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SchwarzwSlder Sontageblatt
Nr. 49/288
Sie empfand den musternden Blick der Baronin, aber fle lächelte dabei nur, denn alles Unsichere. Aengstliche war wie mit einem Male von ihr abgefallen.
Sie hörte die Baronin leise fragen: „Aber . . Ihr Herr Datei, was wird der dazu sagen, wenn er erfährt . . ?"
„Mein feudaler Bater. der wird wohl in seinen heiligsten Gefühlen gekränkt sein Aber das kann ich nicht ändern. Glauben Sie mir, daß ich mich erst als ein glücklicher, freier Mann fühle, seit ich mein Geld selbst verdiene. Ich weiß, warum ich vor vier Jahren .so ungefähr ausgerisjen bin. Mein Vater wird sich damit abfinden müssen, daß sein Sohn auf eigenen Füßen steht Anscheinend teilen Sie meine Ansichten nicht ganz, meine Gnädigste?"
Sie schwieg und grub die kleinen Perlenzähnchen in die Unterlippe, warf einen Blick auf ihren Gatten und sagte dann leise zu Karl: „Nein, ich begreife Sie nicht ganz. Sie müssen heraus aus dem Kreise. Ich ... ich will Ihnen behilflich sein. Bitte, besuchen Sie mich am kommenden Mittwoch. Sie finden mich ganz allein "
Grete hatte, scheinbar nach der anderen Seite hinhörend, jedes Wort verstanden. Sie wartete bebend auf Karls Antwort.
Und hörte beglückt, wie er sprach:
„Meine Gnädigste . . . davon abgesehen, dah sich Karl Große — das „von" habe ich abgelegt — nie von einer Frau vorwärtshelfen läßt . . ich habe in meinem Leben einen Abschlußstrich gemacht. Ich . . kann und will nicht
kommen "
Trotzig wollte Magda aufbegehren, aber als sie ihm in seine starken, kühlen Augen sah, wußte sie. daß ihr dieser Mann restlos verloren war
Er hatte sie aus seinem Leben ausgeschaltet, aus leiner Erinnerung getilgt. Und das war das Bitterste für sie.
Karl reichte ihr die Hand „Verzeihen Sie. meine Gnädigste. daß ich mich jetzt verabschiede. Ich muß mich der Tochter meines Chefs widmen. Sie werden mir gewiß gern glauben, daß dies keine unangenehme Angelegenheit für mich ist"
Karl wandte sich wieder Grete Bolle zu. sah sie herzlich an und sagte: „Fräulein Grete, wie wäre es. wenn wir jetzt etwas fahnenflüchtig werden und Ihren Herrn Vater seinem Glück allein überlassen."
Sie überlegte einen Augenblick und nickte dann.
Karl bot ihr den Arm. und sie verließen den Rennplatz.
Ae deutsche Sprache
Eeschichtchen von Hans Reimann
Das Zimmer des Sekretärs Eeilhufe ist durch eine Klingel- leitung mit dem Zimmer der Aktuare Großschupf und Kolipape verbunden.
Wünscht der Bürovertreter Eeilhufe einen Aktuar zu sprechen, so braucht er lediglich auf den Knopf der elektrischen Klingel zu brücken, und ein Aktuar schnellt herbei.
Eines Tages ist die Klingel kaputt.
Unsereiner schreibt klipp und klar: „Eines Tages ist die Klingel kaputt", und hat damit das Kind beim rechten Namen genannt.
Aber es ist ein Ding der Unmöglichkeit, sich einen Aktuar vorzustellen, der den Satz schreibt: „Eines Tages ist die Klingel kaputt."
Es muß nämlich der Vorgesetzten Behörde eine schriftlich- Meldung eingereicht werden, die den Tatbestand — eben, daß die Klingel kaputt ist — nüchtern registriert.
Diese Meldung abzufassen, obliegt dem Aktuar Großschupf.
Großschups kann nicht 'chreiben: „Die Klinge ist kaputt" Man würde ihm amtlich auf den Kopf spucken und ihn mit einem klotzigen Rüssel bedenken.
Großschupf ringt nach Ausdrücken. Er steht mit der deutschen Sprache aus dem Kriegsfuß.
Er ringt mit der deutschen Sprache um einen Ausdruck. Aus dem letzten Gang geht er mit dem Satz hervor: „Die Klingel im Büro des Herrn Sekretär Geilhufe geht nicht."
