isnniagsausgabe der Schwarzwälder Tageszeitung „Bus den Tannen"
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Anzeigenpreis: Die einspaltige 20 Pfg„ die Reklame,eile 50
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Sonntagsgedanken
Eine feine Kunst
Weidnatyren rückt näher. Straßen und Läden sind belebter, ein jeder denkt mehr oder weniger an Weihnachtseinkäufe. Schenke» ist eine Kunst und zwar keine leichte. Sie erfordert Aufmerksamkeit, Takt und Verständnis Freilich man kann ja auch in Bausch und Bogen schenken, gewissermaßen so oben hin, nur damit man einem nicht nachsagen kann, man sei knauserig. Zum rechten feinen Schenken gehört ein wenig Liebe. Erfindungsgabe und Humor. Es ist nicht immer leicht, etwas Praktisches und doch zugleich Hübsches für ein Geschenk zu linden. Man muß Augen und Obren offen halten, um vielleicht einen Wunsch erlauschen zu können. Aber selbst eine Kleinigkeit kann Freude bereiten, wenn fie recht geschenkt wird, denn Schenken ist immer etwas Festliches. Leuchtendes. Eine hübsche Verpackung macht das Ganze auch äußerlich zu etwas Frohem und hebt den festlichen Charakter hervor. Dann brauchr's noch ein wenig Aufmerksamkeit, um den rechten Augenblick zu erspüren, und das kleinste Geschenk kann reinste Freude machen.
Und wie ist's denn mit sen Geldgeschenken. Nicht immer entspringen sie der Bequemlichkeit. Es ist manchmal einfach unmög- /jch, den Wunsch des Menschen zu erraten, den man beschenken möchte, und man will nichts Unpraktisches geben. Oder der Betreffende hat einen größeren Wunsch, zu dessen Erfüllung ihm eine Kleinigkeit mangelt. In solchen Fällen ist das Geldgeschenk am Platz. Aber feinfühlige Menschen, Gebende wie Nehmende, empfinden das nackte Geldgeschenk oft als hart, unpersönlich, fast wie eine Ablobnung. Was soll man da tun? Humor und Erfindungsgabe helfen aus der Verlegenheit. Eine lustige Verpackung etwa von lauter Markstückchen, ein paar liebe Worte, ein humorvoller Vers nehmen dem Geldgeschenk seine Kälte und sprechen von der Liebe des Gebers
Schenken ist eine Sache der Herzenskultur. Sollte man sie in unserer Zeit nicht etwas mehr pflegen? L K.
Was bleibt
Wertet die Zeit. Sie ist Gottes Pfand. Die Zeit vergeht. Die Stunde flieht — was in ihr geschaffen ist, das bleibt.
Walker.
Du kannst nicht sei», du kannst dich nur verschwenden, kannst bleiben nicht, die Erde wandert aller Enden; du kannst nicht wissen, denn es ward schon Trug.
Du kannst nur lieben. Lieben ist genug.
Ernst Bertram.
Opfer von «»geahnter Größe, Herzensopfer, Hingabe an «ine Aufgabe schweigend gebracht und von niemand gesehen, schaffen das taterzeugende geistige Kapital, das in Milliarden von se- gensvolle« Einflüsse» ausgezahlt wird.
Eensichen.
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Als das Ergebnis der Beratungen am Buchmacherstand bekannt wurde, atmeten die Buchmacher auf.
Ein Schmunzeln war auf ihren Gesichtern. Sträfliches Glück hatten sie gehabt, und fette Happen steckte jeder von ihnen ein Denn alle lagen auf Hektar fest.
„Hat einer was auf „Karl der Große?" ging es von Mund zu Mund.
Nein, es hatte keiner auch nur zehn Mark auf den Hengst.
„Mensch," sagte der dicke Buchmacher Bäumler, der dicht vor einem Schlagfluß gestanden hatte, „der Schinder bringt Geld! Zehntausend Mark für Zehne. Ist ja erst im letzten Augenblick herausgeschoben worden. Soll mich nicht wundern, wenn bloß ein paar Hunderter auf ihm liegen."
* -I:
*
Im Rechnungszimmer sahen sich alle entgeistert an.
War denn das möglich?
Immer wieder sahen sie die Zettel nach. Es veränderte sich nichts. Ganze 140 Mark, sage und schreibe, standen einer Gesamtrekordsumme von 743 785 Mark gegenüber.
An einem Schalter waren 130, an zwei anderen Schaltern je 5 Mark eingezahlt worden.
Eine Quote von Mark 42 502 für 10 Mark kam heraus.
