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Bürgersteuer vom Thüringer Landtag abgelehwt Weimar, 28. Nov. Das Gesetz über die Bürgersteuer wurde heute im Thüringer Landtag abgelehnt und zwar mit den Stim­men der Sozialdemokraten, Kommunisten und Nationalsozialisten gegen die der Deutschen Volkspartei, des Landvolkes, der Wirt- schaftspartei, der Deutschnationalen und der Deutschen Staars- vartei.

Das Erdbeben in Japan

Tokio, 28. Nov. Nach den letzten amtlichen Meldungen beläuft sich die Zahl der Todesopfer bei dem letzten Erdbeben auf 289, während 381 Personen verletzt wurden. 2383 Häuser wurden ganz, 8684 zum Teil zerstört. Der Schaden an Land-, und Ufer­straßen wird auf 26 Millionen den geschätzt.

Württembergischer Landtag

Wirtschaftskragen im Landtag

Stuttgart, 28. Nov. Zu Beginn der heutigen Landstagssitzuns kam Präsident Pflüger auf die gestrigen Zusammenstöße zwischen sozialdemokratischen und kommunistischen Abgeordneten zu sol­chen, die sich während der Rede des Abg. Vollmer (K.) mit kchimvfworten überschüttet hatten. Er rüste die betreffenden Abgeordneten.

Abg. Schneck (K.) erklärt, er halte seine gestrigen Behauptun­gen aufrecht. Der soz. Abgeordnete Metzger habe zuerstVerkom­mener Lump" gerufen.

Sodann wird die Aussprache zu der Groben soz. Anfrage betr. Beschaffung von Arbeitsgelegenheit fortgesetzt.

Abg. Maier (DVP-1: Mit Arbeitszeitverkürzung kommt man nicht weit. Nur durch Mehrarbeit kann geholfen werden. Heraus mit den Mädchen aus den Betrieben und hinein in die Haus­haltungen.

Abg. Ulrich (S.): Allen Bestrebungen auf Zerschlagung der Arbeitslosenversicherung treten wir energisch entgegen. Das Hauvtrisiko mub beim Reich bleiben. Zur Ueberwindung der jetzigen Wirtschaftskrise sind internationale Vereinbarungen not­wendig. Von einer Preissenkung merkt man noch wenig. Wir haben einen übersetzten Handel, besonders am Lebensmittel­markt. Der genossenschaftliche Warenaustausch wird hier noch korrigierend wirken. Heute haben wir Eetreidezölle, wie die extremsten Zollfanatiker sie sich nie haben träumen lassen. Trotz­dem besteht Absatz- und Preisnot in der Landwirtschaft fort. Nur eine Lösung gibt es, die die Rentabilität der Landwirtschaft hebt, das ist die Einführung des Eetreidemonovols. Würden nicht die Gewerkschaften den Arbeitslosen noch zusätzliche Unter­stützungen zahlen, dann wäre es längst zur politischen Explo­sion gekommen. Allein im Bezirk Heilbronn haben die Gewerk­schaften in einem Jahr 290 000 Mark für die arbeitslosen Mit­glieder zusätzlich aufgebracht. Die Regierung sollte daher als Weibnachtsbeihilfe für die Erwerbslosen 800 000 Mark zur Ver­fügung stellen.

Abg. Gensler (Z.1: Das Sanierungswerk Brüning gilt in er­ster Linie der Staats- und Wirtschaftsgesundung. Das ist die beste Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Württemberg steht mit an der Spitze unter den Ländern in der Arbeitsbeschaffung. Eine Arbeitsstreckung hat nur Lohnkürzung zur Folge. Der Einfüh­rung eines weiteren Schuljahres könnten wir wegen der Kosten nicht zustimmen. Dagegen wären wir für die Hinausschiebung des Schuleintritts um 1 Jahr zu haben.

Abg. Hasel (VR.): Dab Frankreich nicht Arbeitslosigkeit, son­dern Arbeitermangel hat, kommt zu einem groben Teil daher, dab Frankreich seine Renten nicht kaput gemacht bat. Dort blieb die Kaufkraft der Bevölkerung erhalten. Die Einführung des Arbeitsdienstjabres sollte in Deutschland sehr gründlich erwogen werden. Bei dem Neckarkanalbau mutz erst noch geprüft werden, ob dieses Projekt wirklich so vordringlich ist und ob die hinein- sesteckten Gelder sich auch rentieren. Bei Vergebung von Reichs­aufträgen mub Württemberg bester berücksichtigt werden.

