Nr. 302
Schwarzwälder Tageszeitung „Aus de» Tannen"
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und verfielen sofort in einen Halbschlummer, in dem uns die Fatamorgana eine Quelle mit kristallklarem Wasser vorgaukelte.
Plötzlich spürte ich etwas Kühles an meinem Halse. Im Halbschlaf öffnete ich den Mund, weil ich wähnte^ mein Freund hielt mir einen erquickenden Trunk an die Lippen. Da schnappte ich — rang nach Luft — wollte schreien — grenzenlose Angst ließ mich erwachen . . . Lähmendes Entsetzen jagte mir den Rücken hinunter — um meinen Hals hatte sich — eine Kobra geschlungen! Ich gab mich verloren. Wenn das ekelhafte Tier nicht die Giftzähne in meinen Nacken senkte, würde es mich erdrosseln. Schon fühlte ich meine Sinne schwinden . . .
„Nicht rühren — Harry — — um Himmels willen nicht
rühren-sonst ist es um Dich geschehen . . ." raunte
mir mein Freund zu, mit angsterfüllten Augen jede Bewegung des Reptils verfolgend. Zm Geiste nahm ich Abschied von der alten Heimat — sah den Christbaum noch einmal leuchten — mein armes Weib mit meinem kleinen Jungen darunter stehen, in stiller Andacht meiner gedenkend. Das Herz wollte mir brechen vor namenlosem Weh . . .
Da krachte ein Schuß. Gleich darauf löste sich die Schlinge von meinem Halse. Ich sank in die Arme meines Retters, der mit wohlgezieltem Schuß den Kopf von dem langen Schlangenleib getrennt hatte. —
Längst waren wir zu unseren Leuten zurückgekehrt, die inzwischen eine Quelle unweit unseres Aufenthaltsortes entdeckt hatten. Die Tiere wurden getränkt, Wasserschläuche gefüllt, und weiter ging es, unserer Station entgegen.
Ohne jeden Zwischenfall wurde sie endlich erreicht. Den erschöpften Zugtieren, die seit dem frühen Morgen in der Sonnenglut unterwegs waren, gönnten wir die notwendige Ruhe; auch wir, Charles, der Naturforscher, und ich, suchten unser Lager in der gemeinsamen Blockhütte auf; denn für den morgigen Tag, den 24. Dezember, hatten wir vereinbart, im engen Kreise das hier nicht übliche Christfest zu begehen.
Gestärkt und von neuen Hoffnungen beseelt erwachten wir am andern Morgen. Wir besorgten eine schlanke Palme — denn Tannen gibt es in den Tropen nicht — und stellten sie, nachdem wir den unteren, blattlosen Teil entfernt hatten, mitten in unsere „Stube". Charles ritt dann zur nächsten Poststation, um Nachfrage zu halten, ob für uns aus der Heimat etwas eingetroffen sei. Mit strahlender Miene kam er nachmittags — denn die Poststation war fast acht Reitstunden von der unseligen entfernt — zurück und überreichte mir nebst einigen Briefen ein riesiges Paket. „Von Deiner Frau!" rief er.
In freudiger Erregung öffnete ich das Paket und packte die vielen schönen Sachen, darunter herrlichen Behang für unseren „Christbaum" — Lametta, Elimmerwatte, goldene Sternchen und lange Ketten aus buntem Papier.
Freilich, die Palme zeigte sich ob des ungewohnten Schmuckes recht widerspenstig. Immer wieder warf sie die „Hexentreppen", wie mein Bube und viele andere in der Heimat die langen Treppen aus Papier getauft haben, von sich ab und war durchaus nicht mit ihrem neuen Kleide einverstanden. Wie schmiegsam ist dagegen die deutsche Tanne? Geduldig läßt sie alles über sich ergehen. Aber — wie sie drüben, so ist hier die Palme der einzige Baum, der einige Zeit „trocken" zu stehen vermag.
Um sechs Uhr abends — nach unserer Zeit! — versammelten sich die Festteilnehmer, außer uns noch einige europäische Siedler mit ihren Familien, um den „Weihnachtsbaum", der in seltenem, ungewöhnlichem Schmuck, mit Feenhaar, Silberborde, Eiswatte und Elimmerpapier beladen, prangte. Einige Lichter vervollstädigten das weihnachtliche Bild. Die Kulis umstanden mit staunenden Augen und offenem Munde die Szenerie. Wahrscheinlich nahmen sie an, daß hier die Weißen eine heilige Handlung vollzogen, wobei die geschmückte Palme als Idol diente.
