Seite 2

Schwarzwälder TageszeitungAus de« Tannen

Nr. 302

iast anmutigende, bezaubernd schöne Geschöm beobachtete, das er Gattin nannte... Konnte es wirkl.ch jo jem, sag vies alles nur schöne Sülle war ohne Inhalt'? Sat Melusine wirklich keine Seele?

Flüstern an seinem Obr weckte ihn aus seinem Grübeln. Das Stubenmädchen bat >kn. hinauszukommen es sei etwas Drin­gendes. Unauffällig stahl er sich zwischen den Gruvoen der Plau­dernden uns Lachenden hindurch in die Salle Verstörte Gesichter emvnngen ibn. Und Fräulein Margarete batte alle ihre Eemej- jenbeir und Seibstsicherbeil verloren als sie ihm die Schreckens­botschaft mitteilte: Christa ist verschwunden

Vor einer Stunde batte sie noch in ihrem Betichen gelegen. Und als Fräulein Margarete wieder einmal nach>ah. denn das Kind schlier schwer, und unruhig, da war das Bert leer... Die Kleine muhte sich allein angekleidet haben und. von den durch sie Gesellschaft stark beschäftigten Hausangestellten unbemerkt, aus der Saustüre geschlüpft sein.. Aber wobin und zu welchem Zweck? Und jo wollte man suchen? Die ganze Nachbarschaft hatte man schon erfolglos durchforscht.

Da blieb nur eins: die Polizei alarmieren, selber mit auf die Suckie geben Schon batte der Mann den Televbonhörer in der Sand. Automatisch griff er nach dem Mantel und Sur und gerade in diesem Augenblick klang Frau Ediths verlendes Lachen zu ihm herüber.Jetzt. Melusine, bat es ein Ende mit Deinem Nixensoiel!"

Mit grimmiger Berfriedigung dachte ers und mit knapp noch höflicher Bestimmtheit batte er binnen weniger Minuten die letz­ten der bestürzten Gäste verabschiedet... Als er wieder in dre Halle kam. stand dort schon wartend ein Beamter des Fahn­dungskommandos und immer mir der gleichen, unnatürlich­starren Rübe gab ibm der Professor ore gewünschten Auskünfte. Ja. es liegt die Vermutung nahe oab ein Unglück geschehen ist" sagte er. eintönig, als wiederhole er mechanisch Gelern­tes.Meine Frau bar der Kleinen Vorwürfe gemacht weil sie einen von ibr geschenkten Pelzkragen verloren bat. Und ich fürchte, das sehr sensible Kind bat sich das zu Herzen genom­men .. "

Ein Schrei gellte durch die Salle... O Melusine klopft jetzt Dein Kind an Dein Herz? Fast wollte ibn Mitleid beschlei­chen. als er die weihe, zusammengebrochene Gestalt mb... AVer dann wandte er sich entschlossen zum GebenEs muh schmerzen, Melusine es muh Dich wie mit tausend Messern stechen wenn Deine Seele erwachen soll und ich kann Dir nicht helfen!"

Weih jemand, wie es ist, am Weihnachtsabend durch verschneite Stroben zu eilen und sein einziges sein liebstes Kind zu juchen? Kann irgend jemand die Qual dieses immer erneuten:Wieder nichts!" ermessen, dieses Sin- und bergeworien-werden zwischen Furcht und Hoffnung diese Hölle der Bilder die einem immer wieder eine verzweifelt flüchtende eine in der Starbeit des Todes verkrampfte kleine Gestalt vorgaukeln? Nein, Nein, man kann sich nicht bineindenken. und man kann es nicht schildern o Christa, Christelichen bist Du für Deine Nirenmuiler in Sen Himmel gegangen an demselben Abend, an dem Du uns ge­schenkt wurdest?-

Nun blieb nur noch ein letztes Gebiet für die lange ergebnis­lose Streife: Der See im Park unweit des Spielplatzes von dem aus dre Kleine ihrer schönen Mutter nackselauien war. Aber keine Sour fand sich. Dunkel und wie ein böses Auge lag der See inmitten der verschneiten Rasenflächen hüteie er eifer­süchtig sein grausiges Geheimnis?

Es war zu jvät, um weiter nachzuiorschcn Man muhte den Morgen abwarien. Mit müden Schrillen g-ng Professor Tumä- lius aur die Bank zu. die am Rande des Spielplatzes stana Ei­nen Augenblick nur wollte er sich ausruheu eine letzte Gnaden­frist ebe er mir seiner schrecklichen Botschaft zu der Mutter zu­rückkam ... Aber auf dieser Bank was war das?