ALterifteig, Sonntag 7 . Dezember
Bezugspreis im Monat 50 Pfennig Die Einzelnummer . .15 Pfennig
1930
„Siehste, Vater!" jagte der Lehrling Zumpe, der über das ganze Gesicht strahlte ..Dis Dummen haben ooch Glück. Ich hatte so 'n Mumm auf das Pferd. Bin gespannt, was er
bringt."
Vater Zumpe, der mit seinem Sohne vor der Basel aus die Grete wartete, stand noch ganz benommen da.
„Nee, nee," sagte er kopfschüttelnd, „dreißig Jahre jehe ich nach Jrunewald, det Hab ick noch nich erlebt. Paß auf, der bringt tausend."
Ein Klingelzeichen.
Die Masse kam in Aufregung.
Eine 4 wurde herausgehängt, dann kam eine 2 und dann eine 5.
„Ah!" ging es durch die Menge. „Dierhundertfünfund- zwanzig bringt er."
Aber es war noch nicht genug.
Die Aufregung der Menschenmenge steigert sich zur Siedehitze, als noch eine 0 herausgehängt wurde.
Alle sahen sich ganz blaß vor Erregung an, sahen nochmals und nochmals hin.
42 502 für Zehne.
Der Lehrling Zumpe stand, als ob er träume.
„Vater . . . was krieg ich denn da raus?"
Vater Zumpe fand zunächst keine Worte. Dann stotterte er: „Ueber . . . über zehntausend — nee — nee — viel mehr — über zwanzig Braune kriegste da."
Der Lehrling Zumpe sperrte Maul und Nase auf und stand ganz verdattert.
Aber Vater Zumpe hatte sich wiedergefunden. Sein dunkelrotes Gefickt strahlte, und mit einer energischen Handbewegung schob er seinen Sohn der Kasse zu.
Dort warteten schon die Neugierigen.
Und als Zumpe jun. mit seiner Karte anrückte, johlten sie und staunten. Der kleine Kerl, kaum der Schule entwachsen, hatte das schandmäßige Glück, diesen Bombensieger zu treffen.
Vater Zumpe war von der Aufmerksamkeit der ehrfurchtstaunenden Menge ganz gerührt.
Als sein Junge die zwanzig Scheine wohl verstaut hatte, da sagte er zu ihm: „So mein Junge! Dein Bater ist jetzt 'n armes Luder gegen dir Aba ... een Anteil bitt ich mir aus. Jibste mir, was über die Tausender ist?"
„Aber gerne, Vater! Zweehundert Märker. Das andere behalt ich mir als Taschengeld!"
„Js jemacht, Junge!" sagte Vater Zumpe glücklich und schob schmunzelnd die zwei Scheine in seine Tasche. „Un jetzt, weeste, jetzt mach wa. daß wir heim zu Muttern komm, und wenn wir den Mammon in Sicherheit Ham, dann darfste mit mir zusamm een genehmigen."
Es war bedeutungsvoll, was Vater Zumpe sagte.
» *
Bolle, Grete und Karl erfuhren die Höhe der Quote, als sie noch im Gespräch mit dem Herrenreiter, dem Trainer und dem kleinen Wundermann, der überglücklich war, zusammenstanden.
Sie waren samt und sonders starr.
„Donnerwetter! Da een Hunderter druff!" sagte Bolle. Aber er machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ich ärgere mir nich! Nee, nee! Ich bin so glücklich und die anderen woll'n auch was haben."
Schnitzler sah auf den kleinen Wundermann, sah ihn fragend an.
Wundermann nickte: „Ich habe fünf Mark gesetzt!"
Der Trainer fiel bald auf den Rücken. „Du hast.... gesetzt? Menschenskind, da haste ja zwanzig Mille verdient! So 'n Glückspilz ist mir noch nicht vorgekommen!"
Der Lehrling lachte über das ganze Gesicht. Stolz sagte er: „Ja, Patron, ich Hab Sie aber gesagt, daß der Hengst heute morgen beim Schlußgalopp noch etwas in sich hatte."
„Haste, mein Junge!" lobte der Trainer wohlwollend. „Wie ist es, Herr Bolle,, wollen Sie mir den Hengst weiter im Training lassen?"
„Unter eener Bedingung: der Hengst startet, wann ich will."
„Selbstverständlich, Herr Bolle. Sie wissen doch, wie es zusammengehangen hat?"
„Gut, ist gemacht!"
Die Mitglieder des Vorstandes waren herangetreten und beglückwünschten Bolle zu dem Erfolg seines Pferdes.
Geheimrat Weinberg war der erste, der seine Glückwünsche aussprach.
Bolle sah ihn dankbar an und sagte: „Freut mich unge- Heuer, Herr von Weinberg, daß ich Sie kennenlerne. Ich Hab heute ein saumäßiges Glück gehabt, aber Sie haben in Ihrem
Hektar ein Wunderpferd im Stalle. Noch mal laß ich meinen Hengst nicht gegen Ihren laufen." ^ .