Die Sonnenstrahlen verfingen sich in dem wunderlichen Geschmeide. Glitzernd und gleißend überrannen sie die erhabene Palme. Bewegten Herzens blickte ich auf und dankte dem Himmel in dieser geweihten Stunde nochmals für meine wunderbare Rettung. Da erscholl, erst leise, dann immer lauter, aus der Gruppe der Siedler das deutsche Weihnachtslied „Stille Nacht, heilige Nacht . . .'"
IMKe MWaSt
Von Heinrich Zerkaulen
Es war im tiefsten Frieden. Seit acht Tagen stand der ^ hohe Weihnachtsbaum auf dem Balkon. Aber wir konn- , ten nicht zu ihm hin gelangen, der Durchgang durch das ! Vorzimmer war verschlossen: Christkindlein ging um. !
Ein Ruch von süßen Mandeln zog durch das Haus, und ! allüberall schienen geheimnisvolle Hände am Werk. Die ! Gesichter von Vater und Mutter hatten etwas Geheimnis- ! volles, um nicht zu sagen Hoheitsvolles. Es war jeden- > falls nicht nur der zu erwartenden Spielsachen wegen, daß wir uns folgsamer und gesitteter benahmen. Ach, damals schien ja alles noch so selbstverständlich: Daß die Lichter brannten, daß die Geschenke gestapelt dalagen daß die Weihnachtsglocken warm und nah über Deutschland gingen: „Friede sei mit Euch . . ."
Es gab nur ein Märchen, und Las nannte sich: „Krieg!"
Zum Heiligen Abend gab es den ersten Urlaub!
Zu den Füßen der hohen Wartburg, in Eisenach lag unsere Garnison. Das Regiment bestand nur aus Kriegsfreiwilligen. Und die weit in ihre Heimat hatten, durften fchon einen Tag früher fahren.
Also zum Rhein hinunter, als Feldgrauer in die Heimatstadt. s
Das Wohnzimmer war wieder abgeschloffen, und Vater und Mutter sahen wieder aus, als wüßten sie nichts von Krieg und Not und vielleicht letztem Wiedersehen. Nur daß ! wir uns diesmal mit einer bewußten Zärtlichkeit küßten, i wir erwachsenen Menschen, und uns plötzlich schämten. z
Und wie dann auch reihum in der Straße die ersten j Weihnachtslichter angezündet wurden, da standen wir schon i zum Abschiednehmen am Bahnhof. Der D-Zug brauste ! heran, früher, als wir gerechnet hatten, ein Satz über den ! Bretterzaun, und schon schlug die Türe zum Abteil zu. Ein I
Tannenzweig im Waffenrock, ein Winken, mit beiden Hän- > den: „Auf Wiedersehen — auf Wiedersehen!"
Da hörten wir, es sei nur der Vorzug. Und atmeten tief vor Freude, daß wir so fröhlichen, kurzen Abschied nehmen durften.
Dann sauste der Zug durch die Nacht, durch die Weihnachtsnacht. Auf dem Bahnsteig in Koblenz ragten die Tannen, über und über mit Lichtern besät, fast bis an die Glaswand der Bahnhofskuppeln. Eine Artilleriekapelle ! spielte „Stolzenfels am Rhein", ein frischer Transport rückte eben ins Feld. Am Heiligen Abend.
Und weiter die Nacht durchrast, daß man knapp morgens rechtzeitig zum Appell da war.
Drei Tage später rückten auch wir aus. —
Der Weihnachtsengel ging mit gesenkter Fackel die Jahre durch über Deutschland hin. Sein Mund war stumm geworden, und nur an Len todtraurigen Augen hätte man es ihm ablesen können, das vergessene Heilandswort „Friede sei mit Euch . . ." Statt der bunten Glaskugeln hingen unerfüllte Wünsche an den Zweigen der Tannen und Not und Gram lagen unter dem Baum, wo früher die Freude zu seligen Lasten sich türmte.
Ein Mißtrauen schwang mit blechernem Klöppel, wo früher die Weihnachtsglocken sangen: „Es ist ein Ros' entsprungen . . ."
