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Beim Völkerbund und bei

Berlin» 29. November. Die deutsche Regierung hat, der Vosfischen Zeitung" zufolge, dem Generalsekretariat des Völkerbundes die angekündigte Note über die Verfolgung und Unterdrückung der Deutschen in Ostoberschlesien über­reichen lasten. Der Note sind mehrere Anlagen beigefügt, in denen die Berechtigung der Beschwerden durch Aufzäh­lung bestimmter Einzelfälle nachgewiesen wird. Die deutsche Regierung verlangt in der Note, daß der Völker­bund auf Grund der bestehenden Abkommen über die Be­handlung der Minderheiten gegen die Verletzung der Rechte eingreife, daß die durch polnische Terrorakte betrof­fenen Deutschen entschädigt und die politischen Rechte der deutschen Minderheit in Zukunft gewahrt werden. Das Auswärtige Amt hat gleichzeitig den Regierungen jener Staaten, die im Völkerbund vertreten sind und dazu gehören alle europäischen Großmächte durch die diplo­matischen Vertreter die Note überreichen und auch mündlich erläutern lasten.

Das Material, auf das sich die Beschwerdenote stützt» ist, wie das Blatt berichtet, in zwei Gruppen behandelt: Politische Entrechtung der deutschen Minderheit und Terrorakte gegen einzelne Deutsche. Zu der ersten Gruppe gehört die Feststellung, daß zahlreiche polnische Staatsange­hörige deutscher Nationalität nicht in die Wählerlisten aus­genommen wurden mit der Begründung, sie besäßen nicht die polnische Staatsangehörigkeit. Allein in Kattowitz und Königshütte ist 30 000 Wählern deutscher Nationalität die Aufnahme in die Wählerlisten verweigert worden. Der schlesische Wojewode ließ durch Anschlag erklären, daß die Wähler öffentlich oder geheim stimmen könnten. Aber im Wahlbezirk Kattowitz forderte die Bezirkswahlkommission die Aufständischenverbände nachdrücklich auf, zu beobachten, welche Wähler geheime Stimmzettel abgäben und dadurch deutscher Gesinnung verdächtig seien.

Zu den Terrorakten in Oberschlesien wird festgestellt, daß die polnischen Behörden das Vorgehen des schlesischen Aufständischenverbandes wohlwollend geduldet haben, daß der höchste Beamte in Polnisch-Oberschlesien, der Wojewode, Ehrenvorsitzender des Aufständischenverbandes ist, und daß der zu Gewalttaten auffordernde Aufruf der Aufstän­dischenverbände von zahlreichen Inhabern öffentlicher Aemter unterzeichnet war. Zn Nicolai waren vier pol-

Die Deutschnationalen fordern Austritt aus dem Völkerbund

Berlin» 29. November. Dr. Hugenberg hat namens der Deutschnationalen Volkspartei an den Reichskanzler Brü­ning folgendes Telegramm gerichtet:Die Vorgänge in der Genfer Abrüstungskonferenz enthüllen kraß den bösen Willen Frankreichs und der seine Rüstungspolitik stützen­den Staaten in der für die Erhaltung des europäischen Friedens entscheidenden Abrüstungsfrage. Sie wider­legen zugleich Kurs und Methoden der bisherigen deutschen Außenpolitik. Angesichts dieser Erfahrungen und ange­sichts der für die ungeschützte Ostmark durch Polens Terror­drohungen entstandenen Gefahr wiederholen wir heute nachdrücklichste unsere Forderung auf Erklärung des Selbst­erhaltungsrechts der deutschen Rüstungsfreiheit. Bei Nichtanerkennung dieses Rechts durch die Versailler Ver­tragsgegner halten wir den Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund, in dem die Gleichberechtigung zur hohlen Phrase wurde, für unerläßlich.

