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Schrvarzwälder Tageszeitung „Aus de« Tannen"
Nr. 295
Die französischen Bankskandale
Paris. 16. Dez. Das Justizministerium gibt bekannt, datz gegenwärtig in Paris 181 Bankiers und Finanzleute wegen Schädigung der Sparer unter Anklage stehen und 355 von ihnen in Haft sind. Ein neuer finanzieller Zusammenbruch wird aus Montpellier gemeldet, wo der Leiter einer Krund- stücksmaklerfirma Unterschlagungen in Höhe von 2 Millionen Francs gemacht hat.
Württembergischer Landtag
Auch der Wiirtt. Landtag geht in Weihnachtsferien
Stuttgart, 16. Dez. In der Dienstagssitzung des Landtage: gab zunächst der Regierung kommissad, Ministerialrat Köstlin die Regierungsantworten auf Kleine Anfragen bekannt. Dem folgte die dritte Lesung des Diiitengcsetzes für die Landtags abgeordneten, das eine Diätenkürzung von 2V Prozent ab 1. Ja nuar 1931 zur Folge haben soll. Die Abgeordneten des Christi Volksdienstes und der Dolksrechtspartei stellen noch folgenden Antrag: »Abgeordnete, die Minister find, erhalten keine Aufwandsentschädigung*. Dieser Antrag wird mit den Stimmen der Antragsteller, der Sozialdemokraten, Kommunisten, Bauernbund, Vürgerpartei gegen Zentrum und Deutsche Volkspartei angenommen. Im übrigen wird das Gesetz gegen die Stimmen des Zentrums angenommen.
Ohne Debatte wird die Landesgebührenordnung in dritter Lesung angenommen, ebenso das Fcldbereinigungsgesetz mit folgender Entschließung: Der Landtag wolle beschließen, das Staats- Ministerium zu ersuchen, auf die Behörden im Sinne eines möglichst raschen Abschlusses der einzelnen Feldbereinigungsunternehmen einzuwirken, um dadurch zu erreichen, datz a) nicht noch Jahre hindurch von zu Wegen verwendeten Flächen von den Beteiligten Grundsteuern bezahlt werden müssen, b) die Auszahlung der Siaatsbeiträge nicht ungewöhnlich lange hinausgezögert wird.
Zu einem Antrag des Abg. Bauser (VR.) betr. Sparmaßnahmen in der öffentlichen Verwaltung mit dem Ziel, eine Vereinfachung und Verbilligung auf dem gesamten Gebiet der Verwaltung, Gesetzgebung und Rechtssprechung herbetzuführen, erklärte
Staatspräsident Dr. Bolz: Das Staatsministerium wird im Lause dieser Woche seine Stellungnahme zum Gutachten des Reichssparkommissars festlegen und diese dann in einer Denkschrift dem Landtag oorlegen. — Der Antrag Bauser wird dem Finanzausschuß überwiesen.
Auf Anträge der Abgg. Vollmer (Kom.), Ulrich (Soz.), Kling (Chr.V.) betr. Beihilfen für Erwerbslose, Klein- und Sozialrentner beantragt der Finanzausschuß: Das Staatsministerium zu ersuchen, dem Notstandsfonds der Zentralleitung für Wohltätigkeit einen angemessenen Betrag zur Verfügung zu stellen, damit diese in die Lage versetzt wird, im Benehmen mit schwer belasteten leistungsschwachen Fürsorgeverbänden besonders bedürftigen Erwerbslosen, Klein- und Sozialrentnern dir notwendigste Hilfe, vor allem durch Sachlieferungen, bringen zu können.
Abg. Weimer (Soz.): Außer den Gemeinden muß auch der Staat den Arbeitslosen zu Weihnachten helfen, zumal in einer so anormalen Zeit wie der gegenwärtigen. Der Antrag des Finanzausschusses ist praktisch wertlos. Wir beantragen, daß die Wohlfahrtsämter eingeschaltet werden.
Abg. Ulrich (Soz.) beantragt, den Erwerbslosen eine Weih- nachtsbeihilfe von 800 000 RM. zur Verfügung zu stellen.
Abg. Kling (Chr.V.) beantragt, 500 000 RM. bereitzustellen. Diese Summe sei durchaus angemessen.
Abg. Vollmer (Kom.) beantragt, als Winterbeihilfe den Hauptunterstützungsempfängern 16 RM., für jeden Unterhaltsberechtigten 12 RM., Empfängern von Waisenrenten ebenfalls 12 RM. zu gewähren.