Der bitterböse, kalte Schnee hatte alles zugedeckt. —
Heute?
Armes Menschenherz, wir wollen in stiller Demut Gott dem Herrn für seinen Schutz danken. Es pfeift der Wind noch durch die Dachsparren unseres schwer getroffenen Deutschlands. Aber warm ist es wieder geworden drinnen in der Stube. Leise knackt es schon in den Balken und Wänden, als stehe noch mitten im Winter wieder ein neuer Frühling vor den Toren.
Und fast will es ein Wunder sein, daß wieder die Wohnzimmertür verschlossen ist. Christkindlein geht um. Durch unser Herz und Haus, durch ganz Deutschland. Und die Sterne blinken wie Wachtfeuer, als kündeten sie voller Inbrunst eine frohe Botschaft, die fast vergessen schien: „Friede sei mit Euch . . ."
Neues Aufhorchen zittert durch die Welt: „Deutschland ?"
Ia, es lebt noch. Es feiert sein ureigenstes Fest wieder, die weihevolle Nacht des Friedens, da der Herr der Welt geboren ward und die Sterne am Himmel vor ihm sich neigten.
Schließt auf denn alle Türen Eures Hauses und der Seele, Deutschlands Wille und sein unerschütterlicher Glaube wollen einen neuen Baum putzen, daß er in vieltausendfachem Glanzerstrahle — weitindieWelthinaus!
Dev Weihrr crrlsvnrrrn
Bei Tante in dem Städtchen Steh'n um den Weihnachtsbaum Fritz, Hänsel und klein Eretchen.
Beschenkt, sie tragen's kaum.
„Bevor ihr euch nun trennet".
Spricht Tante sanft und weich,
„Ihr euch noch wünschen könnet Ein Ding vom Baume gleich".
Klein Hansel spricht bescheiden:
„Ich möcht' den Zuckerstern";
Fritz: „Ich mag Nüsse leiden Und knacke gold'ne gern".
„Und du?" spricht Tant' zu Eretchen,
(Das zählt 2 Jahre kaum Und ist ein drollig Mädchen)
„Iß möcht' den Lanzen Baum!"
Therese Ludewig.
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Ein Märchen ^
„Sieh mau. Mütterchen, ist der nicht schön geworden, mein s Weihnachtsstern?" sagte ein kleines, schmales, blasses Mädchen > und hielt stolz einen Papierstern der Mutter entgegen. Diese j blickte erneu Augenblick von ihrer Näharbeit auf, streichelte das ! Köpfchen ihres Kindes und sagte: „Recht, Trudchen, das hast du : hübsch gemacht. Schneid noch so einen Stern, dann wollen wir l unser Weihnachtsbäumchen schmücken!" Mit einem Seufzer beugte s sie sich wieder über die Näharbeit, mit der sie für sich und ihr Kind ein karges, sehr karges Brot verdiente. Das tat ne nun > schon seit mehr als fünf Jahren, seit Vater ins Bergwerk ein- ! fuhr und als einer der vielen bei dem furchtbaren Unglück ums ! Leben kam. Eine Träne rollte verstohlen über ihre abgehärmten ! Wangen, als sie an all die furchtbare Zeit dachte. „So, Mutter, ! nun ist wieder einer fertig. Jetzt wollen wir das Weihnachts- ! bäumchen schmücken." Aus einer Schrankecke holte die Mutter ein kleines, spärliches Bäumchen, das sie für ein paar Pfennige gegen Abend auf dem Weihnachtsmarkt erstanden hatte. Daran l befestigte sie die bunten Papiersterne, hängte die Papierketten s über die Zweige, und zum Schluß wurden drei Lichtlein auf- - gesteckt, eines für Mutter, eins für Trudchen und eines für Vater. !