Gott sei gelobt, dah Du kommst!" ilüsierte die Mutter.Ich kann das Kind allein nicht tragen... Vorsichtig Christa schläft ganz fest hier auf der Bank bab' ich sie gefunden! S'e bat ibr Pelzkrägelchen gejucht siebst Du? Sie lähi es selbst im Schlage nicht aus der Sand... Kannst Du uns wohl ein Auio holen? Ich warte hier solangeKeine Sorge, sie ist warm einge- oackt.. "

Von der Stadt her kam verwebter, feierlicher Klang der Weib- »achtsglocken. Im malten Mondlicht schimmerten makellos die wundervollen Schultern der schönen Frau im Gesellschaftskleids, dre das schlafende Kind, in ibren warmen Mantel gebullt im Arme hielt Ihr Haupt mit dem leuchtenden Blondhaar war ne> gesenkt wachsam horchte sie aui den zarten kleinen Atem der in ihrer selbstvergessen bingebenden Hut sich gleichmähig wetter- svann...

Madonna" dachte der Mann der im Forteilen noch einen Blick zurllckwarf au? die beiden. Er wubte nicht, dah ibm Elücks- tränen über die Wangen rannen,o Madonna Melusine! Christelichen bat Dich erlöst-"

Irr MdgrMe

Eine Weihnachtsskizze von Ernst Löns

Es hatte geschneit, zwei Tage und eine Nacht. Dann kam der Ostwind und fegte den Himmel blank von schweren Wolkenballen. Aber eine Kälte brachte er mit, eine Kälte, die durch die Kleider wehte und die Nasen rot malte. Es war nicht gemütlich draußen, wenn die abgleitende Win- tersonne auch noch so schöne grüne und violette, himmel- farbene und blaßrosa Farbtöne in die Unebenheiten der Schneedecke malte. Wer nicht unbedingt draußen zu tun hatte, blieb in der warmen Stube, wo die Buchenscheite im Ofen knallten und blutrote Reflexe an den Wänden tan­zen ließen.

Franz Körte, der einschichtig in der kleinen Kate am Dorfesende hauste, war anderer Ansicht. Mit langen Schritten strebte er der Mitte des Dorfes zu, blieb einen Augenblick stehen, blickte über den Abendhimmel und trat in die Gaststube des Wirtshauses.

,,N' Abend, Kortenfranz. Bei der Kälte unterwegs?"

, ich wollte man eben nach der Stadt", sagte Körte und kippte einen Schnaps hinunter.

So spät noch?"

, etwas für die Kinder, Aeppel und so." Er zeigte auf einen verschnürten Packen, den er sorgsam im Arme trug.

Aeppel? Solltest ihnen lieber n' klein Häschen bringen."

, Häschen . . . Häschen", grinste Franz,könnste mir keine verkaufen? Gebe zwanzig Groschen."

Der Wirt kniff ein Auge zu und plinkte den anderen Gästen, die am Ofen Karten spielten, belustigt zu. Franz

Weihnacht

Der Himmel senkt sich auf die Erd', die Engel steigen auf und nieder: sie bringen Freude, Freude wieder, und neu ist uns das Heil beschert.

Wir hoffen und wir glauben wieder, die Erde ist ein Paradies; wir singen weihnachtfrohe Lieder ob auch der Mut uns oft verließ.

Der Himmel senkt sich auf die Erd' der Menschheit Friedensträume leben, die Licht und Schönheit um uns weben.

Za, neu ist uns das Heil beschert.

Hega Dornrüde.

NSTNSSTSGGGGGTTTGTTSTSGGGSXSAKGTTGTGGGTES

Körte war der gerissenste Wilddieb der ganzen Gegend, und der neue Förster verteufelt hinter ihm her.

"> meinte Franz Körte,mit den Häschen ist das nichts mehr. Der Rote ist mir zu scharf, 'djüs auch."

Körte nahm sein Paket und trottete die Landstraße ent­lang. Er dunkelte schon stark. In der Ferne blinkten die Lichter der Kreisstadt. Hinter der Tannenansamung schob sich die silberne Mondsichel hervor. Einzelne Sterne fun­kelten. Eisig pfiff der Wind, und der gefrorene Schnee schrie unter den Schritten. Fast fünfhundert Gänge hinter dem Dorfe blieb Körte stehen. Sein scharfes Auge prüfte das Gelände. Niemand war zu sehen. Da übersprang er den schneeverwehten Straßengraben und tauchte in der Tannen­dickung unter. Es war stockfinster im Holz, aber Körte kannte jeden Baum, jeden Steg; bester als der Förster. Ja, der Förster, der Rotbart, das war ein doller Kerl. Der schnüffelte überall 'rum. Da hieß es aufpasten. Körte lachte in sich hinein.Heute Hab' ich ihn angeschmierr. Der Krüger wird ihm schon erzählt haben, daß ich heute im sonntag'schen Zeug zur Stadt bin, Weihnachten feiern. Da wird er froh sein, ungestört mit seiner Frau Heilig­abend begehen zu können." Sie waren Feinde, aber ehr­liche. List stand gegen List. Sie waren sich gewachsen. Darum konnte er dem Förster auch nicht böse sein. Aber immerhin, wenn sie sich mal mit der Waffe in der Hand gegenüberstehen sollten ... Er konnte nicht lassen vom Zagen. Die Leidenschaft war ihm im Blute vom Groß­vater her. Es lag ihm nichts an den Hehlergroschen, die der Gastwirt im Städtchen für das Wild zahlte, aber es für sich zubereiten durfte er nicht; der rote Bart des Försters konnte zu jeder Zeit unvermutet in seinem Hause auftau­chen. Nee, dafür war Körte zu schlau, Beweise in seiner Wohnung zu lasten.

