vielfach in Wirtschaftskreisen, nicht zuletzt deshalb, weil es sich dabei nur um 15 Prozent der deutschen Gesamteinfuhr an Getreide handelt, so daß die llebersee- staaten davon zu überzeugen sein müßten, daß eine Schädigung ihrer Interessen eigentlich nicht zu befürchten wäre.
Im übrigen haben die deutschen Vertreter in Genf die Gelegenheit benutzt, die Fäden für weitere positive und praktische Arbeit zu spinnen. Zunächst einmal ist mit Rumänien, mit dem bekanntlich zur Zeit ein Handelsprovisorium besteht, das am 28. Februar n. I. abläuft, die Ausnahme von Verhandlungen wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des Januar vereinbart worden.
Dabei ist sehr bedeutsam, daß als Ort der Verhandlungen Wien in Aussicht genommen worden ist. Gleichzeitig verhandeln nämlich die Oesterreicher dort mit Jugoslawien und Rumänien. Daraus ergibt sich zunächst technisch leicht die Möglichkeit, daß die Deutschen in Verhandlungen mit den Jugoslawen und Ungarn, die Oesterreicher in solche mit den Rumänen eintreten. Aber auch sachlich wird die Entwicklung vielleicht schneller diesen Weg gehen als man bisher anzunehmen geneigt war.
Wir sahen, welch enge Grenzen den Präferenzplänen gezogen sind. Weder hilft eine Zollbegünstigung im Rahmen der bisherigen Getreideausfuhr nach Deutschland. wen> sie
überhaupt durchzusetzen ist, den Südoststaaten über alle Absatzsorgen hinweg noch kann Deutschland auf eine Gegenleistung für seine Jndustrieausfuhr verzichten. Wenn nun erwogen wird, von den Südoststaaten Zollermäßigungen im Rahmen der Meistbegünstigung für solche Waren zu erhalten, die praktisch mangels größerer Konkurrenz anderer Staaten im wesentlichen Deutschland zugute kämen, so würde auch das praktisch nicht allzuviel bedeuten. Unter diesen Umständen hat man eingeseben, daß man gegebenenfalls größere Schritte tun muß. Nur so etwas wie eine Zollunion kann die gegenseitigen Bedürfnisse der mitteleuropäischen Länder befriedigen. Bulgarien wäre schon jetzt dafür zu haben, Ungarn und Jugoslawien haben starkes Interesse, Rumänien zögert zur Zeit.
Sie MihimchtslinspraKe des Papstes
Rom, 26. Dez. Der Papst empfing am Heiligen Abend di« Kardinale, Me ihm ihre Glückwünsche zum Weihnachtssestr anssprachen. Zn seiner Erwiderung dankte er ihnen zunächst für ihre Wünsche und berührte dann mehrere Fragen, die Sie Gegenwart besonders beschäftigen, namentlich die allgemeine Mißstimmung aus wirtschaftlichem Gebiete und die Arbeitslosigkeit. Er erklärte er hoffe, daß die Wolken, die man heute am Horizont erblicke nicht sämtlich Vorboten eines Sturmes seien, und forderte die Völker zu brüderlicher Zusammenarbeit auf. Den Gläubigen. die in Rußland und Mexiko Leiden zu erdulden hätten» wünschte er den inneren und äußeren Frieden Christis, ebenso wie allen anderen Staaten der Welt. Er segne alle Bestrebungen. die darauf hinauslieien, eine bessere Zukunft herbeizusiih- ren. Er sagte, er glaube nicht au die Möglichkeit eines ne»«» Krieges, da er sich nicht verstellen könne, daß es einen Staat gebe, der von dem ungeheuerlichen Gedanken des Menschenmordes erfüllt sei. Ein solcher Gedanke würde zugleich einm Selbstmord gleichkommen, denn wenn es einen solchen Staat gäbe, so würd« er, der Papst, den Herrn anflehen, diesen Staat zu strafen. — Zum Schlüsse kündigte der Papst eine bevorstehende Enzyklika über die christliche Ehe an
Erdbeben m Nord-Argentinien
Reuyork, 26. Dez. Nach Meldungen aus der nordargentinischen Provinz Salta ist die westlich von der Proninz- hauptstadt liegende Stadt Poma durch ein Erdbeben oöllig vernichtet. Dabei sollen viele Menschen ums Leben gekommen sein. Eine Hilfsexpedition ist nach dem Erdbebengebiet entsandt worden. Nähere Einzelheiten über die Katastrophe fehlen noch, da sämtliche Verbindungen nach Poma unterbrochen sind. Nach einer späteren Meldung sind bei dem Erdbeben 35 Personen getötet und 7V verletzt worden. Die Stadt Poma hatte etwa 1500 Einwohner
Das Erdbeben in Argentinien Salta (Argentinien), 26. Dezember. Die Not und Angst der lleberlebenden des vorgestrigen Erdbebens wurde noch durch sechs weitere Erdstöße und durch starke Regenfälle erhöht. Die Hilfsmannschaften haben den zerstörten Eebirgs- ort Lapoma nach einem Tagesmarsch erreicht. Sie fanden die lleberlebenden durchnäßt auf den Trümmern ihrer Heimstätten hockend vor. Infolge des Erdbebens find zwei große Erdspalten entstanden, aus denen heißes Wasser hervorquillt. Eine Anzahl Personen sind in diese Spalten gestürzt. Sie blieben verschwunden.
Die Todesopfer auf Java
Batavia, 2K. De,. Nach nichtamtlichen Feftstellungenn find bei dem Ausbruch des Dulkas Merapi auf Java mehr als 80« Personen umgekommen. Die Zahl der Flüchtlinge wird auf 24 08« geschätzt. Die von Wissenschaftlern vorgenomme- nen Messungen ergaben, daß die Lava kurz nach dem Austritt aus dem Krater die ungeheure Temperatur von 135« Grad Celsius aufweist.
Dagegen meldet das VT. aus Amsterdam: Nach den letzten Nachrichten aus West-Java ist mit weiteren Ausbrü^n des Merapi zu rechnen. Es läßt sich noch nicht übersehe», welcher Eesamtschaden entstanden ist. Man schätzt die Zahl der bisherigen Opfer an Menschenleben auf 2««y, doch dürfte die Zahl noch erheblich anwachsen, da die Meldungen aus de» verschiedenen Distrikte» spärlich eialaufen
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