Als Trudcken an diesem Abend vor Weihnachten im B-ttchen ? lag, erlebte sie etwas gar Seltsames. Durch das Fenster sah der I gute alte Mond und sah das Bäumchen, das sich die beiden armen s Leute geschmückt hatten. „Das sieht doch recht ärmlich und be- s scheiden aus", meinte er. „Hättet euch ein besseres leisten kön- s neu!" „Nein, lieber Mond", antwortete Trudchen, „wir !
sind ja arm, Mutter hat kein Geld mir ein gröberes zu !
kaufen Aber sieb dir's nur genau an, es ist sehr schön. Guck s mal, die herrlichen Ketten, die ich geklebt habe, und erst die ! bunten Sterne aus Papier! Die habe ich selbst ausgeschnitten, und drei Lichtlein haben wir aufgesteckt, eins für Mutter, eins
für mich und eins für Vater. Aber der ist fchon lange tot." i
Da merkte der Mond, daß er den armen Leuten doch sehr unrecht getan hatte und schämte sich. „Das hast du sein gemacht, Trudchen!" sagte er nur und ging still und bescheiden seines Weges. Aber das hatte er sich vorgenommen, diesem Kindchen wollte er eine ganz besonders große Freude bereiten.
Suchend ließ er seinen Blick über das weite, funkelnde Himmelszelt streifen. Endlich hatte er das richtige gefunden. Den großen Stern, der so hell da drüben leuchtete, den rief er zu sich. Er trug ihm auf, sogleich herunter auf die Erde zu schweben, ins Stübchen von Klein-Trudchen, und das Weihnachts- Läumchen zu schmücken.
Auf einmal war es dem kleinen Mädchen, als erstrahle das ganze Kämmerchen von überirdischem Glanze. Durch das Fenster herein kam ein richtiger, lichtglänzender Weihnachtsstern Verklärt schaute Trudchen diese Pracht, wie der Stern gerade auf das Bäumchen zuflog und sich auf die Spitze setzte. Da fingen die beiden Papiersterne an zu leuchten. Die Papierketten blinkten wie lauter Gold. Auch die drei Lichtlein waren von unsichtbaren Händen angesteckt worden, und siehe, das Licht des Vaters leuchtete besonders hell. Im ganzen Raume war ein Singen und Klingen von vielen Musikanten. Dazu sang ein Chor von zarten, süßen Stimmen: „O du fröhliche, o du selige, gnaoen- bringende Weihnachtszeit!" Leise verklang das Lied wieder in der einsamen, kalten Winternacht.
Als Trudchen am andern Morgen erwachte, glaubte sie erst, sie hätte einen wunderschönen Traum gehabt. Wie groß aber war ihre Ueberraschung, als sie zu ihrem Weihnachtsbäumchen ging und an der Spitze einen großen, blinkenden Stern fand. Der war aus lauterem Gold Auch die beiden Papiersterne und die Papierketten waren von Gold. Nun hatte alle Not ein Ende.
P. Kettel.
Weihnachten in Rom
Weihnachtsseiertage in Italien Von R. Vulwer
Blauer Himmel, strahlende Sonne, weißer Schnee, leichter Frost. Tannenouft, gebratene Gänse und Honigkuchen — das gehört zum Weihnachtsfest. Was sagt man aber zu einem Weih- nachtssest bei 20 Grad Wärme, bei Heller Sonne, die aber nicht auf weißen, glitzernden Schnee scheint, sondern ewig grüne Palmen beleuchtet! Statt des Duftes von Tannen atmet man den Duft von Benzin der vorbeisausenden Autos ein So ist Weihnachten in Rom ein ausgeprägt kirchliches Fest, das sich von unserem Familien-Weihnachten stark unterscheidet. Alle Läden sind zum Beriten voll. Aus Seitengaffen hört man herzzerreißendes Schreien von Hühnern, die man schlachtet. Gänsebraten ist hier nämlich nicht bekannt. Die Hühner werden auf offener Straße vor aller Augen abgeschl htet. Wenn sich jemand von den Fremden über diese Grausamkeit empört, zucken die Italiener die Achseln und erwidern mit einem Argument, das schwer zu erschüttern ist- „Sie essen ja auch gerne Hühner!" Eine andere Nationalspeise der Italiener zu Weihnachten sind gefüllte Schweinsfüße ein Kunststück de: talienischen Küche, die pikante Zusammenstellungen und phe stische Speisenkomöinatione» liebt. Der Weihnachtsbau.n fehl! vollständig und wird, wie die Italiener zum Spaß sagen, durch den Zitronenbaum ersetzt, insofern dieser Baum einigermaßen als Symbol des Weihnachtsfestes in Italien gilt. Alle Obst, hafte sind mit Zweigen von Zitronen- und Mandarinenbäumen geschmückt.