Am Rande der Dickung blieb Körte stehen, blitzschnell spürten seine Augen die Runde ab. Ein Satz brachte ihn zur Rückseite der Feldscheune, die hier fast an die Waldung stieß. Mit dem Messer löste er zwei Nägel, schob ein Brett beiseite und zwängte sich durch die Lücke. Seine Hände wühlten in dem Spreu- und Häckselhaufen hinter den hohen Strohballen und erfaßten ein Klappgewehr, das eine Um­wickelung von Oellappen vor Verschmutzung schützte. Einem Lederbeutel entnahm er fünf Patronen und legte ihn in das Versteck zurück. Im Schatten der Scheune löste er die Umhüllung des Paketes, streifte eine weißleinene Hose und einen ebensolchen Kittel über die dunkle Kleidung und zog die Kapuze über den verwitterten Filzhut. Lautlos und unsichtbar, ein weißes Winteraespenst, pürschte er über den verschneiten Acker. An der Waldecke duckte er sich nieder und verschwand in der weißen Umgebung. Vor ihm lag das Feldstück mit dem Winterkohl. Dies war eine der wenigen Stellen, an denen die Hasen Aesung fanden.

Das Schneegestöber hatte sie über zwei Tage im Lager ge­halten. Der Hunger würde sie Hertreiben.

Donner ja. war das kalt! Die Sterne funkelten in har­tem Glanz. Der halbe Mond tauchte die Winkerlandschaft in silbrigen Schein. Zn der Ferne bellte ein hungriger Fuchs. Ein dunkler Fleck hoppelte aus dem Gebüsch, noch einer, ein Dritter. Korke hob langsam die Flinte. Sein Finger suchte den Abzug.Täck". Verflucht, ein Versager. Schnell die Patrone ausgewechselt.Täck". Schon wieder. Dömms!" zerriß ein scharfer Knall die Stille, ein roter

Di« heilige Nacht. (Nach Dürer.)

UW

MM

AUL

Feuerstrahl zuckte auf, ein Hase rollte in den Schnee. Der Schreck schlug Kröte in die Glieder. Er sprang auf. Mit Mühe verbarg er das zusammengeklappte Gewehr unter dem Rock. Aus der Dickung trat der Förster, die Waffe schußfertig im Arme auf den zitternden Wilddieb zu.

Ja, Körte, auch auf Jagd?"

Ich ... ich ... bin nich auf Jagd, Herr Förster."

Nicht? Haben sich ja schön angezogen. Spielen wohl so'n bißchen Weihnachtsmann hier draußen, was? Ziehen Sie das weiße Zeug nur aus. Es sieht so dumm aus, wenn wir durch das Dorf gehen."

Körte trottete vor dem Förster her. Es war ihm scheuß­lich unbehaglich zu Mute. Wenn er bloß unbemerkt das Gewehr los werden könnte. Was mochte der Rotbart wohl mit ihm Vorhaben?

Vor des Försters Wohnung blieben sie stehen.Sie sind ja doch allein, da dachte ich, Sie könnten bei mir Weih­nachten feiern."

In der Stube war es mollig warm. Der Grog dampfte in den Gläsern.Was ich sagen wollte, Körte. Die Jagdgesellschaft hat die Eemeindejagden von Embsrge und Nielohe dazu gepachtet, das wird mir doch reichlich viel, da könnte ich einen Jagdgehilfen gebrauchen. Viel zahlen können die Herren ihm ja nicht, aber ich denke, so zwanzig Mark im Monat haben sie wohl übrig. Na, wie wär's, Körte, hätten Sie nicht Lust?"

Aber, Herr Förster, ich soll ... Sie wollen mich ...?"

Sie foppen? I wo, ist mein voller Ernst. Sie könn­ten die Jagd hier am Dorfe versehen. Raubzeug haben Sie frei, Karnickel auch, und drei Hasen im Jahr kann ich auch Zusagen. Ich brauche einen Kerl, der Passion in den Knochen hat und was von Wild und Weidwerk versteht."

Er streckte ihm die breite Hand hin:Also ein­geschlagen!"