Abg. Dr. Bruckmam, (Dem.): In Seilbronn ist die Arbeitslo­sigkeit besonders grob. Fast in allen Betrieben siebt es sehr trübe aus. Der Export ging bedeutend zurück. Die Aufträge fehlen. Mein eigener Betrieb ist in diesem November zum erstenmal seit 128 Jahren vor Weihnachten nie voll beschäftigt. Es ist keine Aussicht, dab im Frühjahr und Sommer die Verhältnisse in der Cdelmetallindustrie besser werden. Wir stehen vor außerordent­lich schweren Zeiten. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen sich zur Behebung der Not zu gemeinsamer Arbeit zusammenfinden.

Der Abgeordnete Kling (Chr.V.) begründete einen Antrag, durch unparteiische Fachleute unverzüglich ein Gutachten über die Rentabilität des Neckarkanals ausarbeiten zu lassen. Nachdem der Abg. Hammer (Ko.Opp.).Gauts (Z.) und Weimer (Soz.) gesprochen hatten, wurde die Abstimmung über die Anträge aus morgen verschoben.

Nunmehr folgte die zweite Beratung des Ausführungsgesetzes der Bürgersteuer, wozu der Steuerausschutz eine Entschließung be­antragte, den Landesdurchschnitt der Gemeindesteuer im Beneh­men mit dem Steuerausschutz festzusetzen. »

Aus Stadt und Lau!

lnmeldung von Kriegerwaisen zur Unterbringung in Haushaltungsschulen. Wie in den Vorjahren können an Ostern 1931 wieder Kriegerwaisen in Haushultungsschulen entsandt werden. Die Ausnahmebestimmungen sind die­selben wie im Vorjahr; Mädchen, die am 1. 4. 1931 das 18. Lebensjahr vollendet haben, können von der Haupt- fiirsorgestelle keinesfalls mehr in eine Haushaltungsschuls ausgenommen werden. Anmeldungen sind sofort, späte­stens bis 15. 12. 1930 bei der Bezirksfürsorgebehörde Nagold zu machen unter Beibringung eines ärztlichen Zeugnisses, des letzten ausführlichen Schulzeugnisses und eines selbstgeschriebenen Lebenslaufs.

Diensterledigungen. Die Bewerber um die Försterstellen: Ellenberg II, Forstbezirks Ellwangen, Sprollenhaus, Forst­bezirks Wildbad, haben sich innerhalb 14 Tagen auf dem Dienst­wege bei der Forstdirektion zu melden.

Fastnachtslustbarkeiten. Durch Verordnung des Innen­ministeriums wird für das Jahr 1931 jedes Fastnachts­treiben auf öffentlichen Straßen und Plätzen verboten.

4. Süddeutsche Gastwirts- und Nahrungsmittelmesse 1931 in Stuttgart. Der Landesverband der Wirte Würt­tembergs beabsichtigt, aus Anlaß der im September 1931 in Stuttgart stattfindenden Reichstagung des Deutschen Gastwirteverbands die 4. Südd. Gastwirts- und Nahrungs­mittelmesse nach Stuttgart zu übernehmen. Veranstalter der Messe sind der Landesverband der Wirte Württem­bergs und die Eastwirteverbände Baden, Bayern und Hessen, ferner das süddeutsche Nahrungsmittelgewerbe und verwandte Berufszweige. Die Messe soll vom 5. bis 14. September 1931 in sämtlichen Hallen auf dem Ge- werbehalleplatz stattfinden.