Die deutsche Sprache ruft: „Schieber!"; denn „geht nicht" geht «icht Eine Klingel, die geht, gibt es nicht. Haben Sie je eine Klingel gehen sehen? —
Großschupf konferiert in der Klingelmeldungsangelegenheit mit dem Kollegen Kolipape. Er schlägt vor zu schreiben: „Die Klingel im Büro des Herrn Sekretär Geilhufe ist in Unordnung "
Er meint: „Ist nicht in Ordnung!"
Die deutsche Sprache ist eine harte Nuß.
Großschupf nimmt, ehe er die Meldung vom Stapel läßt, einen Schlüssel, der dicht an der Zimmertüre hängt, und verschwindet. Eine halbe Stunde später erscheint er wieder. Die Nuß ist geknackt. Er schreibt die Meldung und gibt sie weiter.
Die Vorgesetzte Behörde veranlaßt daraufhin, daß die nötigen Schritte die erforderlich sind, daß die Klingel, welche im Büro des Herrn Sekretärs Eeilhufe, welche als in Unordnung befindlich, da selbige nicht geht, gemeldet worden, angebracht ist, usw. — kurzum: die Klingel wird repariert.
Die Meldung in ihrer endgültigen, der Behörde oorgelegten Form lautete „Die Klingel im Büro des Herrn Sekretär Geilhufe geht nicht, da dieselbe in Unordnung ist."
Ist Wnstrspritzmig der SMäume
Von Oberamtsbaumwart W a l z - Altensteig Die Obstbäume stehen jetzt kahl, sie halten Winterruhe. Hallen wir Umschau an ihnen, so finden wir manches, das anders sein könnte. Haben auch Heuer die Obstbäume keinen so großen Ertrag gebracht, umsomehr müssen wir das wenige schätzen. Die Schuld an dem schlechten Obstjahr dürfen wir nicht den Bäumen zuschieben, viele Besitzer selbst sollten ein gut Teil der Schuld tragen. Wir haben 1928 reichlich Obst gehabt, 1929 noch mehr, wer gab den Bäumen einigermaßen zurück in Form von Düngemitteln, was sie uns an Ertrag gaben? Wer sorgte für sonstige Pflege in genügendem Maße? Verhältnismäßig wenig Obstzüchter! Jede Wiese, jeder Acker, jeder Garten wird gepflegt, sofern der Besitzer auf deren Ertrag angewiesen ist, alles verlangt auch eine gewisse Pflege, soll der Ertrag befriedigen. Bei den Obstbäumen ist die Pflege mannigfach, erfordert aber in manchen Arbeiten Fachkenntnisse. An eine sehr wichtige Maßnahme sei heute erinnert: die Schädlingsbekämpfung. Der Ruf nach Qualitätsobst wird immer stärker und immer mehr macht sich das ausländische Erzeugnis breit, weil eben die ausländischen Obsterzeuger gesunde und fehlerfreie Ware liefern, wenn auch meist teurer. Wie sah es z. B. Heuer mit den an sich schon be-
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Der Nebeltag löscht Farben und Konturen.
Ich wandle gern durch die verengte Welt,
Durch das Geheimnis um Gebüsch und Fluren,
Aus dem nur manchmal eine Träne fällt.
Ich liebe jene leisen feinen Tage,
Wo alles Leben wie verschleiert steht.
Sie find wie Freunde ohne laute Frage,
Was man geschafft hat und wie's einem geht.
Frida Schanz.