Abg Andre (Z.): Die Kommunisten stellen nur Agitations- anträge. Sie haben sich noch nie darum gekümmert, woher die Deckungsmittel kommen sollen. Kein Land der ganzen Welt hat eine solche Arbeitslosenversicherung wie Deutschland. Das Sozialkonto der Arbeiter kann nicht mehr erhöht werden. Jeder
sechste Arbeitstag des Arbeiters geht für die Sozialbeiträgr. Gegen 1913 sind die Soziallasten um über 8,5 Milliarden gewachsen. Im Reichstag hat die Sozialdemokratie die Weihnachtsbeihilfe abgelehnt.
Abg. Joh. Fischer (Dem.): Wir stimmen dem Ausschußantrag zu und denken an einen Betrag von 266 060 bis 250166 RM., aber ohne an diese Summe nach oben oder unten gebunden zu sein.
Abg. Mergenthaler (Nat.Soz.): Es soll eine bestimmte Summe festgesetzt werden. Der württembergische Staate könnte gut 869 006 RM aufbringen.
Abg. Bauser (VR.): Wir stimmen dem sozialdemokratischen Antrag zu.
Abg. Herrmann (BB.): Wenn das Reich keine Winterbeihilfe gewährt, dann kann man es vom Land Württemberg auch nicht verlangen. Wir dürfen unsere Finanzen nicht zu sehr belasten.
Abg. Hartmann (D.Vp.): Wir lehnen die Anträge der Sozialdemokraten und des Christi. Volksdienstes ab und stimmen deni Ausschußantrag zu.
Bei der Abstimmung wird unter Ablehnung aller übrigen Anträge der Ausschußantrag angenommen.
Ohne Debatte wird den Steuerausschußanträgen zu verschiedenen Gegenständen und Eingaben zugestimmt.
Nunmehr folgt die Beratung der Anträge Schneck (Kom.) und Mergenthaler (Nat.Soz.) betr. Auslösung des württembergische« Landtages. Der kommunistische Antrag verlangt die sofortige Ausschreibung von Neuwahlen. Der nationalsozialistische Antrag will, daß die Frage der Auflösung des Landtages dem Volke zur Abstimmung vorgelegt werde.
Die beiden Anträge auf Auflösung des Landtages wurden nach kurzer Aussprache gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt. Der Antrag Bausch (Chr.V.), wonach die Minister als Abgeordnete eine Aufwandsentschädigung nicht bekommen sollen, wurde vom Präsidenten Pflüger als verfassungswidrig erklärt, da nach § 24 der Verfassung die Mitglieder des Landtages Aufwandsentschädigung erhalten und es deshalb nicht möglich sei, eine Ausnahme zu machen. Nach einer Aussprache, an der sich Schneck, Keil, Vauscki, Andre und Bock beteiligten, wurde in namentlicher Abstimmung mit 38 gegen 28 Stimmen bei 4 Enthaltungen der Antrag des Christi. Volksdienstes abgelehnt, so daß al>o die Minister ihre Aufwandsentschädigung als Abgeordnete bekommen.
Präsident Pslüger schloß die Sitzung mit den besten Weih- nachtswünschen. Der Landtag tritt am 26. Januar wieder zusammen zur Beratung des Staatshaushaltsplanes für 193t.
Aus Stadl und Land
Altensteig, den 17. Dezember 1930.
Amtliches. Die Ergänzungsprüfung in Fremdsprachen, die bei der Ministerialabteilung für die höheren Schulen abgehalten wurde, hat im Englischen Hauptlehrer E. Wa i- delich von Oberkollwangen mit Erfolg abgelegt.
Im Bereich des Landesarbeitsamt Südwestdeutschland wurde ernannt: Dr. Stahlecker, Walter, Regierungsrat, Vorsitzender des Arbeitsamts Nagold, zum Arbeits- amtsdirektor der Reichsbesoldungsgruppe F 2c.