Wie holt man sich eine tüchtige Erkältung. Empfehlens­wert ist folgendes Verfahren: Verringere deine körper­liche Widerstandsfähigkeit planmäßig durch Ueberanstren- gung, nächtliches Bummeln und Mangel an körperlicher Bewegung. Ueberlade dir den Magen mit großen Por­tionen ungeeigneter und schwer verdaulicher Kost, die schlecht gekaut und unregelmäßig eingenommen werden soll. Schlafe in überheizten und schlecht gelüfteten Räumen. Bei warmem Wetter trage warme Kleidung, bei kaltem leichte. Hast du dich auf diese Weise gut vorbereitet, dann sorge für nasse Füße. Nun suchst du einen Ort auf, wo viele Leute beisammen find und wähle dir einen Platz, wo es schön zieht, möglichst neben jemandem, der tüchtig Hustet und niest. Je mehr Spritzer du von ihm ins Gesicht be­kommst, desto sicherer ist der Erfolg. Vergiß auch nicht, deinem Nachbar kräftig die Hand zu drücken, damit du auch noch seine Erippebakterien auf deine Hände bekommst; die weitere Uebertragung ist ja dann sehr einfach: Du brauchst dir nur in der Nase zu bohren oder den Finger in den Mund zu stecken. Bei Befolgung dieser Vorschrift kannst du sicher sein, eine großartige Erkältung zu bekommen. Da­mit aber auch andere Leute davon profitieren, huste und niese in Gesellschaft recht ausgiebig, selbstverständlich ohne die Hand oder das Taschentuch vor den Mund zu nehmen. Mit etwas Geschicklichkeit wirst du es erreichen, daß mög­lichst viele etwas abkriegen. Zu Haufe oder gar im Bett zu bleiben, wäre natürlich Unsinn; um so mehr Erfolg hast du aber in überfüllten Kinos und an anderen derartigen Plätzen. Wenn du dann trotz aller Bemühungen nicht an Grippe mit nachfolgender Lungenentzündung stirbst, ver­

dienst du wenigstens aus Staatskosten lebenslänglich ein­gesperrt zu werden.

Gechingeu, 28. November. (Unfall.) Der 49 Jahre alte Landwirt und Holzhauer Ehr. Kielwein von hier ist im Gemeindewald beim Aufbereiten einer vom Sturm umgerissenen Tanne verunglückt. Dem Bedauernswerten wurde der linke Fuß dreimal gebrochen, so daß er mit einem Fuhrwerk in seine Wohnung verbracht werden mußte, wo ihn Dr. Schmid von Althengstett in Behandlung nähm.

Schwenningen, 28. Nov. (Keine Veruntreuungen?) Zu der Meldung derVolksstimme" über große Verun­treuungen teilt die Kienzle A.G. mit, daß an dem Gerücht, der Londoner Vertreter der Firma habe Eeschäftsgelder in Höhe von 150 000 Mark für sich verwendet, kein wahres Wort ist. Der betreffende Herr fei in voller Freundschaft aus ihren Diensten geschieden, weil er einen anderen, ihm besser zusagenden Wirkungskreis gefunden habe. Für die Ermittlung" des Urhebers des falschen Gerüchtes setzt die Firma eine Belohnung von 100 Mark aus.

Oberkirchbcrg OA. Laupheim. 28. Nov. (Stur m s ch ä- d e n.) In der südlichen Hälfte des gräflich Augerschen Forsterbezirks Rot sind 8000 bis 10 000 Festmeier schönsten Fichten-Altholzes zersplittert worden.

Schwenningen, 28. Nov. (Gescheiterte Tarifver, Handlungen.) Die Verhandlungen über die Erneue­rung des zum 31. Dezember 1930 von Arbeitgeberseite ge­kündigten Eehaltsabkommens für die Angestellten in der llhrenindustrie sind zu keinem Abschluß gekommen, da die Angestellten die Forderung nach 15prozentigem Gehalts­abbau und Abschluß eines Kurzarbeitszeitabkommens ab­lehnten und andererseits die Arbeitgeber auf ihre Forde­rung nach Eehaltsabbau nicht verzichten.

Schramberg, 27. November. (Herabfallender Blumen­topf verletzt einen Passanten.) In der Nacht kam kürzlich ein junger Mann dadurch zu Schaden, daß er beim Betre­ten des Gasthauses zumBären" von einem aus dem dritten Stock herabfallenden Blumentopf getroffen und erheblich verletzt wurde.