Das Zentrum zur Preissenkung

Berlin» 28. Nov. Die Zeutrumsfraktio» des Reichstags hat "folgenden Antrag eingebracht: Der Reichstag wolle beschließen: Der Reichstag begrüßt das Bestreben der Reichsregierung, die Preislage weiter zu senken. Er ersucht die Reichsregierung, die -Preissenkungsaktion mit Rücksicht auf die Zurückhaltung der Käuferschichten rasch zum Abschluß zu bringen und dabei insbe­sondere:

a) die in der zweiten Wirrschaftsstufe noch bestehenden volks­wirtschaftlich schädlichen Bindungen und Preisschutzabreden un­ter Anwendung der bestehenden Notverordnung vom 26. Juli 1930 zu lösen und unter entsprechende Strafen zu stellen;

L) die Preisbindungen in den Markenartikeln, die Eegen-

ände des täglichen Bedarfs betreffen, soweit sie volkswirtschaft- ich schädlich sind, unverzüglich aufzuheben. Die Reichsregieruvg entscheidet selbst, welche Gegenstände unter den Begriff des täg­lichen Bedarfs fallen;

c) zur Erleichterung der Lebenshaltung und Stärkung der Kaufkraft der Allgemeinheit erachtet der Reichstag die Senkung der Preise von Gütern des täglichen Lebensmittelbedarfs für er­forderlich, bei denen die Spanne zwischen Erzeugung und Kleiu- verkauf offensichtlich beträchtlich überhöht ist;

d) es sind besondere Maßnahmen zu ergreifen, um die Be­mühungen der Reichsregierung zur Preissenkung in allen Teilen des Reiches, in den Städten und auf dem Lande mit Unter­stützung sämtlicher in Frage kommenden Behörde« und Organisa­tionen wirksam zu machen.

Abschluß derGenserWrtschaftskvnserenz

Genf, 28. Nov. Die Wirtschaftskonferenz des Völkerbundes, die ausgesprochen europäischen Charakter trug, ist heute abgeschlossen worden. 26 Staaten haben das Schlußprotokoll, in dem die Er­gebnisse der Konferenz zusammengefaßt sind, unterzeichnet. Die Konferenz hatte hauptsächlich die Aufgabe, die Bedingungen für die Inkraftsetzung der Genfer Handelskonvention vom März die« s"s Jahres festzusetzen und die weiteren Verhandlungen über e.ae Verbesserung des internationalen Warenaustausches vorzu- ibereiten. Die Arbeiten der Konferenz haben zur Annahme einer Entschließung geführt, die die Möglichkeit für praktische bilate­rale Verhandlungen zwischen England und einer Reihe von kon- t'onentalen Staaten eröffnet. Die Vertreter der südeuropäischen

Staaten haben in der heutigen Schlußsitzung durch eine gemein­same Erklärung ihre Enttäuschung zum Ausdruck gebracht, daß ihre Präfenzforderungen nicht zu einem praktischen Ergebnis führten. Im übrigen ist, wie von maßgebender deutscher Seite mitgeteilt wird, durch die negative Einstellung der Konferenz zu diesem Problem der Weg für die praktischen Verhandlungen mit den Donaustaaten keineswegs verbaut worden.

Besprechungen der deutschen Wirtschaftsdelegation

Während der Konferenz hatte die deutsche Delegation wieder­holt Besprechungen mit den Vertreter» einiger Staaten über die gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen. Die rumänische Delegation hat der deutschen Delegation eine Niederschrift unterbreitet, die im wesentlichen eine Wiedergabe der mündlichen Besprechungen enthält. Auf dieses Schreiben hat Ministerialdirektor Dr. Posse den Vertretern Rumäniens eine Antwort erteilt, nach der Deutschland grundsätzlich bereit sei, dem rumänischen Getreide eine Präferenz zu gewähren. Wie verlautet, soll diese Präferenz auf Gerste und Mais beschränkt bleiben.

Zwischen der deutschen und holländischen Delegation bat ein Briefwechsel stattgefunden, im Verlauf dessen der deutsche Vertre­ter sich zu Verhandlungen mit Holland über Wirtschaftsfragen bereit erklärt hat unter dem Vorbehalt, daß landwirtschaftliche Fragen nicht besprochen würden.

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1030 j 53. Jahrgang

Neues vom Tage

Die Haager und Bukarester Gesandten beim Reichs­präsidenten

Berlin. 28. Nov. Der Herr Reichspräsident empfing heute den deutschen Gesandten im Haag, Graf von Zech, sowie den Gesandten in Bukarest, von Mutius.

Nationalsozialisten beim Reichskanzler Berlin, 28. Nov. Der Reichskanzler empfing den stellvertreten­den Fraktionsvorfitzenden, Abg. Eöring, zur Besprechung über di« Regierungsvorlagen. Im gegenseitigen Einverständnis wurde bis auf weiteres Stillschweigen über die Besprechung vereinbart.