Hausangestelltenehrung. Am gestrigen Abend hatte auch der hiesige Hausfrauenverein zu einer schlichten Feier, dem Ernst der Zeit entsprechend, eingeladen, die recht gut besucht war. Die Vorsitzende, Frau Forstmeister Winker, begrüßte in herzlichen Worten alle Erschienenen, besonders die drei treuen Hausangestellten Frl. Luise Eppler, fünf Jahre bei Familie Sägewerksbesitzer Fetzer, Frl. Maria Fischer, fünf Jahre bei Familie Möbelfabrik Schaible, Frl. Emma Ziefle, fünf Jahre bei Familie Oberamtsbaumeister Köbele, welche mit Diplom für treue Dienste und der silbernen Verdienstbrosche, Treue um Treue, geehrt wurden und denen die eigentliche Feier galt. Die Vorsitzende betonte unter Hinweis auf die Inschrift der Broschen „Treue um Treue", daß Treue an Haus und Familie Dienst an Volk und Vaterland sei. Welch schönes Zeugnis sei es doch für Hausfrau und Mädchen, wenn sie fünf Jahre lang in gemeinsamer Arbeit zusammenstehen. Umrahmt war die
Feier mit Liederoorträgen einiger Hausfrauen und auch ein kleines Theaterstück trug zur Unterhaltung bei. Für den reichen Gabentisch sei den Hausfrauen besonders Dank gesagt, die in liebenswürdiger Weise alle Gaben gestiftet hatten. Die Erlöse sollen der Wohltätigkeit zugute kommen.
Bolkstrauertag 1931. Der Ausschuß für die Festsetzung eines Volkstrauertages hat einstiminig beschlossen, den Volkstrauertag in Deutschland und in den deutschen Auslandsgemeinden zum Andenken an die im Weltkrieg Gefallenen auch im kommenden Jahr am fünften Sonn- tagvorOstern, Remrniscere (1. März 1931) in gleicher Weise wie in den Vorjahren zu feiern. Die Feier soll wieder in Gottesdiensten, Läuten der Glocken und Saalfeiern bestehen. Der Ausschuß setzt sich aus Vertretern der Religionsgemeinschaften, großer Körperschaften und Verbände zusammen. Den Vorsitz führt der Präsident des Volksbundes deutscher Kriegsgräberfürsorge E. V., Reichsminister a. D. Dr. Eeßler.
Freudenstadt, 17. Dezember. (Gemeinderatssitzung.) Bürgermeister Dr. Blaicher nahm zu Beginn der gestrigen Sitzung Anlaß, darauf hinzuweisen, daß am 1. Dezember die neue Gemeindeordnung in Kraft getreten sei. Der Gemeinderat hatte darüber zu befinden, ob die Zahl seiner Mitglieder vergrößert werden sollte. Die neue Eemeindeordnug setzt ja für Städte mit über 10 666 Einwohnern ihre Zahl auf 18—30 fest, wobei als Norm an 20 gedacht ist. Der Gemeinderat erklärte sich mit dem Vorschlag von Bürgermeister Dr. Blaicher einverstanden, es bei 26 wie seither zu lasten. Künftig wird außerdem in der Wohlfahrtskommission auch ein Vertreter der methodistischen Gemeinde Mitwirken, da in der neuen Eemeindeordnung verlangt wird, daß in ihr alle Kirchen, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, vertreten sein sollen. Vor Eintritt in die Tagesordnung gab Bürgermeister Dr. Blaicher noch ein Schreiben des Sohnes des verstorbenen Alt-Stadtschultheißen Hartranft, Staatsanwalt Hartranft, bekannt, in dem dieser den herzlichen Dank aussprach für die Ehrung, die der Eemeinderat dem Dahingeschiedenen hat angedeihen lasten. — Den Anfang der eigentlichen Gemeinderatssitzung machte ein Gesuch der Tuchfabrik Christcphstal, das sich mit der Verstärkung der Brücke beim Müller Haas beschäftigte. Die Tuchfabrik hat mit der Post Verhandlungen ausgenommen, die bezwecken, daß künftig Kraftpost- sahrten zwischen der Stadt und ihrer Fabrik durchgeführt werden, auf denen die Arbeiter und Angestellten zur und von der Arbeitsstätte befördert werden sollen. Das Postamt hat seine Bereitwilligkeit erklärt, diese Fahrten auszuführen. Die einzige Schwierigkeiten ist die, daß die Brücke beim Müller Haas nicht genügend tragfähig ist. Das Stadtbauamt hat vorgeschlagen, zur Sicherung 28 Verbindungslatten an den Brückenträgern anzubringen, was einen Kostenaufwand von 238 Mark verursacht. Der Gemeinderat erklärte sich