Aus unzähligen Kirchen Roms tönt Gesang: Scharen von Gläubigen strömen in die Gotteshäuser. Zahlreiche Geistliche nehmen am feierlichen Gottesdienst teil. In manchen großen Kirchen zelebrieren IS bis 20 Priester oie Messe. Die Ausschmückung der Kirche ist Ehrensache. Dem Dekorationsarbeiter ist ein großes Betätigungsfeld eingeräumt. Die Kirchen verwandeln sich in Theaterkulissen. Ganze orientalische Städte werden aufgebaut. Aus künstlich herg; stellten Landstraßen ziehen die Weisen aus dem Morzenlande. Man sieht Berge aus Pappe, Palmenhaine und Krippen. Der Künstler hält sich genau an das Original jeder einelnen Kirche. So befinden sich in der Kirche des Heiligen Joseph eine große Anzahl von hölzernen Kühen Pferden und auch einigen Schweinen, denn der Heilige Joseph gilt in Italien als der Patron der Schweinezucht. Einer von den Weisen aus dem Morgenlands ist traditionsgemäß ein Mohr. Singende und Flöte spielende Engel schweben am Sternenhimmel der Gotteshäuser. Die Einrichtung der deutschen katholischen Kirche in Rom ist eine Sehenswürdigkeit: denn alle Figuren der heiligen Handlung, sowohl Menschen wie Tiere, sind entzückerte Erzeugnisse der sächsischen Porzellan-Industrie. Die französische Kirche ist dagegen in einen Blumengarten verwandelt. Eine Gruppe der Madonna und des heiligen Kindes hält sich an das berühmte Bild des Correggio.
Am bekanntesten ist die Einrichtung der Krippe in der Kirche der Heiligen Maria auf dem Capitol. Diese Kirche soll aus dem 7. Jahrhundert stammen. Wie die Mehrzahl der römischen Kirchen, wurde sie öfters umgebaut und ging im 13. Jahrhundert in den Besitz des neuerrichteten Franziskaner-Ordens über. Im Jahre 1348 wurde laut einem Gelübde während einer furchtbaren Pestseuche, die ganz Italien heimsuchte, eine Treppe von 124 Stufen erbaut. Der erste, der diese Treppe betrat, war der berühmte Cola di Rienzi, der Held der berühmten Wagner. Oper, der Mann, den man als „Kandidaten des heiligen Geistes in einer römischen Toga" bezeichnet,:. Auf dieser Treppe stehend, schleuderte Rienzi seine berühmten Entlarvungsreden gegen oen römischen Adel. Die Treppe ist außerordentlich steil, und nicht jeder kann sie erklimmen, weshalb das unzählige Publikum, das zu Weihnachten diese berühmte Kirche besucht, gewöhnlich eine andere, viel bequemere Treppe benutzt, die nach dem Plane Michelangelos erbaut worden ist. Zwischen diesen beiden Treppen, die zur Kirche führen, liegt ein kleiner Garten. Dieser Garten hat historische Bedeutung, denn er birgt die Wahrzeichen Roms — einen Käfig mit einem Wolfspaar und einem anderen Käfig mit dem römischen Adler.
Zur Weihnachtszeit sind beide Treppen von einer unübersehbaren Schar von Kindern bevölkert. Sie befinden sich mcht in Begleitung der Mütter, wie es sonst in Italien üblich ist, sondern werden von Vätern an der Hand geführt. Wo sind die Mutter? Sie haben zu Hause die Hände voll zu tun und braten die italienische „Weihnachtsgans" — das obligate Huhn! Die Väter beben ihre Sprößlinge hoch und zeigen ihnen die Tiere. Fröhliches Jauchzen erfüllt die Luft. Inzwischen wird in der Kirche eine feierliche Messe zelebriert, während vor der Krippe eine eigenartige Veranstaltung vor sich geht. Kinder deklamieren vor der Dekoration zu Christi Geburt Weihnachtsgedichte und halten Reden. Es wäre eine dankbare Aufgabe für die Pädagog:n, die Kinder auf dem Podium zu beobachten. Italienische Kinder sprechen in solchen Fälle» äußert pathetisch. Sie rollen mit den Augen, schlagen sich mit den Fäusten an die Brust und machen