Kündigung des Lohnabkommens in der llhrenindustrie Schwenningen, 28. Nov. Nachdem der Arbeitgeberverband der Uhrenindustrie und der verwandten Industrien des Schwarz­waldes bereits schon das gesamte Kollektivabkommen Mitte No­vember gekündigt hat, ist nun hierzu auch noch weiter die Kün­digung des Lohnabkommens vom 1. August 1029 auf den 31. De­zember 1930 erfolgt. Gefordert wird die Herabsetzung des Eck­lohnes auf 71 Pfg., auf den Stand der früheren Lohnverein­barung vom 29. März 1927. Da der gegenwärtige Ecklohn (Ein- stell-Lohn) in der Ortsklasse 1 79 Pfg. beträgt, entspricht dies einer Herabsetzung um 8 Pfg. in der Stunde.

Nach Berlin und Stettin Breslau Stettin, 28. Nov. Nachdem der Stettiner Magistrat die Ein­führung der zur Deckung des Haushalts notwendigen Bürger­steuer, Schankwirtschaftssteuer und Biersteuer abgelehnr, ist nun­mehr vom Stettiner Regierungspräsidenten ihre zwangsweise Einsührung in Stettin angeordnet worden. Für die Durchfüh­rung der Anordnung wurden zwei Staatskommissare ernannt. Ebenso hat, nachdem die Breslauer Stadtverordnetenversamm­lung die Magistratsoorlage auf Erhöhung der Bier-, Eetränke- und Bürgersteuer mit großer Mehrheit abgelehnt hatte, der Re­gierungspräsident die Bürgersteuer und die erhöhte Biersteuer so­wie die Eemeindegetränkesteuer festgesetzt.

Auch in Frankfurt Zwang!

Frankfurt a. M., 28. Nov. Nachdem die Stadtverordneten­versammlung die Zustimmung zur Deckung des zusätzlichen Be­darfs des Wohlfahrtsetats wiederholt abgelehnt hat, hat sich der Regierungspräsident in Wiesbaden veranlaßt gesehen, durch einen Beauftragten die Genehmigung der Stadtverordnetenver­sammlung zu den Deckungsvorlagen des Frankfurter Magistrats zu ersetzen. Das bedeutet eine Erhöhung der Gewerbeertrags­steuer mit rückwirkender Kraft vom 1. April, der Filiallteuer, der Erundvermögenssteuer und der Eewerbelohnsummemteuer, ferner wird die Eemeindegetränkesteuer sowie eine Erhöhung de» Elektrizitätstarifs eingeführt. Neben Berlin ist auch iu Erfurt und Hagen ein Staatskomissar eingesetzt.

DerDo. X"-Flug nach Amerika Lissabon, 28. Nov. Ein Vertreter der Dornierwerke erklärte Journalisten,Do. X" werde am Samstag nach Cadix starten, um dort genau überprüft zu werden. Die bisherige Fahrt habe die Mannschaft in dem Entschluß bestärkt, den Transozeanflug «ach Südamerika zu wagen. Der Flug soll im Januar stattsinde«. Vor dem Start nach Amerika würden über Lissabon Schauflügs durchgeführt werden.

Die Geraer Reichsbannergruppe soll aufgelöst werden Weimar, 28. Nov. Vom thüringischen Ministerium des Inner» wird mitgeteilt: Nach den volizeilichen Ermittlungen bat di« Ortsgruvve Gera des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold am Buh-

NeutschlnnöS Auslandsverschuldung

Berlin, 27. Nov. Die gegenwärtige Höbe per deutschen kurz­fristigen Auslandsverschuldung ist nach Berechnung des statisti­schen Reichsamts auf mindestens 10,8 bis 11,8 Milliarden Mark zn schätze«. Für Ende Sevtember 1930 ist die kurzfristige Aus­landsverschuldung der gesamten deutschen Banken mit rund 8,3 Milliarden Mark anzunehmen. Der Umlauf an langfristigen Auslandsobligationen (langfristige Auslandsverschuldung) belief sich am 30. November 1930 auf 8520 Millionen Mark. Für die ausländischen Anlagen in Deutschland Ende Sevtember 1930 kann man nach Schätzungen des Statistischen Reichsamts etwa folgende Beträge annehmen:

Kurzfristige deutsche Verschuldung 10,811,8 Milliard.

Langfristige deutsche Verschuldung 9,3 Milliard.

Ausländische Anlagen in Beteiilgungen u. Filialen 4,0 Milliard. Ausländische Anlagen in Grundstücken 2,0 Milliard.

Insgesamt 26,127,1 Milliard.