damit einverstanden. — Eine längere Debatte löste die Frage der Einrichtung eines Verkaufsstandes für Lebensmittel in der Keplerschule aus. Die Abstimmung ergab, daß der Verkaufsstand dem Musiker Hermann Hübsch zu einem jährlichen Pachtgeld von 360 Mark übertragen werden soll. — Der nächste Punkt der Tagesordnung beschäftigte sich mit der Erweiterung des Gehwegs an der Lauterbadstraße vor dem Anwesen von Dr. Beer. Es ist ja jedes Wort über die Notwendigkeit der Erbreiterung fast überflüssig. Die Straße ist sehr schmal und der Gehweg durch die großen Bäume beengt, so daß allzuoft die Fußgänger genötigt sind, auf die Straße hinunter zu gehen, wobei sie bei dem dort draußen üblichen Tempo Gefahr laufen, überfahren zu werden. Der Kaufpreis für die zu erwerbenden 170 gm beträgt 4 Mark für den gm. Außerdem hat sich die Stadt bereit erklärt, in Anbetracht der Schädigung des Hauses durch die Zurückverlegung des Weges einen Beitrag von 150 Mark zu gewähren. — Das Fällen der alten Linde auf dem unteren Marktplatz hat einigen Staub aufgewirbelt. Die Stadt hat die Absicht, zur Lichtung des unteren Marktplatzes auch die großen Tannen im seitherigen Hartranst'schen Garten zu fällen. Das gleiche Schicksal steht den Bäumen des Dekanatgartens bevor. Wie Bürgermeister Dr. Blaicher mitteilte, sind auch wegen des Gartens von E. D. Bernhardt bereits Verhandlungen eingeleitet worden, damit auch hier oben gelichtet und der Gehweg verbreitert werden kann. Die Stadt hat die Absicht, den unteren Marktplatz radikal zu säubern und damit den Anfang zur Schaffung einer großen Anlage zu machen. — Zu einer längeren Debatte gab die Frage des Einbaues von weiteren Badekabinen und Kleiderschränken im Schwimmbad Anlaß. Erfreulicherweise ist das Bad immer so gut besucht, daß die
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Roman von Fr. Leh « e
(57. Fortsetzung.)
,,— aber liebste kleine Tillt, das besteht bock nur in deiner Einbildung-"
„Sonst würde er nicht so viel fortgehen —"
»Tilli. Kindchen, das ist doch aber nur beruflich!"
„Wenn ich mich so sterbenselend fühle? Ande-en will er helfen und tut es auch — nur seiner Frau
nicht-! Mir ist immer so schlecht, und ich habe so
viel Angst!" Sie schauerte zusammen, und Tränen perlten über ihre Wangen.
Johanna sprach ihr gut zu. sie hätschelnd und tröstend. bis sie sich wieder beruhigt batte — sie war ia so gern der Mittelpunkt liebender
Johanna hatte sich eine Arbeit mitgebracht, aus weißer und bunter Wolle fertigte sie ganz kleine Weihnachtsengel an, die sogar grüne Zweige in den Händen trugen.
„Das ist ganz herzig," rief Tilli voller Begeisterung.
„Noch herziger wäre es, Liebes, wenn du mir ein wenig helfen würdest! Ich bin mit diesem Auftrag im Rückstand!"
Johanna gab Tilli Beschäftigung, sie verstand es, sie von ihren quälenden Gedanken abzulenken. Die junge Frau war ganz Feuer und Flamme für die zierliche Arbeit.
Als Doktor Ehrmald heimkam, blieb er einen Augenblick lauschend vor der Türe stehen — war Las Tilli. die da so fröhlich plauderte? Und jetzt lachte sie sogar ihr Helles, kindliches Lachen — wie lange hatte er das nicht gehört! Welche Macht Johanna doch über die Herzen besaß! Ach, er wußte es ja von sich selbst! Als er eintrat, sah er einen blonden und einen braunen Frauenkopf eifrig über eine Arbeit, geneigt.
„Schau nur, Eugen — ist das nicht süß?" Tilli Hielt ihm drei wundcrfeine kleine Weihnachtsengelchen mit braunen Löckchen, blauen Augen, rosigem Wangen entaeaen.
„Tilli ist eine gelehrige Schülerin. Herr Doktor: sie hat versprochen, mir zu helfen! Ich habe in diesen Engelchen einen größeren Auftrag übernommen und weiß noch nicht, ob ich Wort halten kann —"
Dankbar sah er sie an; wie sie verstand, Tilli zu beschäftigen!
„Darf ich um eine Tasse Tee bitten, vorausgesetzt, daß die Damen etwas übrig gelaffen haben?"