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scheidenen Erträgnissen aus? Noch im August versprachen v.iele Bäume eine schöne Ernte. .Ende August bis Mitte September fiel ein guter Teil wurmig ab und der Rest der hängen blieb, wies wurmige Früchte auf. wie noch nie. Schon zur Zeit der Blüte traten Raupen verschiedener Art auf, die mit dem ersten Grün der Bäume rasch aufräumten. Sehr schlimm sehen Hunderte von Bäumen aus. die mit Moos bis in die äußersten Zweigspiken behängen sind, daß die Fruchtzweige ersticken und allerlei Ungeziefer Unterschlupf findet. Gegen all dies haben wir ein billiges Mittel, das richtig angewandt, sehr gut wirkt: die Winterspritzung. Wird auch entgegenaehalten, das muß die Natur besorgen, von andern, das Moos gibt warm, denen möchte ich entgegnen, daß sie eben in der Hauptsache nur auf Znialls- ernten angewiesen sind und gewöhnt sind auszusprechen: Wenns bei uns Obst gibt, dann bat's überall. Anhänger solcher Ansichten haben gewöhnlich höchstens nur einen ganz geringen Teil schönes Obst, sie haben auch nicht Anspruch auf die für gute Ware gezahlten Preise. Richtig gepflegte Bäume sind imstande, jedes Jahr Ertrag zu bringen! Die Wintersnritzunq Kat den Zweck, den Baum zunächst zu säubern von Moosen und Flechten, von alter Borke, überwinternde Schädlinge, abgelegte Eier, Larven, anhaftende Pilzsporen abzutöten, ferner die Rindenschicht zu reicher Neubildung zu reizen, so daß möglichst viel platte Rinde entsteht. An glatten Bäumen kalten sich keine Schädlinge auf. da keine Unterschlupfmöglichkeit vorkanden. Erreicht wird dies durch eine gründliche Spritzung mit Aekkalk. Bei stark vermoosten Bäumen isi Beimischung guten Obstbaum- karbolineums zu empfehlen. Wichtig ist, daß die Sprikflüssia- keit fein verteilt auf alle Aeste und Zweige kommt. Möglichst an frostfreien Tagen, je trockener das Wetter, desto bester die Wirkung. Bei Kalkspritzung haben wir noch einen kleinen Vorteil: der Kalk wird im Lause der Zeit vom Regen abaewasiken und kommt dem Boden als Düngung zu gute. Die Technik hat uns für alle Gelände- sowie Arbeitsverhältnisse Spritzen verschiedener Konstruktion geschaffen. Rückenspritzen. Karren- fnritzen und Motorspritzen, letztere für Tierbespannung oder mit Motorantrieb. Die Motorspritzen dürften die ganze Arbeit am billigsten gestalten, da die Stundenleistung gegenüber der Rücken- oder Karrenspritze im Verhältnis zu den Arbeitslöhnen um ein vielfaches gesteigert wird. Verbilliguna der Maßnahme bedeutet wiederum mehr Anwendungsmöglichkeit überhaupt. 4V—SV Pfg. Spritzkosten für einen größeren Baum ist eine Ausgabe, die sich um ein vielfaches bezahlt macht und sicher auch heute unter Berücksichtigung des Nutzens wirtschaftlich tragbar ist.
Wie Ev»en einen neuen Snkei bekam
i. Ein grauer Dezembertag breitete feine Nebslfeuchts auf den Gaffen aus. Die herbe Kühle und der tiefe Himmel ließen Schneenähe ahnen, und eine vorweihnachtliche Stimmung lag in der Luft.
Hermann Stein, der dem Friedhofe zupilgerte, um die Gräber feiner Eltern nach längerer Abwesenheit zu besuchen, nahm mit einer wehmütigen Empfindung wahr, daß die Menschen sich anschickten, die Vorbereitungen zum schönsten aller Feste zu treffen.
Hastig ging er an der Pracht der reich mit Geschenken aller Art ausgestatteten Schaufenster vorüber, mahnte ihn doch all dies Weihnachtliche nur daran, daß er allein stand und niemanden hatte, den er zum Fest erfreuen konnte. Ebensowenig würde er, beglückt von der Sorgfalt und Aufmerksamkeit ihn liebender Menschen, am Christabend neben einem Lichterbaume stehen.
Es war merkwürdig, immer wieder mußte er eines kleinen Erlebnisses gedenken, das er vor drei Jahren just um dieselbe Zeit gehabt hatte. Während einer geschäftlichen Reise, die ihn ein paar Stationen vor die Stadt hinausführte, saß er in der Bahn einem blonden Mädchen gegenüber, bei dessen Anblick ihm der Gedanke kam: Diese könnte dich beglücken.
Geschickt fing er ein Gespräch an, auf das sie freundlich einging. Sie gefiel ihm immer mehr, als er aber versuchen wollte, aus der flüchtigen Bekanntschaft ein näheres Kennenlernen herbeizuführen, zog sie sich scheu zurück und wurde schweigsam und einsilbig. Er glaubte, sie sei anderwärts gebunden. Inzwischen kam die Station, wo sie aus- stieg und sich rasch, mit leisem Gruß entfernte.