Körte wurde blaß und rot vor Freude. Dann drückte er die dargebotene Hand:Ja, ich will ich will gerne."

So nun kommen Sie, ich glaube, meine Frau hat den Weihnachtsbaum angesteckt. Vielleicht hat der Weih­nachtsmann auch für Sie etwas im Sacke gehabt."

Die junge hübsche Förstersfrau hieß den rauhen Gast willkommen und zeigte ihm seinen Platz auf dem Gaben­tisch. Körte traute seinen Augen nicht, da lag seine Be­stallung als Jagdaufseher, vom Landrat genehmigt und gestempelt, und daneben ein funkelnagelneuer Drilling, das Geschenk der Jagdpächter.

Zusammenklappen läßt es sich aber nicht", lachte der Förster, dann faßte er Körte unter die Joppe wo dieser noch immer die Wilddiebsflinte krampfhaft festhielt,und dafür schenken Sie mir die alte Knarre. Jeb^ können Sie die Waffe ja offen tragen. Na» denn gutes Weidwerk. Wir wollen das Revier schon von Wildschützen freihaiten, was Körte?"

Das soll 'n Wort sein! Aber 'nen ganz verdeubelten Kerl sind Sie doch, Herr Förster."

Prost! Und wenn Sie ins Revier gehen, so sehen Sie erst nach, ob die Patronen auch Zündhütchen haben. Und hinter der Feldscheuer ist 'n Brett locker, vielleicht nageln Sie das gelegentlich mal an. Es könnte einer sich dort zu schaffen machen, der da nichts zu suchen hat-"

Eine MiknachtWer in Brasilien

Erzählung von H. de Parry

Unsere kleine Karawane befand sich im Gebiete des Amazonenstromes. Langsam, von der Tageshitze ermattet» trabten unsere Maultiere vorwärts. Unbarmherzig brannte die Sonne auf das Dach unseres Wagens und schuf im Jnern eine höllische Glut. Jeder der Insassen hatte nur den einen Wunsch: Sobald wie möglich in den kühlen Schatten der Urwaldbäume kommen!

Nun, INVN ebor Harry, in Eurem Deutschland sieht es sicher weihnachtlicher aus, nicht wahr?"

Ich war vor Erschöpfung ein wenig eingeschlummert. Die Stimme meines europäischen Freundes klang wie aus weiter Ferne. Schläfrig hob ich etwas die Lider:Das erste Jahr, das ich fern der Heimat verlebe. Bei uns meint es Frau Sonne nicht mehr so gut sie muß vor dem Eis­könig das Feld räumen."

Die kurze Unterhaltung verstummte wieder. Mit trockener Zunge und brennendem Gaumen läßt sich ein Ge­spräch nicht in Fluß bringen. Minuten vergingen da stand der Karren mit einem Ruck.

Wir stürzten aus dem Wagen. Ein Zugtier war vor Erschöpfung auf den sumpfigen Urwaldboden gesunken. Die Zunge hing weit aus dem Maule.

Wasser Wasser! Es nützt nichts, Harry wir müs­sen den Urwald im Umkreis durchstreifen und nach einer Quelle suchen. Wir kommen sonst nicht weiter. Menschen wie Tiere sind dem Verdursten nahe."

Es war wirklich kein Vergnügen, den dichten Urwald nach Wasser abzusuchen. Aber die Verzweiflung trieb uns schließlich dazu. Mein Freund und ich hielten uns zusam­men; denn im brasilianischen Urwald wären wir nicht die ersten, die für immer darin verschwänden. Die Kulis zogen gen Süden.

Wir vermochten uns kaum mehr auf den Füßen zu hal­ten. Mit unwiderstehlicher Gewalt zog es mich in den Schatten der Riesenbäume, um den müden Gliedern die erforderliche Ruhe zu geben. Aber der sich stetig steigernde Durst trieb uns immer wieder weiter.

Ich stolperte mehrmals und stürzte auch einmal so hef­tig zu Boden, daß ich den Tag zu verwünschen begann, der mich in den brasilianischen Urwald gelockt.Ich kann nicht mehr weiter, Charles", lallte ich, mich an einen Baum­stamm lehnend.Es ist ein Unsinn, weiter in das Dickicht vorzudringen. Wasser finden wir doch nicht . . ."

Doch Wasser müssenwir finden werden's auch» Harry. Hier im Amazonengebiet sind Quellen nicht so selten, wie Du denkst."

Wieder bahnten wir uns den Weg durch den dichter werdenden Urwald. Kletteraffen kreischten im Gezweig der Mangroven. Kakadus flatterten um uns und schienen sich über die beiden Wanderer lustig zu machen.

Wir ließen uns, die Aussichtslosigkeit unseres Unter­nehmens einsehend, auf dem bemoosten Waldboden nieder