Johanna bediente ihn; dann brannte er sich mit Erlaubnis der Damen eine Zigarre an, lehnte sich bequem in seinen Stuhl zurück und genoß in Behagen diese Stunde des Ausruhens.
„Johanna hat mir versprochen, bis zehn Uhr zu bleiben; sie itzt mit uns zu Abend! Tu gehst doch nicht noch mal aus. Eugen?"
„Nein, Kindchen! Ich bin froh, datz ich zu Hause bleiben kann!" Er seufzte ein wenig. „Ach, was einem doch allerlei an Dummheiten täglich in der Prarrs über den Weg läuft — —"
daheim dann auch wieder, gelt, Schatz? Und dann ärgerst du dich —" neckend sah Tilli ihn au.
Kosend fuhr er mit der Hand über ihr Gesicht.
„Zuweilen ist mein Herzet doch ein großer Kindskopf."
muß man als angehende Mutter sich so etwas sagen lassen — Kindskopf —" schmollte Tilli in guter Laune, „lasse dir raten. Johanna, beträte nrcht!"
„Ich werde nie heiraten!" sagte Johanna l-ise und bestimmt und hielt den Kopf tief auf die Arbeit gesenkt.
„Und doch, wenn ich es mir recht überlege, wäre es schade! Ich wüßte auch einen netten Mann — den Doktor Falke, meines Mannes bester Freund! Er ist sehr fesch — allerdings ein eingefleischter Junggeselle; aber mit vereinten Kräften würde es uns schon gelingen, ihn zu bekehren, besonders wenn er dich kennenlernt, Johanna! Meinst du nicht, Eugen?"
Man lachte ein wenig, und eifrig fuhr Tilli fort: „Das wäre fein! Wir könnten dann noch viel mehr zusammen fein! Von deinen Brüdern hast du doch auch nichts mehr! Wenn dein Bruder Gisbert seine kleine Brigitta heiraten wird, dann bist du ganz allein."
„Ich habe die kleine Britta sehr lieb und bin froh, sie bei mir zu haben! Tenn nach Heros Tode allein in der Wohnung, wäre mir schrecklich gewesen! Gisbert hofft, schon im nächsten Jahre einen Posten als Hoteldirektor zu bekommen, bei seiner eleganten Erscheinung und seinen Sprachkenntniffen wird es ihm nicht schwer fallen! Um seine Zukunft ist mir nicht bange! Er hat es entschieden leichter als Burkhard —"
„Es gefällt ihm in Charlottenburg?"
„Ja, er hat dort manche Bekannte vom Felde he>r getroffen, die gleich ihm ihr Leben sich ganz anders einrichten müssen. Ich bin froh, daß er nun endlich zu dem kommt, was er für seine Zukunft immer schon geplant hatte!"
„Aber das Studieren kostet ja viel Geld Johanna!
„Ich habe Mamas Familienschmuck zum größten Teil verkauft. Was Burkhard sich bei Bräuners erspart — es war eine ganz schöne Summe — ist ja bet der Geldentwertung zu nichts znsawmengeschmolzen. Das mar sehr bitter! So habe ich ibm den Sckmnck zur Verfügung gestellt — mir liegt nichts a« ^ ten Steinen — ein großer Teil hatte ja schon geopfert werden müssen, ebenso vom Silber! Burkhard har uns, Mama, und den Geschwistern, große Opfer gebracht; es ist wirklich Zeit, daß e>r einmal an sich denkt!"
„Haben Sie nicht auch Opfer gebracht, Fräulein von Brockstedt?" sagte Eugen, sie groß ansehend.
.Opfer bringen ist Frauenamt!" entgegnete sie leise. „Gibt es etwas Schöneres, als für seine Lieben Opfer bringen? Man spricht nicht davon!"
„—und mir bringst du auch Opser, daß du mir minier Gesellschaft leistest, Johanna!" rief Tilli eifrig.
Johanna lächelte ihr liebes Lächeln.
„Wenn alle Opser so leicht wären! Mir ist es eins Erholung, wenn ich hier sein kann! Ich Hab' dich lieb, kleine Tilli —" und zärtlich strich Johannas Hand über die Tillis.
Plötzlich schrie die junge Frau ans; sofort war Engen an ihrer Seite, sie fest im Arm haltend. „Ich habe wieder solche gräßliche Schmerzen —" wimmerte sie, „mit einem Male solches Stecken —"
(Fortsetzung folgt.)