Er sah ihr nach, da wendete sie sich noch einmal um und blickte ihn voll an. Dann war sie verschwunden.
Eine eigentümliche Trauer kam über ihn, aus ihren Augen hatte ihn das Glück angeblickt, das nun entglitten war. Er hätte es halten sollen. Vielleicht war ihre Zurückhaltung nur Scheu gewesen, eine strenge Erziehung hinderte sie vielleicht, auf seinen Vorschlag, einander einmal zu treffen, einzugehen. Er hätte ihren Namen erfragen sollen, aber nun war es zu spät. Er hatte gehofft, ihr einmal zufällig zu begegnen, doch vergeblich.
Kurze Zeit darauf schickte ihn der Chef ins Ausland. Der Posten, um den ihn seine Kollegen beneideten, war ehrenvoll für ihn, er jedoch ging ungern. Für Jahre war er der Heimat fern, und die Möglichkeit, seine Unbekannte wiederzusehen, ausgeschloffen. Er hatte während des Fernseins das kleine Erlebnis nicht vergessen.
Seit er vor kurzer Zeit in die Heimat zurllckgekehrt war, mußte er lebhafter als je daran denken. Wieder war es Dezember wie damals, ein Tag, feucht und grau, von leichtem Nebel verhängt, ein Tag, der die Sehnsucht weckte nach sonniger Schneelandschaft und Himmelsbläue, nach Klarheit und Glück.
Versonnen schritt Hermann durch die Eräberreihen der Ruhestätte seiner Eltern zu und stand lange dort, traurig jener vergangenen Tage gedenkend, da das Weihnachtsfest für ihn noch Glanz und Zauber barg.
Ein Kinderweinen weckte ihn aus seinem Grübeln. Er sah ein etwa vierjähriges kleines Mädchen den Weg daher
laufen, ein allerliebstes Persönchen in blauem Flauschmäntelchen mit grauem Krimmer, das Vlondköpfchen in ein Wollmlltzchen gehüllt.
Hermann liebte Kinder. Er beugte sich zu dem Kleinchen herab, zog ihm sein Händchen vom tränenbenetzten Gesicht und fragte'liebreich: „Du hast dich wohl verlaufen?" „Ja", weinte das Dingelchen und schluckte. „Nun", tröstete er, „wir finden wohl wieder heim! Wie heißt du denn?" „Eva". Das Kind hörte mit Weinen auf und schlug seine großen blaugrauen Augen vertrauensvoll zu dem Fremden auf.
„Wo wohnst du denn?" „Bei Tante Marie." „Bi» du denn allein hier auf den Friedhof gekommen, kleine Eva?", „Ja". „Was wolltest du denn da?" ' „Meine Mutti ist doch hier begraben." „Und da bist du wohl heimlich von zu Hause weggelaufen?" Eva nickte. Hermann drückte das Kinderhändchen fest. „Kleine Kinder dürfen aber nicht allein von daheim weglaufen, sonst finden sie nicht wieder zurück!"
Eva verzog das Mündchen zum Weinen. Hermann ging mit dem Kind zum Friedhofswärter, um bei ihm vielleicht Straße und Wohnung zu erfahren. Glücklicherweise konnte dieser ihm die Adresse angeben, er kannte Eva, da er den Sommer über für ihre Angehörigen das Gießen der Blumen auf dem Grabe besorgte.
Hermann beschloß, die kleine Verlaufene, deren süße Kindlichkeit es ihm angetan hatte, heimzubringen. Seltsam war es ihm zumute, als er, die kleine Hand fest in der seinen haltend, mit dem Kinde durch die Straßen wandelte. Eine zarte, feine Vorweihnachtsstimmung bemächtigte sich seiner.
Eva war schnell zutraulich, sie blieb mitunter an Schaufenstern stehen und gab ihrer Bewunderung für die ausgestellten Herrlichkeiten lauten Ausdruck.
Hermann dachte, daß es schön sein müsse, heimlich die unzähligen Wünsche dieser kleinen Kinderseele zu erfüllen und am.Weihnachtsabend bei der Bescherung das Staunen und den Jubel in den klaren Augen zu beobachten.
Dies würde ihm freilich versagt sein, wer aber hinderte ihn daran, ein großes Weihnachtspaket für das reizende kleine Persönchen zurechtzumachen und ihm mit einem Gruße von dem neuen Onkel zuzuschicken?