Der Geheimrat lächelte. „Ich freue mich der Anerkennung, die Sie meinem Hengst zollen. Das soll aber die glänzende Nennleistung Ihres Pferdes nicht schmälern. Karl der Große hat gezeigt, daß er in der ersten Klasse etwas zu suchen hat. Seine Rennzeit ist glänzend."
„Mein Sie wirklich, Herr Geheimrat? Das freut mich ungeheuer. Also, so ganz unverdient ist er nicht zum Sieg
gekommen?" ,
„Durchaus nicht, er hatte zumindest eine gute Platzchance, wie sein Laufen bewiesen hat."
Man sah es dem guten Bolle an, wie sehr ihn die Wort« aus dem Munde des bekannten Rennstallbesitzers und Züchters Wohltaten.
Nach Herrn von Weinberg kamen die anderen Herren vom Vorstand — Herr von Zienitz war etwas verlegen — und eine Reihe namhafter Rennstallbesitzer, die Bolle zu seinem fabelhaften Glück gratulierten.
Große fühlte sich unter der Gesellschaft der Rennleute nicht wohl, denn er befürchtete, daß er alle Augenblicke einen Bekannten aus Köln treffen könne. Und er hatte nicht umsonst gebangt.
Plötzlich kam ein älterer, sehr elegant gekleideter Mann, der wie aus dem Ei gepellt angezogen war. mit seiner jungen Frau heran
Karl erkannte ihn. Baron von Osthofen mit seiner jungen Frau Magda, einstmals. . . Großes Braut.
Karl wollte sich wegwenden, aber dann begehrte der Trotz in ihm auf.
Er scheute sich nicht, sie zu treffen, und setzte sein gleichmütigstes Gesicht auf.
Magda erkannte ihn. Ihre Augen hingen an dem stattlichen Manne, dessen Erscheinung allenthalben ausgefallen war
Ihre Augen begegneten sich.
Grete Bolle war blaß geworden, als sie das sah.
Dann hörte sie die junge Frau zu dem älteren Herrn sagen: „Sieh nur, Leo, da ist ja unser Landsmann, Herr von Große."
Und sie steuerte auf ihn zu.
„Die Freude, Sie hier zu treffen. Herr von Große!" sagte Magda scheinbar unbefangen
Er verbeugte sich lächelnd und nahm die dargereichte Hand, sagte in seiner lässigen Art: „Ein Zufall, meine Gnädigste. Mit Ihrem lieben Gatten auch anwesend? Tag, Herr Baron! Haben Sie auch auf das Pferd meines Chefs gesetzt?"
Baron von Osthofen lachte. „Bewahre, so'n Dusel habe ich nicht!"
„Na, na!" sagte Karl lächelnd. „Man braucht nur Ihr« schöne Frau anzusehen und muß feststellen, daß Sie tatsächlich einen Dusel hatten. Uebrigens . gestatten die Herrschaften, daß ich Sie oorstelle: Fräulein Grete Bolle, die Tochter meines Chefs, Besitzer Karls des Großen. Herr Volle in natura — Herr und Frau von Osthofen."
Er war in den Augenblicken ganz der elegante Plauderer.
Grete fühlte, daß er im Herzen nichts mehr für die schöne Frau empfand, die einst seine Braut gewesen war. Denn daß es so sein mußte, daß die junge Frau ihm einst nahegestanden hatte, erfaßte sie in instinktiver Weise sofort aridem Blick der Baronin.
„Herr Bolle ist Ihr . . . Chef, Herr von Große?" fragte die Baronin neugierig.
„Allerdings Ich verdiene mir jetzt mein Brot selber. Eine ganz nette Beschäftigung."
Sie sah ihn an, als könne Sie es nicht begreifen.
„Was hat Herr Bolle für eine Firma?"
„Eine Wurstfabrik, meine Gnädigste."
Sie schien sichtlich betroffen. „Und . . . was sind Sie dort Herr von Große?"
„Betriebsleiter."
„Kaufmännischer?"
„Nein, technischer. Ich habe die ganze Wurstfabrikattim unter mir."
Er sagte das so ruhig mit lächelnder Miene, daß sie zunächst keine Antwort fand.
„Und da fühlen Sie sich glücklich?" sagte sie leise.
„Und ob ich mich glücklich fühle! Was meinen Sie, Fräulein Grete, ob es mir Spaß macht? Vom ersten Tage ab, da ich in der Firma Bolle Wurst mache, fühle ich mich wohl."
Grete spürte, daß er der Ueberlegene war. Sie lauschte auf seine Worte und empfand, ohne es zu wißen warum, eine tiefe Befriedigung darüber