Stuttgart, 28. Nov. (llmlageerhöhun g.) Im Stadt- Haushaltsplan 1930 sind Mindereinnahmen in Höhe von 480 000 RM. und Mehrausgaben in Höhe von 1060 000 RM. zu erwarten. Sozialdemokratie und Zentrum lehnte» die Getränke- und die Bürgersteuer ab, während sie einer klmlageerhöhung das Wort redeten. In der Schlußabstim­mung wurde die Bürger- und Getränkesteuer abgelehnt, während die Erhöhung der Gemeindeumlage um 1 Prozent mit Stimmenticheid des Oberbürgermeisters angenommen wurde.

Finan zausweis. Nach dem Ausweis über die Ein­nahmen und Ausgaben des Landes Württemberg im Rech­nungsjahr 1930 betrug bis Ende Oktober im ordentlichen Haushalt die Mehrausgabe 15 441 000 RM., im außer­ordentlichen Haushalt die Mehreinnahme 4 767 000 RM.

Der politische Streit um die Straße. Am 7. Dezember spricht Adolf Hitler in der Stuttgarter Stadt­halle. Aus diesem Anlaß kommen die Nationalsozialisten aus dem ganzen Lande zusammen. Die Sozialdemokratie erläßt nun durch dieSchwäbische Tagwacht" einen A>^ruf, wonach die Arbeiter es nicht dulden werden, daß Stuttgart faschistisch werden soll. Der Aufruf ist unterschrieben von der Sozialdemokratie, dem Allgemeinen Deutschen Gerverk- schaftsbund, dem Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold und dem Kartell für Arbeitersport. Diese wollen, wie es in dem Aufruf heißt, den anderen nicht die Straße lassen und es soll deshalb am gleichen Nachmittag im Herzen Stuttgarts eine Demonstration stattfinden.

Waldbesitzerverband. Der Waldbesitzerverband hält seine Jahresversammlung am 13. Dezember im Hinden- burg-Festsaal ab. Die Tagesordnung steht u. a. Vorträge über Deutschlands wirtschaftliche Lage von Universitäts- Professor Dr. Raab-Dresden, über die heutige Lage der Ge­meinde- und Privatwaldwirtschaft von Forstmeister Dr. Dannecke r-Stuttgart vor.

Vaihingen a. E., 28. Nov. (Arbeitsgericht auf­gehoben.) Die Aufhebung des Arbeitsgerichts Vaihingen und seine Zusammenlegung mit dem Arbeitsgericht Lud­wigsburg ist Tatsache geworden. Nun müssen also Arbeit­geber und Arbeitnehmer aus den Bezirken Vaihingen und Maulbronn, die bisher in allen Streitigkeiten aus dem Lohn- und Arbeitsvertrag ihr Recht in Vaihingen juchen konnten, nach Ludwigsburg.

Mühlacker, 28. Nov. (Zur Festsitzung.) Dem Ernst der Zeit entsprechend, feierte der Gemeinderat die Erhebung zur Stadt durch eine Festsitzung. Landrat Röger von Maul­bronn überbrachte die Grüße des Bezirks Maulbronn. Stadtpfarrer Rieger brachte dann der bürgerlichen Ge­meinde die Glückwünsche der Kirchengemeinde dar. Im Nai men der Schule sprach Rektor Wißmann. Im Namen der Industrie sprach Fabrikant Handle. Stadtbaumeister Rau­metsch sprach im Namen der Beamten. Stadtschultheiß Wör- ner fand herzliche Dankesworte. Der Tag endete mit einem Festabend, den die Naturwissenschaftliche Gesellschaft im Uhlandsbau veranstaltete und der in fröhlichster Stimmung verlies.

Kirchheim «. T 28. Nov. (Todesfall.) Im hohen Alter von 88 Jawren starb hier nach längerer Krankheit Dr. med. Paul Eberhardt, einer der ältesten Aerzte in Württemberg. Seit 1878 war er in Kirchheim u. T. Fünf Jahrzehnte hat er dort als gewissenhafter und viel ge­suchter Arzt eine ausgedehnte Tätigkeit ausgeübt.

Tuttlingen, 28^ Nov. (Auflösung desWohnungs- amts.) Der Eemeinderat hat einen Antrag der bürger­lichen Arbeitsgemeinschaft, das Innenministerium zu bitten, das Wohnungsmangelgesetz für die Stadt Tuttlingen aus 1. April 1931 vollständig aufzuheben, angenommen, gleich­zeitig die Aufhebung des Wohnungsamts beschlossen.