Er fühlte, wie der Vorsatz, Freude zu bereiten, auch in ihm selbst eine feine Freude entzündete.
Beide waren in der Nähe von Evas Wohnung angekommen, als das Kind sich plötzlich losriß und mit dem Rufe: „Vater, Vater!" auf einen Herrn zustürzte.
Dieser hob Eva auf den Arm, schalt „Ausreißer du!" und wandte sich dann dankend an Hermann, da er vermutete, daß dieser das Kind zurückgebracht habe. Hermann erzählte, wo er Eva gefunden, und als er sich verabschieden wollte, rief die Kleine: „Der Onkel soll uns besuchen!" Ihr Vater wiederholte lächelnd die Einladung. Hermann versprach erfreut, einmal zu kommen, um sich nach feinem kleinen Schützling umzusehen.
Eva winkte vom Arme ihres Vaters ihm zu, und er nickte freundlich zurück. Fröhlich ging er heim. Der Vorweihnachtszauber auf den Straßen und in den Läden stimmte ihn nicht mehr traurig.
Eine Woche später, als er über den belebten Markt ging, hörte er sich plötzlich von einem Kinderstimmchen angerufen. Eva war es, sie trippelte an der Hand einer schlanken, blonden Dame daher. Hermann neigte sich zu dem Kinde nieder und begrüßte dann mit leichter Verneigung die Begleiterin.
Da stutzte er und schaute verwirrt in ein bekanntes Antlitz. Blaugraue Augen blickten ihn überrascht an, blonde Haare lugten unterm Pelzkäppchen hervor: Seine Unbekannte von damals!
Auch sie erinnerte sich seiner, er, merkte es an der verlegenen Röte, die ihr Helles Gesicht überzog, an dem selbstvergessenen Blick, mit dem sie ihm lächelnd in die Augen sah. Freudigkeit durchströmte ihn bei diesem Gedanken. Welche wundersame Fügung war es doch, daß das reizende Kind sie beide wieder zusammenführte! War es Zufall — oder Schicksal?
Hermann glaubte zuversichtlich, daß es ein gütiges Schicksal sein müsse, das ihm das Glück nochmals in den Weg führte. Diesmal wollte er es halten und nicht wieder entfliehen lassen. Und seltsam, er hatte plötzlich das Gefühl, als wenn es gar nicht entfliehen wolle: Eva nahm ihre Tante Marie an der einen Hand und den neuen Onkel an der anderen und so schritten die drei über den Markt, wo Hermann dem Kinde eine Tüte mit Pfeffernüssen kaufte, unbelebteren Straßen zu. Sie plauderten zusammen, und Hermann fühlte es mit Freude, daß Marie über dies Wiedersehen keineswegs betrübt schien. Klein-Eva war lebhaft und rief ein- übers andere Mal: „Zu Weihnachten mußt du uns aber besuchen, Onkel!"
Hermann blickte Marie an und fragte leise: „Darf ich kommen?" „Mein Bruder wird sich freuen", gab sie zurück.
„Und — Sie, Fräulein Marie?" Sie überwand ihre Verlegenheit, die ihr im Gesicht geschrieben stand. „Ich werde mich auch freuen!" Da wußte Hermann, daß er seinem glücklichsten Weihnachtsfest entgegenging. In seiner Freude hob er Eva hoch in die Luft und drückte einen Kuß auf das blonde Eeringel, das unter ihrem Wollmlltzchen hervorkam.
Wenig später, als Eva mit ihrer Tante die Treppen zu ihrer Wohnung emporstieg, fühlte sie sich abermals umfaßt, und Maries Stimme klang so jubelnd fröhlich, so schwingend neben ihrem Ohre, als sie sagte: „Nun ist bald Weihnachten, Evchen, freust du dich auch?"
I oh. Martha Müller.
Jas Lotto
Ein groteskes Familienidyll von Herm. Weber-Lubni- Das Lotio, das die fünf Aichmüllerschen Kinder von Tante Lene bekommen hatten, bestand aus sechs Karten mit je 15 Bildern und 19 Decktäfelchen, die die gleichen Bilder einzeln auf- wiesen. Das Spiel schien ganz harmlos zu sein. Damit, daß nach jedem Spiele die vier Kinder, die nicht zuerst ihre Karten voll hatten, heulboienartia ertönten, mit dieser geringen chronischen